Thomas Zimmermann
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehöre diesem Parlament seit 19 Jahren an. Ich habe es aber noch nie erlebt, dass es einen dringlichen Berichtsantrag gegeben hat.
Ich sage das deshalb so prononciert, weil hier in Abrede gestellt wird, dass der Antrag mit dem Titel "Rolle Bayerns beim Transplantationsskandal – wer täuscht die Öffentlichkeit?" ein reiner Schaufensterantrag im Rahmen des Wahlkampfes ist.
Kolleginnen und Kollegen, diejenigen, die anwesend waren, erinnern sich noch daran, dass wir eine Anhörung hatten, die von Seriosität, Sachinformation und hohem Kenntnisstand geprägt war. Aufgrund der in dieser Anhörung vorgetragenen Beiträge haben sich die beiden großen Parteien darauf verständigt, dass
diese Thematik nicht zum Anlass für ein parteipolitisches Scharmützel genommen wird. Auch die FREIEN WÄHLER waren bei dieser Anhörung anwesend. Ich habe mir extra noch einmal das Protokoll herausgesucht. Die Beiträge der beiden Kollegen waren sehr schlicht und überschaubar.
Aufgrund der Schlichtheit dieser Beiträge habe ich ein gewisses Verständnis dafür, dass man vier Wochen später noch die eine oder andere Frage zu diesem Thema stellen muss. Möglicherweise haben Sie es versäumt oder gar vergessen, nachzufragen, oder Sie waren von den vortragenden Referenten so überzeugt, dass sich im Laufe der Expertenanhörung keine Fragen ergeben haben.
Kollege Bertermann, man kann zwar eine Partei wechseln; den gesundheitspolitischen Sachverstand dabei auch hängen zu lassen, ist aber ein bisschen arg viel.
Meine Damen und Herren, es tut mir furchtbar leid. Ich bin vom Beitrag des Kollegen Bertermann etwas irritiert. Er ist sicherlich in einer misslichen Situation. Das weiß ich. Er meint, dass durch seinen Antrag, in dessen Betreff zum Ausdruck kommt, dass die Öffentlichkeit von den zuständigen Ministerien getäuscht worden sei, die Spendenbereitschaft erhöht werden könnte. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn Sie der Meinung sind, Herr Kollege Dr. Bertermann, dass die Öffentlichkeit bei diesem Sachverhalt getäuscht wird, dann haben Sie durch diesen Dringlichkeitsantrag heute ganz wesentlich Anteil daran. Jeder, meine Damen und Herren, der bei der Expertenanhörung anwesend war, konnte feststellen, mit wie viel Subtilität und fachlicher Kompetenz die Thematik nicht nur aufgegriffen, sondern in eine eigene Kommission eingeführt wurde. Diese Kommission heißt MühlbacherKommission; Professor Mühlbacher wurde schon genannt. Der Freistaat Bayern hat diese Kommission in Auftrag gegeben, um seine bayerischen Universitätskliniken von einem Ausländer, einem Österreicher vom AKH Wien, überprüfen zu lassen. Das Ergebnis wurde breit vorgetragen. Alle anwesenden Kolleginnen und Kollegen waren von den Ausführungen der Experten beeindruckt.
Dass bei den FREIEN WÄHLERN noch so viel Beratungsbedarf übrig geblieben ist, ist mir unverständlich. Völlig unverständlich ist mir, dass man jetzt versucht, das mit diesen vier doofen Fragen zu heilen.
Sie fragen als Erstes, Herr Kollege Dr. Bertermann:
Warum wird der Untersuchungsbericht der Bundesärztekammer zum Transplantationsskandal erst nach der Wahl im Herbst vorgelegt, obwohl er bereits für April angekündigt war und einige Teile auch bereits an die Presse durchgesickert sind?
Die Wahl im Herbst hat mit der Bundesärztekammer überhaupt nichts zu tun. Ich wüsste auch nicht, dass bei der Bundesärztekammer in der nächsten Zeit Wahlen anstehen. Im Gegenteil, die waren doch Anfang dieses Jahres. Was Sie hier zum Ausdruck bringen wollen, ist wohl, dass das Staatsministerium versuchen würde, diesen Bericht - der in allen Punkten positiv ist, wie wir alle wissen - in den Herbst zu verschieben, um die Öffentlichkeit erst dann zu informieren. Sie unterstellen dem Ministerium also, dass die Zuständigkeit für diesen Bericht der Bundesärztekammer mehr beim Ministerium als bei der Bundesärztekammer liegt. Das ist aber nicht der Fall. Es ist ein Bericht der Bundesärztekammer, und die Bundesärztekammer entscheidet, wann der von ihr erstellte Bericht veröffentlicht wird. Wir haben gehört, dass das noch im August erfolgen soll.
Sie wollen zweitens wissen, welche Universitäten die erforderlichen Daten bereits abgeliefert haben. - Wir haben gehört, das ist erledigt.
Drittens fragen Sie, inwieweit die Staatsregierung sich für eine Veröffentlichung des bayerischen Teils dieses Berichtes einsetzt. – Auch darauf haben Sie die Antwort schon gehört.
Schließlich wollen Sie viertens wissen, warum der Gesundheitsminister oder der Wissenschaftsminister bei der Anhörung nicht anwesend war. Da muss ich schon einmal ganz offen und ehrlich und auch frech sagen: Beide Herren wären bei dieser Expertenanhörung völlig unbehelflich gewesen. Uns war doch wichtig, dass die Mediziner, die tagtäglich mit dieser Thematik zu tun haben, mit ihrem Sachverstand über den Sachverhalt berichten.
Natürlich haben uns die zuständigen Beamten aus den beiden Ministerien bei der Expertenanhörung die Thematik nahegebracht und festgestellt - und darin sind wir uns im Ausschuss alle einig gewesen -, dass die ganze Angelegenheit scheußlich und der Sache in
keiner Weise zuträglich ist. Im Gegenteil, so etwas darf nicht wieder passieren. Sich aber heute, vier Wochen später, hier als der große Retter der Transplantationsmedizin in Bayern aufzuspielen, das ist Ihnen, Gott sei Dank, nicht gelungen.
Wir können aufgrund der Ausführungen des Herrn Staatsministers, der die vier Punkte ganz klar abgearbeitet hat, feststellen, dass sich der Antrag erledigt hat. Wir werden dem Antrag nicht zustimmen.
Was, ein Privatissimum für Herrn Dr. Bertermann?
Herr Dr. Bertermann, ich habe schon erwähnt, Sie haben Ihren gesundheitspolitischen Sachverstand wohl abgelegt. Noch einmal zurück zu den Fragen, die Sie gestellt haben. Diese Fragen klären doch in keiner Weise auf. Jeder, der bei dieser Expertenanhörung anwesend war, so wie Sie auch, muss diese Fragen nicht mehr stellen, weil sie bei diesem Expertengespräch klipp und klar beantwortet worden sind. Es ist in keiner Weise erkennbar, dass aufgrund Ihres Antrags, Herr Dr. Bertermann, die Spendebereitschaft in der Bevölkerung zunehmen würde. Und zu der Frage, warum der Bericht der Bundesärztekam
mer nicht veröffentlicht wird, sollten Sie Herrn Montgomery befragen. Er ist dafür zuständig. Es ist sein Bericht. Es ist kein Bericht der Bayerischen Staatsregierung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Bauer, Sie machen es mir nicht leicht. Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass der gesundheitspolitische Sprecher der FREIEN WÄHLER diesen Antrag begründet. Ich weiß nicht, ob eine vielleicht doch nicht so starke Gewichtung dieses Themas der Grund dafür ist, dass der sozialpolitische Sprecher dazu spricht. Der amtierende Schriftführer Bertermann ist auch eine gesundheitspolitische Allzweckwaffe.
Ich will damit nicht sagen, dass der Inhalt des Antrags aufgrund des Beitrags des Kollegen Bauer – bitte verzeihen Sie mir, wenn ich es so direkt sage – an Gewicht verliert. Ich muss Sie darauf hinweisen, dass wir genau vor vier Wochen im Gesundheitsausschuss, dem Sie nicht angehören, über einen Antrag der FREIEN WÄHLER zum gleichen Thema eingehend diskutiert haben. Dabei haben alle Fraktionen des Bayerischen Landtags festgestellt, dass nicht nur die Gesundheitspolitik im Allgemeinen, sondern speziell die Krankenhauspolitik ein wesentlicher Bestandteil der Politik im Freistaat Bayern ist. Die Krankenhauspolitik ist zur bedarfsgerechten flächendeckenden Versorgung wichtig. Aber siehe da, alle Fraktionen außer den FREIEN WÄHLERN, die damals Antragsteller waren, waren der Meinung, dass alle angeführten Argumente von der Staatsregierung schon längst aufgegriffen sind und dass es in der Sache gar keinen Handlungsbedarf gibt.
- Entschuldigung bitte, Herr Kollege, ich sage es Ihnen gerade. Sie sollten mir zuhören. Sie waren bei der Aussprache im Gesundheitsausschuss nicht anwesend. Wir alle haben feststellen können, dass die Bayerische Staatsregierung hervorragende Arbeit geleistet hat. Sie hat zeitgerecht bereits im Oktober vergangenen Jahres eine Bundesratsinitiative zu der Thematik, die Sie heute nochmals problematisieren, eingebracht.
- Sie werden es nicht glauben: Dieser Initiative der Bayerischen Staatsregierung sind alle anderen Bundesländer beigetreten. Genau das, was von Ihnen gefordert wird, ist bereits erledigt und auf den Weg gebracht. Jetzt geht es nur noch um die Facetten und um die Frage, wie die 1,1 Milliarden, die bereits locker gemacht worden sind, verteilt werden. Dieses Problem ist systemimmanent, weil man 1,1 Milliarden nicht mir nichts, dir nichts irgendwo hingibt. Darüber, wie diese Verteilung abzulaufen hat, muss mit den Krankenkassen und Krankenhausträgern verhandelt werden.
So haben selbstverständlich die Bayerische Krankenhausgesellschaft, aber auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft zu Recht angemahnt, dass das Gesetzgebungsverfahren schnell und rasch verlaufen muss. Im Bundesrat ist diese Initiative aufgegriffen worden. Dort wird versucht, das Verfahren etwas rascher abzuwickeln, um das Geld möglichst schnell dort hinzubringen, wo es gebraucht wird.
Meine Damen und Herren, die Problematik, die sich aus Ihrem Antrag von heute ergibt, ist die gleiche, über die wir vor vier Wochen schon diskutiert haben. Der Sinn dieses Antrags ist zweifelhaft, denn vor vier Wochen haben die Fraktionen Ihren Antrag im Gesundheitsausschuss auch schon abgelehnt. In der Zwischenzeit ist das eingetreten, was wir damals schon angekündigt haben. Die Vertragsparteien sind bereits zusammengetreten. Auch die Bundesregierung macht Dampf, damit die Verteilungsmodalitäten rasch festgesetzt und unbürokratisch abgewickelt werden.
Meine Damen und Herren von den FREIEN WÄHLERN, es ist von Ihnen vielleicht gut gemeint, dieses Thema heute noch einmal aufzugreifen. Das ist aber auch das Einzige, was ich dazu sagen kann. In der Sache ist Ihr Antrag nicht hilfreich, und deswegen bitte ich die Kolleginnen und Kollegen, den Antrag auch heute abzulehnen, wie schon vor vier Wochen im Gesundheitsausschuss.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr ge
ehrter Herr Staatsminister, Sie haben in sehr eindrucksvoller Art und Weise den Spannungsbogen von der Umwelt zur Gesundheit gespannt. Ich muss sagen, dass die Darstellungen so umfassend waren, dass ich als gesundheitspolitischer Sprecher meiner Fraktion eigentlich überhaupt nichts mehr zu sagen hätte. Ich muss Sie, meine Damen und Herren, letztendlich aber doch noch bemühen, mir zuzuhören; denn ich hätte noch ein paar Vertiefungen zu machen, wenn Sie mir erlauben.
- Ich habe "Vertiefungen" gesagt, nur Vertiefungen, Frau Kollegin Sonnenholzner.
