Susanne Wendland

Appearances

19/48 19/51 19/53 19/58 19/68 19/74

Last Statements

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich unterstütze den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen nur bedingt. Darüber hinaus stellt sich für mich die Frage, warum die Koalition erst jetzt diesen, wie sie sagt, ersten Schritt wagt. Immer wieder haben wir hier über die Armut im Lande Bremen diskutiert, immer wieder haben wir festgestellt, wie viele Menschen in unserem Land unter dem Existenzminimum leben. Passiert ist viel zu wenig.
Klar, der Hartz-IV-Regelsatz ist Sache des Bundes, aber auch das Land hat die Pflicht, Menschen mit wenig Geld zu unterstützen. „Das Existenzminimum endlich fair und realistisch berechnen“, lautet die Überschrift des Antrags. Das ist für mich altbekannt und auch die Feststellung, dass immer mehr Menschen bei den Tafeln anstehen. Mir geht Ihr Antrag nicht weit genug, deswegen habe ich einen Änderungsantrag eingebracht.
Die von den Jobcentern verhängten Sanktionen sind für mich ein Unding. Sie verletzen die Menschenwürde und gehören abgeschafft. Denn mit den Sanktionen fallen die Menschen in noch tiefere Notlagen, als sie ohnehin schon sind. Wie sieht die Praxis aus: Der Berater benutzt die Sanktionen als Bestrafung, um die Menschen zu einer Arbeit oder in oft sinnlose Maßnahmen zu zwingen. Das ist für mich kontraproduktiv. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gibt es nur, wenn sie in einem angstfreien Raum stattfindet. Die Jobcenter sollten sich
auf Beratung und Vermittlung von Arbeit konzentrieren, die Teilnahme an Beratung und Weiterbildung sollten freiwillig sein.
Wir reden hier im Parlament oft von Teilhabe am Leben. Also kann sich zum Beispiel eine langzeitarbeitslose Frau einmal eine Kinokarte kaufen, kann sie ins Freibad gehen oder sich einen Ausflug mit der Bahn nach Cuxhaven ans Meer leisten? Klare Antwort: Kann sie nicht.
Noch schwerer wird es, wenn die Menschen in Bedarfsgemeinschaften zusammenleben, also zusammen eine Wohnung haben, dann bekommen sie zusammen weniger Geld. Anstatt 416 Euro pro Person im Regelsatz, gibt es nur 374 Euro, also pro Person wieder 42 Euro weniger. Einkommen und Vermögen zusammenlebender Menschen werden pauschal gemeinschaftlich angerechnet. Für mich gehören deshalb die Bedarfsgemeinschaften abgeschafft, der Regelsatz muss eine individuelle Leistung sein und auf ein menschenwürdiges Existenzminimum muss es einen individuellen Rechtsanspruch geben.
Ich weiß, mein Änderungsantrag wird abgelehnt. SPD und Bündnis 90/Die Grünen werden ihren Antrag durchsetzen. Sie sprechen von einem ersten Schritt, aber meine Damen und Herren, sind Sie nicht ein bisschen zu halbherzig unterwegs? Für mich muss die Armutsbekämpfung im Lande Bremen weit mehr Fahrt aufnehmen, denn selbst wenn der Bundesrat aktiv wird, wenn nach langer Diskussion der Regelsatz tatsächlich um vielleicht etwa einhundert Euro steigt, glauben Sie wirklich, dass dieses Geld reicht, um tatsächlich am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen? Ich bin der Meinung, wir brauchen eine Zäsur.
Klar ist, das Hartz-IV-System hat gemessen an den Werten unseres Grundgesetzes versagt. Die Bundesspitze von Bündnis 90/Die Grünen will von Hartz IV abrücken und der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD spricht sich dafür aus, die Sanktionen und auch die Bedarfsgemeinschaften endlich abzuschaffen.
Was will der Antrag hier? Er möchte die Sanktionen nur entschärfen. Das heißt für mich, die Sanktionen sollen bleiben. Da, meine Damen und Herren von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, sind andere in ihren Parteien durchaus weiter.
Ich meine, wir müssen weiter denken, neu denken, alte Denkmuster in unseren Köpfen überprüfen.
