Dann ziehe ich das zurück und entschuldige mich dafür. Kollegin Merz hat es ja auch noch mal gesagt.
Interessant ist aber dennoch, dass Sie trotz dieser Beschlussempfehlung quasi mit Ihrem Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung de facto alles inhaltsgleich noch mal nachschieben und hier noch mal einbringen wollen. Aber gut. Dazu sage ich gleich noch was.
Zu dem ursprünglichen Gesetzentwurf zur Senkung der Grunderwerbsteuer wurde auch schon was gesagt, insbesondere auch zu den Folgen der Steuerausfälle, die das zur Folge hätte bzw. die damit einhergehen würden. Ich möchte aber noch mal daran erinnern, dass die damalige Anhebung der Grunderwerbsteuer auf 6,5 Prozent ja nicht aus Jux und Tollerei geschehen ist, sondern zurückzuführen ist bzw. auf einem Sondergutachten des Thüringer Rechnungshofs beruht, der seinerzeit – 2010 war das, glaube ich – mit Blick auf die finanzielle Ausstattung Thüringens ab 2020 darauf hingewiesen hat, auch die eigene Einnahmesituation zu verbessern. Das war seinerzeit der Grund, warum wir auf die 6,5 Prozent gegangen sind, und im Ländervergleich stehen wir damit auch nicht allein da.
Ich würde gern – und das wurde gerade seitens der Grünen auch noch mal angesprochen – auf den im jetzt vorgelegten Änderungsantrag genannten Freibetrag zu sprechen kommen. Ich gehe mal davon aus, dass da, obwohl das mit den 500.000 Euro tatsächlich sehr missverständlich formuliert ist, der Erwerbswert gemeint ist. Das hieße dann aber de facto eine Steuerfreiheit, eine praktische Steuerfreiheit mit der Begründung Ihrerseits, Familien sollen sich das leisten können – um es mal so vereinfacht darzustellen. Aber ich frage Sie: Welche gesellschaftliche Lenkungswirkung hat das denn tatsächlich? Denn schauen Sie sich mal die Zahlen an, ich habe gerade eben noch geschaut: Der Durchschnittswert des Quadratmeterpreises für ein Einfamilienhaus in Thüringen beträgt 1.800 Euro pro Quadratmeter, grob; das teure Pflaster Erfurt,
Weimar, Jena so ca. 3.200 Euro pro Quadratmeter, das wären dann in etwa bei 500.000 Euro Erwerbswert 250 Quadratmeter für ein Einfamilienhaus; das ist bundesweit der Durchschnittswert für Einfamilienhäuser. So weit so gut. Aber Thüringen ist eben nicht nur Erfurt, Weimar und Jena, sondern zum Beispiel auch das Altenburger Land, Gera, Greiz, Kyffhäuserkreis. Dort sind die Immobilienpreise für ein Einfamilienhaus ca. 1.000 Euro, stellenweise auch darunter. Dann können Sie sich für diesen Freibetrag selbst ausrechnen, was Sie sich da für ein nettes, kleines, bescheidenes Eigenheim erwerben können. Ob das gerecht ist, mit Grunderwerbsteuer zu belegen? Ja, Herr Kemmerich, das belastet jeden Erwerber, wie Sie es gesagt haben. Ja. Ich sage Ihnen: Eigentum verpflichtet.
Und ich sage Ihnen auch: Denken Sie daran oder vergessen Sie nicht zu bedenken, wer denn die Erwerber sind. Das sind nicht die Familien, nicht die Menschen mit geringem Einkommen. Das sind die Familien, wo die Einkommenssituation, sagen wir mal, stimmt, denn die Grunderwerbsteuer – auch wenn Sie hier versuchen, etwas anderes darzustellen – ist nun mal nicht der entscheidende Faktor beim Erwerb von Wohneigentum. Es ist praktisch eine Frage der finanziellen Möglichkeiten der Erwerber. Und das entscheidet nicht der Landtag über die Grunderwerbsteuer, sondern das entscheidet im Wesentlichen die Bank, der Bankberater, die Bankberaterin, die darüber entscheiden, ob Sie eine Finanzierung bekommen oder nicht. Sollten Sie natürlich keine Finanzierung zum Erwerb benötigen, gut, dann weiß ich nicht, ob Sie noch von entsprechenden geringen Einkommen reden können, wie Sie es hier tun.
