Gerhard Mayer-Vorfelder

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Last Statements

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist natürlich auch für mich etwas Besonderes, wenn zum letzten Mal zum Appell geblasen wird,
und wenn man sich nach 21 Jahren mit einem Redebeitrag von diesem hohen Haus verabschiedet, dann bewegt einen das schon ein wenig.
Nun hat man mich heute für diese Aktuelle Debatte eingeteilt.
Mir wäre es natürlich lieber gewesen – nachdem ich heute die Zeitung gelesen habe –, wenn ich gestern da gewesen wäre und etwas zum EnBW-Verkauf gesagt hätte.
Denn es ist schon köstlich, wenn man die Zeitung liest, Herr Maurer, all die Widersprüche zu entdecken. Sie beklagen, dass Haus und Hof verkauft werden, und Ihre Spitzenkandidatin will die LBBW auch gleich noch verkaufen.
Wenn man ein bisschen Abstand gewonnen hat, fällt einem solche Widersprüchlichkeit schon auf.
Bin ich jetzt schon bei vier Minuten, oder habe ich noch vier Minuten?
Ich nehme an, dass der Herr Präsident mit Einwilligung des hohen Hauses heute mit mir etwas großzügiger umgeht.
Auf der Tagesordnung steht: Aktuelle Debatte zur Rentenreform.
Der Bundeskanzler ist ja heute in Stuttgart; vielleicht hätte man ihn als Gastredner hier gewinnen können. Das wäre eigentlich sehr interessant gewesen.
Ich halte die Aktuelle Debatte schon für gut.
Ich halte sie deshalb für gut,
weil das Meisterwerk, das da vollbracht worden ist, der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden darf.
Man hat die Rentenreform schön auseinander dividiert und hat einen Teil verabschiedet. Der andere Teil wird im Vermittlungsausschuss behandelt werden. Wenn ich den Bundeskanzler in der Vergangenheit richtig verstanden habe, hat er immer gesagt: Die private Vorsorge ist das Herzstück der Rentenreform. Deshalb müsste im Vermittlungsausschuss, wenn über das Herzstück gesprochen wird, eigentlich das ganze Thema und nicht nur die private Vorsorge noch einmal aufgerufen werden.
Man hat ja seine Erfahrungen mit dem Vermittlungsausschuss. Dass dort noch einmal eine große Debatte stattfindet, glaube ich gar nicht. Da wird in irgendwelchen Hinterzimmern – das verstehen Sie ja prima –
mit den Ministerpräsidenten noch ein wenig gekungelt. Wenn die neue Finanzverfassung und der Finanzausgleich sowieso verfassungswidrig sind, dann kommt es auch nicht darauf an, dass man sie noch etwas mehr verfassungswidrig macht. Vielleicht geben Sie Bremen die Hafenlasten zurück.
Wahrscheinlich haben Sie dann die Zustimmung von Bremen.
Ich habe auch all das, was der Bundeskanzler im Wahlkampf gesagt hat,
noch gut in Erinnerung. Ich weiß noch, wie er gesagt hat, er wolle nicht alles anders machen, aber vieles besser.
Ob ihm das mit der Rentenreform gelungen ist? Ich glaube, da zweifeln auch Sie, Herr Maurer.
Denn da ist zwar vieles anders, aber praktisch alles schlechter gemacht worden.
Nun habe ich mich natürlich in die Problemstellungen eingelesen. Das Interessante ist, dass du außer den Reden der Ministerpräsidenten der SPD im Bundesrat überhaupt niemanden findest, der etwas Positives zu dieser Sache sagt.
Es gibt überhaupt keine Experten, gleichgültig aus welchem Lager sie kommen, die diese Rentenreform als geglückt ansehen.
Das kommt gleich. Dem Manne kann geholfen werden.
Das Problem ist, dass Sie gewisse Schwierigkeiten bei den Grundrechenarten haben. Denn all das, was in der Rentenreform gerechnet worden ist, ist geschönt, wenn es nicht gar getürkt ist. Wenn wir schon beim Rechnen sind: Da wird gesagt, man sei in der Lage, das bis 2030 zu berechnen. Wenn eines sicher ist, dann das: Diese Rentenreform wird das Jahr 2030 nicht erleben.
Die Halbwertszeit dieser Rentenreform wird sehr kurz sein, schon deshalb, weil das Bundesverfassungsgericht in Kürze ein Urteil über die Besteuerung der Renten treffen wird. Das hat selbst Herr Eichel gesehen.