Wie heißt es so richtig im Grundgesetz: Jeder soll ein Leben in Würde führen. Sanktionen verletzen aber die Menschenwürde. Wie ist es aber mit den Existenzängsten? Was macht das mit den Menschen in unserem Land? Wir brauchen deshalb ein bedingungsloses Grundeinkommen. Alle Probleme, die Sie hier in Ihrem Antrag auflisten, wären gelöst, von der Kinder- bis zur Altersarmut. Die Diskussion darüber ist nicht neu. Immer mehr Menschen schließen sich dieser Idee an, es schafft weder den Sozialstaat ab, noch verlieren die Menschen ihre Lust auf Arbeit und ja, es ist finanzierbar durch neue Steuermodelle und auch die Abschaffung der Hartz-IV-Leistungen.
Wie gesagt, ich unterstütze den Antrag im ersten Punkt, weil Armut endlich bekämpft wird, wenn auch nur langsam, ein kleines Stück. Ich will aber mehr und mache mich für ein bedingungsloses Grundeinkommen als individuellen Rechtsanspruch ohne Zwang zur Arbeit stark, für ein Grundeinkommen, das die materielle Existenz sichert und eine tatsächliche Teilhabe ermöglicht und, das ist mitentscheidend, ohne Prüfung auf Bedürftigkeit, jedem soll es zustehen, bedingungslos. Wie hatte ich doch vorhin gesagt: Wir müssen weiterdenken, neu denken, alte Denkmuster in unseren Köpfen überprüfen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich mische mich hier einmal in dieses Wahlkampfgetöse der CDU ein, um auf das Grundsätzliche einzugehen, was die CDU und natürlich auch Teile der SPD mit der Gesetzesverschärfung bewirken wollen.
Grund- und Freiheitsrechte werden mit dieser Verschärfung massiv eingeschränkt. Das habe ich hier in früheren Debatten immer wieder deutlich gemacht, und die Menschen in Bremen haben auf diese Debatten reagiert. Motto: Freiheit statt Angst. So hat sich in Bremen ein Bündnis gegen die Verschärfung des Polizeigesetzes gebildet, das Bündnis Brementrojaner. Ich bin eine der Sprecherinnen, habe das Bündnis initiiert, das aus zivilgesellschaftlichen Gruppen, Parteien und Einzelpersonen besteht. Es wächst kontinuierlich und weist auch immer wieder auf die fatalen Konsequenzen hin.
Ein weitreichender Ausbau staatlicher Videoüberwachung im öffentlichen Raum, diese verdrängt als teures Placebo Kleinkriminalität lediglich an andere Orte und setzt zugleich alle Menschen unter Beobachtung. Die Einführung elektronischer Fußfesseln zur lückenlosen Aufenthaltskontrolle mutmaßlicher Gefährder, welche Menschen kriminalisiert, die nicht unter einem konkreten Verdacht
stehen, sondern denen Straftaten lediglich zugetraut werden aufgrund unklarer Anhaltspunkte. Ein ganz entscheidender Punkt ist die massive Ausweitung der polizeilichen Überwachung von Computern und Smartphones, insbesondere durch heimlich eingeschleuste Schadsoftware, besser bekannt als Staatstrojaner.
All diese Vorhaben, ob von der SPD oder CDU, sind unzulässige Eingriffe in unsere Grund- und Freiheitsrechte. Ich erinnere an die Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung hier in der Bremischen Bürgerschaft im Mai dieses Jahres. Trügerische Sicherheit hieß der Titel. Der Chef des Bremer Verfassungsschutzes stellte klar, dass das verfassungskräftige Trennungsgebot der Aufgaben und Befugnisse zwischen Polizei und Geheimdienst in Gefahr ist, etwa
wenn die Polizei Online-Durchsuchungen durchführt und Staatstrojaner einsetzt, um scheinbar Verdächtige weit im Vorfeld strafbarer Handlungen zu überwachen. Der Gesetzentwurf zielt nicht nur auf Terrorverdächtige, sondern auf jeden. Wir alle können ohne konkreten Verdacht überwacht werden, wie nur zum Beispiel der Autor Marc-Uwe Kling, der mit einem kommunistischen Känguru zusammenwohnt in einer Wohngemeinschaft. Nach eigener Aussage hat das kommunistische Känguru aufseiten des Vietcongs gekämpft, will das System umstürzen und betreibt einen Boxclub – als Romanfigur in der Fiktion seiner Bücher, was aber missverstanden werden könnte und zum Gegenstand von Überwachung wird.