Bevor ich mit meinen Grundüberlegungen beginne, Frau Sonnenholzner, möchte ich Folgendes sagen Sie haben bestätigt, dass der Herr Staatsminister die ganze Problematik sehr umfassend dargestellt hat -: So zahm wie heute, Frau Kollegin, habe ich Sie nur selten erlebt. Ich habe mir gedacht, heute kommt ein kleines Feuerwerk an neuen Ideen und Überlegungen, die bei der Opposition vielleicht noch irgendwo schlummern und endlich angepackt werden. Nein, ich kann feststellen: Sie sind mit den meisten Dingen, die vorgetragen worden sind, einverstanden. Das freut mich.
Kolleginnen und Kollegen, ich will es nicht wiederholen, aber eines ist doch ganz klar: Es gibt kaum ein Themenfeld, kaum einen politischen Bereich im Freistaat Bayern, der so hervorragend erledigt wird, der sich so hervorragend darstellt und aufstellt wie der Gesundheitsbereich. Lassen Sie mich Folgendes sagen: Vom kleinen Studenten über den Gesundheitsreferenten bis zum Vorsitzenden des Landesgesundheitsrates kann ich erkennen, dass die Vorhaltungen, die der Freistaat Bayern seinen Bürgerinnen und Bürgern im Bereich der Gesundheit zukommen lässt und anbietet, hervorragend sind. Zugegeben, es gibt ein paar Baustellen, die aktuell immer wieder auftreten, bei denen es gewisse Unschärfen gibt und bei denen man ein bisschen nachjustieren muss. Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie doch ganz objektiv alle diejenigen Patientinnen und Patienten dafür sprechen, die selbst aus dem Ausland nach Bayern kommen, weil sie sich hier in guten Händen wissen und behandeln, operieren oder versorgen lassen wollen.
Dies ist ein objektives Zeichen dafür, dass wir mit unseren Gesundheitsvorhaltungen im Freistaat so opti
mal dastehen wie kein anderes Land in der Republik. Da müssen Sie mir doch recht geben.
Allerdings − lassen Sie mich auch das sagen − sehe ich natürlich ein paar Baustellen, die, um ehrlich zu sein, angesprochen werden müssen, auch hier im Parlament. Ich denke an die Kostensituation der Krankenhäuser. Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, gibt es in unserem Land, im Freistaat, Krankenhäuser, die mit der aktuellen finanziellen Ausstattung aus den verschiedensten Gründen nicht mehr zurechtkommen, und zwar ganz wesentlich aufgrund der Vorgaben des Bundes, Stichwort "doppelte Degression". Das ist eine Situation, die einen schaudern lässt, nämlich dass für gutes wirtschaftliches Verhalten in den Krankenhäusern pekuniär doppelte Nachteile für den Krankenhausträger entstehen.
Mir hat gestern ein Krankenhausleiter einen Hilferuf zugesandt - ich darf daraus zitieren -, in dem er zum Ausdruck bringt, wie fatal sich die finanzielle Situation in den Krankenhäusern in der Bundesrepublik Deutschland und damit natürlich auch in Bayern darstellt.
- Charly Vetter, für dich habe ich extra einen Zettel geschrieben, er liegt hier auf der Seite. − Was wird mir darin mitgeteilt? Darin steht, dass in einem Kreiskrankenhaus − das ist ein renommiertes Krankenhaus, nämlich Forchheim mit 250 Betten - aufgrund der Einnahmen- und Ausgabensituation, verglichen zum Vorjahr, also von 2012 zu 2013, folgende Situation entsteht - zunächst zu den Einnahmen -: Der Landesbasisfallwert in Bayern ist, wie auch in allen anderen Krankenhäusern, verglichen zu 2012, von 3.051,50 Euro auf 3.090,00 Euro gestiegen. Das ist ein Plus von 38,50 Euro, und dies bei gleichbleibenden Case-Mix-Punkten von 9.150. Dies ergibt eine Einnahmensteigerung von 352.275 Euro.
Dagegen stehen die Ausgaben: Die Lohnsteigerungen ohne die Ärzteschaft machen 697.000 Euro aus. Die Lohnsteigerungen für die Ärzte, im Moment circa 3,5 %, betragen 217.000 Euro. Die Steigerungen der Energiekosten um 8 % bedeuten für dieses Krankenhaus ein Mehr von 67.200 Euro. Die Steigerungen der Sachkosten, die mit 2,9 % zu Buche schlagen, betragen nominal 308.212 Euro. Hinzu kommt noch die jährliche Anhebung der Haftpflichtversicherung in Höhe von 108.000 Euro. Das macht Ausgaben in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro. Dem stehen 300.000 Euro an Einnahmen gegenüber.
Meine Damen und Herren, diese Situation führt dazu, dass dieses Krankenhaus zum ersten Mal rote Zahlen schreibt. Die Situation, die ich Ihnen gerade skizziert habe, kommt nicht nur im Kreiskrankenhaus Forchheim vor, sondern ebenfalls in vielen anderen Krankenhäusern. Die Krankenhäuser werden vor unlösbare Probleme gestellt. Kolleginnen und Kollegen, das muss ich noch einmal vertiefen. Der Herr Minister hat es bereits angesprochen. Die Bayerische Staatsregierung hat dieses Problem erkannt und dieses Thema über eine Bundesratsinitiative vorgetragen. Frau Kollegin Sonnenholzner, Sie haben dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass diese Initiative eine Mehrheit erhalten hat. Das ist nicht nur ein Vorteil für alle bayerischen, sondern für alle bundesdeutschen Krankenhäuser. Die Ungerechtigkeit und Unwirtschaftlichkeit, die im Gesetz verankert waren, sind mit dem Jahreswechsel von 2012 auf 2013 abgeschafft worden. Meine Damen und Herren, ich bedanke mich bei der Bayerischen Staatsregierung, dass sie die Initiative über den Bundesrat ergriffen hat.
Wenn man die aktuelle Presse verfolgt, stellt man fest, dass sich die gesundheitspolitischen Sprecher aller Fraktionen im Deutschen Bundestag dieses Problems annehmen. Ich hoffe, dass das Problem in absehbarer Zeit gelöst wird.
Meine Damen und Herren, ich komme zu einem zweiten Punkt aus dem Krankenhausbereich, der mir Sorgen bereitet. Es hat sich herumgesprochen, dass die gesundheitspolitischen Sprecher aller Fraktionen hier im Hause auf eine Delegationsreise gegangen sind. Wir sind nach Holland gefahren und haben uns die Situation der Krankenhaushygiene an der Universitätsklinik in Groningen angesehen. Uns haben die vielen Maßnahmen zur Krankenhaushygiene beeindruckt. Wir haben festgestellt, dass es Defizite in der bundesdeutschen Krankenhaushygiene gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin sehr positiv gestimmt. Mit einem Gesetz, das derzeit in Vorbereitung ist, wird die Notwendigkeit der Krankenhaushygiene anerkannt. Außerdem wird mit dem von der Bundesregierung erlassenen Infektionsschutzgesetz endlich der höhere Bedarf an Hygienepersonal an den Krankenhäusern erkannt. Diesbezüglich werden finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, um Fachkräfte im Ärzte- und Pflegekräftebereich adäquat zu finanzieren. Das ist eine, wie ich meine, überfällige Maßnahme. Die Kolleginnen und Kollegen, die in Holland dabei gewesen sind, werden bestätigen können, dass sich im Laufe der Jahre in der Bundesrepublik Deutschland eine sogenannte Hygienekultur in den Krankenhäusern verbreitet hat. Damit nehmen die no
sokomialen Infektionen in deutschen Krankenhäusern ab. Künftig werden wir ebenso hervorragende Zahlen vorweisen können wie Krankenhäuser in den Niederlanden.
Im Rahmen der Reise ist mir ein zweiter Aspekt aufgefallen, den ich gerne umsetzen möchte. Die Einrichtung eines Lehrstuhls für Krankenhaushygiene stellt einen wesentlichen Faktor für die Verbesserung der Hygienekultur dar. Die Einrichtung von Lehrstühlen − ich war eine Zeit lang im Hochschulausschuss − ist aber nicht einfach. Sie kennen die Autonomie der Hochschulen. Es ist nicht einfach, die Herren Professoren davon zu überzeugen, dass ein hoher Bedarf an Personal in der Allgemeinmedizin oder der Krankenhaushygiene, wie bereits angesprochen, besteht. Der Stellenwert der Krankenhaushygiene in der medizinischen Ausbildung der Medizinstudentinnen und Medizinstudenten muss hervorgehoben werden. Ich sage es ganz offen: Ich bin sehr positiv gestimmt, dass wir in Kürze den ersten Lehrstuhl für Krankenhaushygiene in Bayern einrichten können.
- Sie sehen schon an meiner Physiognomie, dass es Gespräche gab und es sehr wahrscheinlich ist, dass dieser Lehrstuhl eingerichtet wird. Wenn der Antrag morgen im Hochschulausschuss eingereicht wird, sollte er dort nicht nur positiv beschieden, sondern rasch umgesetzt werden, sodass bald erkannt wird, dass wir in Bayern einen Lehrstuhl für Krankenhaushygiene brauchen. Lassen Sie mich bitte auch sagen, dass sich dieser Lehrstuhl nicht nur auf die Ärzteschaft, sondern auch auf die Pflegekräfte auswirken soll. Das Pflegepersonal soll nämlich ebenfalls im Rahmen seiner Ausbildung für das Thema Krankenhaushygiene sensibilisiert werden.
Kolleginnen und Kollegen, weil wir gerade bei den Pflegekräften sind: Es ist bereits die Frage gestellt worden, welche Meinung wir als CSU zur Pflegekammer haben. Wir sind für die Pflegekammer. Ich habe immer für die Pflegekammer votiert. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass der Pflegeberuf mit dieser Einrichtung insgesamt eine soziale Aufwertung erfährt. Kolleginnen und Kollegen, ich sage sogar als Arzt, dass die Arbeit der Pflegekräfte auf der Station mindestens so wichtig ist wie die der Ärzte. Sie müssen auf gleicher Augenhöhe Probleme, die sich im Krankenhaus täglich ergeben, gemeinsam zu lösen versuchen. Kolleginnen und Kollegen, Teamarbeit im Krankenhaus ist angesagt. Dazu gehört auch, dass die Pflegekräfte, die einen wesentlichen Teil zur Gesundung und Versorgung unserer Patienten beitragen, eine soziale Aufwertung ihres Berufes erfahren.
Nun komme ich zu Karl Vetter. Lieber Kollege Vetter, aufgrund des Wechsels unseres ausgewiesenen Gesundheitspolitikers, des ehemaligen FDP-Mitglieds Herr Dr. Bertermann, habe ich an Sie gedacht. Vielleicht haben Sie aufgrund dieser neuen Situation liberalere Gedanken hinsichtlich der Beurteilung der Gesundheitspolitik verinnerlicht. − Kolleginnen und Kollegen, weit gefehlt.
- Das ist richtig. In einer Woche hat wahrscheinlich kaum etwas abgefärbt. Eigentlich habe ich gedacht, dass für die FREIEN WÄHLER ein anderer Redner antritt. Das sind aber Spekulationen.
Hausarztverträge − das ist das Schlagwort der FREIEN WÄHLER. Lieber Kollege Vetter, back to the roots. Wer hat den Hausarztvertrag nach § 73 b des SGB V verlassen? Wer hat den aufgekündigt? Wer ist das gewesen? − Das ist meine Frage, wenn ich das hinterfragen darf. Das waren die Hausärzte selbst. Ja, das war so. Nachdem sie gekündigt haben, haben sie lamentiert, dass die Nachfolgeverträge nicht mehr so gestaltet worden sind, wie man sich das ursprünglich dachte. Stattdessen haben die Kostenträger das Konglomerat der Leistungen im alten Hausarztvertrag nicht mehr angeboten. Das war meines Erachtens eine sehr richtige erzieherische Maßnahme. Wenn jemand aus einem bestehenden Vertrag ausscheidet und kündigt, gibt er damit zu erkennen, dass er mit den Regelungen des Vertrages nicht mehr einverstanden ist. Das ständige Lamentieren, der Hausarztvertrag beeinflusse die Hausärzteversorgung in Bayern, ist längst vorbei. Ich kenne viele Kollegen sehr gut. Ich kenne ebenfalls deren Einkommenssituationen als Hausärzte.
