Protocol of the Session on June 9, 2022

(Beifall CDU)

Mit der Annahme des Antrags hat der Landtag eine Stellungnahme beschlossen. Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt an der Stelle und erteile das Wort für einen Geschäftsordnungsantrag an Herrn Abgeordneten Höcke. Sogleich gestatten Sie mir aber die Bemerkung: Ein Geschäftsordnungsantrag und nicht die Kommentierung der präsidialen Entscheidung, davon gehe ich jetzt aus. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Danke, Frau Präsidentin. Ich wollte es jetzt eigentlich in einen Kompromiss münden lassen. Ich stelle fest, dass ein Kollege aus der Fraktion der Linken gestern eine Friedenstaube am Revers getragen hat und dass diese Friedenstaube nicht moniert worden ist im Unterschied zu der Friedenstaube des Kollegen Kießling.

(Minister Prof. Dr. Hoff)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE)

Augenblick, ich rede jetzt, Herr Dittes! Sie können sich auch gleich noch mal zu Wort melden. Ich rede jetzt!

Ich stelle fest, dass ich leider eine wiederholte Ungleichbehandlung in diesem Hohen Hause feststellen muss.

(Beifall AfD)

Ich verzichte ausdrücklich auf die Einberufung des Ältestenrats, gehe aber davon aus, dass das Faktum, dass die Präsidentin einen Abgeordneten des Thüringer Landtags auffordert, das zentrale Friedenssymbol der Welt, die weiße Friedenstaube, abzulegen, im Protokoll so niedergeschrieben wird. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Höcke, Sie provozieren mich jetzt nicht an der Stelle.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4

Thüringer Gesetz zu dem Zweiten Medienänderungsstaatsvertrag Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 7/5527 - korrigierte Fassung - dazu: Entschließungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/5657 -

ERSTE und ZWEITE BERATUNG

Wird das Wort zur Begründung des Gesetzes gewünscht?

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das müsste die Landesregierung machen!)

Nein. Wird das Wort zum Entschließungsantrag gewünscht? Das ist der Fall. Frau Abgeordnete Henfling, bitte schön.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, auch wenn ich gerade noch unter dem Eindruck des gerade erfolgten Abstimmungsergebnisses stehe, versuche ich das jetzt hier sachlich durchzumachen. Darüber können Sie sich freu

en, genau das ist das Problem, dass sich vor allen Dingen die AfD darüber freut, als EU-feindliche Partei heute hier etwas beschlossen zu haben, was aus meiner Sicht EU-feindlich ist, weil es nicht den Vorgaben dieses Landtags entspricht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stimmen heute erneut über einen Rundfunkänderungsstaatsvertrag ab und wieder mal sehen wir uns mit der schon öfter beschriebenen Problemlage konfrontiert, dass Staatsverträge natürlich nur eine Minimallösung sind, die einstimmig verabschiedet werden müssen. Sie sind sozusagen ein Paket, das mehrere Lösungen enthält. Das ist natürlich in der Sache etwas schwierig, auch für uns hier in der Debatte. Die Länderparlamente können nur zustimmen oder ablehnen, dazwischen gibt es nichts. Auch der Zweite Medienänderungsstaatsvertrag beinhaltet alle angesprochenen Problemlagen. Neben einigen redaktionellen Änderungen sollen europäische Standards zur Barrierefreiheit aus der AVMD-Richtlinie konkreter aufgenommen werden. Diese wurde im Medienstaatsvertrag bisher nebenbei geregelt. Das ist erst einmal nicht wegzudiskutieren und das ist durchaus ein Mehrgewinn. Die Stärkung von Barrierefreiheit ist besonders in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung und einer Informationsgesellschaft eine wesentliche Voraussetzung für wirkliche Teilhabe. Ebenso ist die Erweiterung der Barrierefreiheitsanforderung von Produkten nun auch auf den Zugang von audiovisuellen Medien ein wichtiger Schritt zu mehr Freiheit und Gleichberechtigung. Und doch bringt der Detailblick in diesem Fall einige Regelungslücken und Ungenauigkeiten auf den Schirm. So weist der Staatsvertrag bei der Bewertung zur Barrierefreiheit auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung hin;

Ich finde es übrigens unfassbar laut. –

diese obliegt im Wesentlichen den Ländern und muss in den einzelnen Landesmedienanstalten als Verfahren gefunden werden. Erhebliche Bedenken haben die Behindertenverbände dabei in einem offenen Brief formuliert. Konkret kritisieren sie den § 99a des Medienänderungsstaatsvertrags. Dieser normiert Anforderungen an die Barrierefreiheit. Nach den Vorschriften müssen die Dienstanbieter Zugang, Angebotsauswahl und Nutzung nur dann barrierefrei gewährleisten, sofern es sie nicht nach Maßgabe des Anhangs VI der EU-Richtlinie unverhältnismäßig belastet. Die Verbände befürchten hier einen umfassenden Generalvorbehalt. Ebenfalls verweist der Paragraf auf einen Anhang des European Accessibility Acts. Dieser wurde allerdings bereits auf Bundesebene durch eine Rechtsverordnung übersetzt und anwendungsfreundlicher ausgestaltet. Auch wenn der EAA eine Ausweitung