Marc-Uwe Kling hat übrigens zusammen mit zwei Bremern, den Rechtsanwälten Rolf Gössner und Helmut Pollähne, unter dem Dach von Digitalcourage kürzlich Verfassungsbeschwerde gegen den Einsatz von Bundesstaatstrojanern eingelegt. Begründung: Staatstrojaner sind für sie, und das ist auch voll und ganz meine Meinung, digitale Waffen, mit denen der Staat heimlich IT-Systeme, Computer und Smartphones ausforschen kann. Die Polizei bricht damit in die Privatsphäre und die Persönlichkeitsrechte ein, in informationelle Selbstbestimmung und in die Meinungsfreiheit der Betroffenen. Ein schwerer Eingriff in die Grundrechte, es ist die digitale Totalüberwachung. Ich merke an, es war insbesondere das Bündnis Brementrojaner, das Bremen auf die gravierenden Auswirkungen des Polizeigesetzentwurfes hingewiesen hat und meine Haltung hier im Parlament unterstützt. Die Grünen zogen danach die Reißleine, und die CDU
nutzt jetzt die Gunst der Stunde. Arm in Arm mit dem Entwurf des SPD-Innensenators zielt die CDU bewusst darauf,
durch angstmachende Fantasien einer angeblich erhöhten Terrorismusgefahr in Bremen die Bremer Polizei zu schwerwiegenden Eingriffsrechten zu ermächtigen. Da bin ich jetzt wieder beim Wahlkampfgetöse. Die CDU zielt darauf, Zwist in der rot-grünen Koalition zu schüren. Aber, meine Damen und Herren, massive Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte dürfen kein Gegenstand von Wahlkampfgetöse sein.
Auch wenn Sie jetzt massiv widersprechen sollten: Wir sind auf dem Weg in einen Überwachungsstaat, und viele hier im Parlament unterstützen das, und auch Teile der SPD gaukeln uns mit diesen Gesetzesentwürfen vor, die angebliche Terrorismusgefahr in den Griff zu bekommen. Ich nenne das Sicherheitsfolklore zulasten unserer Freiheitsrechte. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Parlament wird gleich das Wahlrecht ändern. Konsequenz ist, die Parteiliste wird dadurch gestärkt, die Personenstimmen werden geschwächt, so hat es der nicht ständige Ausschuss „Erhöhung der Wahlbeteiligung und Weiterentwicklung des Wahlrechts“ entschieden. Mit dieser für mich indiskutablen Entscheidung erwartet die Mehrheit des Ausschusses, dass das Parlament zukünftig das Spiegelbild der Menschen in Bremen ist und mehr
Frauen und jüngere Abgeordnete im Parlament sitzen. Selbst wenn, muss deshalb das Wahlrecht geändert werden? Muss deshalb das von vielen unterstützte Volksbegehren gekippt werden, das im Jahr 2016 das jetzt aktuelle Wahlrecht eingefordert hat und dabei von über 70 000 Bremern unterstützt wurde?
Gewollt war, dass die Wähler mehr Einfluss auf das Kandidatenkarussell bekommen, dass sie spezielle, nämlich ihre Kandidaten mehr unterstützen können, die zuhören und ihnen eine Stimme im Parlament geben. Zwei Wahlen haben gezeigt, das ist genutzt worden, das ist gewollt. Also, warum machen Sie das? Um den Frauenanteil im Parlament zu erhöhen? Ich empfehle den Parteien, mehr Frauen weiter vorn auf der Parteiliste zu platzieren. Mehr jüngere Abgeordnete im Parlament? Mein Vorschlag: Setzen Sie jüngere Kandidaten auf sichere Listenplätze!
Also, was ist der Grund? Für mich geht es schlicht darum, den elitären Parteiklüngel in ausbaldowerten Parteilisten wieder zu stabilisieren und die Macht in den Parteizentralen zu stärken, denn es läuft doch so: Als Erstes sichert sich der elitäre Zirkel untereinander ab,
dann werden die Seilschaften bedient, und es wird sich auf Kandidaten verständigt, die wie Parteisoldaten zu agieren haben.