Deshalb ist einiges in einer Last-Minute-Aktion vom Tisch genommen worden.
Dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts – das wissen Sie genauso gut wie ich –
wird diese ganzen Formeln über den Haufen werfen.
Ich will Ihnen – –
Nein, nein. Ich bin noch lange nicht am Schluss.
Verderben Sie mir jetzt meine letzte Rede nicht, indem Sie jetzt noch auf die Zeit sehen! Ich kann ja auch zehn Minuten reden. Dann spreche ich in der zweiten Runde gar nicht mehr.
Ich will Ihnen noch Folgendes sagen: Diese Rentenreform ist schlampig gerechnet. Man hat nicht den Konsens gesucht. Man hat lieber auf die Gewerkschaften gehört. Man hat keinen Mut zur Wahrheit gehabt. Dass das schlampig gerechnet ist, muss ja jedem Laien einleuchten: Wenn wir früher ein Verhältnis von Arbeitnehmern zu Rentnern von 8 : 1 hatten und dieses Verhältnis in den nächsten Jahren auf 2 : 1 zurückgehen wird und im Jahr 2030 etwa 1 : 1 betragen wird, dann können Sie diese Formel nur aufrechterhalten, wenn der Bundeszuschuss für die Renten ins Unermessliche steigt.
Ihr Kollege Metzger
hat schöne Berechnungen darüber angestellt, dass der staatliche Zuschuss schon in den nächsten vier Jahren auf 134 Milliarden DM steigen wird.
Ich will noch ein Wort sagen.
Das Schöne ist, dass Sie dann wahrscheinlich auch nicht mehr im Landtag sind und nicht mehr dazu Stellung nehmen müssen, wenn das Jahr 2030 aufläuft,
wenn die Katastrophe dann vollkommen wird.
Ich will noch ein Wort zur privaten Vorsorge sagen.
Diese private Vorsorge ist schon ein Schelmenstück. Sie sind Weltmeister darin – da kann man Sie nicht übertreffen –, bürokratische Hürden aufzurichten.
Was mit diesen bürokratischen Hürden aufgebaut wird, ist ungeheuerlich: zwölf Bedingungen. Wie sollen die einfachen Bürger überhaupt verstehen, was da gemacht wird? Die SPD spricht immer vom mündigen Bürger. Wenn man dem Bürger nicht einmal so viel traut, dass man ihm das Geld in einem Zug auszahlt, weil man vielleicht meint, der verprasst das Geld sofort, dann ist das doch ungeheuerlich.
Wenn Sie eine private Vorsorge einführen wollen, dann studieren Sie einmal in der Schweiz oder in England, wie die das dort gemacht haben,
nämlich mit einem größeren Risikofaktor und mit anderen Beträgen, damit sich das letzten Endes auszahlt.
Wenn über die private Vorsorge noch einmal gesprochen wird – und darüber muss gesprochen werden –, dann muss das private Wohnungseigentum einbezogen werden, denn das ist das liebste Kind der Deutschen.
Außerdem muss eine Regelung gefunden werden, dass die Altverträge im Versicherungsbereich umgestellt werden, sodass diese auch für diese Maßnahme verwendet werden können.
Erst dann haben Sie das Recht, von privater Vorsorge zu reden.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch ein paar kurze Bemerkungen. Wenn man Herrn Maurer zugehört hat,
dann hat man den Eindruck gewonnen, mit dieser Rentenreform würden alle Probleme und Sorgen älterer Menschen beseitigt, weil in einer ungeheuren Fülle Wohltaten ausgestreut werden. Die Wirklichkeit sieht leider ein ganzes Stück anders aus. Das wissen Sie, Herr Maurer, genauso gut wie ich.
Ich habe vorhin von Experten gesprochen, und es ist völlig klar, dass Sie die Formel, die Sie aufgestellt haben, nicht einhalten können. Sie können weder den Beitragssatz von 22 %, der bis zum Jahr 2030 nicht überschritten werden soll, noch ein Rentenniveau von 67 % einhalten.
Das ergibt sich aufgrund des demographischen Faktors, den wir haben und der nicht nur von den älteren Menschen ausgeht. Es liegt einfach daran, dass wir viel zu wenig Kinder und sehr viel mehr ältere Menschen haben. Wenn das Verhältnis der Zahl der Arbeitskräfte zur Zahl der Rentner 1 : 1 ist, können Sie Ihre Formel nicht mehr aufrechterhalten.
