Veronika Netzhammer
Appearances
Last Statements
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Mittelstand ist die Stärke BadenWürttembergs, und Stärken gilt es weiterzuentwickeln und auszubauen. Diese Feststellung kann ich als zentrales Ergebnis der Enquetekommission über mittelständische Unternehmen festhalten.
Ich freue mich, nach rund 22-monatiger intensiver Arbeit und 39 Sitzungen im Namen der Enquetekommission den Abschlussbericht in dieses hohe Haus einbringen und einen umfassenden Beschlussantrag zur Annahme vorlegen zu
können. Aufgrund der Fülle der Empfehlungen schlagen wir Ihnen einen mehrheitlich beschlossenen 10-Punkte-Katalog zur sofortigen Umsetzung und einen Gesamtkatalog von 475 Empfehlungen als Grundlage für ein mittelfristiges Rahmenprogramm der künftigen Mittelstandspolitik in Baden-Württemberg vor.
Der Empfehlungskatalog richtet sich aber nicht allein an die Politik, sondern auch an den Mittelstand selbst und an seine Wirtschaftsorganisationen. Noch nie hat sich ein Landtag so intensiv mit dem Thema Mittelstand beschäftigt. Mit diesem Bericht bekennt sich der Landtag klar zum Mittelstand und setzt bundesweit Maßstäbe.
Lassen Sie mich an dieser Stelle allen Mitgliedern, die in der Kommission mitgearbeitet haben, danken. Aufgrund der langen Zeit, in der die Kommission tätig war, gab es verschiedene Wechsel in ihrer Zusammensetzung. Herr Brinkmann von der SPD-Fraktion, der sehr engagiert mitgearbeitet hat, konnte leider das Ende der Arbeit nicht mehr miterleben. Unsere zuerst amtierende Vorsitzende, Frau Dr. Gisela Meister-Scheufelen, wechselte zwischenzeitlich als Staatssekretärin nach Berlin.
Danken möchte ich den Enquetemitgliedern für die vorwiegend sachliche und konstruktive Zusammenarbeit. Selbstverständlich gab es bei manchen Themenfeldern Meinungsverschiedenheiten, was bei der Breite des politischen Spektrums in diesem hohen Hause und bei dem Thema Wirtschaftspolitik, insbesondere Mittelstandspolitik, auch nicht verwunderlich ist. In der Kommission hat man auch nicht gestritten, sondern man hat um die besten Lösungen gerungen. In manchen Fällen gab es dann eben auch keine einstimmigen Beschlüsse, sondern Mehrheitsentscheidungen, die bekanntlich ein zentrales Element der Demokratie sind.
Danken möchte ich den Sachverständigen und Unternehmern, die uns ihren Rat und ihre Erfahrung unentgeltlich zur Verfügung stellten. Danken möchte ich auch der Landtagsverwaltung und unserer Mitarbeiterin, Frau Dr. Buschmann, die sich unermüdlich für die Enquete eingesetzt hat. Die Landesregierung war bei allen Sitzungen durch Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums und des Staatsministeriums vertreten. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass ein Teil unserer Forderungen in der Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes, die heute auch auf der Tagesordnung steht, berücksichtigt wurde.
Wir können auch feststellen, dass Empfehlungen zu dem Bereich der beruflichen Bildung in der Zukunftsoffensive 3 umgesetzt sind, wie zum Beispiel Modernisierung und Weiterentwicklung überbetrieblicher Ausbildungsstätten, berufliche Qualifizierung und Existenzgründungsmaßnahmen. Die restlichen Empfehlungen des 10-Punkte-Katalogs sind, soweit sie nicht gemeinnützige Anliegen beinhalten, über den Landeshaushalt zu finanzieren und bewegen sich im einstelligen bzw. zweistelligen Millionenbereich.
Unsere Aufgabe war, Situation und Chancen der mittelständischen Unternehmen, vor allem der Familienunternehmen, in Baden-Württemberg zu untersuchen, Empfehlungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen zu erarbei
ten und über neue Fördermodelle nachzudenken. Was die Empfehlungen im Einzelnen angeht, so gab es unterschiedliche Auffassungen bei den einzelnen Fraktionen, insbesondere natürlich im Bereich der Rahmenbedingungen, des Steuerrechts, des Arbeitsrechts und des Sozialrechts. Hier verlaufen die Meinungsunterschiede parallel zur öffentlichen Diskussion, was insbesondere die Reformen auf Bundesebene angeht. Dennoch ist es gelungen, in großem Umfang gemeinsame Handlungsempfehlungen zu verabschieden.
Bei unserer Arbeit haben wir alle wesentlichen Felder, die den Mittelstand betreffen, untersucht, von den Rahmenbedingungen über Bürokratie, Mittelstandsförderung, Existenzgründung, Qualifizierung und Markterschließung bis hin zu Kapitalausstattung und Finanzierung. Dem Themenfeld Familienunternehmen gilt ein gesondertes Kapitel. Den Bericht über das Vergabewesen haben wir bereits am 5. Oktober ins Plenum eingebracht.
Neben der Anhörung von rund 70 Sachverständigen aus dem Bereich der Dach- und Fachverbände sowie wissenschaftlichen Einrichtungen war es uns wichtig, von Stuttgart hinaus in die Regionen zu gehen und uns vor Ort sachkundig zu machen. Im Rahmen von neun so genannten regionalen Dialogforen kamen 147 Unternehmer und 76 Wirtschaftsfördereinrichtungen zu Wort. Wir haben bei der direkten Befragung von Unternehmen auch die neuesten Technologien genutzt; denn auch der Landtag von BadenWürttemberg bedient sich des Internets und konnte mit einem Internet-Fragebogen die Beteiligung von mehr als 1 000 Unternehmern erreichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Baden-Württemberg ist das klassische Mittelstandsland. Rund 480 000 kleine und mittlere Unternehmen stellen rund zwei Drittel der Arbeits- und 80 % der Ausbildungsplätze. Sie leisten einen Beitrag von fast 50 % der Wertschöpfung. Mehr als 90 % aller Unternehmen sind Familienunternehmen. Damit tragen die kleinen und mittleren Unternehmen zu Wachstum und Fortschritt bei. Sie sind Säulen für die Ausbildung. Eigeninitiative und Risikobereitschaft zeichnen sie aus. Aus so manchem badischen oder schwäbischen Tüftler ist ein Weltmarktführer oder Entrepreneur des Jahres hervorgegangen, wie zum Beispiel Michael Janßen oder Michael Schumacher von Brokat.
