Ich finde, man muss aber noch mal genauer hinschauen. Es gibt die Antworten auf den Fachkräftemangel, die, glaube ich, auf der Hand liegen, die alle Leute geben. Die Menschen wollen mehr Work-Life-Balance, sie wollen ein besseres Lohnniveau sowohl zwischen Männern und Frauen als auch zwischen Ost und West. Das sind, glaube ich, Befunde, die wir schon immer auf dem Tisch liegen haben, dass die Leute natürlich sagen: Bezahlt uns gut! Gestern waren die Erzieherinnen und Erzieher hier von Ver.di, die auch
noch mal gesagt haben: Genau das ist das, was wir wollen, wir brauchen ein höheres Lohnniveau, wir brauchen aber auch bessere Arbeitsbedingungen, dafür wollen wir, dass der Freistaat entsprechend auch die Rahmenbedingungen schafft.
Diese Forderungen sind in unterschiedlichen Branchen gleichermaßen in irgendeiner Art und Weise auch adressiert. Das ist übrigens auch ein Auftrag, ich sage nur Kita-Gesetz. Wenn wir die Fachkräfte halten wollen, wenn wir Erzieherinnen und Erzieher an der Stelle da halten wollen, wo sie gerade sind, und wenn wir ihre Arbeitsbedingungen verbessern wollen, müssen wir übrigens an den Schlüssel ran. Es wäre schön gewesen, wäre gestern jemand von der CDU da gewesen, denn da gab es ein paar Fragen an Sie.
Schwierigkeiten zeigen sich darin ja auch, offene Ausbildungsstellen zu besetzen und Arbeitskräfte zu finden. Die Leute sagen, ja, wir wollen Migration, aber natürlich – und das hat Herr Hoff auch noch mal gesagt – wollen wir, dass es eben auch funktioniert. Das heißt, wir müssen in der Politik, aber auch in den Verwaltungen tatsächlich noch viele Schritte gehen, um beispielsweise die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen besser zu machen, die Integration von Menschen durch das Erlernen der deutschen Sprache auch besser zu machen. Aber – und da bin ich wieder bei dem, was wir immer sagen – das ist eben auch keine Einbahnstraße. Menschen können sich dann besser integrieren, wenn sie auch das Gefühl haben, dass sie hier gewollt sind.
Da möchte ich das Thema „Ausländerbehörden“ schon noch mal deutlich ansprechen: Wenn man auf den Ausländerbehörden – und das gilt übrigens für viele Ausländerbehörden in Thüringen – das Gefühl hat, dass man vor allen Dingen als Problem betrachtet wird, wenn man hierherkommt, dann ist das natürlich schwierig. Das heißt also, wir brauchen eigentlich an dieser Stelle Behörden, die auch ihr Mindset ein bisschen ändern und zu tatsächlichen Willkommensbehörden werden
und die begreifen, dass es ihre Aufgabe nicht ist, Menschen abzuwehren, sondern Menschen tatsächlich willkommen zu heißen und ihnen den Weg zu ebnen, in dieser Gesellschaft auch wirklich ankommen zu können. Da haben wir noch einen weiten Weg zu gehen. Da hilft es sicherlich, bestimmte Sachen zu zentralisieren. Das wird aber nicht das komplette Problem lösen. Deswegen sind die Forderungen der Unternehmen an dieser Stelle durchaus nachvollziehbar, aber sie sind eben nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern wir müssen da tatsächlich tiefer rein.
Die Menschen sind also gar nicht nur abgeneigt, dass Menschen hierher zu uns kommen. Wir sehen aber deutlich, dass wir da ein Stadt-Land-Gefälle haben, dass es also sozusagen dort, wo kleinere – also, ganz kleine – Betriebe angesiedelt sind, für die Leute schwerer ist, sich mit diesem Gedanken anzufreunden. Das heißt also auch für uns in der Konsequenz, dass wir da stärker reinmüssen und uns die Frage stellen müssen, wie auch im ländlichen Raum so was gelingen kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch zwei Sätze – oder vielleicht auch ein paar mehr – zum Thema „Digitalisierung“ sagen. Auch dazu ist ja hier gerade viel rausgekloppt worden, was aus meiner Sicht nicht gerade dem Erkenntnisgewinn gedient hat, sondern vor allen Dingen eher dafür gesorgt hat, noch mal die Keule rauszuholen und draufzuhauen. Ich finde, die Zahlen, die im Thüringen-Monitor zum Thema „Digitalisierung“ stehen, nicht so wahnsinnig überraschend. Wir haben tatsächlich in einer bestimmten Alterskohorte eine große Skepsis gegenüber Digitalisierung. Das hat aus meiner Sicht unterschiedliche Gründe. Das ist vor allem die Nachkriegsgeneration, die sogenannte Boomergeneration.