(Abg. Höcke)

der Barriereanforderungen bewirkt, wäre eine Verweisung auf die angesprochene Bundesrechtsverordnung dienlicher gewesen. Die Landesmedienanstalten erstellen nach § 99e Abs. 2 einen Bericht über ihre jeweiligen Verfahren. Wir haben im Entschließungsantrag gefordert, dass diese Berichte dem Parlament zugeleitet werden. Außerdem soll die Landesregierung evaluieren, welche Kriterien zu der von den Verbänden kritisierten Verhältnismäßigkeitsprüfung herangezogen werden. Diese Evaluierung soll darauf abzielen zu beurteilen, inwieweit hier eine Regelungslücke genutzt werden kann, um wirkliche Barrierefreiheit zu umgehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil wir hier einen Staatsvertrag verhandeln und Staatsverträge, wie dargelegt, im Gesamtpaket abgestimmt werden, können wir die Kritikpunkte der Behindertenverbände leider nicht nachträglich einpflegen. Wir wollen sie aber auch nicht ungehört verklingen lassen und deswegen bitten wir um Zustimmung zu dem vorliegenden Entschließungsantrag. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das war die Begründung zum Entschließungsantrag. Wir waren bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, zu dem Gesetzentwurf die erste und zweite Beratung durchzuführen, wenn keine Ausschussüberweisung beschlossen wurde. Dementsprechend kommt der Entschließungsantrag heute nur dann zur Abstimmung, wenn die zweite Beratung zu dem Gesetzentwurf unmittelbar im Anschluss an die erste Beratung durchgeführt wurde. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit einer Ausschussüberweisung.

Wir beginnen mit der ersten Beratung zu dem Gesetzentwurf, zu der ich die Aussprache eröffne. Gleichzeitig eröffne ich damit auch die Aussprache zum Entschließungsantrag. Für die Fraktion der AfD erhält Herr Abgeordneter Cotta das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Zuschauer, wenn das Thema „Medienänderungsstaatsvertrag“ im Landtag besprochen wird, denkt der Beitragszahler zwangsläufig an eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Diese Angst ist nicht unbegründet. Erst kürzlich äußerte der amtierende Chef der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs – kurz KEF – in der FAZ, dass eine Erhöhung des Zwangsbeitrags ab 2024 wegen der steigenden Inflation

durchaus in Erwägung gezogen wird. Dass die KEF nicht unabhängig arbeitet, konnten wir zuletzt am 01.06.2022 in der „Mitteldeutschen Zeitung“ lesen. Überschrift: Vizechef der Rundfunkkommission KEF arbeitete zugleich für den MDR. Laut KEFChef war das unzulässig. Es geht aber auch anders. Erst Anfang dieses Jahres hat die britische Regierung einen Strategiewechsel im Hinblick auf das Thema „Rundfunkgebühren“ angekündigt: Das Finanzierungsmodell der öffentlich-rechtlichen BBC soll abgeschafft werden.

(Beifall AfD)

Auch unser Nachbarland Frankreich folgt dieser Idee. Dort wurde angekündigt, Rundfunkgebühren noch in diesem Jahr abzuschaffen – übrigens auch ein Mittel, um von den massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten zu entlasten.

Sehr geehrte Damen und Herren, laut dem Thüringer Landesamt für Statistik leben im Freistaat rund 274.000 Menschen mit Beeinträchtigungen. Das zeigt, dass die Barrierefreiheit bei der Nutzung der Medien Relevanz für Thüringen hat, der auch wir uns nicht entziehen wollen. Dank einer fehlgeleiteten Familienpolitik und der damit einhergehenden demografischen Problematik wird der Bedarf an barrierefreien Dienstleistungen weiter zunehmen, weil schlichtweg keine Kinder da sein werden, die die älteren und häufig beeinträchtigten Personen durch den Medienalltag führen. Die Aufgabe des Gesetzgebers ist es, diesem Personenkreis eine Teilnahme am sozialen und gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, und dazu gehört richtigerweise auch die Mediennutzung.

Nun steht meine Fraktion bestimmt nicht im Verdacht, Brüsseler Richtlinien große Zuneigung entgegenzubringen und diese mit Freude im regionalen Gesetzeswerk zu verankern, auch wenn wir uns fragen, ob diese Thematik grundsätzlich normiert werden muss oder ob es für einen fast 9 Milliarden Euro schweren öffentlichen Rundfunk nicht eine Selbstverständlichkeit sein sollte, allen Bürgern einen Zugang zu seinen Angeboten zu gewähren.

(Beifall AfD)

Mit dem heute zu diskutierenden Zweiten Medienänderungsstaatsvertrag soll die AVMD-Richtlinie konkretisiert werden und es sollen einige redaktionelle Anpassungen im JugendmedienschutzStaatsvertrag erfolgen. Ähnlich sperrig wie der Titel dieser EU-Richtlinie gestalten sich auch die Änderungen im Gesetz.

