Der Präsident des Senats hat mir mit Schreiben vom 29. November 2010 mitgeteilt, dass er mit Ablauf des 29. November 2010 die Zweite Bürgermeisterin, Frau Christa Goetsch, sowie die Senatoren Frau Anja Hajduk und Herrn Dr. Till Steffen gemäß Artikel 34 Absatz 2 Satz 1 der Hamburgischen Verfassung entlassen hat. Frau Goetsch und Herr Dr. Steffen sind damit nach Wiederaufnahme ihrer Mandate ab 30. November 2010 Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft geworden. Frau Goetsch und Herr Dr. Steffen, ich begrüße Sie beide recht herzlich in unserer Mitte.
Ausscheiden mussten dafür die Abgeordneten Linda Heitmann und Jenny Weggen, die beide seit dem 28. Mai 2008 diesem Hause angehörten. Frau Heitmann hat schwerpunktmäßig im Ausschuss für Gesundheit und Verbraucherschutz sowie im Eingabenausschuss mitgearbeitet. Frau Weggen war Mitglied im Umweltausschuss und seit September 2008 dessen Vorsitzende. Darüber hinaus war sie als ständige Vertreterin im Ausschuss für Gesundheit und Verbraucherschutz sowie im Wissenschaftsausschuss tätig. Im Namen der Hamburgischen Bürgerschaft danke ich Frau Heitmann und Frau Weggen für die von ihnen geleistete Arbeit und wünsche beiden weiterhin viel Erfolg und alles Gute.
Mit einem weiteren Schreiben hat mir der Präsident des Senats am 29. November 2010 mitgeteilt, dass Herr Senator Carsten Frigge gemäß Artikel 37 Absatz 2 der Hamburgischen Verfassung mit Ablauf des 30. November 2010 aus dem Senat ausscheide.
Meine Damen und Herren! Jetzt kommen wir zur Tagesordnung. Abweichend von der Empfehlung des Ältestenrates haben die Fraktionen vereinbart, dass die Debatten zu den Tagesordnungspunkten 8 und 68 getauscht werden sollen. Die ursprünglich für heute vorgesehene Debatte zum Tagesordnungspunkt 8 findet dann morgen als vierte Debatte statt. Die ursprünglich für morgen geplante Debatte zu Tagesordnungspunkt 68 wird bereits heute als dritter Debattenpunkt aufgerufen.
Des Weiteren haben die Fraktionen vereinbart, dass die Tagesordnung um zwei weitere Punkte ergänzt werden soll. Es handelt sich dabei zum einen um den Bericht des Rechts- und Gleichstellungsausschusses aus Drucksache 19/8161, zum anderen um den interfraktionellen Antrag aus Drucksache 19/8179. Beide Drucksachen haben Sie inzwischen erhalten, sie wurden als Tagesord
Wir beginnen nun mit den Debatten. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 63 mit 66, Drucksachen 19/8013 und 19/8023, Anträge der CDU-Fraktion sowie der Fraktionen von GAL und SPD: Vorzeitige Beendigung der Wahlperiode.
Ich stelle fest, dass beide Anträge mit den nach Artikel 11 Absatz 1 Satz 2 der Hamburgischen Verfassung erforderlichen Quoren gestellt und allen Abgeordneten und dem Senat fristgerecht mitgeteilt worden sind.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die GAL-Fraktion beantragt heute zusammen mit anderen Fraktionen das vorzeitige Ende der Wahlperiode, um den Weg für vorgezogene Neuwahlen frei zu machen. Hamburg braucht in schwierigen Zeiten einen verlässlich arbeitenden Senat mit einem klaren Kurs, der das Vertrauen der Hamburgerinnen und Hamburger hat, um notwendige Entscheidungen für Hamburgs Zukunft treffen und auch durchsetzen zu können.
Wir Grüne mussten nach drei Monaten feststellen, dass der Neustart der schwarz-grünen Koalition nach dem Rücktritt des Präsidenten des Senats, Ole von Beust, nicht gelungen ist. Die vertrauensvolle und verlässliche Zusammenarbeit, die für ein gutes Regierungshandeln im Sinne der Bürgerinnen und Bürger notwendig ist, war nicht mehr gegeben. Der neue Bürgermeister hat eine personelle Fehlentscheidung nach der anderen getroffen, mit dramatischen Auswirkungen auf die Qualität des Regierungshandelns.