Diese Skepsis gegenüber Digitalisierung betrifft die Spaltungslinie alt – jung, aber sie betrifft auch die Spaltungslinie einkommensstark versus einkommensschwach. Und wir haben noch eine Spaltungslinie, nämlich zwischen den – auch hier wieder – Städten mit über 20.000 Einwohnern und den Städten mit unter 20.000 Einwohnern. Da sehen wir sozusagen, dass wir an unterschiedlichen Sachen andocken müssen. Einerseits, glaube ich, müssen wir darüber reden, wie wir Medienkompetenz auch an Menschen vermitteln, die im Arbeitsleben stehen oder aus dem Arbeitsleben schon raus sind. Das ist eine riesengroße Aufgabe. In der Schule ist das einfach. Es wäre auch gut, wenn es funktionieren würde, weil da Leute sozusagen in einer Schule sind – in einer Generation. Das heißt, man erreicht die alle. Das ist natürlich bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern deutlich schwieriger, will heißen, wir brauchen eigentlich ein viel stärkeres Zusammenarbeiten auch hier zwischen Unternehmen und Gewerkschaften und der Politik, um darüber nachzudenken, wie wir diese Medienkompetenz und damit auch eine stärkere Sicherheit, sich im digitalen Raum zu bewegen, tatsächlich an die Leute bekommen. Denn das korrespondiert aus meiner Sicht unmittelbar mit der Frage: Bin ich in der Lage, Fake News zu erkennen? Bin ich damit auch in der Lage, zu erkennen, innerhalb einer Demokratie, ob es sich tatsächlich um eine wirkliche Information handelt, auf deren Grundlage ich mir eine eigene Meinung bilden kann? Oder hat die AfD mal wieder Blödsinn erzählt und mir das auf TikTok rausgeschwemmt?
Das sind ja die Fragen, die daran unmittelbar anknüpfen. Ich denke, dass es ein wichtiger Punkt ist, sich darüber mehr Gedanken zu machen, weil es eben für eine Demokratie essenziell ist, dass Menschen frei entscheiden können, was sie an Informationen haben, und sich dadurch eine Meinung bilden können. Wenn sie das nicht mehr können, weil sie nicht mehr entscheiden können: Ist das eine tatsächliche Nachricht oder handelt es sich dabei um ein Fake? Dann haben wir schon am Anfang des Prozesses – also am Anfang des Meinungsbildungsprozesses – ein riesengroßes Problem, weil Menschen gar nicht mehr zu der Meinungsbildung kommen können. Da müssen wir tatsächlich ran.
Ja, es stimmt, wir sind an bestimmten Stellen Schlusslicht in der Digitalisierung. Auch da lohnt sich aber noch mal ein Blick, genauer hinzuschauen, weil es auch da Unterschiede gibt. In der Verwaltungsdigitalisierung beispielsweise sind wir als Thüringen nämlich gar nicht so schlecht. Die Frage ist tatsächlich: Wie schaffen wir es, dass Verwaltungen überhaupt Digitalisierung mitmachen wollen? Wir erleben ja auch innerhalb der Verwaltungen – und das ist ja auch eine Erkenntnis des Thüringen-Monitors – eine enorme Digitalisierungsskepsis. Und diese Digitalisierungsskepsis in den Verwaltungen hat ja auch Ursachen. Und an diese Ursachen muss man auch noch mal ran. Das heißt, die Leute wollen zwar, dass Verwaltungen besser digital erreichbar sind. Gleichzeitig treffen Sie aber auf eine Verwaltung, die damit noch nicht so ganz im Reinen ist. Auch hier haben wir sicherlich ein Gefälle, was Stadt und Land angeht. Das heißt also eigentlich, wir müssen viel stärker ran, die Prozesse der Digitalisierung auch besser zu beschreiben und es
den Verwaltungen auch möglich zu machen, gute digitale Prozesse auf den Weg zu bringen. Da würde es zum Beispiel helfen, das Onlinezugangsgesetz 2.0 dann doch endlich mal passieren zu lassen. Soweit ich weiß, wird es gerade von den CDU-Ländern ja weiterhin im Bundesrat blockiert.