Baden-Württemberg ist aber auch Sitz traditionsreicher Familienunternehmen, denen eine wichtige gesellschaftspolitische Rolle zukommt. Bei diesen Unternehmen ist im Gegensatz zu Großkonzernen nicht die Erzielung einer größtmöglichen Rendite, sondern die langfristige Bestandserhaltung Ziel ihrer Tätigkeit.
Daher stehen sie in besonderem Maße für Stabilität und Standortbindung, und dieser Tatsache haben wir auch in Baden-Württemberg die bundesweite Spitzenposition bei der Beschäftigung zu verdanken.
Insbesondere im ländlichen Raum sind es oft nur die kleinen und mittelständischen Betriebe, die hier Arbeitsplätze schaffen, die die Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen versorgen und die wirtschaftliche Entwicklung voranbringen. Die Weiterentwicklung vieler Regionen kann
deshalb oft auch nur aus der Region selbst durch Existenzgründungen und/oder Unternehmenserweiterungen erfolgen.
Mittelständische Betriebe sind aufgrund ihrer Flexibilität und Anpassungsbereitschaft oft ein Motor der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere wenn es darum geht, neue Ideen und technisches Know-how rasch in marktfähige Produkte umzuwandeln. Viele mittelständische Unternehmen sind bereits auf ausländischen Märkten tätig, zählen zu den Globalisierungsgewinnern, und wir sind natürlich stolz, dass von 500 dieser Globalisierungsgewinner in Deutschland jeder Vierte aus Baden-Württemberg kommt, wie zum Beispiel ARKU Maschinenbau in Baden-Baden, KÖNIG METALL in Gaggenau oder MicroMed Orco in Göppingen. Leider sind viele dieser Unternehmen aber nur Branchenkennern bekannt.
Trotzdem kann nicht übersehen werden, dass in fast allen Branchen ein scharfer Strukturwandel und ein starker Modernisierungsdruck herrschen. Sinkende Erträge und Renditen, steigende Kosten, scharfer internationaler Wettbewerb und Fachkräftemangel machen dem Mittelstand zu schaffen. Technologiesprünge und veränderte Wirtschaftsformen in neuen Märkten wie E-Commerce stellen den Mittelstand vor große Herausforderungen.
Der Wandel zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft spiegelt sich auch in steigenden Gründungszahlen im Dienstleistungs- und Technologiebereich sowie im wachsenden Trend zu Kleingründungen und Einpersonenunternehmen wider. Mittlerweile sind rund 50 % der Unternehmen Einpersonenunternehmen, 81 % haben weniger als 10, 96 % weniger als 50 und 99 % weniger als 200 Mitarbeiter.
Gerade beim Einsatz neuer Technologien besteht oftmals ein betriebsgrößenbedingter Nachteil. Häufig fehlen die finanziellen Mittel für Entwicklung und Markteinführung neuer Produkte und die Herstellung von Prototypen. Geforderte Mindestgrößen bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben können nicht gestellt werden. Bei Verbundforschungsprojekten besteht größte Zurückhaltung.
Auch der anstehende Generationenwechsel bedroht die Weiterführung vieler traditionsreicher Unternehmen, weil kein geeigneter Nachfolger zur Verfügung steht. In BadenWürttemberg stehen in den nächsten fünf Jahren rund 55 000 Übergaben an. Dies entspricht 500 000 Arbeitsplätzen, womit natürlich der Generationenwechsel im Mittelstand für das Land Baden-Württemberg auch eine beschäftigungspolitische Dimension erfährt.
Bemerkenswert ist, dass die meisten Familienunternehmen in der zweiten oder dritten Generation weniger betriebsbedingt scheitern als aufgrund von Familienstreitigkeiten.
Viele unserer Familienunternehmen befinden sich außerdem in so genannten reifen Märkten, in denen Zuwächse nur noch durch Unternehmenskäufe möglich sind.
Oftmals wird eine rechtzeitige Neuausrichtung versäumt, Negativsignale wie eine Verschlechterung der Kostenstrukturen und der Ertragssituation sowie eine damit verbundene Substanzauszehrung werden übersehen.
Deshalb müssen die Erhaltung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationskraft sowie die Beseitigung von Wachstums- und Beschäftigungshemmnissen für den Mittelstand zentrales Anliegen einer zukunftsorientierten Mittelstandspolitik sein. Im Vordergrund muss stehen, größenbedingte Nachteile auszugleichen.
Klar ist natürlich, dass zunächst die Unternehmen selbst gefordert sind, mit ihren Unternehmensstrategien die Weichen für Erfolg und Zukunftssicherung zu stellen. Der Empfehlungskatalog der Enquetekommission richtet sich daher nicht allein an die Politik, sondern auch an den Mittelstand selbst und an seine Wirtschaftsorganisationen. Entwicklungen anzustoßen und zu beschleunigen, vor allem dafür zu sorgen, dass sich in allen zwölf Regionen des Landes die Wirtschaft vorwärts entwickelt, den Strukturwandel aktiv und positiv zu gestalten – darin sehen wir in der Tat eine Aufgabe der baden-württembergischen Wirtschaftspolitik.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, „Mittelstand“ ist ein sehr weiter Begriff. Eigentlich ist jeder Unternehmer, der ein Unternehmen, das ihm gehört, auch führt, der verantwortlich ist für alle unternehmensrelevanten Entscheidungen, unabhängig von der Größe ein Mittelständler. Mittelständische Unternehmen sind geprägt von einer persönlichen Beziehung zwischen Mitarbeitern und Unternehmensführung.