Das weiß ich. Das ist in keiner Weise mehr relevant. Die Hausärzte sind zufrieden. Die Hausarztfront ist letztendlich zufriedengestellt. Es handelt sich um ein Generationenproblem; die Hausärzte stehen zahlenmäßig nicht mehr in der Art und Weise zur Verfügung, wie es notwendig wäre. Das ist eine richtige Erkenntnis, die aber nicht neu ist. Dieses Problem kennen Gesundheitspolitiker schon seit Jahren, um nicht zu sagen: seit Jahrzehnten. Das ist vorhersehbar. Darum hat der Herr Minister sehr eindrucksvoll dargelegt, welche Maßnahmen vonseiten des Ministeriums angedacht bzw. umgesetzt wer
den, um die Anzahl der Medizinstudenten in der Allgemeinmedizin durch Darlehen und Stipendien anzuheben. Das ist eine vernünftige Überlegung, aber, Kolleginnen und Kollegen, langsam ist man mit dem Latein am Ende.
Jetzt wäre ich gerade richtig in Form.
Also, Kollege Vetter, ich glaube, die immer wieder vorgetragenen Problemstellungen der FREIEN WÄHLER zur bayerischen Gesundheitspolitik sind spezifisch nur auf die FREIEN WÄHLER zurückzuführen bzw. auf deren Gedankengut. Ich erhoffe − da wiederhole ich mich − vom Wechsel des Kollegen Bertermann eine Auffrischung des Gedankenguts der FREIEN WÄHLER in der Beurteilung des hervorragenden Zustandes der Gesundheit in unserem Lande.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das Hohe Haus muss sich heute mit dem Bayerischen Universitätsklinikagesetz befassen, weil das erste Universitätsklinikagesetz befristet wurde und die Frist Ende des Jahres ausläuft. Die Situation macht es notwendig, dass dieses Universitätsklinikagesetz weiterhin Bestand hat. Was war die Grundüberlegung für eine Befristung dieses Gesetzes? - Es waren Entwicklungen an den Krankenhäusern, die vor allem die Kostenerstattung und die Entgelte betrafen, also mehr wirtschaftliche Faktoren, die auch auf die bayerischen Universitätskliniken Auswirkungen hatten. Deswegen war es vernünftig, das Gesetz zunächst zu befristen.
Dieses Gesetz macht auch deswegen Sinn, weil die bayerischen Universitätskliniken nicht nur für den normalen Krankenhausbetrieb, also für die Versorgung der Kranken, sondern auch für Lehre und Forschung zuständig sind. Die Schnittstelle zwischen der Krankenversorgung auf der einen Seite und Forschung und Lehre auf der anderen Seite bedarf einer sehr spezifischen Betrachtung, die durch das erste Bayerische Universitätsklinikagesetz in, wie ich meine, hervorragender Art und Weise festgelegt wurde.
In aller Munde ist derzeit die Situation der Krankenhäuser, die durch Fusionen, Entgeltveränderungen und dergleichen mehr verursacht wurde. Sie erinnern sich alle an die neuen Entgeltformen und die Einführung der diagnosebezogenen Fallpauschalen. Dadurch wurde es notwendig, dass die Universitätskliniken im Hinblick auf ihre Flexibilität und ihre Reaktionsmöglichkeiten durch ein Bayerisches Universitätsklinikagesetz an die wirtschaftlichen Notwendigkeiten angepasst werden. Dies ist - wie ich meine im Bayerischen Universitätsklinikagesetz in hervorragender Weise gelungen.
Gleichwohl muss ich anmerken, dass durch gewisse Ansprüche, die die Universitäten gegenüber ihren medizinischen Fakultäten geäußert haben, Diskussionen notwendig waren. Die Probleme konnten aber nach Gesprächen mit den Präsidenten der bayerischen Universitäten, die Kliniken haben, vernünftig und kollegial ausgeräumt werden.
Kolleginnen und Kollegen, deshalb ist es wichtig, dass die speziellen Strukturveränderungen in der Krankenversorgung, die auch für die Universitätskliniken eine große Rolle spielen, in diesem Gesetz ihren Niederschlag gefunden haben und dass die notwendigen Festlegungen getroffen worden sind.
Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, die Bedenken, die Sie im federführenden Ausschuss geäußert haben, zum Beispiel die Gefahr einer Rechtsformänderung oder die Gefahr der Fusion der beiden medizinischen Fakultäten in München, konnten ausgeräumt werden. Ich gehe deshalb davon aus, dass Sie guten Gewissens diesem Gesetzentwurf der Staatsregierung zustimmen können. Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegenden Anträge beschäftigen sich, wie schon erwähnt, damit, in Bayern die hausärztliche Versorgung zu verbessern. Ob dieses die beiden Anträge der Opposition tatsächlich auslösen oder auslösen könnten, sei bei meiner ersten Anmerkung zu diesem Thema dahingestellt; denn bevor wir uns mit dieser Thematik inhaltlich ernsthaft auseinandersetzen, müssen wir uns über die Nomenklatur dieser Anliegen und Bedürfnisse unterhalten.
Herr Kollege Vetter, ich glaube, Sie bringen in der Ausbildung eines Mediziners bis zum Facharzt Ausbildung und Weiterbildung durcheinander. Das ist ein wesentlicher Gesichtspunkt. Sie machen heute die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin zum Thema, verquicken das aber mit der Notwendigkeit von Lehrstühlen. - Herr Kollege Vetter hört mir nicht zu, aber das macht nichts. Es wird ihm dann vielleicht irgendwie zugetragen, dass die Thematik etwas tiefgehender ist, als er es etwas oberflächlich und plakativ meinte darstellen zu müssen; denn die Ausbildung zum Arzt findet an der Universität statt und wird damit durch eine staatliche Einrichtung, nämlich die Universität, geregelt, und zwar mit all ihren Notwendigkeiten. Die Weiterbildung zum Beispiel zum Arzt für Allgemeinmedizin ist Angelegenheit der Selbstverwaltung, der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung - von niemand anderem. Sie sehen es auch daran, dass die Prüfungen zum Facharzt bei der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. bei der Kammer abgeleistet werden müssen. Letztendlich hat der Staat bei der Anerkennung zum Facharzt überhaupt nichts zu suchen.
Die in den beiden Anträgen angesprochenen Notwendigkeiten, die sogenannten Weiterbildungsverbünde
in Bayern zu verbessern, indem finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, ist völlig absurd; denn wenn es diese Weiterbildungsverbünde nicht schon gäbe, würde ich Ihnen recht geben. Es gibt in Bayern keinen Weiterbildungsverbund, der an eine irgendwie geartete Universität angegliedert ist. Das mögen Sie daran erkennen, dass die Koordinierungsstelle der bereits in Bayern befindlichen und eingerichteten Weiterbildungsverbünde an der Bayerischen Landesärztekammer in der Mühlbaurstraße angesiedelt ist und, wie ich mich heute Vormittag nochmals erkundigen konnte, dort in hervorragender Art und Weise arbeitet. Es gibt in Bayern insgesamt 21 dieser Weiterbildungsverbünde für die Allgemeinmedizin, die von einer zentralen Stelle, der Bayerischen Landesärztekammer, gelenkt werden. Wie wir von Frau Dittmar gehört haben, werden es täglich mehr. In Mittelfranken gibt es, aus welchen Gründen auch immer, eine Unterversorgung. Das kann man anhand der Karte sehen; ich habe sie dabei. Da muss Erlangen sicherlich noch ein bisschen nachholen. Das wird insgesamt von dieser Koordinierungsstelle festgestellt. Das ist ein wesentlicher Gesichtspunkt, da ihn die Selbstverwaltung selbst initiiert hat und auch finanziert. Sie mögen daran erkennen, meine Damen und Herren, dass diese Erkenntnis auch die Ärzteschaft selbst bewegt; denn immerhin sind die Bayerische Landesärztekammer, die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen und der Bayerische Hausärzteverband Träger dieser Koordinierungsstelle für die Weiterbildungsverbünde. Sie übernehmen auch die Finanzierung dieser Verbundsituation. Das klappt wunderbar.
Ich bin verwundert konstatieren zu müssen, wie oberflächlich hier argumentiert wird, dass es eine Unterfinanzierung gebe und Geldmittel aus dem bayerischen Staatshaushalt an eine für mich nicht nachvollziehbare Einrichtung, die es überhaupt nicht gibt, zur Verfügung gestellt werden müssten. Lieber Herr Kollege Vetter, Sie sprechen von einem Weiterbildungsverbund der Fachrichtung Allgemeinmedizin an der TU München. Ich habe heute den ganzen Tag krampfhaft nachgeforscht, was das sein soll. Es gibt an der TU selbstverständlich einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin, der in seiner Aufgabenstellung die Allgemeinmedizin nicht nur als Lehrfach innerhalb der Ausbildung der Studenten anbietet, sondern selbstverständlich auch die notwendigen Überlegungen wissenschaftlich aufarbeitet, wie der Zugang für junge Studenten oder auch ausgebildete Ärzte zum Fachgebiet der Allgemeinmedizin verstärkt werden kann. Mir wird berichtet, dass das hervorragend läuft. Damit sind diese finanziellen Notwendigkeiten nicht nachzuvollziehen.
Mir gefällt auch nicht, Herr Vetter, dass Sie jetzt mit der Argumentation den Bogen spannen, wenn der Freistaat Bayern Ihren Forderungen nicht nachkäme,
200.000 Euro aus dem Haushalt irgendwohin zu überweisen, wäre die hausärztliche Versorgung in Bayern gefährdet. Ich darf Ihnen aus der Ärztezeitung vom 4. April dieses Jahres Folgendes vortragen. Dort heißt es: "Geldspritze für junge Allgemeinärzte wirkungslos. 76 Millionen Euro verpufft: Mit diesem Betrag haben KVen und Kassen im Jahre 2010 die allgemeinmedizinische Weiterbildung gefördert - bislang ohne großen Erfolg. Die Ergebnisse sind ernüchternd."
Im Weiteren wird in diesem Artikel eindrucksvoll dargestellt, dass leider Gottes der Zugang zum Fachgebiet Allgemeinmedizin in der Bundesrepublik insgesamt in den letzten zwei Jahren rückläufig gewesen sei. Das sei trotz dieser Ausbildungsverbünde geschehen, die in der gesamten Bundesrepublik vorgehalten würden, wobei man nach wie vor krampfhaft versuche, diese Situation zu verbessern.
Des Weiteren wird in diesem Artikel dargestellt, dass gerade in Bayern mit den Weiterbildungsverbünden eine Situation entstanden sei, die erkennen lasse, dass in Bayern ein überproportionaler Anteil nicht nur an Weiterbildungsleistungen dazu führe, dass sehr viele Ärzte in das Fachgebiet Allgemeinmedizin gehen. Die Ärztezeitung von vor 14 Tagen, vom 4. April, schreibt, 20 % der Hausärzte, die in Bayern frisch akquiriert werden können, seien entweder beruflich zuvor anderweitig tätig gewesen oder nach dem abgeschlossenen Studium in die Allgemeinmedizin gewechselt. Sie alle würden in Bayern ausgebildet. Herr Kollege, das schreibt eine bundesweit erscheinende Zeitung! 20 %! Das ist enorm. Da kann sich Bayern sehen lassen.
Ich kann in keiner Weise nachvollziehen, dass eine mangelnde, schlechte Patientenversorgung im hausärztlichen Bereich entstehen würde, wenn die 200.000 Euro aus dem Staatshaushalt nicht ans Klinikum rechts der Isar oder wohin auch immer überwiesen würden. Kolleginnen und Kollegen, genau das Gegenteil ist der Fall.
Sie ist schon längst um, ich bedanke mich für den Hinweis.
Ich bedanke mich und komme zum letzten Gedanken. Ich kann Ihnen mitteilen, dass Sie gut daran tun, die
beiden Anträge der Opposition abzulehnen und unserem Antrag zuzustimmen.