Alles in allem, wie gesagt, die gesellschaftliche Lenkungswirkung, wie Sie sie hier versuchen darzustellen, sehe ich mitnichten. Ich sehe es – und das hatten einige Vorrednerinnen und Vorredner auch schon dargestellt – als eine reine Klientelpolitik, die zu Mitnahmeeffekten führt. Nichtsdestotrotz – muss ich an der Stelle sagen – können wir natürlich auch über eine komplette Abschaffung der Grunderwerbsteuer reden.
Dann nämlich – finde ich gut, dass Sie applaudieren – würde der Grund für die Doppelbesteuerung entfallen, weshalb Immobilienkäufe nach dem Umsatzsteuergesetz von der Umsatzsteuer befreit sind. Das hieße: Wir schaffen die Grunderwerbsteuer ab und dann würden Immobilienkäufe mit dem regulären Umsatzsteuersatz besteuert werden können. Einem solchen Ansatz würden wir uns tat
sächlich an der Stelle nicht verschließen. Verschließen werden wir uns aber dem vorgelegten Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung. Ich glaube, es ist hinreichend begründet, dass das für unser Bundesland nicht zielführend ist und zu reinen Mitnahmeeffekten führt, die wir an dieser Stelle nicht haben wollen. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Hande. Jetzt habe ich aus den Reihen der Abgeordneten keine Wortmeldungen mehr. Aber Frau Ministerin Taubert hat signalisiert, für die Landesregierung zu sprechen.
Entschuldigung. Frau Taubert, die gleiche Geschichte wie schon gestern. Bitte, Herr Bilay, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Taubert, Entschuldigung, das ist jetzt noch mal notwendig, das eine oder andere aus der Mitte des Hauses zu ergänzen. Ich will noch mal darauf hinweisen, auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer, für die Öffentlichkeit: Ausgangspunkt ist ein Gesetzentwurf, der hier mit der Zielstellung vorgelegt wurde, die Grunderwerbsteuer von 6,5 wieder auf alte 3,5 Prozent abzusenken. Da wird immer postuliert, es steht sogar aufgeschrieben: Thüringen hat die höchste Grunderwerbsteuer in der gesamten Bundesrepublik, wir wären Spitzenreiter usw. usf. Ich will nur mal sagen: Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen haben einen Grunderwerbsteuersatz von 6,5 Prozent.
Wir sind also damit nicht allein, sondern viele andere Bundesländer bewegen sich auf demselben Niveau wie Thüringen auch. Und gerade noch mal ein Hinweis an die CDU: Die Grunderwerbsteuer von 6,5 Prozent in Schleswig-Holstein und in NordrheinWestfalen hat nun nicht dazu geführt, dass Ihre Ministerpräsidenten dort abgewählt wurden, sondern die sind gestärkt aus der Wahl hervorgegangen. Vielleicht ist ein solidarisches Steuersystem auch ein Beleg dafür, dass Politik am Ende Vertrauen wiedererlangt und man auch von den Menschen gewählt werden kann.
Wenn Sie auf 3,5 Prozent abstellen: Es gibt ein einziges Bundesland in der Republik, wo noch 3,5 Prozent gelten, das ist Bayern. Ich habe viel Sympathie für Bayern, aber ich glaube, mit Blick auch auf die Haushaltslage und auf die wirtschaftliche Situation sollten wir uns in dieser Frage nicht mit Bayern messen.
Es wird immer wieder erklärt: Es geht hier um die Förderung der Familien, die im Vordergrund stehen, die man besonders hervorheben will. Wenn Sie jetzt sagen, Sie wollen Familien mit einer Senkung des Grunderwerbsteuersatzes stärken und fördern, dann müssten Sie auch eine Debatte führen, ob man vielleicht für ein Familienauto oder zumindest für den Kauf eines Kindersitzes die Mehrwertsteuer von 19 Prozent absenkt. Die Debatte führen Sie nicht. Sie müssten auch genauso gut erklären, warum für den Kauf eines Bilderbuchs für das Kind 7 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden, und Sie müssen auch genauso gut erklären, warum beispielsweise für den Kauf von Malkreide oder für Kinderschuhe 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden.