Legt man als quantitative Grenze eine Mitarbeiterzahl von 500 zugrunde, dann können in Deutschland allein 99 % aller Unternehmen zum Mittelstand gezählt werden. 99 % aller Unternehmen in den Genuss öffentlicher Förderung gelangen zu lassen kann aber nicht sinnvoll sein. Förderung durch den Staat muss nur da erfolgen, wo größenbedingte Nachteile entstehen und ausgeglichen werden sollen. Deshalb schlagen wir auf Empfehlung vieler Verbände, wie zum Beispiel des Baden-Württembergischen Handwerkstags, vor, sich an die EU-Definition anzulehnen und den Begriff KMU, also kleine und mittlere Unternehmen, zu verwenden, womit wir eine Unterscheidung hätten zwischen Kleinstunternehmen bis zu 10 Arbeitnehmern, Kleinunternehmen bis 50 und mittleren Unternehmen bis 250 Beschäftigte. Wir begrüßen es, dass die Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes dieser Empfehlung folgt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie ein roter Faden zog sich durch die Anhörungen, dass mittelstandsgerechte Rahmenbedingungen und Standortqualität eine Conditio sine qua non sind, damit dies gelingt. Mittelständische Unternehmer wollen auf ihre eigene Leistungskraft setzen können. Daher ist ihr zentrales Anliegen eine Vergrößerung der Handlungsspielräume, eine Verbesserung der Rahmenbedingungen durch Deregulierung und eine Senkung der Abgaben- und Steuerlast. Benötigt werden mehr Flexibilität, mehr Deregulierung sowie eine Senkung der Abgaben- und Steuerlast.
Eines der wichtigsten Probleme aus der Sicht der Unternehmen ist der zunehmende Fachkräftemangel, so bei In
genieuren in der Industrie, bei den Fachkräften im Handwerk und den Verkäuferinnen im Einzelhandel. Immer weiter klaffen Fachkräftenachfrage und -angebot auseinander. Es fehlen soziale und Schlüsselqualifikationen. Neue fachliche Anforderungen, wie Projektmanagement und Medienkompetenz, sind gefordert. Das Fehlen neuer Ausbildungsgänge, wie zum Beispiel der zum Bioingenieur, führt zu Wachstumshemmnissen in Zukunftsbranchen.
Immer wichtiger werden auch „weiche Faktoren“ wie unternehmensfreundliche, flexible Verwaltung, Dialog zwischen Politik und Mittelstand sowie ein innovationsfreundliches Klima, Infrastruktur und Wirtschaftsförderung.
Die Mittelstandsförderung steht im Spannungsfeld von veränderten Anforderungen an Serviceangebote und knappen Mitteln. Dies muss zu einer Neuausrichtung der Instrumente der Mittelstandspolitik führen. Sie muss zielorientiert auf Kleinunternehmen ausgerichtet werden, sie muss effizient und bedarfsgerecht zielgruppenspezifische Unterstützungskonzepte entwickeln und lokal verfügbar machen. Neue Formen der Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft, Modelle der Wirtschaftsförderung jenseits der Subventionierung sind gefordert. Mittelstandsförderung wird künftig auch darin bestehen, zu koordinieren, zu initiieren, zu moderieren und Kontakte zu vermitteln.
Die Kommission hat ihre kurzfristigen Handlungsempfehlungen in einem 10-Punkte-Katalog zusammengefasst. Folgende zehn zentrale Handlungsfelder hat die Kommission als wesentlich definiert:
erstens mittelstandsgerechte Gestaltung der Rahmenbedingungen,
zweitens die Kultur der Selbstständigkeit stärken,
drittens die Kultur der Familienunternehmen stärken und den Generationenwechsel begleiten,
viertens die Mittelstandsförderung weiterentwickeln,
fünftens die berufliche Aus- und Weiterbildung an den Fachkräftebedarf anpassen,
sechstens neue Märkte erschließen,
siebtens mittelstandsgerechte Innovationsförderung stärken,
achtens neue Chancen für die Landwirtschaft erschließen,
neuntens bessere Finanzierungsmöglichkeiten schaffen und
zehntens die Wirtschaftsregionen in Baden-Württemberg stärken und weiterentwickeln.
Auf die einzelnen Punkte werden anschließend die Vertreter der einzelnen Fraktionen eingehen.
Der Gesamtkatalog ist mit einem Prüfauftrag an die Regierung verbunden. Es muss uns klar sein, dass die mittelständische Wirtschaft die Umsetzung erwartet und die Mittelstandspolitik des Landes daran auch messen wird.
Vielen Dank.
Herr Göschel, Sie haben die Verpflichtung der Bahn hier unterstützt. Ich möchte aber gleich nachfragen. Es gibt ja eine Bundesregierung, und die Bundesregierung stellt ja Vertreter im Aufsichtsrat der Bahn AG. Sind Sie der Meinung, dass die von der Bundesregierung entsandten Aufsichtsratsmitglieder bei der Bahn AG bisher ihre Aufgabe zu Ihrer Zufriedenheit erfüllt haben? Und haben Sie den Kontakt zu den Aufsichtsratsmitgliedern der Bahn AG bisher gesucht, oder gibt es keinen Kontakt zu diesen Mitgliedern?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf heute dem Landtag von Baden-Württemberg als erstes Ergebnis der Enquetekommission „Situation und Chancen der mittelständischen Unternehmen, insbesondere der Familienunternehmen, in BadenWürttemberg“ den Zwischenbericht zum Vergabewesen von Land und Kommunen vorlegen, der auch konkrete Handlungsempfehlungen enthält.
