Herbert Knoblich

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 1949 - insofern auch für diese Region ein interessantes Jahr -, als sich die Länder Deutschlands im westlichen Teil entschlossen, sich eine Bundesrepublik zu leisten, wurde gesagt - damit greife ich auf die Formulierung eines früheren saarländischen Politikers zurück -: Nicht der Bund leistet sich die Länder, sondern die Länder leisten sich den Bund.
In der Zwischenzeit sind wir ein ganzes Stück weiter, wobei die Einschätzung, ob wir weiter vorn oder weiter hinten sind, von der Perspektive abhängt. Vor kurzem konnte man nämlich hören, und zwar ebenfalls von einem früheren hochrangigen SPDPolitiker namens Helmut Schmidt: Länder sind doch reine Verwaltungseinheiten. Die sind allein aus dem finanziellen Zwang heraus nur noch in der Lage, das zu tun, was ihnen der Bund erlaubt.
Wenn man sich vor Augen führt, dass zwischen den beiden genannten Aussagen das liegt, was die Welt das Wirtschaftswunder Deutschland nennt, dann wird klar, dass zu überlegen sein wird, wie man der föderalen Grundstruktur, die von so vielen in dieser Welt bewundert wird, Züge gibt, die zeitgemäß sind.
Bei den Landesparlamenten, deren Präsidenten sich jährlich zu einem Erfahrungsaustausch treffen, besteht die Auffassung, dass die Parlamente in der Zwischenzeit eigentlich nur noch der Gebärmechanismus der Landesregierungen seien. Für die erste Gewalt im Staate, die einen unmittelbaren Wählerauftrag erhalten hat, ist dann aufgrund des Bestehens von Landesregierungen weitestgehend Disziplin geboten. Machen wir uns nichts vor: Jemand aus der Regierung, der die Entscheidungen für die Bevölkerung hautnah mitträgt, wird vom Volk natürlich besser wahrgenommen als ein Abgeordneter, den die Menschen im Fernsehen auch einmal in Situationen erleben, die vielleicht nicht immer sehr glücklich sind.
Der Erfahrungsaustausch auf den Konferenzen der Landtagspräsidenten hat ein wesentliches Defizit, nämlich einen Legitimationsmangel. Deshalb hat Brandenburg in der Person seines
Parlamentspräsidenten vorgeschlagen, dass dann, wenn es um wirklich wichtige politische Themen geht, die Fraktionen hinzugezogen werden müssten, das heißt, dass eine Diskussion über die Länderparlamente nicht ohne die Vorsitzenden der Fraktionen geführt werden sollte. Ich habe also vorgeschlagen, dass sich die Konferenzen der Fraktionsvorsitzenden dieser Republik hieran beteiligen, damit die Aussagen, die dort gemacht werden, ein höheres Gewicht bekommen.
Was ich in dem vorliegenden Entschließungsantrag formuliert habe, ist das Ergebnis einer fraktionsübergreifenden Bearbeitung des Themas und gibt den gegenwärtigen Stand der Föderalismusdiskussion wieder, wie es auch Herr Vietze gerade angedeutet hat.
Meine Bitte an Sie lautet: Wenn sich Brandenburg aus dieser Diskussion nicht heraushalten soll, dann legitimieren Sie die Vertreter des Parlaments, die sich nicht als Fraktionsvertreter verstehen sollten, durch den Entschließungsantrag und beteiligen Sie sich im Rahmen der Konferenzen der Fraktionsvorsitzenden an dieser Diskussion. Dann, so glaube ich, sind wir auf einem guten Weg, auch unseren Teil zu einem Europa der Regionen über die Grenzen Brandenburgs, über die Grenzen Deutschlands hinaus wahrzunehmen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin heute früh indirekt aufgefordert worden, mich doch zurückzuhalten, da ich nicht aus der Region käme. Nun, ich komme dorther und kenne sie seit der Nachkriegszeit außerordentlich gut. Ich bin in Sergen zur Schule gegangen und habe das Amt Neuhausen aus der Luft kennen gelernt, weil ich auf dem dortigen Flugplatz das Fliegen gelernt habe.
Das hat mich auch veranlasst, in den letzten zehn Jahren unmittelbar dabei zu sein. Das waren die zehn Jahre, die die Entwicklung auf der Basis der Gesetze, die der Landtag verabschiedet hat, zur Folge hatte. Das heißt, es gab eine Kreisgebietsreform mit einer klaren Struktur des Kreises Spree-Neiße und nach Verabschiedung der Kommunalverfassung gab es das Amt Neuhausen, bestehend aus 18 Gemeinden. Ich kann Ihnen sagen, es war nicht ganz leicht, den Beistand zu leisten und die Unterstützung zuteil werden zu lassen, die diese 18 Gemeinden zur Gemeinsamkeit geführt haben.
Ich habe dabei im Übrigen selten jemanden von denen getroffen, die heute kluge Reden über die Möglichkeit halten, drei Gemeinden aus den 18 herauszunehmen und den Rest sich selbstverständlich ordentlich weiterentwickeln zu lassen.
Das dürfte auch schwer sein, denn das Problem, vor dem wir stehen, ist leicht zu beschreiben: Wir haben ein wirtschaftliches Ungleichgewicht zwischen der kreisfreien Stadt Cottbus und dem Kreis Spree-Neiße. Dies ist aber kein Ergebnis der Strukturierung oder der Gesetze des Landtages, sondern dies ist ein Ergebnis des Umganges mit den gesetzlichen Voraussetzungen, die wir hier geschaffen haben, die die Mehrheit dieses Landtages - quer durch die Fraktionen - fanden. Das Problem zu lösen scheint nur möglich, wenn man mit Begehrlichkeiten vernünftig umgeht. In Bezug auf den Umgang mit Begehrlichkeiten hat ja Brecht so schön gesagt, erst komme das Fressen und dann die Moral. Die Gefräßigkeit in diesem besonderen Fall besteht darin, dass man Rosinen sucht, die natürlich besonders gut schmecken, und sie im Kuchen von Spree-Neiße findet. Den Teig lässt man ohne Kommentar zurück.
Gefräßigkeit unter Individuen von Artgenossen wäre Kannibalismus. Ich weiß nicht, wie man es nennt, wenn es wie hier eine Gesellschaft ist, die sich analog verhält. Auf alle Fälle ist es der Umgang mit dem, was wir in diesem hohen Hause einmal kreiert haben, und ich möchte einerseits, dass jeder von uns weiß, was sein Votum denn bedeutet; ich sage das völlig ohne Schaum vor oder im Mund. Andererseits muss die Glaubwürdigkeit, die ich mit einem Politiker verbinde, der sich für die Menschen dieses Landes, nicht nur für seinen Wahlkreis, einsetzt, gewahrt bleiben.
Ich bin absolut davon überzeugt: Das Problem Cottbus - es ist ja nicht nur ein Problem der Stadt Cottbus - und das Problem anderer kreisfreier Städte ist damit nicht gelöst.
Nun frage ich: Müssen wir uns nicht Gedanken machen, wie wir diesem Problem beikommen? Die Diskussion dazu geht weit in die Geschichte dieses Landtages zurück. Sie geht zurück bis in die Zeit der Anfänge der Symptome, die sich Cottbus heute so bedienen lassen. - Herzlichen Dank.