Protocol of the Session on June 1, 2023

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber was sie sind, sie sind frustriert und wir müssen ihnen die Hand ausstrecken, weil es ein besseres Thüringen gibt, und das wollen wir liefern in diesem Land.

(Beifall CDU, Gruppe der FDP)

Und wenn Thüringen, ich sage das ganz klar, nicht jetzt die Kurve bekommt oder wenn Thüringen noch die Kurve bekommen soll, dann muss sich etwas Grundlegendes ändern. Wir sind ein stolzes Land. Sie verweisen häufig, Herr Ministerpräsident, auf Bernhard Vogel. Da waren wir Leuchtturm im Osten. Da waren wir die Nummer 1.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ein Quark!)

Und auf diese Erfolgsspur müssen wir auch wieder zurückkommen.

(Unruhe DIE LINKE)

Und ich will nicht missverstanden werden. Hier geht es nicht um einfache Schuldzuweisungen und Einseitigkeiten an diesem Tag.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, gar nicht!)

Die Probleme sind dafür viel zu groß. Jeder hier im Parlament trägt Verantwortung. Jeder muss sich hinterfragen,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie auch!)

auch die Opposition. Wir als konstruktive Opposition tragen unsere staatspolitische Verantwortung für Thüringen, weil wir unsere Heimat, weil wir dieses Land lieben. Das haben wir bei den Haushalten gezeigt.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Aber vor allem, Herr Ramelow, müssen diese Zahlen eine Regierung und einen Ministerpräsidenten, der seit fast einem Jahrzehnt dieses Land hier regiert, doch wachrütteln. Dafür, dass dieser Thüringen-Monitor eine substanzielle Vertrauenskrise offenlegt, war das, was Sie heute hier gesagt haben, viel zu wenig.

(Beifall CDU)

Ihre Regierungserklärung hat doch heute offengelegt und vor Augen geführt, dass es eine Diskrepanz gibt zwischen der Politik, die wir in Thüringen haben, und zwischen der Politik, die wir in Thüringen brauchen. Ihrer Regierung fehlt das Vertrauen der Bevölkerung. Aber vor allen Dingen fehlt es ihr offensichtlich an einer Idee und einem Zukunftsbild für dieses Land. Denn bei aller Wertschätzung, es geht doch heute nicht um die Aufzählung von Einzelmaßnahmen. Bauausstellung, 9-Euro-Ticket – klar, das sind für sich genommen wichtige Themen. Kein Thema, keine Frage.

Aber es geht doch bitte schön nach diesem Thüringen-Monitor um eine zentrale und grundlegende Frage: Wie gewinnen wir neues Vertrauen bei den

Menschen? Wie schaffen wir endlich politische Stabilität in diesem Land? Was ist die Vorstellung von der Zukunft unseres Freistaats? Das hätte heute hier ein Regierungschef offenlegen müssen. Das haben Sie nicht getan und ich kann Ihnen nur eines sagen: Wir müssen den Menschen wieder Enttäuschung nehmen, Zuversicht spenden und sie für die Zukunft dieses Freistaats begeistern. Das ist Führungsaufgabe von Politik in diesen Zeiten. Das hätte heute hier von diesem Pult gesprochen gehört.

(Beifall CDU)

Denn worauf kommt es denn jetzt an? Erstens, es geht um eine ehrliche Analyse der Situation. Es geht zweitens um den Fokus auf die echten Probleme dieses Landes und die Sorgen der Menschen. Und das Dritte, es geht um eine klare Idee für die Zukunft dieses Landes. Und wenn Sie sich ehrlich machen, der Thüringen-Monitor bestätigt doch in vielen Bereichen das, was wir hier seit längerer Zeit ansprechen und kritisieren. Der ländliche Raum wird in zentralen Bereichen abgehängt.

(Zwischenruf Abg. Bilay, DIE LINKE: Wo denn?)

Die Menschen sind verärgert darüber, dass die Ramelow-Regierung an diesen Verhältnissen nichts ändert, sondern diese mit ideologischer Politik noch verstärkt. Das ist der Kernbestandteil dieses Thüringen-Monitors.

(Beifall CDU, Gruppe der FDP)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das ist totaler Blödsinn!)

Natürlich ist das der Kern dessen, was im Thüringen-Monitor steht.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: So ein Quark!)

Und wir müssen doch festhalten, Thüringen ist in den vergangenen Jahren wirtschaftlich immer mehr ins Hintertreffen geraten. Wir sind vom Vorbild zur roten Laterne geworden.