Sie tun immer so, als wäre die Grunderwerbsteuer eine zusätzliche Steuer. Das haben Sie ja gesagt: Doppelbesteuerung, Mehrfachbesteuerung usw. usf. Die Grunderwerbsteuer ist quasi die Mehrwertsteuer für den Kauf einer Immobilie oder eines Grundstücks. Die Mehrwertsteuer fällt da überhaupt nicht an. Und da müssen Sie den Familien schon mal erklären, warum für ein warmes Essen in der Schule der Mehrwertsteuersatz 19 Prozent beträgt und für den Kauf einer Immobilie 6,5 oder sogar 3,5 Prozent betragen soll.
Das ist doch keine Politik zur Förderung von Familien. Wenn Sie Familien eine Perspektive geben wollen …
(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Das können Sie nicht vergleichen! Sie kaufen ja nicht je- den Tag eine Immobilie!)
Sie wollen ja Häuser in Frauenwald für 600.000 Euro kaufen, Herr Bühl. Da müssen Sie mir mal erzählen, wo Sie das hernehmen wollen.
Wenn Sie wirklich Familienpolitik betreiben wollen, wenn Sie Familien fördern und unterstützen wollen, wenn Sie Familien eine Perspektive in Thüringen geben wollen, dann setzen Sie sich für armutsfeste Löhne und Renten ein. Dann haben Familien eine Perspektive in diesem Land.
Sie haben über Preistreiberkosten gesprochen und was alles damit zusammenhängt. Preistreiber ist doch beim Kauf der Immobilie nicht die Grunderwerbsteuer. Das sind doch die Baukosten, dass Kosten für Baumaterialien gestiegen sind, dass zu Recht auch die Löhne der Beschäftigten im Baugewerbe gestiegen sind. Das gehört doch mit dazu. Aber die Grunderwerbsteuer ist doch zu vernachlässigen bei den Gesamtkosten, die beim Immobilienkauf oder beim Hausbau entstehen.
Und wenn es um die Nebenkosten geht: Da sind Sie ja ehrlich, da betreiben Sie ja Klientelpolitik. Ihnen geht es doch um die Makler und um die Notare.
Ihnen geht es doch am Ende darum – und das haben wir im Ausschuss auch diskutiert, das haben sogar die Anzuhörenden in den Stellungnahmen noch mal als nachdenkenswert mitgeteilt –, wenn Sie die Steuern senken, haben Sie immer einen Mitnahmeeffekt. Ich sage nur: Spritpreise zur aktuellen Situation.
Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass die Immobilienpreise gleichmäßig mitsinken, wenn die Grunderwerbsteuer sinken würde. Das streichen doch die Immobilienmakler und die Notare ein.
Darauf komme ich wieder zurück. Sie machen Klientelpolitik für Freiberufler. Wenn Sie wirklich Familienpolitik machen wollen, dann sage ich Ihnen: Familienpolitik wird in den Kommunen gelebt. Dann reden wir darüber, weshalb die Freiberufler beispielsweise von der kommunalen Gewerbesteuer befreit sind. Wenn Sie kommunale Politik, kommunale Familienpolitik in diesem Land machen wollen, dann reden wir darüber, die Gewerbesteuerbefreiung bei den Freiberuflern aufzuheben und sie zu einem solidarischen Steuersystem mit hinzuzuziehen.
Jetzt sehe ich keine Wortmeldungen mehr aus den Reihen der Abgeordneten. Frau Ministerin, bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich freue mich über die muntere Diskussion zu dem Änderungsantrag der CDUFraktion und der Parlamentarischen Gruppe der FDP zur Grunderwerbsteuer.
Natürlich, Herr Bilay, haben Sie völlig recht: Hier wird natürlich Klientelpolitik gemacht, sowohl von der Gruppe der FDP hier im Land als auch im Bundestag.
Die CDU hat aufgrund vieler junger Abgeordneter mit Kindern, junger Familien, die jetzt ein Haus erwerben wollen, möglicherweise auch ein Haus bauen lassen wollen von einem Bauträger, der besonders teuer ist – Sie haben es ja angesprochen, der Bodenrichtwert in der Gemeinde liegt bei 18 Euro pro Quadratmeter. Da wissen Sie, was der Grundstückspreis ist. Und der Rest über den 500.000 Euro Erwerb, der ist natürlich eine besonders komfortable Ausstattung dieses Hauses, sicherlich ein Null-Energie-Haus.