Meine Damen und Herren, Frau Marx, das ließ ja hoffen, wenn Sie sagen, Sie wollen „erst mal“ nicht zustimmen, vielleicht kann ich Sie jetzt mit meiner Rede noch ein bisschen überzeugen. Außerdem geht es ja nicht um den Antrag, sondern am Ende werde ich Ausschussüberweisung beantragen, viel
Meine Damen und Herren, ein paar Beispiele sollen verdeutlichen, wozu diese Regelung, die wir ändern wollen, führt. Ein Karsten M. erhält seit seinem 40. Lebensjahr eine Pension von 2.400 Euro monatlich, weil er in Weimar sechs Jahre als Baubürgermeister tätig war. Die bestehende Gesetzeslage erlaubt es zudem, dass vorherige Arbeits- und Ausbildungszeiten angerechnet werden, darauf sind Sie auch nicht eingegangen. Bei einer Dorothee H. aus Eisenach, die gerade mal zweieinhalb Jahre im Amt war, beläuft sich die Pension auf 2.100 Euro seit Mitte 2015.
Das ist aber nicht nur in Thüringen ein Problem, sondern in ganz Deutschland. Es gibt noch einen ganz eklatanten Fall in Osnabrück, wo eine Jutta B. nach nur 16 Diensttagen ein Ruhegehalt von 2.500 Euro lebenslang bezieht.
Das sind drei Beispiele – man könnte wahrscheinlich Hunderte nennen –, die verdeutlichen, warum dieser Antrag notwendig und auch fast nahezu zustimmungspflichtig ist.
Das sind nämlich alles Fälle, die in krassem Gegensatz zu all jenen stehen, die mit ihren Steuergeldern diese Pensionen bezahlen, in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und nach 40 Jahren vielleicht einen Rentenanspruch von 1.000 Euro und nicht nach 16 Tagen einen von 2.500 Euro haben. Und das ist nichts anderes als eine schreiende Ungerechtigkeit, meine Damen und Herren.
Und es ist auch nicht ersichtlich, warum dieses doch angeblich so um soziale Gerechtigkeit bemühte Parlament nichts dagegen unternimmt und wohl genauso untätig bleiben wird wie bei der üppigen Altersversorgung von uns Abgeordneten. Zumindest mal interessant, ich bin ja jetzt öfter bei Podiumsdiskussionen, da kommt immer so von den Linken und von den Grünen der Einwand: Ja, wir wollen auch Abgeordnetenrentenrecht reformieren. Da sage ich immer: Hallo, wir haben die Anträge doch eingebracht. Dann kriegen sie meistens rote Backen und dann fällt denen nichts mehr ein.
Sie waren dabei, Frau Rothe-Beinlich, können Sie sich erinnern? Da habe ich Ihnen genau nachgewiesen: Wir haben es beantragt, Sie haben es abgelehnt. Das erklären Sie den Leuten draußen, das hat keiner verstanden, was Sie da rumgestammelt haben, Frau Rothe-Beinlich.
Es ist auch einfacher, von anderen draußen Opfer zu verlangen und sich selbst keines zuzumuten. Draußen wird ein Rentenniveau von 40 Prozent angesteuert, und das scheint in Ordnung für Sie. Aber wenn es um Sie selbst hier im Parlament und Ihre Klientel bei den kommunalen Wahlbeamten geht, da ist Ihnen nichts zu teuer, da wird das Geld mit vollen Händen rausgeschmissen, und das ist keine soziale Politik, meine Damen und Herren, das ist klassische unsoziale Politik, die Sie hier betreiben.
Interessant ist die Ablehnung, die jetzt hier schon von Frau Marx und auch von Frau Holbe kam – wahrscheinlich kommen noch zwei ablehnende Wortmeldungen hinterher –, denn eine ähnliche Debatte, wie sie Sie heute führen, gab es im Jahr 2011 – gar nicht so lange her, sechs Jahre. Wie verliefen die Fronten damals? Die Linke, Herr Kuschel – gerade nicht da –, meinte, der Regelungsbedarf …
Jetzt sind Sie da, Herr Kuschel. Ah, Entschuldigung, alles klar, ich nehme alles zurück! So ordentlich gekleidet erkennt man die Linken gar nicht.
