Protocol of the Session on June 10, 2022

der AfD kommt. Sie machen sich komplett unglaubwürdig. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Das sehe ich nicht. Die Landesregierung hat um das Wort gebeten. Herr Staatssekretär Vogel, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier auf der Tribüne und am Livestream! Meine Damen und Herren, ich möchte gern noch mal die Gelegenheit nutzen, hier auch für die Landesregierung zu diesem Antrag Stellung zu nehmen. Im Dezember letzten Jahres hat sich der Bundesrat mit den Klimaplänen der Europäischen Union befasst. Die EU – das ist bekannt – hat sich das Ziel gesetzt, die Nettoemissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 zu reduzieren – deswegen „Fit for 55“ – und spätestens bis 2050 zum klimaneutralen Kontinent zu werden. Für uns als Landesregierung ist klar, was auch der gesamte Bundesrat beschlossen hat: Thüringen begrüßt, dass die EU-Kommission Tempo beim Green Deal macht – mit konkreten Vorschlägen für einen schlagkräftigen Emissionshandel, mit mehr erneuerbaren Energien und Energieeffizienz sowie mit einer nachhaltigen Verkehrswende. Der Ausbau der Erneuerbaren samt Speicherkapazitäten und Netzstabilität ist neben Energieeffizienz und Energieeinsparung das wichtigste Instrument des Klimaschutzes. Mit dem „Fit for 55“-Paket wird der gesamtgesellschaftliche Ansatz eines ökologischen, wettbewerbsorientierten und auch gerechten Wandels verfolgt. Um das hinzubekommen, braucht die EU-Kommission einerseits natürlich den Rückhalt des EU-Parlaments, der Mitgliedstaaten, aber auch den Rückhalt der Regionen, also auch der Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland.

Meine Damen und Herren, spätestens seit dem verbrecherischen Überfall von Putin auf die Ukraine ist klar: Eine tragfähige und klimaneutrale energiepolitische Infrastruktur ist auch eine Frage von Sicherheit und Freiheit für Thüringen, für Deutschland und für Europa. Angesichts der hohen Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland ist es von hohem öffentlichen Interesse, sich so schnell wie möglich von fossilen Importen unabhängig zu machen. Jede Kilowattstunde, die wir hier selbst produzieren,

(Abg. Maurer)

trägt dazu bei. Jede Kilowattstunde, die wir nicht verbrauchen, trägt ebenfalls dazu bei.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es braucht eine klare Roadmap, wie wir die drei E ausbauen – die Erneuerbaren, die Energieeffizienz und die Einsparungen so schnell wie möglich vorantreiben. Wir müssen hier riesige Sprünge machen. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass die Bundesregierung und zehn weitere EU-Staaten angesichts der aktuellen Energiekrise eine schnellere Umsetzung des EU-Klimapakets fordern. In der Begründung heißt es: „Das ist der Schlüssel, um die EU fit für die Energieunabhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen zu machen, und die einzige Möglichkeit, um die Klimakrise zu bewältigen. Jede Verzögerung oder jedes Zögern wird unsere Energieabhängigkeit nur verlängern.“ Mit dem kürzlich veröffentlichten REPowerEU-Plan der Kommission skizziert die Kommission diesen Weg, um die Energieabhängigkeit von Russland zu verringern. Dazu hat sie die Ziele des „Fit for 55“-Pakets nochmals verschärft. Die EU-Kommission hat quasi den Turbo gezündet – bei der Energieeffizienz, beim Ausbau der Erneuerbaren mit ihrer Solarstrategie und bei der Diversifizierung der Energielieferungen.

(Zwischenruf Abg. Aust, AfD: Und bei der Verarmung der Leute!)