Sehr nett!
Selbstverständlich ist das eine Überlegung, die auch in Bayern bereits Fuß gefasst hat und in Teilen sogar schon umgesetzt wird. Ich sehe allerdings die Maßnahme, die Sie einfordern, nämlich diese Versorgungsverbünde zu begleiten, als ureigenste Aufgabe des Instituts für Allgemeinmedizin an der Technischen Universität an.
Dieser Stiftungslehrstuhl wird von der KV zusammen mit der AOK Bayern finanziert. Diese legen großen Wert darauf, dass die wissenschaftlichen Aktivitäten dieses Lehrstuhls dahin zielen, diese Verbünde wis
senschaftlich begleitend zu evaluieren. Das ist im Grunde ein ganz wesentlicher Aspekt für die Weiterbildung. Sie müssen Ausbildung und Weiterbildung bitte sehr unterscheiden. Im tiefen Unterfranken gäbe es keinen Forschungsverbund, wenn es keine Anbindung ans Klinikum rechts der Isar gäbe. Insofern widerspricht Ihre Überlegung, dass das Klinikum rechts der Isar für Unterfranken keine Zuständigkeit habe, ganz wesentlich den Tatsachen. Es klappt hervorragend. Die Anbindung an den Universitäten Würzburg, Erlangen oder Regensburg ist selbstverständlich in dem Sinne gegeben, dass die Studenten erfahren, dass diese Verbünde die einzelnen Aufgaben mit übernehmen, die Sie genannt haben. Ich nenne nur die Vernetzung der einzelnen Ausbildungstrimester. Das ist eine sehr vernünftige Angelegenheit. Sich aber jetzt hinzustellen und zu sagen, wenn der Freistaat Bayern nicht 200.000 Euro zur Verfügung stellt, brechen die Versorgungsverbünde ein, ist falsch. Nur das wollte ich Ihnen mit meinen Ausführungen nahebringen.
Herr Kollege Vetter, ich darf wiederholen - dies ist meine erste Feststellung -: Wir sprechen hier von Weiterbildungsverbünden. Diese Weiterbildung findet nicht an der Universität statt, sondern wird, wie von mir heute schon mehrmals erwähnt, durch die Kammern und partiell durch die Kassenärztlichen Vereinigungen erledigt.
Zweitens. Sie tun im Moment so, als ob wir, wenn wir dem Antrag auf 200.000 Euro nicht zustimmten, die hausärztliche Versorgung in Bayern in Gefahr brächten. Ich sage es noch einmal: An der Universität findet diese Weiterbildung nicht statt, sondern sie findet für bereits ausgebildete, approbierte Ärzte statt, die nicht mehr an der Universität sind. Das müssen Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen. Dann verstehen Sie nämlich auch, dass Ihr Einsatz für die 200.000 Euro für die hausärztliche Versorgungssituation in Bayern überhaupt nichts bringt.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Interpellation der FREIEN WÄHLER studiert, beginnt man vernünftigerweise mit der Einleitung. In der Einleitung steht - ich darf zitieren -: "Das derzeitige Gesundheitssystem wird seiner Aufgabe, die medizinische Versorgung aller Bürger wohnortnah zu sichern, nicht mehr im notwendigen Umfang gerecht".
Ich darf Kollegen Dr. Vetter mit einer Aussage vom Donnerstag vergangener Woche zitieren: "Minister Dr. Söder hat mit seiner Aussage recht, dass das deutsche und das bayerische Gesundheitswesen gut sind. Das ist so."
Die sehr umfangreiche Interpellation mit über einhundert Seiten einschließlich Anhang hat dazu geführt das ist das erste positive Moment, das der Interpellation zuzuschreiben ist -, dass die FREIEN WÄHLER erkannt haben, dass das bayerische und das deutsche Gesundheitswesen gut sind. Vielen Dank, Herr Kollege Vetter - es hat zwar lange gedauert -, dass Sie sich dieser Überzeugung anschließen können und sie hier im Hohen Haus so vorgetragen haben.
Kolleginnen und Kollegen, die Interpellation lässt gewisse Wissensdefizite bei den FREIEN WÄHLERN erkennen: einmal in der Materie selbst, aber auch in den Gegebenheiten von Institutionen und Organisationen, die das deutsche und damit auch das bayerische Gesundheitswesen verantworten.
Kollege Vetter, Ihnen ist vielleicht entgangen, dass der aktuelle Vorsitzende des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, Kollege Krombholz, Mitglied der FREIEN WÄHLER ist. Wenn er Ihre Interpellation nachvollzieht, muss er wohl feststellen, dass die FREIEN WÄHLER die Kassenärztliche Vereinigung auflösen wollen, das heißt, ihn wegrationalisieren wollen. Haben Sie darüber schon einmal mit ihm gesprochen? Er wird Freude daran haben, wenn er erfährt, was seine Kameraden von den FREIEN WÄHLERN in dieser Angelegenheit im Schilde führen. So geht das nicht.
Herr Kollege Vetter, als Arztkollege - lassen Sie mich Sie als solchen ansprechen, was ich hier im Hohen Haus nur sehr ungern tue, aber in diesem Fall ist es notwendig - sprechen Sie laufend von einer ZweiKlassen-Medizin. Wenn ich mich nicht irre, waren Sie bis vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls als Arzt tätig. Haben Sie bei Ihren Patienten jemals Unterschiede bei der Qualität der Prothesen, die Sie vielleicht implantiert haben, gemacht? - Ich gehe davon aus, dass das nicht passiert ist. Denn sonst hätten Sie recht mit Ihrer Feststellung, dass es bei Ihnen eine Zwei-Klassen-Medizin gegeben hat.
Ich bin erschüttert über die Art und Weise, wie Sie vor dem bayerischen Parlament, dem Hohen Haus, vor den Kolleginnen und Kollegen querbeet solche Unmöglichkeiten verbreiten.
Meine Damen und Herren, die Gesundheitspolitiker unter uns haben mit der Interpellation einen Leitfaden in die Hand bekommen, der, zugegeben, unterschiedlich bewertet werden kann. Das zur Verfügung gestellte Informationsmaterial wurde richtigerweise nicht ausschließlich im Gesundheitsministerium generiert. Dafür haben wir genügend Einrichtungen im Gesundheitswesen - die Kassenärztliche Vereinigungen, die Krankenkassen usw. -, die für sich Statistiken erheben. All das zusammengefasst beantwortet die Interpellation der FREIEN WÄHLER.
Herr Kollege Vetter, Sie sitzen hier im bayerischen Parlament. Lassen Sie mich das so deutlich sagen. Vielleicht überdenken Sie dann Ihre Argumente.
Meines Erachtens ist es mit der Regierungserklärung vom Donnerstag vergangener Woche gelungen, zwischen der klassischen Gesundheitsmedizin und der Gesundheitsversorgung in Bayern zu unterscheiden. Die Vertreter aller Fraktionen haben sich meines
Erachtens in guter Art und Weise mit den Notwendigkeiten aus bayerischer Sicht auseinandergesetzt und haben den einen oder anderen Vorschlag eingebracht. So stelle ich mir eine gute, vernünftige Diskussion zu diesem Thema vor. Ihre Ausflüge nach Berlin und zurück und dann noch einmal nach Berlin sind in der Diskussion hier im Hohen Hause über eine bedarfsgerechte, wohnortnahe Gesundheitsversorgung für unsere Bürgerinnen und Bürger im Freistaat unbeholfen.
Kolleginnen und Kollegen, die meisten Fragen in der Interpellation der FREIEN WÄHLER hätten auch in einer Schriftlichen Anfrage gestellt werden können. Die Antworten auf die Fragen, die hier im Hohen Hause vorgetragen wurden, sind zu 80 % im Internet abrufbar.
Mit Blick auf die ambulante ärztliche Versorgung sind gerade die FREIEN WÄHLER immer der Meinung, dass alles durch das bayerische Gesundheitsministerium erledigt werden müsse. Diese Betrachtungsweise offenbart Lücken in der Kenntnis der gesundheitspolitischen Gegebenheiten. Kollege Vetter, Sie wurden letzten Donnerstag von Frau Kollegin Stewens gefragt, ob Sie wissen, wer den Auftrag zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung hat, um Sie endlich davon zu überzeugen, dass die Sicherstellung der ambulanten Versorgung nicht dem bayerischen Gesundheitsministerium obliegt, sondern anderen Einrichtungen. Ich erlaube mir, Ihnen den Text des § 72 Absatz 2 des SGB V vorzutragen. Darin ist die Sicherstellung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung geregelt. Ich darf zitieren:
Die vertragsärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.
In § 75 SGB V wird der Inhalt und der Umfang der Sicherstellung geregelt:
Die Kassenärztlichen Vereinigungen
- Herr Kollege Streibl, das ist sicherlich auch für Sie hochinteressant. Sie kennen die Situation nicht, jedenfalls geht das so aus Ihrer Interpellation hervor.
und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. (…)
Das ist der Sicherstellungsauftrag der ambulanten medizinischen Versorgung in der Republik und damit auch im Freistaat Bayern.
Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Vetter, ich spreche ganz bewusst Sie an: Sie sollten sich öfter mit Kollegen Krombholz, Mitglied der FREIEN WÄHLER, der das übrigens ganz nett macht, auseinandersetzen, damit Ihre Wissenslücken bei der Beurteilung der bayerischen Gesundheitspolitik endlich geschlossen werden.
Kolleginnen und Kollegen, diese umfangreiche Interpellation greift alles ab, was es überhaupt zum Thema Gesundheitsversorgung im Freistaat Bayern zu sagen gibt. Frau Kollegin Sonnenholzner, fällt Ihnen irgendetwas auf, das noch nicht angesprochen worden ist? Sie werden später reden.
- Okay, alles recht.
Ich glaube, dass dem Ministerium zu danken ist. Die Fragestellungen, die oft sehr kryptisch sind, müssen mehrmals hinterfragt werden. Jedenfalls wurden diese vonseiten des Ministeriums für den Versuch einer Beantwortung aufgegriffen. Durch die Nennung von Zahlen ist es gelungen, Antworten auf die Fragen zu geben. Dafür gilt es, Dank zu sagen.
Kolleginnen und Kollegen, wenn man guten Willens ist und die Gesundheitsversorgung in Bayern mit all ihren Facetten und Gegebenheiten, die zum großen Teil vom Bundesgesetzgeber vorgegeben sind, betrachtet, gelangt man zu dem Schluss, dass wir ein gutes Gesundheitssystem in Bayern und damit in der Bundesrepublik haben. Dass es immer wieder Möglichkeiten zur Verbesserung geben muss, ist auch uns klar. Meine Damen und Herren, in den letzten 20 Jahren mussten 14 verschiedene Gesundheitsreformen auf den Weg gebracht werden, weil man der Meinung war, dass aktuelle Zustände durch Gesetzgebungsverfahren und finanzielle Maßnahmen ausgeglichen
und besser gestaltet werden müssten, um die anstehenden Probleme zu bewältigen.
Kolleginnen und Kollegen, der Freistaat Bayern hat aufgrund bedarfsmäßiger und versorgungspolitischer Notwendigkeiten in die Bundesgesetzgebung eingegriffen. Die Gesundheitspolitiker im Saal wissen, wovon ich rede: § 73 b SGB V, "Hausarztzentrierte Versorgung". Kolleginnen und Kollegen, dieses Thema hat uns besonders im Freistaat immer wieder bewegt. Ich meine, letztendlich haben wir eine gute Lösung gefunden. Darauf werde ich noch im Detail zu sprechen kommen.
Herr Kollege Dr. Vetter, die FREIEN WÄHLER wollen in der Bevölkerung immer wieder den Eindruck erwecken, sie seien die Gralshüter der hausarztzentrierten Versorgung. Herr Kollege Dr. Vetter, wir haben uns über eine bedarfsgerechte und flächendeckende hausärztliche Versorgung im Freistaat Bayern schon Gedanken gemacht, da waren Sie noch gar nicht im Landtag. Zwar haben Sie draußen Wirbel gemacht, aber in der Sache nie vernünftige Überlegungen eingebracht. Bitte lassen Sie mich das in einer Klammerbemerkung sagen: Ihre "Soziale Gesundheitsversicherung" ist bereits hier im Hause behandelt worden. Sie wissen, dass sie abgelehnt worden ist. Damit ist eigentlich schon alles gesagt. Das ist eine alte Kamelle.