Die neue CDU-Parteiführung und der neue Bürgermeister hatten sich innerlich bereits von wesentlichen Inhalten und Projekten der schwarz-grünen Koalition verabschiedet. Als zwangsläufige Folge aus diesen Veränderungen hat der schwarz-grüne Senat seit dem Sommer Hamburg nicht mehr gut regiert und zunehmend das Vertrauen der Hamburgerinnen und Hamburger verloren. Vor diesem Hintergrund haben wir Grünen uns entschieden, die schwarz-grüne Koalition hier in Hamburg zu
beenden und die Entscheidung über den zukünftigen Kurs Hamburgs zurück an die Hamburgerinnen und Hamburger zu geben. Diese Entscheidung ist uns Grünen nicht leicht gefallen, aber für Hamburg ist es die richtige.
Damit haben wir die erste schwarz-grüne Koalition in Deutschland auf Länderebene beendet und daher gilt es auch, Bilanz zu ziehen. Sie, Herr Bürgermeister, haben im Nachhinein diese Koalition zu einem historischen Irrtum erklärt, weil Sie wesentliche Punkte der Koalitionsvereinbarung als aus CDU-Sicht falsch bezeichnet haben und wir praktisch jeden Tag erkennen müssen, dass das, was wir gemeinsam gestern vereinbart haben, heute für die CDU nicht mehr gelten soll.
Lassen Sie mich aus Sicht der Grünen sagen, dass sich für uns eine Bilanz der schwarz-grünen Koalition in Hamburg anders darstellt, Herr Bürgermeister. Es war ein neues Bündnis, das auch ein Wagnis war, ein Bündnis, das über traditionelle Lager hinaus versucht hat, einen gemeinsamen Kurs zu finden. Das war ein Wagnis und es war nicht klar, ob es gelingen würde. Es gab aber auch viele Wünsche und Erwartungen an eine solche Koalition. Die von manchen befürchteten Gladiatorenkämpfe von zwei Partnern, die nicht zusammenpassen, sind ausgeblieben. Im Gegenteil, der schwarz-grüne Senat hat zwei Jahre lang diese Stadt gut und verlässlich regiert und wir haben damit bewiesen, dass in Deutschland ein schwarzgrünes Bündnis funktionieren kann. Daran haben wir Grünen keine Abstriche zu machen.
Das ist eine Leistung dieser schwarz-grünen Koalition, die bleiben wird, und darauf sind wir Grünen in Hamburg stolz.
Aber auch über diese parteipolitischen Erwägungen hinaus hat die Koalition gute und richtige Entscheidungen für Hamburg getroffen: auch ohne Primarschule das modernste Schulsystem Deutschlands, eine soziale Stadtteilentwicklung, die sich vorrangig darum kümmert, dass Stadtteile nicht länger von der günstigen Entwicklung dieser Stadt abgekoppelt werden, wegweisende Entscheidungen im Klimaschutz und die Entscheidung Hamburgs, sich als Umwelthauptstadt Europas zu bewerben. Diese Koalition hatte allerdings auch die Kraft, Niederlagen zu verkraften und wegzustecken und trotzdem weiterzuarbeiten, was man bei der gerade für uns Grüne schmerzhaften Niederlage hinsichtlich der Genehmigung des Kraftwerks Moorburg gesehen hat und auch beim verlorenen Volksentscheid zur Primarschule. Aber eines ist vielleicht sogar noch wichtiger: Diese schwarzgrüne Koalition hat Hamburg in schwierigen Zeiten gut durch die schwerste Wirtschafts- und Finanz
krise in Jahrzehnten geführt. Es wurden schwierige Entscheidungen gemeinsam getroffen, Konjunkturprogramme gemeinsam beschlossen, um den Absturz der Wirtschaft zu verhindern, Hapag-Lloyd zu retten und ein Rettungskonzept für die HSH Nordbank auf die Beine zu stellen, eine umstrittene Entscheidung, die auch in der Bevölkerung erklärt werden musste, aber die dennoch eine richtige war. All dieses waren gute Entscheidungen, die eines belegt haben: Schwarz-Grün hat diese Stadt in schwierigen Zeiten gut regiert. Auch darauf sind wir Grünen stolz und daran gibt es nichts zu schmälern, Herr Bürgermeister.