Aber schauen wir kurz auf die konkreten Auswirkungen. Letztendlich definiert der Staatsvertrag die Zugangsdienste, die genutzt werden, um Fern

(Abg. Henfling)

sehprogramme oder fernsehähnliche Telemedien auszuwählen und anzuschauen. Dies sind insbesondere die Benutzeroberflächen von Fernsehgeräten, elektronische Programmführer, Benutzeroberflächen von Plattformen oder Mediatheken. Das konkret Neue wird die Einklagbarkeit der Barrierefreiheit sein. Die Hersteller und Anbieter können sich dem nicht entziehen. Sie müssen nachvollziehbar dokumentieren, welche Schritte sie zur Barrierefreiheit unternommen haben und das gegebenenfalls der Landesmedienanstalt vorlegen. Die eingeräumte Übergangsfrist bis zum 27. Juni 2030 wird den Anbietern entsprechend Zeit geben, ihre Angebote anzupassen.

Letztendlich liegt es immer am ureigenen Interesse der Hersteller, ein Produkt oder eine Dienstleistung auf den Markt zu bringen, die möglichst alle erreicht. Ob dieses Gesetz zum Beispiel benutzerunfreundliche Menüführungen verhindert, mag deshalb dahingestellt sein. Aber zumindest hat man jetzt theoretisch einen gesetzlichen Anspruch auf ein barrierefreies Angebot.

Bei der Gelegenheit möchte ich erwähnen, dass die AfD auch in Bezug auf barrierefreie Angebote schon immer vorausschauend agiert hat. Laut der Zentralen Anlaufstelle für Barrierefreie Angebote, kurz ZABA, erzielt man bei der Farbkombination weiß-blau die geringste Farbfehlsichtigkeit, wobei Rot-Grün-Kombinationen vermieden werden sollten.

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Zweite Medienänderungsstaatsvertrag soll beeinträchtigten Menschen helfen, Medienangebote besser nutzen zu können. Alles, was die Teilhabe beeinträchtigter Menschen sinnvoll verbessert, wird unsere Fraktion grundsätzlich unterstützen. Wir werden diese Änderung nicht ablehnen.

Die AfD wird auch weiterhin dafür kämpfen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu reformieren, ohne ihn abzuschaffen, und das beitragsfrei. Wie genau, finden Sie in unserem Rundfunkkonzept. Das ist übrigens auch barrierefrei. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Damit treten wir in die Lüftungspause bis 11.18 Uhr. Nach der Lüftungspause erhält für die Fraktion Die Linke Herr Abgeordneter Blechschmidt das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir fahren in der Bearbeitung des Tagesordnungspunkts 4 fort. Als Nächster hat sich für die Fraktion Die Linke Abgeordneter Blechschmidt zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, die Medienpolitiker rennen jetzt alle in den Plenarsaal. Wir sind weiterhin beim Thüringer Gesetz zum Zweiten Medienänderungsstaatsvertrag. Dass sich digitale Medien rasant entwickeln, ist nichts Neues. Dennoch war der Medienstaatsvertrag ein notwendiger und wichtiger Schritt zur Angleichung der Wettbewerbsverhältnisse zwischen den traditionellen Print- und Rundfunkund sowieso den neuen Internetmedien. Die heute zu beschließende Änderung erweitert noch einmal wichtige Aspekte, die zuvor vor allem aus Zeitgründen nur rudimentär berücksichtigt wurden. Dass diese Änderungen kommen, hatten die Länder bereits im Abschluss des Medienstaatsvertrags im Jahr 2020 vereinbart und angekündigt.

Meine Damen und Herren, durch Artikel 1 werden die Vorhaben für barrierefreie Medienangebote konkretisiert und Pflichten für die Anbieter ausgeweitet. Daneben sollen die Vorgaben der EU-Richtlinie 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rats über die barrierefreien Anforderungen für Produkte und Dienstleistungen umgesetzt werden. Darüber hinaus werden auch Klarstellungen und redaktionelle Anpassungen im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag vorgenommen. In dem Sinne wird dies jetzt zum Beispiel durch den Ausbau von Übersetzungen von Programminhalten in Gebärdensprache oder die Anwendung von Untertiteln, Bildbeschreibung durch Offsprecher oder Angebote in Leichter Sprache weiter konkretisiert. Auch werden die allgemeinen Programmgrundsätze um die Erwartung ergänzt, für alle Programmangebote das Bewusstsein für Belange von Menschen mit Behinderungen zu schärfen. Diese und die damit verbundenen werden ausdrücklich von der Fraktion Die Linke begrüßt, denn Teilhabe an Medien durch Barrierefreiheit ermöglicht unter anderem Bewusstseinsbildung und schafft Zugang zu Informationen und Bildung. Sie schafft die Grundlage für die Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben sowie an Kultur, Erholung und Freizeit. Das ist ein wichtiger Grundpfeiler unserer pluralistischen Gesellschaft.

Meine Damen und Herren, des Weiteren werden rechtstechnische und redaktionelle Anpassungen des Medienstaatsvertrags und des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags vorgenommen. Beispielswei

(Abg. Cotta)