Die Kommission wurde am 24. März 1999 auf Antrag der Koalitionsfraktionen CDU und FDP/DVP vom Landtag eingesetzt. Die Kommission hat inzwischen 31 Sitzungen und regionale Dialogforen absolviert und wird dem Landtag noch im Dezember ihren Abschlussbericht vorlegen.
Im Anschluss an die Novellierung der Gemeindewirtschaftsordnung wurde die Kommission mit der Prüfung und Untersuchung des Vergabewesens von Land und Kommunen beauftragt. Zu dem Thema Vergabewesen erfolgte eine gesonderte Anhörung am 10. Dezember 1999, in der die wichtigsten betroffenen Handwerks- und Mittelstandsverbände wie zum Beispiel BWHT und BDS, die kommunalen Landesverbände, Ministerien und Rechnungshof sowie Sachverständige gehört wurden. Aufgrund der Ergebnisse der Anhörung haben die Kommissionsmitglieder die Ihnen vorliegenden Empfehlungen bis auf eine einstimmig beschlossen. Der Zwischenbericht wurde einstimmig verabschiedet. Zu einzelnen Punkten liegen Minderheitenvoten vor.
Damit die Empfehlungen der Enquetekommission noch bei der Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes berücksichtigt werden können, beschloss die Kommission die vorzeitige Einbringung der Anhörungsergebnisse in Form eines Zwischenberichts. Ich darf heute feststellen, dass die Ihnen vorliegenden Handlungsempfehlungen bei der Änderung des Mittelstandsförderungsgesetzes bereits berücksichtigt wurden. Die Novellierung der Gemeindewirtschaftsordnung ist ebenfalls auf dem Wege.
Ich möchte mich an dieser Stelle bei den zuständigen Ministerien, dem Innenministerium und dem Wirtschaftsministerium, für die schnelle Annahme und Aufnahme unserer Empfehlungen herzlich bedanken.
Mit der Umsetzung der Enquete-Ergebnisse zum Vergabewesen wird Baden-Württemberg eine Schrittmacherfunktion unter den westlichen Bundesländern einnehmen, was die Vergabe öffentlicher Aufträge durch das Land und die Kommunen angeht. Zusammen mit der Subsidiaritätsklausel, die am 14. Juli 1999 bei der Novellierung der Gemeindewirtschaftsordnung aufgenommen wurde, bedeutet die Erweiterung des öffentlichen Vergaberechts auf Unternehmen der öffentlichen Hand in privater Rechtsform eine Stärkung der Privatwirtschaft und damit auch und gerade der kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie bedeutet auch eine Stärkung des Wettbewerbs.
Bereits heute ist die Nachfrage aus anderen Bundesländern groß. Der Bayerische Landtag wird sich in Bälde mit der Thematik beschäftigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die beste Wirtschaftsförderung besteht in der Erteilung von Aufträgen. Es ist unbestritten: Der Beschaffungsmarkt der öffentlichen Hand ist ein wichtiger Markt, auch wenn nur Schätzungen darüber vorliegen. Damit ist er für die Wirtschaft, insbesondere für die mittelständische Wirtschaft, von großer Bedeutung. Allein für Baden-Württemberg geht man von einem öffentlichen Auftragsvolumen von 55 Milliarden bis 65 Milliarden DM aus, was rund 10 bis 12 % des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Davon liegen 90 % der Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte, die 70 % des Auftragsvolumens ausmachen, und zwei Drittel der Aufträge werden von den Kommunen vergeben.
Für den öffentlichen Beschaffungsmarkt gilt ein zweigeteiltes Vergaberecht. Über dem EU-Schwellenwert, das heißt bei Bauaufträgen über 5 Millionen Euro und bei Dienstleistungsaufträgen über 200 000 Euro, gilt die Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung nach VOB/VOL grundsätzlich für alle öffentlichen Auftraggeber sowohl in öffentlicher als auch in privater Rechtsform, wenn sie Aufgaben erfüllen, die im Allgemeininteresse liegen und nicht gewerblicher Art sind.
Unterhalb der EU-Schwellenwerte gilt das öffentliche Vergaberecht bisher immer dann nicht, wenn sich die öffentliche Hand einer privaten Rechtsform wie zum Beispiel GmbH oder AG bedient. Dies hat zur Konsequenz, dass sich Land und Kommunen der Bindung des öffentlichen Vergaberechts entziehen können, wenn sie Aufgaben an Unternehmen in privater Rechtsform ausgliedern.
Dies stellt für die Mittelstandsvertreter eine große Sorge dar. Auch wenn die Gefahr einer Privatisierungswelle nicht überzeichnet werden darf – die GPA hat für 1999 zehn kommunale Ausgründungen konkret ermittelt –, so sind diese Befürchtungen doch nicht ganz von der Hand zu weisen.
Nach Auskunft aller befragten Experten stellen die Vergabeordnungen VOB und VOL ein seit langem ausgewogenes Regelwerk dar. Es wird übereinstimmend als Instrument des Interessenausgleichs anerkannt: Die Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung gewährleiste einen größtmöglichen, transparenten und fairen Wettbewerb, trage zum Erhalt einer gesunden Wirtschaftsstruktur bei, der Grundsatz der Leistungsvergabe an das wirtschaftlichste Angebot garantiere die bestmögliche Wirtschaftlichkeit, und das Nachverhandlungsverbot beuge der Korruption vor.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die mittelständische Wirtschaftsstruktur ist eine der Stärken des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg. Das Land hat deshalb die mittelstandsgerechte Auftragsvergabe immer als eines der drei zentralen Instrumente der Mittelstandsförderung angesehen. Deshalb muss sichergestellt werden, dass die kleinen und mittleren Unternehmen auch tatsächlich Zugang zu allen Aufträgen der öffentlichen Hand haben, egal, welcher Rechtsform sich die öffentliche Hand bedient.