- Nein, die "Soziale Gesundheitsversicherung" hat keine Mehrheit erhalten, da sie in vielen Punkten falsch ist. Sie ist nicht nachvollziehbar und in keiner Weise hilfreich.
Lassen Sie mich zum Thema Hausärzte zurückkommen, weil es mir großes Vergnügen bereitet, mich mit der hausärztlichen Versorgung auseinanderzusetzen. Die Bayerische Staatsregierung hat im Hinblick auf die Notwendigkeit einer hausärztlich zentrierten Versorgung nachweislich die nötigen gesetzgeberischen Schritte in Berlin eingeleitet. Die gesetzliche Verpflichtung der Krankenkassen zum Abschluss von Hausarztverträgen mit Gemeinschaften, die mehr als die Hälfte aller Hausärzte vertreten - § 73 b SGB V -, ist durch die Christlich-Soziale Union im Freistaat Bayern und damit über die Landesgruppe Berlin in das SGB V eingebracht worden. Dieser Vorgang hat nicht unmittelbar meine Zustimmung erfahren, weil ich dachte, dass die Kassenärztliche Vereinigung das richtige Gremium zur Führung von Vertragsverhandlungen für alle ambulant tätigen Ärzte sei. Man war jedoch der Meinung, dass die Hausärzte im speziellen Falle einer besonderen Behandlung zugeführt werden müssten.
Die Sicherung der hausarztzentrierten Versorgung hat man gegen viele Widerstände auf Bundesebene durch die CSU auf den Weg gebracht.
Den weiteren Verlauf kennen Sie. Auf der Grundlage der neu ausgehandelten Verträge hatten die Hausärzte bis Mitte des Jahres 2014 Vertragssicherheit auf der Grundlage rechtlicher Rahmenbedingungen. Dann geschah etwas Ungeheuerliches: Ende des letzten Jahres - Sie erinnern sich - haben die Hausärzte darüber nachgedacht, ob sie aus dem System aussteigen sollen. Letztendlich ist dies mit knapper Mehrheit gescheitert. Die Vertragspartei der Krankenkassen hat daraufhin den Hausarztvertrag, der das Einkommen der Hausärzte sichert, bis 2014 aufgekündigt. Das sage ich noch einmal ganz bewusst, weil diese ganze Geschichte so irrsinnig ist. Was ist dann passiert? Die Krankenkassen haben die Verträge gekündigt. Die sichere Vergütung für die Hausärzte bis zum Jahre 2014 war dahin. Für mich ist es heute noch unverständlich, warum sich der Hausärzteverband so verhalten hat. Dankenswerterweise hat das Ministerium nach diesem Vorfall beide Seiten an einen Tisch geholt. Auf der Veranstaltung im Januar dieses Jahres in diesem Parlament hat man sich wieder gegenseitig beschnuppert und sich gegenseitig des Willens zu einer gemeinsamen Lösung versichert. Letztendlich hat der Hausärzteverband das Angebot der AOK Bayern ausgeschlagen. Das Vertragsverhältnis wurde für erledigt bzw. wurden die Verhandlungen für gescheitert erklärt. In dieser Phase befinden wir uns gerade. Ein Schiedsgericht soll jetzt klären, wie weiter zu verfahren ist.
Herr Kollege Dr. Vetter, ich habe Ihnen aufgezeigt, wie vernünftig auf der Grundlage bayerischer Überlegungen beim Bundesgesetzgeber eingegriffen worden ist, um die Gesundheitsgesetzgebung im SGB V den bayerischen Interessen anzupassen. Es ist das Problem der Hausärzte, dass sie nicht in der Lage waren, vernünftig damit umzugehen. Das tut mir furchtbar leid. Die FREIEN WÄHLER waren jedoch nicht ganz unbeleckt, als sich die Hausärzte von ihrer gemeinsamen Verpflichtung verabschiedet haben. Sie haben wild um sich geschlagen. Sie wollten sogar für unseren Gesundheitsminister einen Untersuchungsausschuss in der Angelegenheit einrichten. Lauter dummes Zeug - Entschuldigung, wenn ich das so hart sage.
Außer einer Presseerklärung vom Januar dieses Jahres habe ich nie wieder etwas von diesem Vorhaben gehört. In der Zwischenzeit haben Sie wohl eingesehen, dass Sie auf dem Holzweg waren - Gott sei es gedankt.
Kolleginnen und Kollegen, ich verstehe den Nutzen dieser Interpellation so, dass sie den Gesundheitspolitikern, die guten Willens sind, eine hervorragende Zusammenfassung aller gesundheitspolitisch relevanten Daten im Freistaat Bayern zur Verfügung stellt. Sicherlich müssen einige Punkte noch mit den Organisationen und Institutionen abgeklärt werden. Sicherlich wird eine vernünftige Diskussion mit der Kassenärztlichen Vereinigung notwendig sein. Herr Kollege Krombholz, der bestimmt auch für Fragen im Gesundheitsausschuss zur Verfügung steht, ist dabei besonders gefragt.
Kurzum, Kolleginnen und Kollegen, nachdem wir uns am vergangenen Donnerstag klassisch über die Gesundheitsversorgung in Bayern unterhalten konnten, zeigt die Auflistung der gesundheitspolitischen Zustände im Freistaat Bayern im Rahmen der heutigen Interpellation der FREIEN WÄHLER dem Hohen Hause, dass die Gesundheitsversorgung unserer bayerischen Bürgerinnen und Bürger eine gute ist. Das haben die FREIEN WÄHLER in der Zwischenzeit auch eingesehen.
Kollege Vetter, zu Ihrer Anmerkung, dass Sie die Interpellation nach eingehenden Gesprächen mit Verbänden, Institutionen, Kammern und dergleichen verfasst hätten, kann ich Ihnen nur sagen: Es ist Ihnen gelungen, die Meinung Ihrer Informanten zu diesem Thema so zu entstellen, dass sie für mich nicht mehr nachvollziehbar ist.
- Das liegt daran, dass es Ihnen gelungen ist, die Fragen so kryptisch und unnachvollziehbar zu formulieren, dass sich die positiven Ansätze, die die Verbände, Organisationen und Institutionen in den Gesprächen an Sie herangetragen haben, nicht mehr wiederfinden lassen. Das tut mir furchtbar leid. Ich
kann mir nicht vorstellen, dass die Kassenärztliche Vereinigung - sie ist wohl der beste Garant dafür - hinter Ihren Fragen und den damit verbundenen Motivationen steht.
Zur Zwei-Klassen-Medizin, Kollege Vetter: Ich habe Ihnen die Frage gestellt, wie Sie aufgrund Ihrer Erfahrung als praktizierender Orthopäde zu diesem Ergebnis kommen. Ich gehe davon aus, dass Sie in Ihrer Praxis in Cham einem AOK-Patienten eine qualitativ genauso hochwertige Prothese eingesetzt haben wie einem Privatpatienten. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, wie Sie daraus die Zwei-Klassen-Medizin ableiten können, wenn es sich tatsächlich so zugetragen hat.
Mit Ihrer "Gesundheitsversicherung", die Sie auch noch "sozial" nennen, können die Fachleute, denen Sie sie vorgestellt haben, nichts anfangen. Das fängt schon bei Kleinigkeiten an. In Ihren schriftlichen Ausführungen verwenden Sie für Krankenversicherung die Abkürzung "KV". Jeder, der sich in der Szene auskennt, versteht unter KV etwas anderes als Krankenversicherung.
Dies zeigt mir, dass die Ernsthaftigkeit Ihrer "Sozialen Gesundheitsversicherung" sehr überschaubar ist.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Markus Söder, es war schon sehr eindrucksvoll, aktuell zu erfahren, welche gesundheitliche Vorsorge und welche medizinischen Leistungen den Bürgerinnen und Bürgern in Bayern angeboten werden, die auf der Grundlage innovativer Überlegungen künftig auch noch verbessert werden sollen. Nur, meine Damen und Herren, es ist überall im Leben so: Das Bessere ist der Feind des Guten. Sie alle machen mir, wenn ich Sie ansehe, einen sehr gesunden Eindruck. Das liegt an vielen Möglichkeiten, die Sie hier im Freistaat Bayern vorfinden:
gute Ärzte, gute Pflegekräfte, hervorragend ausgestattete Krankenhäuser. Rundum ist die medizinische Versorgung der bayerischen Bevölkerung ein Gütesiegel des Freistaates. Das merken wir in allen Bereichen, die der Herr Staatsminister richtigerweise und notwendigerweise zusammengetragen und dargestellt hat. Es ist sehr wichtig, bei der Diskussion von Begrif
fen wie Regelleistungsvolumina, Rabattverträge oder DRG wegzukommen.
- Danke, Morbi-RSA! Ein furchtbares Wort! Es ist sehr spannend, wenn man von diesen Begriffen wegkommt und über die gesundheitlichen Belange und Notwendigkeiten in unserem Freistaat diskutiert. Die Ausführungen des Ministers in Art einer Ist-Analyse haben gezeigt, wo wir im Freistaat mit der Gesundheitsvorsorge stehen. Wir sind hervorragend aufgestellt, aber es gibt noch Verbesserungsmöglichkeiten. Ich bin der Letzte, der sagen würde, dass alles optimal wäre. Wir müssen die Situation immer wieder analysieren und uns überlegen, ob es Defizite gibt und wo Verbesserungen vorgenommen und auf den Weg gebracht werden können. Darum kommen wir nicht herum.
Frau Kollegin Sonnenholzner, Frau Kollegin Dittmar, jeder von uns, der in Sachen Gesundheitspolitik unterwegs ist, erfährt bei Veranstaltungen, Diskussionsrunden, Foren und dergleichen außerhalb des Freistaats überall, dass in Bayern alles besser sei. Das ist so, Kolleginnen und Kollegen. Darum brauchen wir uns überhaupt nicht zu verstecken und uns Asche auf das Haupt zu streuen. Wir brauchen uns nicht vorzuwerfen, dass wir die einen oder anderen Überlegungen nicht aufgegriffen oder im Sinne einer adäquaten, flächendeckenden und guten Patientenversorgung nicht auf den Weg gebracht hätten. Natürlich haben wir ein paar Baustellen. Darin müssen wir uns selbst gegenüber auch ganz ehrlich sein.
Eine Baustelle ist zum Beispiel die Situation der Ärzteschaft. Es ist wie ein Pawlowscher Reflex. Wenn der deutsche oder der bayerische Ärztetag angesagt ist, streiten die Vertreter der Ärztekammer auf der einen Seite und die Vertreter der Krankenkassen auf der anderen Seite darüber, wie hoch die Ärztezahl in der Republik und speziell im Freistaat ist. Haben wir zu viele Ärzte oder zu wenige? Diese Diskussion dauert eine Woche. Dann findet der Ärztetag statt, die Meinungen werden ausgetauscht, und am Ende des Ärztetages sind wir genauso schlau wie zuvor. Meinung steht gegen Meinung.
Nach den Zahlen, die in der letzten Woche von der Bayerischen Ärztekammer auf den Tisch gelegt worden sind, können wir Gott sei Dank feststellen, dass wir um 3 % mehr Ärzte haben als im September 2010. Was heißt das? Den Ärztemangel, wie er immer wieder breit dargestellt wird, haben wir in Bayern nicht. Der Präsident der Landesärztekammer führt diese Situation oder den apostrophierten Ärztemangel darauf
zurück, dass sehr viele Arztkollegen im Schichtdienst tätig sind. Wenn zwei Kolleginnen oder Kollegen ausscheiden, bräuchte er drei, um diese zwei zu ersetzen. Das ist die Situation, meine Damen und Herren.
Wir haben nächste Woche noch einmal eine Debatte. Vierzehn Tage lang machen wir hier Gesundheitspolitik. Nächste Woche haben wir noch eine Interpellation.