Genau das wurde mit dem neuen Wahlrecht ab 2011 aufgebrochen, das war Sinn und Zweck des Volksbegehrens, eine notwendige Initiative, um die Demokratie zu beleben.
Meine Damen und Herren hier im Parlament, glauben Sie tatsächlich, dass das Parlament ein Spiegelbild der Bevölkerung wird, wenn Sie die Parteiliste wieder stärken, dass der Arbeiter aus Hemelingen oder die alleinerziehende Mutter aus Bremerhaven-Lehe in die Bürgerschaft einzieht, wenn die Parteiliste wieder mehr Macht hat? Auf keinen Fall! Wenn man schon das Wahlrecht ändert, dann bitte so, dass der Einfluss der Bürger noch weiter gestärkt wird! Das war ja das Ziel des nicht ständigen
Ausschusses: eine Weiterentwicklung des Wahlrechts! Ich konstatiere, Sie beschließen einen Rückschritt.
Ursprünglich wollten Sie mit der Änderung des Wahlrechts die Parteienverdrossenheit bekämpfen, und was machen Sie? Sie kippen das Volksbegehren und stärken den Einfluss der Parteispitzen; ein Schachzug, um Ihre Macht zu festigen. Das zeigt sich daran, dass bisher keine einzige Maßnahme, keine Strategie darüber vorliegt, wie mit den vielen Nichtwählern aus abgehängten Stadtteilen umgegangen werden soll. Es war ja das wesentliche Ziel des Ausschusses, das Befinden der Nichtwähler ernst zu nehmen und sie wieder für unsere Demokratie zu gewinnen, denn nie war die Wahlbeteiligung in einem westdeutschen Bundesland geringer als im Jahr 2015 in Bremen.
Es sind die Menschen mit wenig Geld, mit wenig Bildung und ohne Arbeit, die nicht wählen gehen. Ganze Stadtteile wie Tenever, Gröpelingen und Bremerhaven-Lehe sind Nichtwähler-Hochburgen, in denen die Verankerung der Parteien längst aufgebrochen ist. Sie, meine Damen und Herren, befeuern mit der Änderung des Wahlrechts genau den Trend, dass die repräsentative Demokratie immer mehr an Legitimität verliert, und Sie befeuern den Eindruck, dass die Politiker sich sowieso nicht mehr um die Probleme des einfachen Volkes kümmern.
Der Verein „Mehr Demokratie“ kämpft vergeblich, um das Wahlrecht zu bewahren. Er wird jetzt erneut ein Volksbegehren starten, um ein viel stärker personalisiertes Wahlrecht einzuführen, das ich voll und ganz unterstütze.
Und was tun Sie? Sie sichern Ihren elitären Zirkel über starre Parteilisten ab, gegen die Befindlichkeit der Wähler, und ich werfe Ihnen vor, Sie fördern nicht mehr Demokratie, sondern weniger Demokratie.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Mit „Legalize it!“ ist Peter Toshs Reggae-Schlager zur Hymne der Legalisierungsbewegung geworden. Ob nun Weed, Marihuana oder Ganja genannt, viele Bremer konsumieren es. Azubis, Studenten, Bürokauffrauen, Anwälte, rechte Politiker: Gekifft wird quer durch die gesamte Gesellschaft.
Meine Erkenntnis ist: Für die meisten Menschen ist die Legalisierung von Cannabis längst überfällig. Es entspricht dem Zeitgeist, dass Cannabis denselben legalen Status erhält wie Alkohol. Viele Bremer träumen davon, endlich frei und unbeschwert ihren Joint auf offener Straße kiffen zu dürfen.
Ja, das ist so, ganz legal, ob nun auf der Breminale oder im Weser-Stadion, und was tun Sie? Sie streiten darüber, ob und wie der Konsum entkriminalisiert werden soll. Wie absurd ist das denn?
Ich frage mich: Warum greifen wir nicht den Zeitgeist auf und diskutieren anstatt der Entkriminalisierung die Legalisierung von Cannabis, wofür es gute Gründe gibt! Die Legalisierung von Cannabis in Form einer staatlich kontrollierten und regulierten Freigabe, zum Beispiel über Cannabis Social Clubs, würde erwachsene Konsumenten nicht länger stigmatisieren und dafür sorgen, dass der Schwarzmarkt ausgetrocknet wird. Der Staat könnte Steuern einnehmen und die hohen verfolgungsbedingten Kosten bei Polizei und Justiz einsparen. Damit gäbe es auch ausreichend Geld für eine glaubwürdige Prävention.