Zur Rentenformel ist noch etwas zu sagen. Sie haben den demographischen Faktor beseitigt, und Herr Riester hat auf die Frage, ob er das Nettoprinzip nach wie vor aufrechterhält, gesagt: im Prinzip ja. Wer „im Prinzip ja“ sagt, ist bei Radio Eriwan. Im Grunde genommen kann überhaupt nichts mehr eingehalten werden.
Noch ein Wort zur privaten Vorsorge. Sie haben gesagt: 20 Milliarden DM werden in die Fördermaßnahmen gesteckt. Das sieht so aus, als wenn Manna vom Himmel fiele. Aber die 20 Milliarden DM, die in die Rentenreform gesteckt werden, müssen ja auch von den Steuerzahlern aufgebracht werden, und zwar von allen.
Sie vergessen eines, was ich vorhin schon gesagt habe; Frau Bender ist darauf nicht eingegangen. Derzeit sind es schon 114 Milliarden DM.
Herr Metzger hat von 134 gesprochen;
aber auf 7 Milliarden DM kommt es da nicht mehr an.
Dieser Betrag wird ins Unermessliche steigen. Er macht jetzt schon ein Viertel des gesamten Steueraufkommens der Bundesrepublik, das dem Bund zusteht, aus. Insofern ist auch diese Rechnung im Grunde genommen ein schönes Stück falsch.
Dass die Frauen die Bevorzugten seien, wie Sie, Frau Bender, gesagt haben, ist schlichtweg die Unwahrheit.
Bei der Hinterbliebenenrente wird um 5 % gekürzt.
Darüber hinaus wird der Freibetrag eingefroren.
Das heißt, dass er sich im Lauf der Jahre gegen null bewegt. Außerdem werden alle Einkünfte eingerechnet.
Darüber hinaus werden Kindererziehungszeiten willkürlich einmal zugerechnet und einmal nicht zugerechnet.
Da sagen Sie, das sei eine Bevorzugung der Frau. Die Frau ist die Geschädigte bei dieser Rentenreform.
In einer Debatte, wie sie hier im Landtag geführt wird, wird immer wieder versucht, die Wahrheit durch hohe Dezibel-Zahlen aus dem Feld zu räumen. Ich kann nur noch einmal sagen: Wenn Sie das nicht glauben, was wir hier darstellen, dann lesen Sie die Expertenberichte. Der Finanzminister hat zu Recht auf den „Spiegel“-Bericht hingewiesen. Sie müssen ihn einmal lesen. Da wird all das, was Sie planen, total verrissen.
Deshalb sage ich noch einmal:
Was mit der Rentenreform gemacht worden ist, ist eine große Täuschung und eine große Verdummung des Volkes. Ich hoffe nur, dass das Volk gescheit ist und Ihre Machenschaften durchschaut.
Herr Beckenbauer,
Herr Salomon, bestreiten Sie, dass der Begriff „Multikulti“ über zwei Jahrzehnte hinweg der Leitbegriff der Grünen war?
Kaum bin ich da, schon ist wieder Leben im Saal.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit meiner Zugehörigkeit zum Landtag ist es das erste Mal, dass ich hier in meiner Eigenschaft als Abgeordneter spreche. Das hat den großen Nachteil, dass man nur eine Redezeit von fünf Minuten hat.
Ich hatte deswegen gewisse Sorge, ob ich mich in dieser Zeit überhaupt warm laufen kann.
Aber nach dem, was Sie, Herr Puchta, gesagt haben, ist mein Adrenalinspiegel ungefähr auf dem Normalpegel, sodass ich dazu etwas sagen kann.
Herr Puchta, Sie haben praktisch immer Hilfe suchend zu Ihren Genossen geschaut. Den anderen können Sie bei dem, was Sie hier sagen, gar nicht ins Auge schauen.
Ja, gut.
Herr Maurer, bei Ihnen wäre es allmählich auch besser, Sie würden als Fraktionsvorsitzender abgesetzt.
Aber jetzt einmal zur Sache, nicht so vernebelt mit Zahlen und dergleichen mehr. Das Entscheidende, Herr Puchta, ist – das Gesicht von Herrn Maurer und seine Aussagen in den letzten Jahren habe ich noch im Gedächtnis –: Sie haben über zwei Jahre lang rein aus Parteiinteresse eine Steuerreform kaputtgemacht – rein aus Parteiinteresse!