- Das ist doch ganz nett, das ist einmal etwas anderes, Charly! Ich bin jedenfalls schon dieser Meinung.
Wir sollten uns über die Situation einmal vernünftig und sachlich austauschen. Die Überlegungen, die immer wieder angestellt werden, wie man die Menschen noch stärker animieren könnte, in den Beruf unmittelbar am Krankenbett oder in der Arztpraxis einzusteigen, sind sehr vielschichtig. Sie hängen von sehr vielen Imponderabilien ab, auf die wir hier im hohen Hause des Freistaates zum großen Teil keinen Einfluss haben. Wir können nur Überlegungen anstellen, die dann von den Standesorganisationen aufgegriffen werden, um die Situation der Ärzteschaft zu verbessern. Ich gehöre zu den Kolleginnen und Kollegen, die selbstverständlich der Meinung sind, dass wir uns ganz offen, ohne Schaum vor dem Mund, überlegen müssen, wie wir die auf uns zukommende Situation - als Stichwort nenne ich nur die Feminisierung des Ärzteberufes, ohne das negativ zu bewerten durch innovative Lösungen bewältigen, die auch gewisse Ersatzlösungen für ärztliche Leistungen notwendig machen. Es gibt so schöne Synonyme wie zum Beispiel "AGnES". Das heißt: Arztentlastende, Gemeindenahe, E-Health-gestützte, Systemische Intervention. Ein furchtbares Ding! Was ist damit gemeint? - Damit ist ganz einfach gemeint, dass der Arzt durch eine ausgebildete Schwester - Gemeindeschwester oder Krankenschwester - in bestimmten ärztlichen oder pflegerischen Tätigkeiten entlastet werden kann.
- Das ist schon klar, aber man kann bestimmte Leistungen delegieren. Auf der Station hatten wir auch die eine oder andere Krankenschwester, die Blut abgenommen oder eine Nadel gelegt hat und die das vielleicht sogar besser konnte als der eine oder andere Arzt.
- Natürlich nicht besser als wir! Das ist doch klar. Damit will ich nur sagen, dass wir über solche Lösungen diskutieren und auch die Ärzte, die solche Lösungen aus vordergründigen Überlegungen ablehnen, in dieser Richtung stärker unterstützen müssen. Damit können wir die Situation vielleicht verbessern.
Der Herr Staatsminister hat das Thema Gesundheitswirtschaft angesprochen. Das ist ein spannendes Thema, Kolleginnen und Kollegen! Das Wort Gesundheitswirtschaft setzt sich aus zwei Begriffen zusammen - Gesundheit und Wirtschaft. Die wirtschaftlichen Aspekte und auch die gesundheitswirtschaftlichen Überlegungen sind gerade deswegen, weil wir in Bayern dafür spezielle Einrichtungen vorhalten, ein besonderes Thema. Ich bin der Meinung, dass dieses Thema noch stärker als bisher in die Tagespolitik Eingang finden muss. Ich könnte mir vorstellen, dass wir für die Gesundheitswirtschaft noch gewisse Strukturen finden. Ich habe schon einmal daran gedacht, sie in die Cluster-Initiative des Freistaates aufzunehmen. Bei dem einen oder anderen bin ich damit aber noch nicht ganz durchgedrungen. Vielleicht gelingt es mir noch. Die Gesundheitswirtschaft im Rahmen einer Cluster-Initiative könnte die notwendigen Lösungen bringen, die wir im Freistaat in der Gesundheitswirtschaft unter wirtschaftlichen und auch beschäftigungspolitischen Aspekten brauchen. Sie müssen auch wissen, dass es in der Gesundheitswirtschaft 160.000 Arbeitsplätze gibt. Das sind mehr Arbeitsplätze als in der in Bayern wegen ihrer Arbeitsplätze immer hoch gelobten Autoindustrie.
- Ich glaube auch, dass es noch mehr sind, wenn man die Wohlfahrtsverbände hinzurechnet.
Deswegen müssen wir diesbezügliche Überlegungen künftig noch stärker in den Vordergrund stellen und gerade im Freistaat Bayern die Möglichkeiten der medizinisch-technischen innovativen Forschung, mit der wir sowohl national als auch international an vorderster Stelle stehen, nutzen.
Frau Kollegin Sonnenholzner, Sie haben das Thema Telemedizin und die damit verbundenen Möglichkeiten angesprochen. Ich hatte vor Kurzem die Möglichkeit, bei einer hoch spannenden Veranstaltung dabei zu sein. Die komplizierte Ösophagus-Erkrankung eines Patienten aus Tel Aviv wurde von München aus diagnostiziert. Wie kam es dazu? - Ein Arzt, der in Tel Aviv an einem sehr großen Krankenhaus tätig ist, wusste, dass es in München einen großen Spezialisten für die Ösophagus-Krankheit gibt und wollte ihm die Erkrankungsform dieses Patienten zeigen. Das
ging tatsächlich. Der Arzt in Tel Aviv hat dem Patienten einen Schlauch eingeführt, während der Doktor in München Anweisungen gab, wie weit dieser Schlauch eingeführt werden soll. Der Arzt in München hat gesehen, wie der Arzt in Tel Aviv das Endoskop eingeführt hat und ihm gesagt: Gehe bitte zwei Zentimeter zurück. Mache bitte eine Retroversion mit deinem Endoskop und zeige mir einmal diese oder jene Stelle. Dem Patienten konnte aus München über die Teleübertragung geholfen werden. Das sind internationale Möglichkeiten der Patientenversorgung.
Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, dass gerade am Samstag und am Sonntag in den Abendstunden in den ländlichen Bereichen viele Unfälle passieren. Die verunglückten Patienten müssen versorgt werden. Das Computertomogramm des Schädels eines Patienten im Bayerischen Wald kann teleradiologisch nach Regensburg in die Uniklinik übermittelt werden. Dort wird der Befund erstellt, sodass dem Arzt vor Ort Anweisungen gegeben werden können. Das ist revolutionär, und diese Möglichkeiten müssen noch weiter ausgebaut werden. Damit komme ich zum Wesentlichen: Diese Leistungen müssen endlich bei den Kassen abgebildet werden. Im weiteren Verlauf müssen sie in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden. Außerdem muss Sorge dafür getragen werden, dass die Kosten dieser Leistungen auch erstattet werden. Nur so wird die Telemedizin den richtigen Stellenwert in der Patientenversorgung unseres Landes erhalten.
Zur Prävention ist schon sehr viel gesagt worden. Für mich persönlich sind Impfungen die wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen, die die Medizin heute anbieten kann. Frau Kollegin Sonnenholzner, Sie haben die Männergesundheit in ihrer Bedeutung nicht ganz richtig beschrieben. Eine Münchner Zeitung hat vor Kurzem geschrieben, dass die Bayern Impfmuffel seien. Wenn wir uns die Zahlen ansehen, müssen wir feststellen, dass männliche Wesen von Präventionsangeboten tatsächlich sehr wenig Gebrauch machen. Ich halte pfiffige Ideen für etwas Feines. Die Gesundheitsaktion für Männer, die der Minister gestartet hat, halte ich für eine pfiffige Idee. Ich finde das eine sehr gute Initiative, die mit dem Fernsehspot sehr nett umgesetzt wurde. Bei der Bevölkerung kam das gut an. Das ist ein neuer Weg, medizinische Notwendigkeiten rüberzubringen.
Die Impfung ist, wie schon erwähnt, die wirkungsvollste Präventivmaßnahme, die die Politik anzubieten hat. Leider Gottes wird dieses Angebot nicht in dem Maß wahrgenommen, wie das wünschenswert wäre. Ich nehme mich hier nicht aus. Frau Kollegin Dittmar hat
mich fraktionsübergreifend davon überzeugt: Zimmermann, Sie müssen sich endlich einer Grippeschutzimpfung unterziehen. Das hat mich beeindruckt. Was habe ich getan? - Frau Kollegin Dittmar hat mir im letzten Jahr eine Grippeschutzimpfung verabreicht.
Frau Kollegin Dittmar, wenn ich einen Termin bekomme, komme ich heuer wieder zu Ihnen.
Was will ich damit sagen? - Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen bei den Impfungen noch mehr Gas geben, als das bisher der Fall war. Schließlich gibt es scheußliche Erkrankungen, ich denke dabei zum Beispiel an die Masern. Wir haben hier in Bayern ein Defizit. Das muss man ganz klar feststellen. Die Durchimpfungsrate bei den Masern ist in Bayern noch nicht so hoch, wie uns das der internationale Standard vorgibt. Danach haben sich 95 % der Menschen einer Erst- und Zweitimpfung unterzogen. Ich will Sie damit gar nicht belästigen. Mir ist es jedoch wichtig, dass die Impfung als wirksamste Präventionsmaßnahme - ich wiederhole mich - im Freistaat Bayern angeboten, angepriesen und hoffentlich von der Bevölkerung auch wahrgenommen wird.
Ich nenne als weiteres Beispiel den Gebärmutterhalskrebs. Das ist die zweithäufigste Krebserkrankung bei Frauen. Diese Krebsart kann man durch eine Impfung abwehren. Das ist eine Revolution. Im Jahre 2008 hat Dr. Harald zur Hausen dafür den Medizinnobelpreis bekommen. Diese Impfung greift jedoch in unserer medizinischen Versorgungslandschaft noch nicht so, wie dies notwendig wäre. Ich glaube, dass die diesbezüglichen Aktionen verstärkt werden müssen. Die Kassen sind hinsichtlich der Durchführung der sogenannten HPV-Impfung sehr zögerlich. Wir brauchen deshalb noch weitere Aktionen, um dieses Thema bei der Bevölkerung noch stärker rüberzubringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die neue bayerische Präventionsstrategie ist nur zu begrüßen. Im Freistaat Bayern haben die Krankenkassen und andere Institutionen und Organisationen die vielfältigsten Präventionsangebote. Ich denke zum Beispiel an die Sportvereine. Wenn wir die Einrichtungen, die sich mit der Prävention beschäftigen und gesund erhaltende Angebote machen, zusammenfassen und bündeln, wobei das Ministerium lenken und leiten soll, wäre das die richtige Präventionsstrategie für den Freistaat Bayern.
Des Weiteren wurden die Versorgung von Demenzkranken sowie Palliativeinrichtungen angesprochen. Ich möchte jetzt nicht wiederholen, was der Herr Staatsminister schon breit ausgeführt hat. Ich halte es für notwendig, die demografische Entwicklung in der
medizinischen Versorgung noch stärker als bisher zu berücksichtigen. Einen Aspekt möchte ich besonders herausgreifen, nämlich die Kosten für die künstliche Befruchtung. Wir haben uns vor Kurzem im Ausschuss über dieses Thema unterhalten, und bei dieser Gelegenheit habe ich nachgefragt und mich nach dem aktuellen Sachstand erkundigt. Dabei habe ich erfahren, dass die Bayerische Staatsregierung über den Bundesrat die Kostenfreiheit bzw. die Vollaufnahme von künstlichen Befruchtungen in den Leistungskatalog weiterhin fordert. Sie wissen, dass momentan nur die Hälfte bezahlt wird, sodass 50 % der Kosten von der Frau bzw. ihrer Familie bezahlt werden müssen. Ich halte eine Veränderung dieser Situation für überfällig. Die Kosten für eine künstliche Befruchtung müssen zu 100 % in den Leistungskatalog aufgenommen werden.
Wir haben uns auch über die klinische Krebsregistrierung unterhalten. Hier bedarf es - das ist ein Wink an die Staatsregierung - einer Novellierung des Krebsregistergesetzes. Wir haben im Landesgesundheitsrat vernehmen müssen, dass es hier aus datenschutzrechtlichen Überlegungen Probleme gibt. Diese Probleme muss die Staatsregierung einer Lösung zuführen.
Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss noch eine Überlegung zur Krankenhaushygiene. Ich will jetzt nicht auf die Stadt München eingehen. Hierzu gäbe es viel zu sagen. Das erspare ich mir aber. Meines Erachtens ist es ganz wirklichkeitsfremd zu glauben, dass Infektionen im Krankenhaus völlig vermieden werden könnten. Wir wissen, dass es gewisse Erkrankungsformen gibt, die auf im Krankenhaus erworbene Keime zurückzuführen sind. Diese scheußliche Geschichte beunruhigt die Bevölkerung in großem Ausmaß; denn es vergeht keine Woche, in der nicht in irgendeinem Medium über Tote und Erkrankte infolge von Infektionen berichtet wird. Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen in dieser Sache keine Schuldzuweisungen machen. Anfang des Jahres gab es eine Hygieneverordnung und eine Novellierung des Infektionsschutzgesetzes. Aber man hat den Eindruck, dass das noch nicht im nötigen Ausmaß greift. Ich habe eine Überlegung, Kolleginnen und Kollegen, was aus bayerischer Sicht dafür verantwortlich sein könnte. Der öffentliche Gesundheitsdienst als "Gesundheitspolizei" hat in den einzelnen Landkreisen an Einfluss und Wirkungsmöglichkeit verloren. Warum? Ich persönlich bin der Meinung, dass es ein Fehler war, die Gesundheitsämter in die Landratsämter zu integrieren. Lieber Ministerpräsident, wir sollten uns in aller Ruhe überlegen - -
- Nein, Kolleginnen und Kollegen, hören Sie doch auf.
Herr Kollege Werner, die öffentliche Gesundheit ist in den letzten Jahren zu wenig beachtet worden, weil es auf Landkreisebene keine unmittelbaren Eingriffsmöglichkeiten mehr gab. Die Eingliederung der Gesundheitsämter in die Landratsämter hat das hohe Niveau des öffentlichen Gesundheitsdienstes vor Ort geschmälert. Wir sollten überlegen, ob dieser Fehler wiedergutgemacht werden könnte. Der Leiter eines Gesundheitsamtes, der in eigener Zuständigkeit hygienische Mängel in seinem Kreiskrankenhaus feststellt, hat eine bessere Position und eine andere Wirkungsmöglichkeit, als wenn er völlig in den großen Apparat eines Landratsamtes integriert ist.
- Jetzt rede ich gerade über die Hygiene. Die Situation der Heimaufsicht muss auch bedacht werden.
Es gibt nicht nur Überlegungen wegen der Hygiene im Krankenhaus. Auch Überlegungen bezüglich der Seuchenbekämpfung sind in den letzten Jahren wieder stärker in den Vordergrund gerückt. Wir müssen dem öffentlichen Gesundheitsdienst wieder eine stärkere Waffe in die Hand geben, um eine adäquate und im Hinblick auf den Gesundheitsschutz notwendige Versorgung zu gewährleisten.
Eine Münchner Tageszeitung hat heute die Überschrift als Aufmacher: "Pflegenotstand in Münchner Krankenhäusern". Kolleginnen und Kollegen, das ist mein Abschlussthema. Die Darstellung zeigt eine herausfordernde Situation, dass nämlich in städtischen, aber auch in staatlichen Krankenhäusern Münchens Stationen geschlossen werden müssen, Intensivbetten nicht mehr belegt werden können, OP-Einheiten nicht mehr betrieben werden können, weil das Personal fehlt. In meinem früheren Leben als Gesundheitsreferent der Landeshauptstadt München habe ich vor zwanzig Jahren die Situation schon einmal erlebt. Wegen verschiedener Maßnahmen hatten wir damals Glück, dass aus dem Pflegekräftenotstand kein Versorgungsnotstand geworden ist. Kolleginnen und Kollegen, so etwas darf nicht wieder passieren. Wir alle müssen gemeinsam überlegen, wie die Situation der Pflegekräfte verbessert werden kann.
Ich habe mich schon vor zwanzig Jahren massiv für die Pflegekammer eingesetzt. Damals wie heute ist erkennbar, dass die Pflegekräfte keine Lobby haben. Um die Pflegekräfte als Berufsgruppe kümmert sich
niemand. Die Gewerkschaft Verdi - lassen Sie mich das so sagen - hat in diesem Bereich völlig versagt. Sie kümmert sich in keiner Weise um die Pflegekräfte und vermittelt den Eindruck, dass die Honorarsituation der Pflegekräfte in guten Händen wäre. Die Darstellung der Verdienstmöglichkeiten einer Krankenpflegekraft in der Münchner Tageszeitung macht klar, dass es so nicht weitergehen kann. Wo ist die Lobby? Lassen Sie uns über alle Parteigrenzen hinweg, Herr Kollege Dr. Bertermann, das Thema Pflege unter dem Aspekt beleuchten, wie wir den Pflegekräften eine stärkere Lobby an die Hand geben können und ob dafür vielleicht die Pflegekammer geeignet ist. Ich persönlich glaube, dass das Sozialprestige einer Krankenschwester durch die Einbindung in eine Standesvertretung wie einer Kammer gehoben werden könnte. Ich weiß, dass es Bedenken gibt, was die Zwangsmitgliedschaft und den damit verbundenen Beitrag anbelangt, aber man kann in Ruhe diskutieren, ob das eine Möglichkeit wäre. Man kann auch darüber nachdenken, ob es eine Kammer für Gesundheitsberufe sein kann. Damit könnte den Pflegekräften ein Anreiz gegeben werden, sich in dem Beruf besser zurechtzufinden, als das bisher der Fall ist.
Kolleginnen und Kollegen, die gesundheitliche Versorgung in Bayern hat hohes Niveau. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Lebensqualität im Freistaat Bayern. Sie sichert die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger nachhaltig. Wir haben heute sehr eindrucksvoll in der Regierungserklärung gehört, dass ihr die Bayerische Staatsregierung höchste Bedeutung beimisst. Eine hochwertige gesundheitliche Versorgung muss für jede Bürgerin und für jeden Bürger erreichbar sein, unabhängig von der persönlichen Situation, dem Einkommen und dem Wohnort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin von Geburt an gewohnt, immer der Letzte zu sein. Das hat sich in vielen parlamentarischen Debatten für mich als sehr positiv erwiesen, weil ich dann am Schluss das ein bisserl aufräumen kann, was mit Argumenten alles angedeutet worden ist.
Lassen Sie mich zu dem vorliegenden Dringlichkeitsantrag ein paar Anmerkungen machen: Wir haben uns im Gesundheitsausschuss gerade in der letzten Zeit mehrmals mit dem Thema "Hygiene in den bayerischen Krankenhäusern" unter dem Aspekt nosokomiale Infekte unterhalten. Wir haben hier im Landtag am 11. März dieses Jahres einen einstimmigen Beschluss verabschiedet, der der Staatsregierung aufgibt, uns einen Bericht über die Situation der hygienischen Zustände und des hygienischen Managements zur Versorgung unserer Krankenhäuser in Bayern zu geben. Dieser Bericht ist den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses inzwischen im Juni zugegangen. Wir können feststellen, dass all die Maßnahmen, die dort zusammengetragen sind, einen generell guten und positiven Status der hygienischen Versorgung in unseren bayerischen Krankenhäusern erkennen lassen; ferner, dass auch viele Maßnahmen vonseiten des öffentlichen Gesundheitsdienstes zur Begleitung der Hygiene in den Krankenhäusern innerhalb des Freistaates und auch in den Universitätskliniken einen Zustand erkennen lassen, der den hygienischen Notwendigkeiten entspricht.
Uns alle - mich besonders - hat diese Meldung über die hygienischen Zustände, speziell am Münchner Krankenhaus Bogenhausen, sehr betroffen gemacht.
Herr Kollege Pfaffmann, Ihnen ging es wahrscheinlich genauso. Sie kennen das Krankenhaus ebenso gut wie ich. Sie haben, wenn ich das bei dieser Gelegenheit einmal sagen darf, als von Ihnen in Ihrer damaligen Tätigkeit im Pflegebereich die Abteilung für schwer Brandverletzte mit ausgebaut wurde, einen Beitrag dazu geleistet, dass dieses Krankenhaus nicht nur innerhalb der städtischen Krankenhäuser, sondern weit darüber hinaus einen hervorragenden Ruf genießt.
Die Konfiguration der einzelnen Fachgebiete des Krankenhauses Bogenhausen hat auch international einen so hervorragenden Ruf, dass es immer wieder in allen Fachgebieten auch von ausländischen Patienten aufgesucht wird. Es hat uns alle sehr betroffen gemacht, dass es letztendlich - davon muss man wohl ausgehen - aufgrund der Erkenntnisse, die bisher vorliegen, gerade Organisationsmängel und Organisationsversagen von Verantwortlichen waren, die aufgrund welcher Situation auch immer in diese Position gekommen sind. Ich komme noch darauf zu sprechen.
- Ich habe es leider akustisch nicht verstanden. - Ich glaube, dass es aufgrund einer mangelnden Organisation und einer mangelnden Zertifizierung eines Sterilisationsapparates - um das ganz einfach herunterzubrechen - geschah mit den Folgen, die wir jetzt täglich in den Zeitungen lesen müssen. Es ist ein Unding, ein Krankenhaus von der Güte des Klinikums Bogenhausen in der Öffentlichkeit durch den Kakao zu ziehen. Mir tut das weh. Jeder, der die Münchner Krankenhausszene kennt, weiß, dass auch von den Beschäftigten in den Krankenhäusern, auf welcher Ebene auch immer, alles getan wird, um diese Leistungen ordnungsgemäß für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und weit darüber hinaus in einem hervorragenden Zustand anzubieten.
Ich begleite das Geschick der Münchner Krankenhäuser seit geraumer Zeit und war immer schon verwundert, Herr Kollege Pfaffmann, dass man innerhalb der Stadtspitze nicht bereit war, den ärztlichen Sachverstand in die Geschäftsführung des Krankenhauses aufzunehmen. Wenn ich heute Äußerungen lese, die man dem Bürgermeister Monatzeder zuschreibt - er soll damals geantwortet haben: Die Ärzte hängen uns zum Hals raus bzw. sind uns zu teuer, wir wollen keinen ärztlichen Sachverstand in der Geschäftsführung haben -, kann ich nur sagen, das ist sehr verwerflich, meine Damen und Herren, und aus heutiger Sicht ein grober Managementfehler gewesen.
Meine Damen und Herren, ich kenne kein Krankenhaus in der Bundesrepublik Deutschland, ob Maximalversorgungsstufe oder Grundversorgung, wo nicht auf der Leitungs- und Führungsebene ärztlicher Sachverstand angesiedelt ist. Herr Kollege Pfaffmann, was hätten Sie zu Recht gesagt, wenn man zum Beispiel keine Pflegedirektoren in städtischen Krankenhäusern untergebracht hätte?
- Katastrophe, ich gebe Ihnen recht. Aus der gleichen Überlegung heraus, meine Damen und Herren, stellen wir jetzt fest, dass diese Entscheidung der Stadt ein gravierender Fehler war.
Jetzt streitet man darum, welche Situationen vor fünf Jahren bestanden haben, dass dies zustande gekommen ist. Meine Fraktion - das darf ich bei dieser Gelegenheit einmal loswerden - hat in einem Änderungsantrag zu dem damaligen Beschluss der Geschäftsführung einen Arztkollegen vorgeschlagen, der in der damaligen hochnäsigen Art von Rot-Grün einfach abgelehnt wurde; die FDP hat übrigens auch dagegen gestimmt.
Meine Damen und Herren, das war eine Situation, die eine gewisse Hybris bei der damaligen Stadtverwaltung ausgelöst hat. Bei der Neugründung der Städtischen Kliniken GmbH hat man gesagt: Jetzt kommen unsere eigenen Leute, wir haben lauter fitte Leute, der eine mehr, der andere weniger. Die wurden in die Geschäftsführung hineingepackt, ob sie etwas konnten oder nicht. Dieser rot-grüne Anstrich, Herr Kollege Pfaffmann, Frau Sonnenholzner, Frau Kollegin
- sorry, Schopper selbstverständlich, ich war schon beim nächsten Satz - hat den städtischen Häusern, wie wir jetzt sehen müssen, leider Gottes nicht gut getan, sondern im Gegenteil: Diese rot-grüne Soße hat die Situation erzeugt, die wir jetzt beklagen müssen: Schlamperei, Inkompetenz und Spezlwirtschaft in den städtischen Krankenhäusern haben zu dieser Misere geführt.