Die Unternehmen müssen überhaupt erst einmal Kenntnis davon erlangen, welche Aufträge zu vergeben sind. Dies garantiert allein die Pflicht zu öffentlichen Ausschreibun
gen. Die Aufträge sind auch so zu bemessen, dass sie dem spezifischen Leistungsspektrum, aber auch der begrenzten Kapazität des Handwerks und sonstiger kleiner und mittlerer Unternehmen Rechnung tragen. Dies wird im Vergaberecht durch das Prinzip der losweisen Vergabe konkretisiert.
Gegenüber diesen Argumenten waren die Standpunkte der kommunalen Landesverbände abzuwägen, die die kommunale Wirtschaft und deren Ausgestaltung als wesentlichen Bestandteil ihrer kommunalen Selbstverwaltung ansehen, die sich in Zeiten knapper öffentlicher Kassen einem erhöhten Zwang zu wirtschaftlichem Handeln ausgesetzt sieht und sich in ihrer Tätigkeit, zum Beispiel beim Wohnungsbau, gegenüber privatwirtschaftlicher Konkurrenz behaupten muss. Deshalb dürfe das öffentliche Vergaberecht gerade nicht auf privatrechtliche Unternehmen der Kommunen ausgedehnt werden.
Nach Abwägung aller Argumente – ich kann Ihnen versichern, wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht – hat sich die Kommission für den Wettbewerb entschieden und empfiehlt einstimmig die Ausdehnung des öffentlichen Vergaberechts auf die öffentlichen Unternehmen in privater Rechtsform. Konkret bedeutet dies die Anwendung des funktionalen Auftraggeberbegriffs von § 98 GWB für kommunale und landeseigene Unternehmen auch unterhalb der EU-Schwellenwerte bis zu einem Schwellenwert von 30 000 Euro. Dabei werden die Ausnahmeregelungen des Bundes- und des Landesgesetzgebers übernommen.
Dies bedeutet: Nicht die Rechtsform eines Unternehmens ist für die Bindung an das öffentliche Vergaberecht entscheidend, sondern sein Aufgabenzweck. Dies heißt konkret:
Rothaus und die Sparkassen fallen nicht unter das Vergaberecht, die technische Betriebs-GmbH, in der eine Kommune Tiefbauamt, Bauhof, Grünflächenamt, Müllabfuhr etc. auslagert, dagegen sehr wohl.
Die beste Vergabeordnung nützt nichts, wenn sie nicht konsequent umgesetzt wird. Beanstandet wurden in den Anhörungen vonseiten der Mittelstandsvertreter die Anzahl der Generalunternehmervergaben durch das Land sowie Verstöße in der Vergabepraxis, zum Beispiel in der Wahl der Vergabeverfahren oder einer fehlerhaften Wertung der Angebote.
Deshalb empfiehlt die Kommission, dass die Anwendung und die Einhaltung der Grundsätze der Vergabeordnung konsequent durchgesetzt und überwacht werden, die Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose konsequent gehandhabt wird und die Vergabe an Generalunternehmen nur bei wirtschaftlichen und technischen Erfordernissen zulässig sein soll.
Die Kommission hat sich auch intensiv mit den so genannten vergabefremden Kriterien befasst, das heißt mit der Verknüpfung der öffentlichen Auftragsvergabe mit sozialen oder gesellschaftspolitisch motivierten Zielen, und hierzu bewusst auch die Bewertung von Sachverständigen ein
geholt. Selbstverständlich sind Ausbildungsförderung und Frauenförderung Ziele, die richtig und unterstützenswert sind. Die Einhaltung von Tarifverträgen ist sicher für viele Menschen wünschenswert, allein, das öffentliche Vergaberecht ist als Instrument ungeeignet, um diese Ziele zu erreichen. Bis auf den DGB sprachen sich alle, das heißt Sachverständige, Wirtschaftsverbände und kommunale Landesverbände, unisono gegen die Aufnahme weiterer Kriterien aus. Die Mehrheit der Enquetemitglieder sah daher sowohl aus praktischen als auch aus rechtlichen Gründen keinen Spielraum für die Aufnahme so genannter vergabefremder Kriterien.
Die Beteiligung an öffentlichen Auftragsverfahren ist bereits jetzt mit Aufwand und Kosten verbunden und führt dazu, dass sich manches mittelständische Unternehmen nicht an einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren beteiligt. Zusätzliche Entscheidungskriterien sind im Einzelfall schwer überprüfbar und erhöhen die Bürokratiebelastung, über die bereits heute alle Unternehmer klagen. Im Endeffekt werden gerade kleine und mittlere Unternehmen, denen wir doch eigentlich helfen wollen, von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen abgeschreckt.
Noch schwerer aber wiegen die rechtlichen Zweifel. Der BGH hat in seinem Urteil vom 18. Januar die Praxis des Landes Berlin, öffentliche Straßenbauaufträge nur an tariftreue Unternehmen zu vergeben, für verfassungswidrig erklärt. Das Berliner Vergabegesetz liegt jetzt beim Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung. Meinrad Dreher, Professor für Europarecht, meint sogar, dass die Aufnahme von vergabefremden Kriterien auch mit dem Europarecht nicht vereinbar sei, da dieses weder bei der Eignung eines Bieters noch bei den Kriterien für den Zuschlag andere als rein wirtschaftliche Erwägungen erlaube.