Ganz klar ist: Cannabis ist wie Alkohol für Jugendliche unter 18 Jahren verboten. Wenn ich mit Jugendlichen spreche, und das tue ich oft, wünschen sie sich eine progressive Informationspolitik im Unterricht. Sie wollen nicht mehr nur erfahren, wie
abschreckend Drogenkonsum ist, wie im Film „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“, sondern sie wollen mehr Aufklärung über den Umgang mit Drogen. Worauf muss man während des Konsums achten? Macht diese Sorte eher high, oder entspannt sie eher? Wie hoch ist der THC-Gehalt, und wie ist der Joint zu dosieren?
Sie lachen, aber die Jugendlichen fordern eine Erziehung zur Drogenmündigkeit, was ich richtig finde. Ich frage mich, wann solche Konzepte im Sinne der Jugendprävention in Bremen vorliegen.
Es geht um einen selbstbestimmten Umgang mit Drogen, so steht es im Vorwort des Betäubungsmittelgesetzes. Dort ist formuliert, dass jeder Mensch das Recht dazu hat, sich selbst Schaden zuzufügen. Ich formuliere es einmal so: Jeder Mensch hat ein Recht auf Rausch.
Denken Sie zum Beispiel nur an den gemeinsamen Alkoholrausch nach einem Werder-Sieg oder an die Koffein-Kicks bei Gesprächen hier in der Lobby!
Es geht auch um Gerechtigkeit. Beim Autofahren muss Cannabis wie Alkohol bewertet werden.
Hier geht es um die Grenzwerte. Wer zwei Tage nach dem Kiffen in eine Drogenkontrolle gerät, muss meist seinen Führerschein abgeben. Wer zwei Tage zuvor Alkohol getrunken hat, darf weiterfahren. Diese Ungerechtigkeit gehört endlich abgeschafft!
Lassen Sie uns weiter denken, open minded sein und nicht über Bagatellgrenzen von 6 bis 10 Gramm oder darüber streiten, wie viele Hanfpflanzen auf dem Balkon stehen dürfen. Denken Sie an Peter Toshs Hymne „Legalize it!“! Schließlich soll Bremen ja weltoffen, cool und sexy sein. - Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren im Bereich Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport einen milliardenschweren Posten. Fest steht schon jetzt: Für die offene Jugendarbeit in Bremen wird zu wenig Geld zur Verfügung stehen - wie immer. Immer wieder fordere ich, die offene Jugendarbeit in Bremen zu stärken, die seit mehr als 60 Jahren den außerschulischen Alltag von Mädchen und Jungen in Jugendzentren gestaltet. Sie ist übrigens eine gesetzlich verankerte Pflichtaufgabe. Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.
Diese Aufgabe kostet Geld. Viel zu wenig davon ist im Haushalt für 2018 und für 2019 bereitgestellt. Ich unterstütze deshalb den Antrag der LINKEN, die offene Jugendarbeit zu stärken und jeweils pro
Jahr 1,8 Millionen Euro mehr in den Haushalt zu pumpen,
auch um junge Flüchtlinge besser zu integrieren. Das wäre sinnvoll ausgegebenes Geld für eine sehr wirksame Maßnahme. Seit Jahren aber ist die offene Jugendarbeit chronisch unterfinanziert. Klaus Möhle, Rot-Grün hat nun ein wenig Geld in die offene Jugendarbeit gegeben. Das stimmt. Es ist aber keine Erhöhung, wie du hier behauptest, sondern nur eine minimale Zurücknahme der jahrzehntelangen Einsparungen in diesem Bereich.
Was passiert, wenn der Antrag der LINKEN abgelehnt wird, was der Fall sein wird? Die offene Jugendarbeit in Bremen wird weiterhin geschwächt werden. Das ist erschreckend, vor allem für Jungen und Mädchen in den schwierigen Stadtteilen. Die Konsequenzen werden sein, dass es zu wenig Übungsleiter, zu wenig Programmmittel und noch mehr eingeschränkte Öffnungszeiten durch weniger Stunden für pädagogisches Personal geben wird. Faktisch sind das temporäre Teilschließungen. Und es gibt immer noch kein Budget für stadtteilübergreifende Angebote.