Das hätte eine tatsächliche Erleichterung für die Verwaltungsdigitalisierung geschaffen und Sie blockieren es. Und das ist ja eben die große Preisfrage. Sie können sich nicht hier hinstellen und können sagen, wir wollen mehr Digitalisierung, wir wollen es besser machen. Da kloppen Sie wieder auf das Land Thüringen und auf Rot-Rot-Grün drauf und dann fällt Ihnen gar nicht auf, dass die CDU-geführten Länder das Online
zugangsgesetz 2.0 mit wesentlichen Verbesserungen für den Onlinezugang der Verwaltungen tatsächlich momentan im Bundesrat blockieren. Und den Murks, den Sie …
Nee, Herr Voigt, nee. Sie können nicht immer sagen, wir sind in einem föderalen Staat. Sie können nicht immer sagen, wir können hier arbeiten. Nein, wir sind eingebunden in ein System und wenn von oben das System teilweise nicht funktioniert, dann wissen Sie auch, wie schwierig es ist, vor Ort, tatsächlich Probleme zu lösen.
Das wissen Sie ganz genau. Und das OZG 1.0, das war halt großer Murks und ich will daran erinnern, dass das noch eine CDU-geführte Regierung gemacht hat. Das ist auch mein einziges Sie-sind-schuld-Dran, weil ich finde dieses Sie-sind-schuld-an-Irgendwas auch echt nicht hilfreich, sondern die Frage ist doch: Wie lösen wir jetzt das vorliegende Problem?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ich will vielleicht noch auf eine Sache eingehen: Wir haben ein großes Problem mit der digitalen und Medienkompetenz, übrigens vor allen Dingen bei Männern, die übrigens in großem Maße mehr Fake News verbreiten, auch im Internet, nämlich zwei Drittel der Fake News, die verbreitet werden, werden von Männern verbreitet, Frauen machen den Rest aus. Da könnte man sich auch noch mal überlegen, mit was das zu tun hat. Aber darauf will ich gar nicht hinaus. Ich glaube, wir brauchen verantwortungsvolle Politikerinnen, die ehrlich und sachlich mit den Bürgerinnen kommunizieren, und Medien, die das ebenso weitertragen.
Und da sollten sich auch die Damen und Herren von den Oppositionsfraktionen sehr deutlich hinterfragen, wie viele Fake News, wie viel Bullshit – ist übrigens ein wissenschaftlicher Begriff – Sie bereit sind, im Zuge Ihrer populistischen Politik zu verbreiten. Ich möchte da nur kurz …
Ja, genau, ich zitiere mal. Ja, Frau Tasch, da habe ich Sie wieder. Mit Sprache kriegt man Sie ja immer, das finde ich immer ganz nett.
Genau. Es ist aber nicht von den Grünen, sondern es ist vom Institute of Labor Economics, und der Begriff kommt von Prof. Harry Frankfurt, der das Phänomen 1986 schon beschrieben hat. Er hat nämlich die sogenannten Bullshitter untersucht und deren Kommunikationsverhalten erforscht. Das heißt also, das ist tatsächlich ein wissenschaftlicher Begriff, Kommunikationswissenschaftlerinnen und ‑wissenschaftlern sollte das geläufig sein. Und diese Bullshitter sind ein großes Problem für unsere Demokratie, weil sie nämlich Falschinformationen und Fake News im Internet verbreiten, und dieses kommunikationswissenschaftliche Phänomen gab es aber schon 1986, also vor dem Masseninternet. Will heißen, es scheint auch ein menschliches Problem dabei zu sein und nicht nur an dem Medium zu liegen. Das Medium an sich scheint das Ganze aber deutlich zu verstärken.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, je mehr die Bürgerinnen in einer Demokratie den Medien und ihren Inhalten misstrauen, desto mehr öffnen wir damit alternativen Informationsquellen und den damit verbundenen Gefahren eben auch die Tür, und das kann eigentlich keine Demokratin und kein Demokrat wirklich wollen. Wir sollten die Ergebnisse dieses Thüringen-Monitors dringend zum Anlass nehmen, endlich wieder zu sachlicher, konstruktiver Politik zurückzukehren und damit
die Sorgen der Bürgerinnen wirklich ernst zu nehmen, indem wir gemeinsam Lösungen für die Bewältigung der in der Tat umfangreichen und vielschichtigen politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Probleme suchen.
