regierung leisten. Keine andere Bundesregierung hat in den vergangenen 20 Jahren einen so schlechten Wert gehabt, ist so unbeliebt gewesen wie die Ampel. Gleichzeitig hat die Thüringer Landesregierung in den vergangenen zehn Jahren nie derart wenig Vertrauen in der Bevölkerung genossen, wie in diesem Thüringen-Monitor gemessen. Das hat Gründe, aber das sollte für Sie ein Alarmzeichen in der Frage sein, was die Menschen Ihnen ins Stammbuch schreiben.
Also wo stehen wir? Der Thüringen-Monitor – ich will ein paar Punkte herausgreifen: 80 Prozent der Thüringer merken, dass der Fachkräftemangel allgegenwärtig ist. Die Hälfte der Betriebe gibt an, Schwierigkeiten zu haben, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Auch hier hätte ich eine gewisse Form von Selbstreflektion erwartet, weil das doch nicht wundert. Mittlerweile verlässt jeder zehnte Thüringer die Schule ohne Abschluss, jede zehnte Stunde fällt aus. Das ist die Bilanz von Rot-Rot-Grün, das ist das, was die jungen Menschen, die eben noch hier oben gesessen haben, tatsächlich stört: Sie wollen, dass endlich wieder Unterricht stattfindet, weil wir dadurch eben auch die Fachkräfte für die Zukunft gewinnen. Daran versündigen Sie sich.
Ich will das sagen: Auch der Thüringen-Monitor zeigt, dass eine schlechte Wirtschaftspolitik zur großen Unzufriedenheit mit der Demokratie führt. Ich zitiere aus dem Thüringen-Monitor: „Die Wahrnehmung eines Fachkräftemangels im Alltag führt zu einer höheren Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Funktionieren der Demokratie.“ – Und das, obwohl die Thüringerinnen und Thüringer, gerade wenn es um die Frage von Demokratieliebe geht, sich sehr klar bekennen: 88 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer unterstützen die Demokratie. Gleichzeitig sind sie unzufrieden damit, wie Demokratie umgesetzt wird. 45 Prozent – das ist der niedrigste Wert in der Regierungszeit von Rot-Rot-Grün –, 30 Prozent vertrauen nur noch der Landesregierung. Das ist der schlechteste Wert seit Amtsantritt, Herr Ramelow. Das zeigt einfach, dass sich die Menschen eine Veränderung wünschen. Sie wünschen sich, dass sich in diesem Land etwas tut und dass es nicht eine dreiviertelstündige Vorlesung gibt, sondern dass tatsächlich über ihre realen Probleme geredet wird. Ich glaube, das ist etwas, was Zuhören, Kümmern und Machen bedeutet, nämlich einen großen Auftrag.
Ich habe kürzlich hier im Rund eine Diskussion mit einer Schulklasse gehabt. Sie haben gefragt: Ja, Landtagswahlen stehen jetzt an. Ich habe gesagt, das ist wie eine Bewertung, das ist eine Zeugnisausgabe für eine Regierung und auch die Frage, wem man zutraut, es besser zu können. Da haben dann manche gesagt: Na ja, was würden Sie denen denn für eine Note geben? Wenn ich mir den Thüringen-Monitor angucke mit den 30 Prozent, dann ist vollkommen klar, welche Note Sie bekommen – das ist ungenügend,
weil das ist nämlich die Verteilung, die jeder Thüringer Schüler bekommen würde, wenn er so eine Zeugnisnote hätte. Aber ach, Zeugnisnoten in Thüringen – 50.000 werden nicht vergeben. Das ist auch eine Frage Ihrer Bilanz, dass eben Bildungspolitik in diesem Land nicht mehr funktioniert.
Wenn wir uns das alles anschauen, dann kommt das zu einem Kern. Das kann ich Ihnen nicht ersparen, weil Sie die erste Regierung sein werden, welche das Land in einem schlechteren Zustand übergibt, als sie es geerbt hat.
Das lässt sich an allen Zahlen belegen: Das lässt sich am Wirtschaftswachstum belegen, das lässt sich an der Bildungspolitik belegen, das lässt sich an der Infrastruktur belegen. Das merken die Menschen und deswegen schreiben sie Ihnen ins Stammbuch, dass Sie nur noch 30 Prozent Vertrauen genießen. Ich meine, das ist die Alarmglocke, deswegen diskutieren wir das heute hier.
Ich bin durchaus dankbar, dass Herr Hoff dann doch heute die Regierungserklärung gehalten hat, weil er schrieb in seinem Buch immer von der Partei des neuen Typus. Er schrieb davon, dass Thüringen …
(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Habe ich überhaupt nicht gemacht!)
Sie können sich ja gern für den Thüringer Landtag aufstellen lassen. Sie können dann auch gern Abgeordneter werden, aber noch sitzen Sie auf der Regierungsbank. Und ich glaube, das sollte Ihnen klar sein, dass es da auch um Mäßigung geht.