Wie wichtig die offene Jugendarbeit ist, zeigt sich immer wieder in den Jugendfreizeitzentren selbst. Diese Zentren sind Orte des gegenseitigen Respekts, der Vielfalt und Orte, an denen Demokratie erlebt und erlernt wird. Dort finden die jungen Menschen einen Anker und auch eine Perspektive, um nicht anfällig zu sein, um nicht etwa in die Fänge des sogenannten IS zu geraten oder offen für rassistische Propaganda zu sein. Ich verstehe nicht, warum die offene Jugendarbeit von der Bremer Politik nicht ebenso wie die aufsuchende Jugendarbeit, beispielsweise wie der Verein FAJA e. V., bewertet wird, der mit seinem Beratungsnetzwerk für Angehörige und Betroffene und seiner aufsuchenden Arbeit gegen Salafismus wirksam arbeitet. Dort wird es zusätzlich vier Stellen geben, was ich sehr unterstütze, auch wenn es immer noch zu wenige für diese Arbeit sind.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang wieder einmal an die bevorstehende Änderung des Bremer Polizeigesetzes und daran, wie viel Geld für mehr staatliche Videoüberwachung, für Lauschangriffe und Staatstrojaner bereitgestellt wird, um reagieren zu können, wenn etwa Jugendliche oder junge Männer Gewalttaten planen. Dafür, für unwirksame Mittel, die eine trügerische Sicherheit suggerieren, ist Geld vorhanden. Völlig absurd ist, wenn
Rot-Grün das Verfassungsschutzgesetz ändert und der Verfassungsschutz in Zukunft Programme zur Deradikalisierung von jungen Menschen durchführen soll.
Dazu ist geplant, dass Lehrer ihre Schüler als Gefährder einstufen sollen. Haben Sie schon einmal mit den Lehrern gesprochen, die diesen Job machen sollen?
Den habe ich leider noch nicht gelesen, aber Sie können ihn mir gerne zuschicken. Der Antrag wurde ja in die Deputation überwiesen.
Ich habe den Antrag gelesen, den Sie in die Deputation überwiesen haben, ohne ihn hier überhaupt zu beraten.
Wirksamer wäre es, die Präventionsarbeit, etwa in den Jugendzentren oder in der Jugendverbandsarbeit, zu stärken. Nur ist die seit Jahren chronisch unterfinanziert. Ein Fehler, weil eben Angst das politische Handeln bestimmt? Eher ein Irrsinn! - Aber ich wiederhole mich hier.
Logisch, dass ich bei dieser Gewichtung den Haushalt 2018 und 2019 ablehne. - Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Diese Debatte zeigt mir wieder einmal, wie sehr Angst politisches Handeln bestimmt. „Sicherheit im Rechtsstaat“ heißt der rot-grüne Antrag. Das klingt beruhigend, schränken wir hier im Parlament unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung doch nicht ein, wenn wir diesen Antrag beschließen. Aber ist es nicht eine trügerische Sicherheit, wenn die stationäre und mobile Videoüberwachung in Bremen ausgebaut und neu geordnet wird? Ich betone: ausgebaut, also erweitert wird, auch mit viel Steuergeld. Verhindert das tatsächlich Anschläge wie den in Berlin? Nein!
Was ist mit dem Recht des Bürgers, sich ohne Beobachtung rund um die Uhr im öffentlichen Raum bewegen zu können, was eine liberale Demokratie ja ausmacht? Sie dagegen sind auf dem Weg in die Totalüberwachung des öffentlichen Raumes, vom Marktplatz bis zum Bierzelt auf der Bürgerweide.
Nicht zu vergessen, dass nun auch noch die Telefonüberwachung ausgeweitet wird, wenn die Bürgerschaft das Bremische Polizeigesetz novelliert. Ich betone: Die Polizei übernimmt zukünftig Aufgaben des Verfassungsschutzes. Sie wird unseren Festnetzanschluss, unser Handy, unser WhatsApp, unser Skype aushorchen - bisher die Zuständigkeit der Nachrichtendienste. Im Klartext: Sie wollen, dass die Polizei zukünftig auch Lauschangriffe durchführen darf. Für mich ist das der Türöffner, auch den privaten Raum mehr und mehr zu überwachen.