Da brauchen Sie gar nicht verlegen zu lächeln.
Da war ich überall hautnah dabei – im Vermittlungsausschuss, im Bundesrat. Alle Ihre Sprecher – der letzte war Herr Eichel – haben die Kommandos von Herrn Lafontaine bekommen, und dann war die Sache tot.
Sie haben das auf dem Rücken des Standorts Deutschland, der Arbeitslosen, der Bevölkerung ausgetragen – rein aus Parteiinteresse!
Ich habe schon zwei Minuten der Redezeit verbraucht.
Das Zweite: Herr Maurer, Sie haben sich hingestellt und gesagt, eine Steuerreform, die 30 Milliarden DM koste, sei überhaupt nicht finanzierbar, es sei der helle Wahnsinn, so etwas zu machen. Jetzt stellen Sie sich hin und sagen, sie koste 40 Milliarden DM, und Sie betrachten das als große Leistung.
In der Argumentation Ihrer Experten findet sich das Gleiche, was wir gesagt haben: Dass sich eine mutige Entlastung zum großen Teil selbst finanzieren werde – Beispiel Amerika.
Und jetzt schlagen wir einmal den ganzen Stuck weg.
Wenn Sie diese Steuerreform so durchpeitschen wollen, landen Sie beim Bundesverfassungsgericht. Dort bekommen Sie gesagt, was richtig ist und was falsch ist.
Der große Fehler dieser Steuerreform ist – Lafontaine, dessen Geist durch das Bundesfinanzministerium weht, lässt grüßen –, dass Sie eine Unterscheidung zwischen guten und schlechten Einnahmen machen:
Die guten Einnahmen sind die der Aktiengesellschaften: Schröder als Genosse der Bosse. Die schlechten Einnahmen sind die einkommensteuerpflichtigen, das betrifft alle Mittelständler.
Diese Spreizung zwischen 25 % für Aktiengesellschaften
und – im anderen Bereich – einem Spitzensteuersatz von bis zu 45 % ist verfassungswidrig. Das sagt Ihnen jeder.
Ihnen müssen doch die Ohren klingen. Sie können doch lesen. Schauen Sie doch einmal, was heute in den Zeitungen steht, schauen Sie, was die Anhörung ergeben hat,
schauen Sie, was auf der Steuertagung geäußert wurde. Ich habe jetzt zu wenig Redezeit, sonst würde ich ein paar Sachen zitieren.
Diese Durchgängigkeit der Belastung des Mittelstands in einem Land wie Baden-Württemberg, dessen Wirtschaftskraft weitestgehend vom Mittelstand getragen wird,
ist unerträglich.
Das ist ein durchgängiges Prinzip. Wenn Herr Puchta gesagt hat: „Tut etwas für den Mittelstand“, dann klang das sehr weinerlich.
Wenn die Aktiengesellschaften Beteiligungen veräußern, ist das steuerfrei. Wenn ein mittelständischer Unternehmer den Betrieb aufgibt oder veräußert – Lafontaine lässt wieder grüßen –,
liegt der volle Steuersatz auf allem. So wird die Altersversorgung des mittelständischen Unternehmers kaputtgemacht. Das ist die Förderung des Mittelstands!
Ich sage Ihnen noch einmal: Das werden Sie ändern müssen – oder das Bundesverfassungsgericht wird entscheiden.
Ich habe nachher ja noch einmal fünf Minuten Redezeit und werde dann noch einmal etwas sagen.
Nur eines noch, eine letzte Bemerkung zur Entfernungspauschale.
Die Grünen sind weitgehend nicht da. Herrn Kuhn – wo ist der Herr Kuhn? – als deren möglichen Bundesvorsitzenden hätte ich fragen wollen,
weshalb er – er war ja dabei – in die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Grünen auf Bundesebene mit hineingeschrieben hat, die neue Bundesregierung strebe an, die derzeitige Kilometerpauschale in eine Entfernungspauschale umzuwandeln. Das würde mich einmal interessieren.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme noch einmal auf das zurück, was ich in meinem ersten Redebeitrag gesagt habe.
