Klaus Wichmann

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alles wird von Corona dominiert, auch und gerade der Haushalt. Das Land stand mit dem Lockdown vor der Frage: Lassen wir unsere Wirtschaft in weiten Teilen vor die Hunde gehen, oder nehmen wir Steuergeld in die Hand? Nehmen wir hohe neue Schulden auf, um den Menschen und den Firmen Geld zu schenken, damit es diese Existenzen auch noch nach der Krise gibt? Es steht außer Frage, dass dies eine sinnvolle Antwort, vielleicht die einzig mögliche Antwort zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgeprobleme des Lockdowns war.
Diese Antwort schafft aber neue Probleme. Wie gerecht sind diese Zahlungen? Wer bekommt nichts? Wer bekommt etwas, aber zu spät? Warum? Wer zahlt die Schulden zurück? Wie lange wird die Rückzahlung dauern? Wie lange halten wir die Zahlungen durch, ohne dass unsere Haushalte schlicht nicht mehr bezahlbar sind?
Bei einigen dieser Fragen können wir derzeit nur mutmaßen, das gebe ich zu. Es ist aber Aufgabe der Regierung, diese Fragen so schnell und so genau wie möglich zu beantworten - und zwar nicht erst dann, wenn die Antworten unumstößlich feststehen!
Lassen Sie mich ein Beispiel anführen: In einer der Debatten zu einem früheren Hilfspaket verkündete die Landesregierung, für die Zurückzahlung neu aufgenommener Kredite sei ein Zeitraum von 25 Jahren vorgesehen. Dass dies vollkommen unrealistisch war, monierte schon damals die Opposition aus AfD und FDP. Und seien wir ehrlich: Das wussten auch Sie schon damals.
Das aber schafft dann eben kein Vertrauen. Vertrauen schafft nur - da hat Herr Dr. Birkner völlig recht - Ehrlichkeit.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben mich gerade rechtschaffend irritiert. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann haben Sie am Anfang Ihrer Rede aus
geführt, dass die COVID-19-bedingte Verschlechterung bei den Zahlen der Intensivpatienten gar nicht eingetreten ist.
Aber genau das stand in der Begründung, die ich per E-Mail bekommen habe: dass das der Grund für Ihre neue Corona-Verordnung sei. Da steht drin: Schwere Krankheitsverläufe treten etwa zehn bis 14 Tage nach einer Infektion regelmäßig auf. Man muss vorher bereits ausreichend gegensteuern. Nachher sei es zu spät, und man riskiert sonst eine Überlastung der Krankenhäuser.
Jetzt wissen wir - sie haben es selbst ausgeführt -: Das ist gar nicht eingetreten.
Ich habe mir die Zahlen vom NDR vorher noch einmal angeguckt, weil ich es auch wissen wollte, und der NDR hat tatsächlich berichtet - als Beispiel -: am 13. November 191 Intensivpatienten COVID-19-bedingt, am 27. November 185.
Aber hätten die schweren Verläufe nicht eigentlich zunehmen müssen, wenn ich der Begründung der Corona-Verordnung folge? Ihre Begründung - Sie haben es erstaunlicherweise schon selbst zurückgenommen - hält einer Überprüfung wirklich nicht stand. Nehmen Sie die Verordnung deshalb jetzt sofort wieder zurück?
Wissen Sie, was ich dazu sagen würde, wenn man mich seit Wochen und Monaten mit einer solchen Begründung nicht mehr arbeiten ließe? Ich wäre stinksauer! Ich würde mich von dieser Regierung innerlich immer weiter und weiter entfernen, -
- nur, dass sich manche gleich von dem ganzen politischen System entfernen, vor lauter Wut, vor lauter Frust und vor lauter Hilflosigkeit. Auch das ist Ihre Verantwortung!
- Ja!
Die Hälfte aller Gastronomiebetriebe steht kurz vor der Insolvenz, Herr Siebels. Das ist auch Ihre Verantwortung.
Das ist keine Folge von Corona, das ist eine Folge der groben Streubüchsenpolitik der Regierung, die Sie mittragen. Wollen Sie wirklich behaupten, dass Sie glauben, -
- das alles bliebe folgenlos?
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 30 Sekunden Redezeit - das ist zu wenig, um auch nur einen Gedanken zum Thema wirklich ausführen zu können. Gerne würde ich daher meine Redezeit an den Kollegen Stephan Bothe abtreten, damit wenigstens einer aus der Gruppe der AfD an dieser Debatte sinnvoll teilnehmen könnte. Leider erlauben die Regeln dieses Hauses das nicht. Wir sollten sie daher überarbeiten.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir über die CoronaStrategie diskutieren. Währenddessen hat Herr Weil - wir haben es schon gehört - vergangene Woche einen neuen Grundpfeiler seiner CoronaStrategie bekannt gegeben: Denunziation. Er wird zitiert mit:
„Das macht keiner gerne. Und dann kommt auch schnell der Gedanke auf, ‚Mensch, bin ich jetzt eine Petze oder gar ein Denunziant?‘, aber ehrlich gesagt: Im Moment geht es um richtig viel.“
Herr Weil, eine Petze ist jemand, der dem Lehrer sagt: „Der da, der Henze, hat mit dem Schwamm geworfen.“ Jemand, der einem die Polizei auf den Hals hetzt, ist keine Petze. Er ist im Zweifel ein Denunziant.