Die Gewährung der unbeschränkten Marktfreiheit und das Diskriminierungsverbot setzen enge Grenzen. Wie wollen Sie die Ausbildungsbereitschaft in einem Land bewerten, das die duale Ausbildung nicht kennt? Wollen Sie die Unternehmer dieser Länder grundsätzlich von öffentlichen Aufträgen ausschließen? Wir sollten uns als Parlament davor hüten, Gesetze zu beschließen, von denen wir bereits zum Zeitpunkt des Entwurfs wissen, dass sie vor einem höheren Gericht keinen Bestand haben. Die Kommission hat sich deshalb in ihrer Mehrheit gegen die Aufnahme so genannter vergabefremder Kriterien ausgesprochen.
In der Anwendung der Stammpersonalklausel folgte die Enquete der Argumentation, dass sich diese Klausel unmittelbar auf die Qualität der Leistung beziehe und damit ein vergabeimmanentes Kriterium sei, und empfiehlt deshalb die Anwendung.
Bezüglich der Erweiterung des subjektiven Rechtsschutzes, das heißt, dem Unternehmen ein subjektiv einklagbares Recht auf Einhaltung der Vergabevorschriften zu geben, empfiehlt die Kommission, den Erfahrungsbericht der Bundesregierung im Jahr 2002 abzuwarten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss meiner Ausführungen möchte ich mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen in der Enquetekommission bedanken für die offene, sachliche und konstruktive Zusammenar
beit. Danken möchte ich auch den vielen Verbandsvertretern, Unternehmern, Wirtschaftsförderern, Vertretern der Ministerien und Sachverständigen, die uns bereitwillig und unentgeltlich ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihren Rat zur Verfügung stellten und damit ganz wesentlich den Inhalt unserer Berichte bestimmten.
Ganz besonders danken möchte ich auch unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin, Frau Dr. Buschmann, die durch ihr überdurchschnittliches Engagement und profunde Sachkenntnis Umfang und Tiefe der Enquetearbeit ermöglicht.
Last, but not least möchte ich auch der Landtagsverwaltung ein herzliches Dankeschön aussprechen, die unsere Arbeit großzügig und unbürokratisch unterstützt und auch unvorhergesehene Wünsche immer erfüllt.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf folgt die öffentliche Verwaltung BadenWürttembergs dem Zug der Zeit, denn Electronic Banking und E-Commerce werden von unseren Bürgern und von der Wirtschaft schon lange mit größter Zufriedenheit und zunehmender Tendenz genutzt. So, wie es die Bürger gewohnt sind, jederzeit, unabhängig von Öffnungszeiten und von jedem Ort – also auch von zu Hause –, Bargeld oder Kontoauszüge zu erhalten oder Bestellungen aufzugeben, wollen sie jetzt natürlich auch Verwaltungsvorgänge bearbeiten können: Geburtsurkunde beantragen, Pkw zulassen, Steuererklärung abgeben etc.
Die Vorteile liegen auf der Hand, denn viele Informationen liegen bei Bürgern und Betrieben bereits in elektronischer Form vor, sodass diese Form zur Weiterleitung benutzt werden kann und bei den Behörden, den Bürgern und den Betrieben keine doppelten Kosten anfallen.
Es war auch in den Anhörungen der Enquetekommission „Situation und Chancen der mittelständischen Unternehmen, insbesondere der Familienunternehmen, in BadenWürttemberg“ immer eine sehr lautstark vertretene Forderung, den Bürokratieabbau auch dadurch zu beschleunigen, indem wir von Landesseite aus die elektronischen Bürgerdienste forcieren, was zum Beispiel bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die Betriebe entlastet.
Selbstverständlich müssen Sicherheit und Verlässlichkeit der Datenübermittlung und der Datenschutz gewährleistet sein. Aber ich möchte hier doch zu bedenken geben, dass wir das Thema „Sicherheit und Datenschutz“ als Aufgabenstellung und nicht als K.o.-Kriterium ansehen sollten. Die Banken haben uns bereits vorgemacht, dass Sicherheit und Datenschutz sehr wohl lösbare Probleme sind. Wir sollten uns bei der Problemlösung auch von dem Grundsatz leiten lassen: so einfach wie möglich, aber so sicher wie nötig.
Deswegen begrüßen wir auch die Entwicklung einer multifunktionalen Baden-Württemberg-Card. Wir freuen uns, dass sich zum Beispiel die Sparkassen an diesem Projekt beteiligen, was im Endeffekt dazu führt, dass die BankCard mit solchen Zusatzinformationen ausgestattet wird, dass der Bürger mit der Bank-Card praktisch Zutritt zur öffentlichen Verwaltung erhält. Ich denke, dass Einfachheit wirklich ein sehr wichtiges Kriterium dafür sein wird, dass die Bürger elektronische Bürgerdienste auch konkret in Anspruch nehmen.
Ich möchte betonen, dass die Einführung der elektronischen Bürgerdienste für die Bürger aber keinen Zwang bedeutet, diese zu nutzen, sondern ein Angebot, davon Gebrauch zu machen, und dass auch die Kommunen und Landkreise nicht zur Umstellung verpflichtet werden,
sondern dass wir die kommunale Selbstverwaltung hochhalten. Trotzdem freue ich mich über das große Interesse vonseiten der Gemeinden und vonseiten der Landkreise, sich bereits in der Probephase zu beteiligen; denn natürlich muss es unser Ziel sein, den Informationsaustausch mit der öffentlichen Verwaltung in Gemeinden, in Landkreisen
und mit den Landesbehörden in allen Landesteilen, vom Schwarzwald bis zum Odenwald, sehr bald elektronisch durchführen zu können, damit alle Bürger und alle Unternehmen in Baden-Württemberg, egal an welchem Standort sie sind, die gleichen Arbeitsbedingungen haben, also überall die gleiche Modernität in der öffentlichen Verwaltung vorzufinden ist.