Aber dass ein solches schwarz-grünes Bündnis kein Selbstläufer ist und einen hohen persönlichen Einsatz der Führungsspitze erfordert, das hat sich nach dem Wechsel an der Spitze des Senats und auch an der Spitze der CDU-Parteiführung gezeigt. Wir müssen praktisch täglich erleben, dass gemeinsame Entscheidungen, die gestern getroffen wurden, jetzt nicht mehr gelten.
Herr Bürgermeister, Sie haben als Bürgermeister in dieser Stadt eine wichtige Stellung. Sie können jedes Verfahren an sich ziehen, haben Aktenvorlage und Rechte zu jedem einzelnen Punkt. Sie haben eine Richtlinienkompetenz für eigentlich alle Projekte in dieser Stadt. Wie erklären Sie es, Herr Bürgermeister, dass Sie an einem Dienstag im Senat die Entscheidung getroffen haben, die nächsten Millionen für die Planung der Stadtbahn in Hamburg freizugeben und eine Trasse festzulegen, und eine Woche später dann erklärt haben, dass das eine falsche Entscheidung war, die Sie schon immer für falsch gehalten haben und die Sie nur aus Gründen der Koalitionsräson getroffen haben?
Da stellt sich doch wirklich die Frage, welche Auffassung der Pflichterfüllung Sie als Bürgermeister eigentlich haben. Ich fühle mich an eine Aussage des ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik, Richard von Weizsäcker, erinnert, der einmal ausgeführt hat, es erfülle ihn mit großer Besorgnis, dass unser Parteiensystem manchmal einen Typ von Politiker in Verantwortung bringt, der ein Spezialist darin ist, den politischen Gegner zu bekämpfen und alles zu tun, um an die Macht zu kommen, aber wenn er dann die Macht errungen hat, mit dieser Macht nicht viel anzufangen weiß, weil das anscheinend zweitrangig ist.
Wenn ich mir Ihre Handlungsweisen der letzten Wochen ansehe, Herr Bürgermeister, dann haben Sie diese Einschätzung bestätigt. Wie anders kann
Insofern fühlen wir uns nachträglich darin bestätigt, dass es richtig war, diese Koalition zu beenden und Ihnen mit diesem Amtsverständnis nicht noch einen weiteren Tag länger als nötig die Verantwortung an der Spitze dieser Stadt zu geben. Darum ist es auch richtig, dass jetzt die Entscheidung zurück an die Bürgerinnen und Bürger gegangen ist, die Zukunft Hamburgs auf einen neuen Pfad zu setzen.
Für uns Grüne ist in der Zwischenzeit eines aber immer noch entscheidend. Wir stehen zu den wichtigsten Projekten, die wir gemeinsam vereinbart haben. Wir stehen auch weiterhin dazu, dass diese Stadt in schwierigen Zeiten, nachdem Hamburg Hunderte von Millionen Euro in die Hand genommen hat, um die Wirtschaft dieser Stadt vor dem Absturz und Tausende von Menschen vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren, trotz Neuwahlen auf einem finanziellen Konsolidierungskurs bleiben muss. Vor diesem Hintergrund wundert es mich auch, dass ein Bürgermeister der CDU mit einem Finanzsenator, der noch bis vor wenigen Wochen ein strukturelles finanzielles Defizit dieser Stadt, das sich über Jahrzehnte angehäuft hatte, in zwei Jahren aufgelöst hat, nun auf einmal Einsparprojekte in Höhe von 160 Millionen Euro über Nacht einfach so vom Tisch nimmt.