Es gab – das haben Sie mitbekommen – in dieser Woche intensive Debatten im Europäischen Parlament mit widersprüchlichen Signalen. Ja, der Emissionshandel als ein Kernpaket des „Fit for 55“-Pakets wurde nochmals verschoben. Es muss also hier noch einmal nachverhandelt werden, und zwar schnell. Aber eine nachhaltige Verkehrswende ist mit dem Verbot des Verbrennungsmotors ab 2035 auf den Weg gebracht worden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wir wissen auch: Wir haben beim Klimaschutz keine Zeit zu verlieren. Wir können es uns nicht leisten, die Klimaziele aufzuweichen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Klimakrise, aber auch der Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine machen deutlich: Der Ausbau der Erneuerbaren duldet keinen Aufschub. Deshalb sollten wir in den weiteren Verhandlungen ein entschlossenes Vorgehen auf allen Ebenen an den Tag legen. Es ist klar: Auf europäischer Ebene und mit der neuen Regierung auf Bundesebene ist der Rahmen für mehr Klimaschutz gesetzt. Mit dem Osterpaket der Bundesregierung und dem zeitnah folgenden Sommerpaket kommt der nötige Richtungs- und auch der nötige Tempowechsel. Damit sind auch die Schwerpunkte bei den

Investitionen und Fördertöpfen definiert, die wir übrigens auch hier in Thüringen erwarten dürfen. Allerdings, meine Damen und Herren, die nächsten Jahre sind entscheidend, ob es gelingt, auf das 1,5-Grad-Ziel, auf den 1,5-Grad-Klimaschutzpfad zu kommen. Schon jetzt liegen wir in Deutschland darüber. Deshalb muss das Klimaschutzpaket noch schneller und ambitionierter umgesetzt werden.

Meine Damen und Herren, wer dagegen am fossilen Leben weiter festhält, zahlt einen hohen Preis, und zwar nicht nur für sich selbst. Wer jetzt nicht handelt, sorgt dafür, dass es in Zukunft für alle teurer wird, insbesondere für die nachfolgenden Generationen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Deshalb erwarten die Menschen zu Recht, dass die Politik hier ins Handeln kommt, Maßnahmen ergreift und – ja, natürlich, was denn sonst? – auch Geld in die Hand nimmt, damit es am Ende nicht doch noch viel teurer wird.

In Thüringen hat Klimaschutz bereits Priorität. Seit Dezember 2018 gibt es das Klimagesetz. Thüringen war das erste unter den neuen Bundesländern, das ein Klimagesetz verabschiedet hat. Weil aber die Ziele, die im Gesetz definiert sind, allein noch keinen wirklichen Klimaschutz bringen, hat Thüringen dieses Gesetz auch mit einer Klimaschutzstrategie untersetzt. Ein klimaneutrales Thüringen ist realistisch und bezahlbar, das hat die Hochschule Nordhausen errechnet. Natürlich müssen wir Wind und PV rasch und umfassend ausbauen und die Energieeffizienz steigern. Auch wenn jetzt schon zwei Drittel unseres Stroms in Thüringen aus erneuerbaren Energien stammen, ist der Ausbau der regenerativen Energien deutlich zu beschleunigen. Wir importieren zurzeit 55 Prozent unserer Energie. Damit dürfen wir uns nicht zufriedengeben – auch im Hinblick auf die Wertschöpfung, die wir damit hier in Thüringen verlieren, weil wir nicht selbst unsere Energie erzeugen. Deshalb werden wir bei der Energiewende in Thüringen das Tempo weiter erhöhen.

Dabei wissen wir in Thüringen auch viele Partner auf unserer Seite. Die Thüringer Kommunen setzen auf Klimaschutz, das hat sich mit der Ausreichung des Corona-Sondervermögens für Klimaschutz im vergangenen Jahr gezeigt: 11,5 Millionen Euro wurden an die Kommunen ausgereicht und 99,5 Prozent der Mittel konnten gebunden werden. Auch die meisten Unternehmen in Thüringen, meine Damen und Herren, wissen längst, dass man mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben kann. Das hat gerade auch der Glasgipfel gezeigt, den Minister

(Staatssekretär Dr. Vogel)

präsident Ramelow gestern Abend mit der Thüringer Glasindustrie und den Vertretern der Thüringer Fraktionen initiiert hat. Gerade die energieintensive Glasindustrie in Thüringen setzt an ihren regionalen Standorten in Thüringen auf Windkraft und auf Photovoltaik,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

um in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben gegenüber Konkurrenten beispielsweise in Frankreich, die ihre Glasöfen mit Atomstrom betreiben. Auch der Thüringer Bauernverband will mehr Sonnenenergie auf ertragsschwachen landwirtschaftlichen Flächen ermöglichen. Für die riesige Herausforderung, unsere Gebäude bis 2045 klimaneutral mit Strom und Wärme zu versorgen, haben wir die Handwerkerschaft an unserer Seite.