Ich bedauere natürlich, dass wir in Baden-Württemberg nicht alle Bürgerdienste auf die digitale Signatur umstellen können, weil das Bundesrecht dem entgegensteht. Leider hat die Bundesregierung in diesem Bereich ihre Hausaufgaben nicht gemacht.
Sie sitzt bei der Modernisierung der öffentlichen Verwaltung im Bremserhäuschen. Ich möchte die Kollegen von der Opposition bitten, ihren Einfluss geltend zu machen, dass die Bundesratsinitiative zu konkreten bundesgesetzlichen Regelungen führt.
Denn die Modernität eines Landes zeigt sich natürlich auch in der Modernität seiner öffentlichen Verwaltung. Deswegen können wir in Baden-Württemberg auch stolz darauf sein – denn Baden-Württemberg ist ein modernes Land –, dass unser Bundesland vor einigen Tagen als erstes Bundesland eine Auszeichnung für sein Internetangebot erhalten hat. „www.baden-wuerttemberg.de“ wurde ausgezeichnet mit dem Goldenen Pfeiler, immerhin nicht von irgendjemandem, sondern von der Deutschen Public Relations Gesellschaft, die beeindruckt war von Imagetransfer, Nutzwert und der Kosten-Nutzen-Relation. Die Jury stellte fest, einen schnelleren, zielgruppengerechteren und übersichtlicheren Internetauftritt müsse man lange suchen.
Ich denke, es hat mit öffentlicher Verwaltung im weitesten Sinne zu tun.
Das ist ein wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Verwaltung. Ich weiß, Herr Brechtken, positive Nachrichten über die Landesregierung wollen Sie nie hören. Trotzdem müssen wir das hier darstellen. Der Preis, denke ich, ist auch eine Auszeichnung für die Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg, die hier das Projektmanagement übernommen hatte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion unterstützt den Gesetzentwurf und hofft auf baldige Verabschiedung im Landtag und dann auch auf eine schnelle Umsetzung und Erfahrungsgewinnung.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Baden-Württembergs Wirtschaft befindet sich im Aufschwung, der Landeshaushalt ist konsolidiert, und unser Land ist – –
Ja.
Nein, das nicht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Baden-Württembergs Wirtschaft ist im Aufschwung, der Landeshaushalt ist konsolidiert, unser Land ist Tabellenführer im finanzpolitischen Ranking des Instituts der deutschen Wirtschaft. Mit diesen Daten sind wir gut gerüstet für das neue Jahrtausend.
Sowohl der Landeshaushalt als auch der Haushalt des Wirtschaftsministeriums haben finanziellen Spielraum gewonnen. Das Wirtschaftsministerium hat die Einsparauflage beim Personalabbau erfüllt und den Berg der Verpflichtungsermächtigungen des Amtsvorgängers deutlich abgebaut.
Diesen Gestaltungsspielraum müssen wir nutzen, um Kernkompetenzen zu stärken, den Strukturwandel positiv zu begleiten, die Innovationsfähigkeit unserer kleinen und mittelständischen Unternehmen zu fördern, die Entwicklung neuer Unternehmen zu unterstützen und die Exportfähigkeit der baden-württembergischen Wirtschaft zu verbessern.
Herr Kollege Kuhn hat heute Morgen von dem Ausbaupotenzial gesprochen. Ich bin mit ihm der Meinung, dass unsere Wirtschaft natürlich noch mehr wachsen und gedeihen könnte, wenn die Bundesregierung bei den Reformen in der Arbeits- und Sozialpolitik endlich vorwärts käme und eine Steuerreform auf den Weg brächte,
die nicht nur Großunternehmen entlastet, sondern auch die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe, die das Herzstück der baden-württembergischen Wirtschaft bilden
und der Motor bei der Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen sind.
Tatsächlich wurde die Wirtschaft 1999 steuerlich belastet und nicht entlastet – durch die Ökosteuer, durch das Gesetz zu 630-DM-Jobs und die Reform der Scheinselbstständigkeit. All dies können Sie nachlesen in der Prognose 2000 des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages. Herr Brinkmann, Sie sind ja Mitglied der Mittelstandsenquetekommission. Dort hört man durchgängig diese Klage der mittelständischen Unternehmer.
Eine qualifizierte Ausbildung ist der Schlüssel für die Einkommenschancen unserer jungen Menschen und für die Wachstumschancen unserer baden-württembergischen Wirtschaft. Deshalb freuen wir uns, dass wir bei der Schaffung von Ausbildungsplätzen ein gutes Stück weitergekommen sind, wie dies heute Morgen schon thematisiert wurde.
77 953 Ausbildungsplätze, 3,4 % mehr als im Vorjahr, sind eine stattliche Anzahl. Hier möchte ich den Kammern und den ausbildenden Betrieben herzlich danken, aber ich glaube, auch die Arbeit der vom Land mitfinanzierten Lehrstellenbewerber hat sich bewährt. Nach dem Wehgeschrei der Opposition in den Vorjahren hätte ich eigentlich heute Vormittag hierzu ein positives Wort vonseiten der Opposition erwartet.
Die Chance, Fachkräfte zu gewinnen, wird in naher Zukunft der Engpassfaktor sein. Umso unverständlicher ist deshalb die rot-grüne Politik in Berlin bei der Förderung des Meister-BAföG. Die Schröder-Regierung hat die Mittel gekürzt. Für junge Menschen, die sich zum Techniker, Meister oder staatlich geprüften Betriebswirt weiterbilden könnten, ist diese Förderung nicht mehr interessant. Die Zahl der Antragsteller geht zurück und dementsprechend auch die Mittel im Landeshaushalt.
Sie von der Opposition reden von Bildung und handeln dagegen.