Wir können ja gern über die Einschätzung von Corona streiten. Wir können auch gern über angemessene oder vermeintlich richtige Maßnahmen streiten. Worüber wir aber nicht streiten können, ist eine Kultur des Misstrauens, eine Kultur der Angst, eine Kultur des Verrats, die Sie sich offenbar für unser Land wünschen. Warum sollten Sie das sonst öffentlich vortragen?
Ich dachte erst: Schau mal an, die SPD! Auf ihre letzten Tage wird sie noch zur Law-&-Order-Partei, wenn auch an der völlig falschen Stelle! - Aber nein: „Law & Order“ setzt voraus, dass man sich an Recht und Gesetz hält, dass man den Wertekatalog nicht für überflüssig erklärt.
Genau das Gegenteil macht aber der Ministerpräsident mit seiner Forderung. Und er begründet es mit: „Es geht um richtig viel.“ Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: „Es geht um richtig viel“. Jetzt definiert also der Ministerpräsident, wann es soweit ist, dass wir unsere gesellschaftlichen Werte über Bord werfen und zu einem Volk von Inoffiziellen Mitarbeitern werden. Jetzt reicht es also aus, dass der Ministerpräsident sagt: „Es geht um richtig viel“, und dann werfen wir die Regeln des Anstands über Bord?
Herr Ministerpräsident, das ist ja richtig praktisch. Wann sagen Sie denn das nächste Mal: „Es geht
um richtig viel“? Wann fordern Sie mit dieser Begründung Denunziationen im sogenannten Kampf gegen rechts? „Liebe Mitbürger, wer auch immer eine Meinung rechts der Mitte vertritt, bitte melden Sie ihn. Es geht um richtig viel!“ Oder kommt die nächste Aufforderung zum Hinhängen dann vielleicht bei Verstößen gegen Ihre Klimawandelvorstellungen? „Meine Damen und Herren, es geht um richtig viel.“ „Polizei! Mein Nachbar betreibt heimlich einen Verbrennungsmotor.“
Und wenn Sie schon dabei sind: Wie wäre es mit Fangprämien? Wenn man früher einen Kaufhausdiebstahl gemeldet hat, gab es eine Prämie. Oder Sie institutionalisieren das gleich und zahlen feste Gehälter aus dem Corona-Fonds. Wenn Sie das dann nicht „Blockwart“ oder „IM“ nennen, können Sie sogar noch behaupten, Sie hätten etwas aus der deutschen Geschichte gelernt. Vielleicht bemühen Sie sich um einen positiven Namen. Wie wäre es mit „Vorsorgebeauftragter“ oder „Gesundheitskundschafter“?
Man könnte mich ja fragen: Herr Wichmann, warum regen Sie sich eigentlich so auf?
Das war doch nur ein kleiner Lapsus. - Ja, und zwar ein Lapsus, für den sich Stephan Weil bis heute nicht entschuldigt hat. Herr Weil, entschuldigen Sie sich hier und jetzt vor diesem Parlament für diesen Fauxpas!
Übernehmen Sie wenigstens einmal Verantwortung für einen Fehler! Wenn Sie das nicht tun, müssen wir wohl davon ausgehen, dass das am Ende gar kein Fehler war.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In wichtigen Reden wird das Parlament gerne als Herzkammer der Demokratie bezeichnet. Das mag für die großen Debatten zutreffen, für die Richtungsstreits, für die Auseinandersetzungen, mit denen man die Namen Wehner, Strauß und Schmidt verbindet.
Ich bin mir allerdings unsicher, wenn man das Parlament mit einem Körperteil vergleichen wollte, welches Körperteil angemessen beschreiben würde, welche Qualität die heutige Debatte hatte. Gott sei Dank hat wenigstens die FDP zur Ehrenrettung des Hauses beigetragen.
Das Wesen der Demokratie ist der Streit um die richtige Lösung. Hier aber waren sich mit Ausnahme von Dr. Birkner schon wieder nahezu alle darin einig, der erneute Lockdown sei unumgänglich, und zwar mehr oder weniger so, wie ihn die Landesregierung angeordnet hat. Es gab hier keinen Streit um die richtige Strategie, obwohl renommierte Vertreter der Ärzteschaft den Weil’schen Lockdown nicht nur als unverhältnismäßig, sondern auch als epidemiologisch nicht sinnvoll kritisieren.
Warum wird diese Meinung hier in der Herzkammer der Demokratie eigentlich nicht vertreten? Warum tun wir so, als gäbe es keine Alternative? Warum lassen wir große Teile unserer Wirtschaft über die Klippe springen? Warum vernichten wir
ganze Existenzen, während ein guter Teil unserer Experten sagt, das sei gar nicht nötig?
Und warum schafft es die Landesregierung schon wieder nicht, das Parlament angemessen und nicht nur in Hinterzimmern bei der Entscheidungsfindung über diesen Lockdown zu beteiligen? Seit Wochen, seit Monaten reden Sie alle hier von der zweiten Welle. Und wenn sie dann konstatiert wird,
dann wird wieder nur mit der heißen Nadel gestrickt und das Parlament vor vollendete Tatsachen gestellt.
Das Parlament selbst sieht bis auf wenige Ausnahmen gar nicht die Notwendigkeit einer Strategiedebatte.
Letzter Satz, Herr Präsident!