Wir haben nur das Glück - Kollege Bertermann hat es bereits angesprochen -, dass aufgrund dieser hygienischen Missstände Gott sei Dank keine Patienten, wie man bis heute weiß, zu Schaden gekommen sind.
Dies ist den instrumentierten OP-Schwestern zu verdanken bzw. den Chirurgen und Operateuren, weil sie entweder verkotetes oder blutig tingiertes Operationsbesteck gar nicht in die Hand genommen haben und alles getan haben, dass es nicht beim Patienten zum Einsatz kam.
Meine Damen und Herren, wir müssen versuchen, dass unsere Münchner Bürger und die Bürger des Landes wieder Vertrauen in unsere städtischen Krankenhäuser in München gewinnen. Vertrauen verloren haben sie in die Stadtspitze, wie man heute lesen kann, weil nachweislich sowohl der Bürgermeister als auch der Oberbürgermeister seit Längerem Bescheid wussten. Die "SZ" berichtet heute, es lägen Briefe vor, aus denen erkennbar wird, dass der Oberbürgermeister seit geraumer Zeit über diesen Missstand informiert ist.
Danach war der Oberbürgermeister aber nicht in der Lage, zur Sicherheit der ihm anempfohlenen Bürgerinnen und Bürger diesen Sachverhalt abzustellen. Danach hat er zugelassen, dass eventuell eine Infektion von Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt stattfindet.
Meine Damen und Herren, der Oberbürgermeister muss sich überlegen, ob er nicht doch langsam die Verantwortung für diese Situation übernimmt und die notwendigen Konsequenzen zieht.
- Ich freue mich, dass es ein bisschen bunter wird. Darum hätte ich gerne als Letzter gesprochen, aber es geht so auch. Meine Damen und Herren, ich meine, wir müssen alles tun, dass dieser Sachverhalt mit der Stadtspitze in München besprochen wird, aufgeklärt wird und damit alles unternommen wird, dass die Bürgerinnen und Bürger wieder Vertrauen in ihre städtischen Krankenhäuser gewinnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bayerische Gesundheitspolitik besteht in meinen Augen nicht nur aus Begriffen wie Regelleistungsvolumina, Konvergenzklausel, Zusatzbeiträge und dergleichen mehr. Vielmehr erwarten die Bürgerinnen und Bürger im Lande im Krankheitsfall eine adäquate, bedarfsgerechte, gute therapeutische Versorgung. Herr Staatsminister, deswegen frage ich Sie: Im Lande sind in vereinzelten Kreiskrankenhäusern wirtschaftliche Problemstellungen bei der Führung der Häuser im größeren Umfang aufgetreten. Das führt letztlich zu eventuellen Privatisierungen, auch Bürgerbegehren und dergleichen mehr. Dadurch ist etwas Unruhe in der Krankenhauslandschaft im Freistaat Bayern entstanden. Eine bedarfsgerechte, gute Krankenhausversorgung für die Bürgerinnen und Bürger hatte immer einen hohen Stellenwert in der bayerischen Gesundheitspolitik. Da sehe ich gewisse Problemstellungen auf uns zukommen. Deswegen frage ich Sie: Wie ist bei den geschilderten Problemstellungen, die sich in dem einen oder anderen Bereich auftun, weiterhin eine so hervorragende, gute Krankenhausversorgung im Freistaat Bayern sicherzustellen?
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir stimmen den beiden dringlichen Berichtsanträ gen - was es nicht alles gibt in diesem Hohen Hause zu und werden uns inhaltlich einbringen, wenn der
Bericht der Staatsregierung im zuständigen Ausschuss beraten wird.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, ich habe heute Nacht schlecht geschlafen. Oder haben mich die Pressemeldungen von heute Morgen so verwirrt, dass ich langsam den Duktus des Antrags der Freien Wähler überhaupt nicht mehr nachvollziehen kann?
Lieber Kollege Vetter, ich muss die Struktur meines Redebeitrags etwas verändern. Ich dachte nämlich, dass Herr Aiwanger als Vorsitzender der Wählervereinigung diesen Antrag erklärt. Ich war hierauf deswegen eingestellt, weil ich mich gut an eine Veranstaltung erinnere, die am 1. Juni vergangenen Jahres zu Füßen der Ba varia stattgefunden hat. Herr Aiwanger, Sie erinnern sich doch noch daran? Auch ich erinnere mich noch zu gut daran. Frau Kollegin Schopper, auch Sie waren dabei. Auch Sie stehen sicher noch unter dem Eindruck dieser doch sehr interessanten Veranstaltung.
- Ich werde heute in der Presse immer wieder als Abweichler tituliert. Aber ich bin nicht abgewichen. Es sind andere, die abgewichen sind. Ich habe die Position von Anfang an vertreten.
Herr Kollege Aiwanger, ich erinnere mich noch zu gut an Ihre Ausführungen an dem historischen Ort zu Füßen der Bavaria. Ich muss Ihnen ganz ehrlich eines sagen: Sie waren damals der Meinung, dadurch punkten zu können, dass sich die Freien Wähler da hinge
stellt und irgendwelche Gschichtln erzählt haben. Am Schluss haben Sie wieder den gleichen Unsinn gesagt. Das war schon vor einem Jahr. Für mich ist das nicht neu.
Lieber Kollege Vetter, es tut mir furchtbar leid. Wenn ich gewusst hätte, dass wir zwei uns auf einer Fachebene hätten unterhalten können, dann hätte ich Ihnen diesen Moment erspart. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Letztendlich ist es eine Frechheit, einen solchen Antrag nach einer sehr vernünftigen, ruhigen, sachlich geführten Debatte zum Thema Nichtraucherschutz heute einzubringen. Sie haben wohl Fracksausen gekriegt, weil Sie plötzlich merken, dass Sie dort nicht dabei waren, wo man vernünftig gesundheitspolitische Überlegungen anstellen konnte.
- Herr Kollege Aiwanger -
Herr Aiwanger, Sie geben vor, Sie hätten eine Schlacht verloren. Ihr Wählerverein war ganz wesentlich daran beteiligt, dass die Entwicklung so gekommen ist. - Jetzt lachen Sie noch.
Eine kleine Nachlese zu gestern sei mir gestattet. Das Thema ist sowieso nicht viel wert. Aber hätten Sie die Position des Kollegen Vetter, die Sie heute vertreten, vernünftigerweise schon damals vorgetragen -
- Aber Sie waren doch ein ganz wesentlicher Motor. Sie haben die Bürger durcheinandergebracht, was den Nichtraucherschutz anlangt. Das war ähnlich wie bei den Freien Demokraten. - Herr Kollege Bertermann, da kann ich Sie nicht ausnehmen. Auch Sie waren ja bei dieser Veranstaltung, haben sich aber Gott sei Dank nicht zu Wort gemeldet.
Wissen Sie, die Haltung der Freien Demokraten zum Thema Nichtraucherschutz verstehe ich überhaupt nicht.
Gerade dieser Antrag zeigt ganz klar auf, dass die Zusatzstoffe abhängig machen, unfrei machen. Also ist das Rauchen unliberal. Dass Sie als Liberale sich dafür einspannen lassen, den wichtigen Nichtraucherschutz abzulehnen, ist mir nicht klar. Sie können den Antrag vergessen.
- Was ist denn im Tabak alles drin? Es gab mal einen Bundeskanzler, der den Tabak mit Menthol rauchen wollte. Aber das ist nur eine Nebensache. Wichtiger ist, dass im Tabak Acethylaldehyd enthalten ist. Das ist ein Zwischenprodukt bei organischen Synthesen. Wenn der Tabak Hitze ausgesetzt wird, findet ein Oxidationsprozess statt. Dabei entstehen neue Stoffe. Wie wollen Sie diese im Voraus heraushalten? Das ist doch ein Schmarrn, es sei denn, Sie rauchen ohne Feuer. Das machen vielleicht welche. Im Cafe Hag in München gibt es auch Schokoladenzigaretten.
Was ist denn im Tabak enthalten? Da ist Ammoniak in großer Menge drin. Dieses ist beispielsweise in Putzmitteln enthalten. Was macht Ammoniak? Es reizt schon in geringer Konzentration die Augen. Deswegen ist das Rauchen für Nichtraucher, die dem Rauch ausgesetzt sind, auch so unangenehm. Aber die Interessen der Nichtraucher verfolgen Sie ja in keiner Weise.
Es ist aber noch etwas anderes, sehr Entscheidendes drin: Arsen. Wissen Sie, worin Arsen noch enthalten ist? - Im Rattengift!
Wir müssten einen Antrag machen, in dem all die 98 Stoffe aufgeführt sind, die beim Rauchen entweder entstehen oder induziert werden. Diese Stoffe sind zu verbieten. Das müsste von der Bundesregierung ausgehen. So ist ja Ihr Antrag.
- Dann hören Sie doch auf zu rauchen! Das ist doch gesundheitsschädlich!
Sie werden sehen, diese Stoffe werden selbstverständlich weiterhin im Gespräch bleiben. In absehbarer Zeit wird es wieder um den Nichtraucherschutz gehen, auch in der Bevölkerung. Dazu werden politische Entscheidungen erforderlich sein. Sie werden es sehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Bertermann, wir sollten uns vielleicht zunächst einmal auf die Nomenklatur einigen, die heute zu der Thematik führt, die Sie angesprochen haben. In der von Ihnen angesprochenen Presseerklärung des stellvertretenden Vorsitzenden der AOK wird davon ausgegangen, einen AOKArzt-Navigator einzurichten. Inzwischen ist aufgrund verschiedener semantischer Unklarheiten bzw. Umformulierungen, wohl durch die Medien ausgelöst, aus diesem Arzt-Navigator ein Ärzte-TÜV geworden - meines Erachtens zwei Begriffe, die wie Feuer und Eis zusammenpassen; denn der Ansatz der AOK wird von der Frage geleitet: Wie beurteilt man eine gute ärztliche Behandlung, was macht einen guten Arzt aus? Zweifelsohne können hierbei die verschiedensten Kriterien angewandt werden: Sind es günstige Anfahrtsmöglichkeiten und Parkplatzmöglichkeiten? Ist es das Stockwerk, in dem sich die Arztpraxis befindet? Ist es eventuell sogar die empathische Zuwendung des Arztes selbst, die Freundlichkeit des Personals? Sind es vielleicht die Journale oder die Illustrierten, die im Wartezimmer aufliegen; sind sie auf dem neuesten Stand, oder sind sie hinsichtlich der Aktualität der einzelnen dort dargestellten Themen interessant? Kolleginnen
und Kollegen, vielleicht interessiert sich der Patient auch dafür - das ist ein Bewertungsmaßstab -, ob in Arztpraxen Plakate gegen politische Parteien aufgehängt werden? Meines Erachtens sind dies alles Kriterien, die der Patient in irgendeiner Art und Weise hinterfragen kann und hinterfragen will. Dass diesbezüglich Notwendigkeiten bestehen, ist nachvollziehbar.
Kollege Bertermann, Sie haben viele Beispiele dafür genannt. Ich meine, dass die in vielen Bereichen der Medizin - ich denke insbesondere an das Qualitätsmanagement im Krankenhaus, das letztendlich ganz wesentlich auf Befragungsergebnissen von Patienten beruht - angewendeten Kriterien in die Beurteilung der ärztlichen, pflegerischen, verwaltungsmäßigen und wirtschaftlichen Leistungen eines Krankenhauses Eingang finden müssen. Dies wird in hervorragender Art und Weise auch von vielen Krankenkassen, unter anderem von der AOK mit dem sogenannten Krankenhaus-Navigator, bereits angeboten und aufgegriffen. Viele Missstände und Unstimmigkeiten in Krankenhäusern sind auf diese Art und Weise abgestellt worden.
Ich gebe Ihnen völlig recht, dass angesichts der sensiblen und differenzierten Tätigkeit eines Arztes und seines Umfeldes die herkömmliche Art der Befragung nicht ausreicht, um eine adäquate und vernünftige Abfrage vornehmen zu können.