Ich erinnere an die Feierstunde „70 Jahre Landesverfassung“. Viele von Ihnen waren nicht da, als Frau Leutheusser-Schnarrenberger ihre Festrede hier im Plenarsaal hielt und dabei betonte, dass die bremische Landesverfassung besonders grundrechtsfreundlich ist, weil sie gerade nicht das Abhören von privaten Gesprächen im privaten Umfeld, zu Hause, erlaubt. Sie warnte davor, dass Grundrechte schleichend ausgehöhlt werden. Genau das passiert, wenn Sie diesem Antrag zur Novellierung des Polizeigesetzes zustimmen.
Worüber reden wir hier? Wir reden von groß angelegter staatlicher Überwachung. Dass die CDU das will, ist mir klar. Die SPD? Nun gut!
Landtag 3993 51. Sitzung/8.11.17
Warum aber die Grünen mitmachen, ist mir ein Rätsel. Das steht übrigens im Widerspruch zur Haltung des grünen Innenpolitikers Konstantin von Notz, der ganz klar sagt, wir müssten weg von der staatlichen Totalüberwachung. Aber genau die unterstützen die Grünen in Bremen mit diesem Antrag.
Zustimmen kann ich der der rot-grünen Koalition in der Bekräftigung der herausragenden Bedeutung von Prävention. Ich bin ganz bei den Regierungsparteien, wenn sie Jugendarbeit in muslimischen und interkulturellen Lebenswelten fördern oder Beratungsnetzwerke für Angehörige und Betroffene finanzieren wollen. Den Kern des Antrags, mehr Überwachung durch repressive Maßnahmen, um eine trügerische Sicherheit zu suggerieren, lehne ich ab. Ich erinnere an das Ziel der Terroristen: Sie wollen unsere freiheitlichdemokratische Grundordnung angreifen. Und was macht die Mehrheit in der Bremischen Bürgerschaft gerade? Sie opfert Freiheit für vermeintliche Sicherheit. Die Mehrheit der Abgeordneten ist gerade auf diesem Weg, und da bin ich wieder bei Frau LeutheusserSchnarrenberger. Sie warnte davor, die verfassungsrechtlichen Hürden für staatliche Eingriffe in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger sukzessive abzusenken. - Vielen Dank!
Ich frage den Senat:
Erstens: Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass Menschen, die aus medizinischen Gründen Cannabis konsumieren dürfen und fahrtauglich sind, nach Drogenkontrollen im Straßenverkehr von Verkehrssperren ausgenommen sind?
Zweitens: Ist der Senat im Rahmen seiner Bemühungen zur Legalisierung von Cannabis bereit, sich über bundespolitische Maßnahmen dafür einzusetzen, dass der in Deutschland sehr niedrige THC-Grenzwert bei Straßenverkehrskontrollen heraufgesetzt wird, um der Diskriminierung und Ungleichbehandlung im Vergleich zu Alkoholkontrollen im Straßenverkehr entgegenzuwirken?
Drittens: Wenn ja, ist der Senat bereit, sich wissenschaftlichen Untersuchungen folgend dafür einzusetzen, dass der THC-Grenzwert von einem Nanogramm/Milliliter Blutserum auf fünf Nanogramm/Milliliter Blutserum heraufgesetzt wird?
Können Sie mir vielleicht sagen, ob eine Möglichkeit für das Land Bremen besteht, die THC-Grenzwerte zumindest auf 3,0 Nanogramm pro Milliliter im Blutserum heraufzusetzen, so wie es die Grenzwertkommission des Bundes empfiehlt, und wenn ja, welche Möglichkeit wäre das, und wie könnte man sie für das Land Bremen umsetzen?
Wären Sie, Herr Senator, denn bereit, sich tiefer in das Thema einzuarbeiten? Ich finde, Sie können zwar gern sagen, Sie seien da nicht fachkompetent, aber es ist schon so, dass man sich informieren kann. Vom Land Bremen wurden schon öfter Initiativen angestoßen. Insofern meine Frage, ob Sie die Bereitschaft hätten!