Meine Damen und Herren! Man kann darüber streiten, ob es die richtigen Maßnahmen waren, ob die Kompromisse, die wir dort gefunden hatten, die richtigen waren. Aber so einfach kann man es sich nicht machen. Hamburg wird weiterhin finanzielle Konsolidierung leisten müssen, wir Grünen stehen auch weiterhin dazu und deshalb werden wir bis zum 20. Februar alle Entscheidungen, die wir noch vor dem Bruch der Koalition gemeinsam im Haushaltsausschuss getroffen haben, auch gemeinsam weiterhin vertreten aus Verantwortung für die Zukunft Hamburgs und auch aus Verantwortung für die Handlungsfähigkeit zukünftiger Generationen. Auch das scheint uns jetzt im Nachhinein zu unterscheiden.
Natürlich wird das jetzt ein wichtiger Punkt in der Auseinandersetzung sein, wenn es darum geht, wie der zukünftige Kurs dieser Stadt aussehen soll. Wir Grünen schauen auf zweieinhalb Jahre Regierungszeit zurück, die nicht einfach und ein Wagnis waren, aber in denen diese Stadt mit großem Einsatz gut und richtig regiert wurde. Wir Grünen haben in der Sekunde, als deutlich wurde, dass der
Neustart der Koalition nicht gelungen ist, die Kraft aufgebracht und den Entschluss gefasst, nicht länger an den Sesseln zu kleben, sondern den Bürgerinnen und Bürgern die Entscheidung zurückzugeben, und darum liegen jetzt entscheidungsreiche Wochen vor uns. Wir Grünen können mit ruhigem Gewissen und mit Stolz auf unsere Leistung der letzten zweieinhalb Jahre zurückblicken und gehen beruhigt in die Wahlauseinandersetzungen um die Zukunft dieser Stadt. – Vielen Dank.
(Beifall bei der GAL – Egbert von Franken- berg CDU: Das war aber ganz schwach, ei- ne schwache Rede!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kerstan, diese Stunden der Trennung könnte man auch als Szenen einer Ehe beschreiben, aber ich möchte mich jetzt nicht abarbeiten an der Zusammenarbeit oder an Ihnen. Ich finde es aber schon wichtig, einmal auszusprechen, dass der Stil Ihres Abschiedes sehr grenzwertig war. Wenn Sie das Bedürfnis gehabt hätten, ernsthaft mit uns zu sprechen und zu sagen, dass wir jetzt eine Situation haben, in der es nicht mehr weitergeht, dann hätten Sie jederzeit mich und den Bürgermeister sowieso ansprechen können und das auch verpflichtend tun müssen, um die Dinge zu diskutieren – wir wären sicherlich zu Schlüssen gekommen, die wir dann auch gezogen haben –, anstatt dem Bürgermeister per Telefon so mir nichts, dir nichts mitzuteilen, die Koalition sei zu Ende, und dann auch weiter kein Gespräch mehr zu suchen. Wir wären Ihnen nicht mehr nachgelaufen, das ist auch klar, aber das fällt schon ein wenig auf Sie zurück.
Sie müssen persönlich aufpassen in Zukunft, dass Sie sich nicht so eine Art Zockerimage zulegen; aber das ist Ihre Sache.
Ich werde gleich natürlich etwas zu unserer Zusammenarbeit und auch zur Zusammenarbeit von Schwarz-Grün sagen, die ich in einigen Passagen Ihrer Rede unterschreiben kann, aber die Begründung, die Sie im Nachhinein geliefert haben – es waren verschiedenste Begründungsstränge –, ist nicht wirklich schlüssig. Sie haben eine Pressekonferenz gegeben und in der Nachbearbeitung noch einmal Hintergrundgespräche mit Journalisten gesucht, weil es offenbar nicht gelungen war, die Triftigkeit Ihrer Gründe zu vermitteln. Darüber habe ich auch abenteuerliche Dinge gehört; zumindest haben Sie versucht, die Begründung noch einmal nachzubessern. Ich jedenfalls komme zu dem Schluss, dass sie weiterhin nicht ganz stichhaltig ist, aber ich möchte mich nicht an Ihnen abarbeiten.