Aber ich habe Ihr Buch gelesen, Herr Hoff. Wenn ich mir das anschaue, dann ist im Kern Thüringen zum Experiment für Sie geworden. Sie sprachen gerade davon: unsere Heimat. Wenn es Ihre Heimat wäre, wie für alle anderen Minister auch, dann würden Sie tatsächlich das hier auch als Ihre Heimat begreifen und nicht am Wochenende wieder aus Thüringen wegpendeln. Das war auch die Wahrheit, die es gibt.
(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Zu meinen Kindern, verdammte Axt noch mal! Zur Familie! Ist das für einen Christde- mokraten nicht wichtig, dass es Familie und Kinder sind? Für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf!)
Herr Minister, ich bitte Sie wirklich um Mäßigung und das geht an alle. Herr Abgeordneter Voigt hat das Wort.
Ich sage Ihnen das ganz simpel: Für Sie ist Thüringen ein Experiment gewesen. Im Rückspiegel wird man die Veränderung sehen. Aber tatsächlich – und das ist das, was philosophisch bei Ihnen nicht mehr passt – leben Sie in einer Welt, die vielleicht mal vor 30, vor 40 Jahren existiert hat. Sie wenden Kategorien an, die für die Modernität dieses Landes nicht mehr passen.
Wer immer in den gleichen Kategorien denkt, der ist blind für die Möglichkeiten, die dieses Land bietet. Marcel Proust hat das mal sehr schön formuliert, der hat geschrieben: Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, dass man nach neuen Landschaften sucht, nach neuen Experimenten, sondern dass man die eigene Landschaft mit neuen Augen sieht. Sie sehen nicht die Veränderungen, die in Thüringen vonstattengehen.
Sie haben dafür keine Antworten. Sie sind zukunftsblind für das, was dieses Land braucht. Und deswegen gehören Sie abgewählt, weil Sie kein Konzept davon haben, wie dieses Land geführt werden muss.
Ich will Ihnen sagen: Die Thüringerinnen und Thüringer, die sind Erfinder des Fortschritts, die sind etwas, was …
(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Also dass das Niveau sinken wird, habe ich erwartet, aber so sehr?!)
(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Na ja, er hat von Landesplanung keine Ahnung! Drei Sätze, drei Fehler!)
Wir haben Ihren Minister ausreden lassen, aber ich merke an der Nervosität, die in Ihnen steckt, dass Sie sich getroffen fühlen.
Wir machen es ganz praktisch, weil der Thüringen-Monitor heute hier diskutiert wird. Das Hauptthema des Thüringen-Monitors war Digitalisierung.
Und wissen Sie, wenn man sich für die Zukunft vorbereiten würde, dann würde man anerkennen, dass Thüringen im Altersdurchschnitt das zweitälteste Bundesland ist. Dann würde man manche Fragen, die in Thüringen gestellt werden, mutiger, klarer und vor allen Dingen auch zukunftsoffen beantworten. Haben Sie sich um die Frage gekümmert, dass wir in der medizinischen Versorgung eine flächendeckende Versorgung haben?
Nein, das haben Sie nicht gemacht. Haben Sie sich in der Frage gekümmert, wie eine moderne Infrastruktur in einem Land aufgestellt sein muss, das überwiegend ländlich geprägt ist? Haben Sie es gemacht? Nein. Sie haben die Finanzierungsströme so verändert, dass die Menschen sich dort abgehängt fühlen. Das
haben Sie im letzten Thüringen-Monitor ins Stammbuch geschrieben bekommen. Jetzt geht es um Digitalisierung, um die Frage der Modernität dieses Landes. Wissen Sie, was Ihnen die Leute da ins Stammbuch schreiben? Wir sind digitalisierungsbejahend, aber wir stellen fest, dass es nicht funktioniert und, oh Wunder, die Bitkom-Studie von vor zehn Tagen schreibt es Ihnen ins Stammbuch: Thüringen ist rote Laterne bei der Digitalisierung und die Menschen im Thüringen-Monitor empfinden das genauso. Das ist die Frage von Zukunft und Modernität, die Sie nicht geregelt bekommen haben, warum Sie abgewählt gehören, weil Sie sich an der Zukunft dieses Landes vergehen. Das ist etwas, was Digitalisierung zeigt.
Nein, ich sage es Ihnen ganz konkret: 87 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer wünschen sich eine stärkere Digitalisierung der Verwaltung. Jetzt schauen wir uns mal an, wo Thüringen in der Umsetzung des OZG steht, dann stellen wir fest – der Zuständige ist heute hier in der Diskussion nicht mal da –,
dass die Digitalisierung in Thüringen in der Verwaltung misslungen ist. Sie werden alleingelassen. Gehen Sie in die Kommunen, gehen Sie nach Barchfeld-Immelborn und hören sich da mal um.
(Zwischenruf Abg. Bilay, DIE LINKE: Das sind doch eure Bürgermeister, die das verhindern, Barch- feld-Immelborn!)