(Unruhe DIE LINKE)

Und das merken die Menschen auch in diesem Freistaat, wo nur noch 27 Prozent der Aussage zustimmen, die wirtschaftliche Lage in Thüringen sei besser als in anderen ostdeutschen Bundesländern. 2018 war der Wert fast doppelt so hoch. Das ist ein heftiger Absturz in wenigen Jahren und das ist ein Misstrauensantrag der Menschen gegen die Politik, die Sie hier betreiben.

(Beifall CDU)

Ich habe jetzt einiges über „Chancenland“ gehört, ich will es nur mal auf die Bildungspolitik beziehen:

1.000 unbesetzte Lehrerstellen und 20.000 Stunden Unterrichtsausfall pro Monat, fast jeder zehnte Schüler in Thüringen verlässt unsere Schulen ohne Abschluss. Ist das das Chancenland? Ich kann Ihnen sagen: Das ist eine Bankrotterklärung! Wir brauchen endlich eine Zäsur in der Bildungspolitik, dass das wieder im Mittelpunkt steht und unseren Kindern tatsächliche Chancen bietet.

(Beifall CDU)

Oder nehmen wir das Thema „Daseinsvorsorge“ fernab der größeren Städte: Da muss uns doch betroffen machen, wenn in den ländlichen Regionen jeder Fünfte die Sorge hat, dass der Rettungswagen nicht rechtzeitig kommt – Landleben als gefühltes Sterberisiko.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das gibt es in der Stadt auch!)

Das ist ein Armutszeugnis für eine Landesregierung und da muss man anpacken.

(Beifall CDU)

Das sind alles keine neuen Phänomene. Das sind gleichzeitig aber Themen, die Sie nicht beherzt anpacken. Ich will nur erinnern an den gestrigen Antrag der FDP zum Thema „Gesundheitsvorsorge“, das war genau der Kernbestandteil dessen.

(Beifall Gruppe der FDP)

Sie haben sich heute hier Dinge bestätigen lassen, die haben die Oppositionsparteien in diesem Landtag eingebracht. Ich nehme nur das Thema „Zulagen für Lehrer im ländlichen Raum“ oder das „Kleine-Gemeinden-Programm“. Das waren unsere Initiativen, Sie haben sie aus dem Haushalt rausgestrichen

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Nein!)

und das zeigt, dass Sie mit dem ländlichen Raum nicht umgehen können.

(Beifall CDU)

Ich will es Ihnen sagen: Für Sie ist abseits der Städtekette Thüringen offensichtlich nicht richtig existent. Aber tatsächlich ist es so: In den 535 Gemeinden, die kleiner sind als 5.000 Einwohner, leben mehr Menschen als in den vier Städten, die mehr als 50.000 haben. Das ist doch der Punkt: Es geht um das Gemeinsame, es geht darum, das gemeinsam zu entwickeln. Was uns der ThüringenMonitor ins Stammbuch schreibt, ist, dass sich die Menschen politisch und wirtschaftlich im ländlichen Raum abgehängt fühlen. Da geht es um medizinische Versorgung, da geht es um wirtschaftliche Möglichkeiten, da geht es um die Frage von Kultur und Freizeit. Das ist eine Politik, die den ländli

chen Raum systematisch links liegen gelassen hat, und das steht in diesem Thüringen-Monitor. Wir versuchen das als konstruktive Opposition auszugleichen – das „Kleine-Gemeinden-Programm“ habe ich schon genannt –, wir stehen zu den Menschen im ländlichen Raum, aber wir haben vor allen Dingen auch deutlich gemacht – durch die Zulagen für Lehrer im ländlichen Raum –, dass wir ihnen dort eine Chance geben wollen.

Es überrascht nicht: Das, was im Thüringen-Monitor steht, zeigt eines offen: Die Menschen haben Zutrauen zu den Vereinen, zu den Oberbürgermeistern, zu den Landräten, zu den Gemeinderatsmitgliedern, zu den Stadtratsmitgliedern. Warum? Weil sie vor Ort versuchen, die Probleme zu lösen.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Wir verlangen das auch!)

Ich will vielleicht eines sagen: Wir können hier Dorfkümmerer zitieren, die größten Dorfkümmerer sind die ehrenamtlichen Bürgermeister und die verdienen seit Jahren nicht den Respekt, weil ihnen im KFA immer wieder Geld genommen wird, um vor Ort zu gestalten. Deswegen haben wir das „KleineGemeinden-Programm“ eingeführt.

(Beifall CDU, Gruppe der FDP)

(Zwischenruf Abg. Bilay, DIE LINKE: 2,2 Milli- arden Euro im KFA!)

(Unruhe DIE LINKE)