Nutzen Sie die Chance zur Umkehr, unterstützen Sie die Bundesratsinitiative von Baden-Württemberg und Bayern zur Verbesserung des Meister-BAföG. Sorgen Sie für die erforderliche Mehrheit, damit schon in diesem Jahr fortbildungswillige junge Menschen in den Genuss des Meister-BAföG gelangen können.
Weil Mobilität der Arbeitnehmer...
... ohne Weiterqualifizierung oft nicht möglich ist
nein;
ich weiß, was Sie fragen wollten –, wollen wir insbesondere den Menschen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind, Qualifizierungsmaßnahmen anbieten und auch finanziell ermöglichen. Deshalb nehmen wir entgegen der Behauptung von Herrn Maurer die Mittel des Europäischen Sozialfonds sehr wohl auch im Bereich des Wirtschaftsministeriums mit 2 Millionen DM jährlich in Anspruch.
Allerdings müssen hier auch tragfähige Konzepte aus der Region vorliegen.
Um die Innovationsfähigkeit mittelständischer Unternehmen zu fördern, haben wir die Haushaltsansätze für das CIProgramm und das MT-Programm deutlich erhöht.
Existenzgründungen sind zur Erneuerung einer Wirtschaft unerlässlich. Wir sind froh, dass inzwischen die Risikobereitschaft bei der Privatbevölkerung deutlich gestiegen ist, sich an jungen Unternehmen oder am Risikokapitalfonds zu beteiligen. „In Deutschland herrscht Gründerzeit“, schrieb die FAZ gestern. Doch beileibe nicht alle Existenzgründer können von diesen privaten Kapitalgebern profitieren, insbesondere jene nicht, bei denen entweder das Risiko zu groß oder die Ertragsaussichten nicht interessant sind. Deshalb muss sich das Land weiterhin in der Risikofinanzierung engagieren. Bio-Valley Freiburg, Heidelberg, Ulm, Reutlingen, Tübingen sind inzwischen Markenzeichen baden-württembergischer Zukunftsregionen. Sie sind der Nukleus der Wirtschaftsstrukturen des 21. Jahrhunderts. Wir wollen diesen Ausbau weiter fördern und werden deshalb im kommenden Doppelhaushalt 10,5 Millionen DM zur Erweiterung der Bioparks Freiburg und Heidelberg einstellen.
Viele Gemeinden werden es begrüßen, dass endlich wieder die Erschließung interkommunaler Gewerbegebiete bewilligt werden kann, nachdem der Stau von Verpflichtungsermächtigungen abgebaut wurde. Der Messestandort Südwürttemberg wird durch die Verlegung der Messe Friedrichshafen gestärkt und vom Land mit je 5 Millionen DM unterstützt.
Wir begrüßen auch, dass in den kommenden Jahren die grenzüberschreitende Zusammenarbeit am Hochrhein und am Oberrhein stärker gefördert wird. Diese Projekte helfen, die Märkte im angrenzenden Ausland Frankreich und Schweiz zu erschließen, und schaffen damit Wachstumschancen in den baden-württembergischen Grenzregionen.
Der Export ist der Wachstumsmotor unserer baden-württembergischen Wirtschaft. Auch die kleinen und mittelständischen Betriebe müssen sich diese Märkte erschließen durch Messebeteiligungen, technische Symposien oder Kooperationsbörsen. Sie scheitern aber oft an den Finanzen, wie uns wiederholt bei den Anhörungen der Mittelstandsenquetekommission geschildert wurde. Deshalb wollen wir uns hier in Zukunft stärker engagieren mit erhöhten Zuschüssen an die GWZ und der Förderung von Projekten, insbesondere zur Erschließung der Märkte Mittel- und Osteuropas und der wirtschaftlich interessanten Regionen in den Staaten der GUS.
Der Fremdenverkehr in Baden-Württemberg trägt wesentlich zum Volkseinkommen bei und ist nach unserer Meinung ausbaufähig. Doch der Gast des dritten Jahrtausends ist anspruchsvoll und hat ein weltweites Angebot zur Verfügung. Deshalb muss die Attraktivität des Angebots erhöht werden. Wir wollen weiterhin mit rund 25 Millionen DM jährlich die Infrastruktur im Fremdenverkehr verbessern, behalten aber die pauschale Förderung mit 15 Millionen DM an die Fremdenverkehrsgemeinden bei.
Orkan Lothar hat am zweiten Weihnachtsfeiertag unglaubliche Schäden in den Wäldern unseres Landes angerichtet.
Das Wirtschaftsministerium beteiligt sich im Rahmen des 100-Millionen-DM-Pakets der Landesregierung an einer schnellstmöglichen Aufarbeitung der Schäden und unterstützt gewerbliche Investitionen durch ein Liquiditätshilfeprogramm von 5 Millionen DM.
Die CDU begrüßt auch die Stärkung der Verbraucherzentralen. Sie haben in den vergangenen Jahren einen Prozess der Konzentration und Modernisierung durchlaufen müssen. Die Customer-Case-Offensive, in die jetzt noch inhaltlich und technisch investiert werden muss, entspricht unseren Vorstellungen eines modernen Verbraucherschutzes und kann als Muster für den Einsatz neuer Medien gelten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Baden-Württemberg, Musterland im finanzpolitischen Ranking aller deutschen Bundesländer, die baden-württembergische Wirtschaft auf Wachstumskurs, Baden-Württemberg Hightechregion Europas – mit diesen handfesten Standortvorteilen im Tornister und einer Wirtschaftspolitik, die den Mittelstand fördert, auf Innovation, Qualifizierung, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und weltweite Wettbewerbsfähigkeit setzt,
sind wir zu Beginn des dritten Millenniums gut gerüstet und können den vor uns liegenden Herausforderungen mit Zuversicht ins Auge blicken
und den Menschen in unserem Lande Einkommens- und Zukunftschancen bieten.
Vielen Dank.