Ich weiß, in Wahlkampfzeiten ist es nicht ganz einfach, diesen Grundsätzen zu folgen, aber vielleicht könnte man sich ja auf den Minimalkonsens einigen, dass wir zumindest versuchen, keine Fake News und keinen Bullshit zu verbreiten. Vielen Dank.
(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Erklären Sie doch mal, warum nur ein Minister da ist! Für die Landes- regierung sehr wenig!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, das ist, glaube ich, die neunte Rede, die ich zum Thüringen-Monitor halten darf. Die Jahre vergehen, sie fliegen dahin und ja, ich habe oft die Frage gestellt, ob es viel Sinn macht, sich mit diesem Werk zu beschäftigen. Sie kennen meine grundsätzlich kritische Einstellung zum Standard der Wissenschaftlichkeit des Thüringen-Monitors. Und auch da will ich heute wiederum meine Einordnung leisten. Ich möchte aber vielleicht erst zu den Vorrednern das eine oder andere sagen.
Es dürfte bekannt sein, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, dass die AfD in zentralen Positionen wirklich diametral gegen diese Landesregierung steht. Ob das die Energiewendepolitik ist, ob das die Multikulturalisierungspolitik ist, ob das die Gesinnungsproduktion ist, da sind wir als AfD in einer klaren Oppositionshaltung und die halten wir auch durch.
Und ja, sicherlich gibt es auch wirkliche Ideologen in den Reihen von Rot-Rot-Grün, egal ob sie auf der Regierungsbank sitzen oder ob sie als Abgeordnete hier im Hohen Haus unterwegs sind. Mit Ideologie habe ich persönlich nichts am Hut, weil ich ein
konservativ geprägter Mensch und weil ich weiß, dass ich nach diesem Leben Rechenschaft abgeben muss vor dem, vor dem wir irgendwann alle stehen werden. Ich bin nicht im Besitz der Wahrheit, ich habe den Stein des Weisen nicht gefunden, das unterscheidet mich von Ideologen. Wie gesagt, ich habe die Vermutung, dass der eine oder andere Ideologe in den Reihen von Rot-Rot-Grün sitzt. Das sind Menschen, die glauben wirklich, die Wahrheit mit Löffeln gefressen zu haben und im Besitz der Wahrheit zu sein.
Das mag durchaus so sein. Und trotzdem, das gebietet die politische Fairness, denke ich, dass es einige in den Reihen von Rot-Rot-Grün gibt, die die Politik, die sie betreiben, auch wenn ich sie persönlich für falsch halte, mit Leidenschaft betreiben, und der Ansicht sind, dass ihre politischen Positionen richtig sind. Das möchte ich anerkennen und das möchte ich zugeben. Ich sage das deswegen so betont und führe das deswegen etwas im Detail aus, weil ich das bei Kollegen Voigt nicht erkennen kann.
Es war wieder eine Rede, wie wir sie von Kollegen Voigt kennen, eine Rede: phrasengesättigt. Und wenn ich jetzt ein Phrasenschweinchen auf meinem Tisch hätte stehen, dann wäre das wahrscheinlich nun prall gefüllt mit Eurostücken oder Zwei-Euro-Stücken. Diese typischen Versatzstücke, die wir als Abgeordnete seit Jahren hören und hören müssen, ich glaube, nicht nur mir, sondern vielen Menschen draußen im Land ist klar, dass mit solchen phrasendreschenden Politikern keine Zukunft für Thüringen zu machen ist.