Der große Unterschied ist, Frau Erdrich-Sommer – Schlacht von gestern, Schlacht von heute –, dass Sie es im Bund damals mit einer anderen Partei zu tun hatten, als die CDU an der Regierung war und SPD und Grüne in der Opposition waren. Dass die CDU bereit ist, Kompromisse zu suchen und zu finden, ist ganz selbstverständlich. Das Schlimme damals war eben, dass man Kompromisse hatte, die dann auf Weisung aus der Baracke abgelehnt worden sind. Die Grünen haben das damals mitgemacht; Frau Erdrich-Sommer, ich kann Ihnen das nicht ersparen.
Was die heutige Situation in der Steuerpolitik anbelangt, so stehen die Grünen der CDU näher als der SPD. Das ist die Wirklichkeit.
Deswegen kann ich Ihnen, wenn Sie Kompromisse suchen, nur empfehlen, Herrn Metzger in den Vermittlungsausschuss zu schicken. Denn dessen Auffassungen sind nicht weit weg von denen, die wir vertreten.
Ich will mich jetzt nicht mit Herrn Rapp auseinander setzen. Das, was Sie gesagt haben, ist abstrus.
Wohl aber will ich mich mit der Frage des Mittelstands befassen. Herr Puchta, meistens ist das Parlament, das Plenum nicht der richtige Schauplatz dafür, zu versuchen, die Richtigkeit seiner eigenen Position mit Prozentangaben, Zahlen und dergleichen mehr im Detail zu beweisen. Denn es gibt immer wieder Gegenrechnungen. Ich war so lange dabei, dass ich weiß: Derjenige, der etwas beweisen will, kann das mit irgendeiner Statistik auch beweisen.
Das Entscheidende ist vielmehr – deshalb bin ich Ihnen für Ihren letzten Satz dankbar, wonach es Handlungsbedarf gebe –: Jeder, der Verantwortung für dieses Land trägt, darf den Mittelstand nicht schlechter stellen als die Aktiengesellschaft.
Andernfalls kommt er in den Bereich der Verfassungswidrigkeit hinein. Das wird derzeit auf allen Fachtagungen diskutiert. Mit der Spreizung zwischen dem Spitzensatz bei der Einkommensteuer, den Sie im Jahr 2005 auf 45 % senken wollen, und dem Körperschaftsteuersatz, den Sie sofort 2001 auf 25 % senken wollen, sind Sie im Bereich des Verfassungswidrigen. Das kann man aus früheren Urteilen ablesen.
Nehmen Sie auch die unterschiedliche Behandlung der Veräußerung von Anteilen an Aktiengesellschaften und der Veräußerung von Betrieben nicht so leicht. Der Mittelstand ist sehr differenziert. Wenn Sie den mittelständischen Unternehmern mit einer falschen Besteuerung die Altersvorsorge nehmen, werden Sie Schwierigkeiten haben, Nachfolger zu finden.
Das dürfen Sie nicht so leicht nehmen. Das wird eine große Rolle spielen.
Letzte Bemerkung, da der Herr Vizepräsident sicherlich unerbittlich sein wird und ich nur noch eine Minute Redezeit habe – –
Ob er bei mir großzügig ist, wage ich zu bezweifeln.
Aber jetzt doch noch eine Bemerkung.
Ich bedanke mich beim Kollegen Puchta.
Es gibt in der Frage der Entfernungspauschale und der Kilometerpauschale im Grunde genommen keine SchwarzWeiß-Argumentation. Sie haben das ja auch nicht ohne Grund in die Koalitionsvereinbarung hineingeschrieben.
Wir wissen, dass mit der Kilometerpauschale auch manches betrieben wird, was nicht im Sinne des Gesetzes ist. Die Entfernungspauschale hat demgegenüber den Vorteil, dass sie unabhängig ist von dem benutzten Verkehrsmittel. Manche Grüne könnten auch mit dem Fahrrad fahren, oder sie könnten joggen. Und es können Fahrgemeinschaften gebildet werden, wobei jedem Mitfahrer vollkommen legal die Entfernungspauschale zusteht. Ob 15 Kilometer genau die richtige Entfernung sind, muss vor dem Hintergrund des Modells, das die Landesregierung und die Bundesregierung gemacht haben, gesehen werden. Dabei ist eine weitaus stärkere Absenkung des linearen Steuersatzes vorgesehen. Damit hängt auch der Arbeitnehmerfreibetrag zusammen. Deshalb: Wenn wir kompromissbereit auf beiden Seiten sind, bin ich der festen Überzeugung, dass man eine Lösung findet, die allen gerecht wird: den Unternehmen und den Unternehmern, aber vor allen Dingen auch – was viel zu kurz kommt – den Arbeitnehmern.