Wir haben nicht nur das Klimaschutzgesetz und die Klimaschutzstrategie in Thüringen. Wir haben als dritte Säule auch einen ganzen Strauß von Förderprogrammen zur Unterstützung des Klimaschutzes. Die Fördermöglichkeiten richten sich sowohl an die Bürgerinnen und Bürger im Land als auch an Kommunen und Unternehmen. Wir fördern beispielsweise mit Green Invest die Energieressourceneffizienz in Betrieben und mit Klima Invest Investitionen in die kommunalen Liegenschaften. Dabei ist doch völlig klar – das wurde hier angesprochen –: Klimaschutz geht nur sozial gerecht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das muss die EU-Kommission ebenso wie der Bund gewährleisten.

(Unruhe AfD)

Die notwendige Transformation darf nicht auf Kosten der Menschen gehen, die am wenigsten verbrauchen und am wenigsten im Geldbeutel haben.

(Zwischenruf Abg. Aust, AfD: Aber genau das passiert doch gerade!)

Die neue Bundesregierung schlägt deshalb den richtigen Weg ein, wenn sie die Energiewende beschleunigt und gleichzeitig einen sozialen Ausgleich für Belastungen schafft. Das unterstützen wir auch im Bundesrat.

(Unruhe AfD)

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: 50 Cent die Kilowattstunde sagt doch alles!)

Wir brauchen Entlastungen dort, wo sie am dringendsten benötigt werden, zum Beispiel bei Familien mit Kindern mit der Erhöhung des Kindergeldes, bei allen Haushalten mit niedrigen Einkommen mit der Energiekostenpauschale, bei Pendlerinnen

und Pendlern mit der gesenkten Energiesteuer auf Kraftstoffe und auch mit dem 9-Euro-Ticket für Busse und Bahnen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lauerwald, AfD: Das sind doch alles Steuergelder!)

(Zwischenruf Abg. Thrum, AfD: Waren Sie mal tanken?)

Wenn wir jetzt die Weichen richtig stellen, werden wir auch in Thüringen vom Green Deal profitieren. Dafür ist aber wichtig, dass wir mit der europäischen Ebene Hand in Hand gehen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, von der Bundesregierung erwarte ich, dass sie das Paket der EU-Kommission aktiv unterstützt, indem sie sich dafür einsetzt, dass das „Fit for 55“-Paket ehrgeizig und sozial ausgeglichen ausverhandelt und schnell umgesetzt wird.

(Zwischenruf Abg. Thrum, AfD: Gehen Sie doch mal raus und unterhalten Sie sich mit den Menschen dort draußen!)

Wir brauchen konsequenten Klimaschutz ohne Aufschub – in der EU, im Bund und in Thüringen. Wenn wir jetzt nicht handeln, meine Damen und Herren, kommt uns das in Zukunft teuer zu stehen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Dr. Lauerwald, AfD: Black- out ist das Ende der Zivilisation!)

Vielen Dank. Gibt es noch Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Herr Abgeordneter Möller, bitte schön. Wir haben noch Redezeit. 2 Minuten sind es noch.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Staatssekretär, ich habe selten eine derart realitätsferne Rede von diesem Pult gehört,

(Beifall AfD)

die nur so vor Floskeln triefte, die man auf den Plakaten vom BUND ablesen kann, aber die nichts mit der Realität der Menschen draußen zu tun hat.

(Beifall AfD)

Sie halten Klimaneutralität in Thüringen für realistisch und bezahlbar. Ich habe nicht eine Lösung ge