Die Linke, also Herr Kuschel, wurde mir zugetragen, meinte in der Debatte, der Änderungsbedarf sei offensichtlich, denn es könne nicht angehen, dass ein 27-Jähriger eine lebenslange Pension erhält – so werden Sie zitiert.
Die Grünen vor sechs Jahren: Die Grünen hatten die Änderung selbst eingebracht und waren der Meinung, dass das Ruhegehalt erst mit dem Erreichen der Altersgrenze gezahlt werden sollte. Diese Regelung, liebe Grüne, steht heute hier zur Abstimmung, von der AfD präsentiert.
mich meine Versprechen von gestern? Sehen Sie, Herr Adams, Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund. Hauptsache, uns geht es gut und unsererem Klientel geht es gut, so weit sind Sie gesunken in Ihrer Politik, liebe Grüne und liebe Linke.
Die sogenannten Sozialdemokraten, also die Partei, der Deutschland Hartz IV verdankt, die VW-Aufsichtsräte mit Millionenabfindungen nach Hause schickt und die uns den angeblich reichsten Kanzlerkandidaten der bundesdeutschen Geschichte präsentiert: Auch sie befürworten natürlich nach wie vor dieses Abkassieren, was unser Gesetz ändern will. Die SPD, das angebliche soziale Gewissen der Nation, hat kein Problem damit, dass einzelne Privilegierte nach nur fünf Jahren Amtszeit eine lebenslange Pension beziehen, die andere nach 40 Jahren Arbeitsleistung nicht ansatzweise erzielen können, und das alles auf Kosten derjenigen, die tagtäglich hart arbeiten, Frau Marx. Das ist Ihre sozialdemokratische Partei.
Großzügige Hinzuverdienstgrenzen – Sie hatten es angesprochen – machen es zudem möglich, dass selbst dann, wenn die ehemaligen Bürgermeister, Beigeordneten oder Landräte einem neuen Job nachgehen, kaum etwas auf die Pension angerechnet wird. Sie können bis zur Höhe ihres letzten Gehalts hinzuverdienen, ohne dass die Pension gekürzt wird. Wo gibt es denn so was? Da fragen wir uns doch, was sagt die rot-grüne Landesregierung dazu? Eine rot-grüne Landesregierung, die die soziale Gerechtigkeit wie eine Monstranz vor sich herträgt. Auch Minister Poppenhäger, der …
Na ja, Ex-Minister Poppenhäger, der seit gestern eine stattliche staatliche Rente oder Überbrückungsgeld – was bekommt er? – genießen kann, unterstützte die großzügigen Pensionsregelungen mit dem Argument, dass die Bürgermeister eine Absicherung benötigten. Warum es aber dann der immensen Zuverdienstmöglichkeiten bedarf, sagte er nicht. Das ist ja auch nicht wirklich begründbar. Wenn ich sozial abgesichert bin, warum soll ich dann noch in der Höhe, die ich vorher verdient habe, hinzuverdienen? Das ist doch nicht ansatzweise nachvollziehbar.
Wenn es wirklich nur darum ginge, wie Sie alle sagen, die begünstigten Bürgermeister, Landräte und Beigeordneten vor sozialen Risiken zu schützen, könnte man doch problemlos die üppigen Pensionen mit neuem Einkommen verrechnen. Dann hat er doch den sozialen Anschluss wieder gefunden. Was spricht denn dagegen? Beim normalen Bürger geht das doch auch.
Warum nicht auch bei den kommunalen Wahlbeamten? Was haben wir von Frau Holbe gehört? Bürgermeister würden viele Überstunden machen. Das mag ja sein. Aber ich mache seit 20 Jahren Arbeitsrecht. Ich habe noch nie gehört, dass Überstunden über einen Rentenanspruch abgegolten werden, Frau Holbe.
Also da könnte man sich über eine Besoldungserhöhung unterhalten und nicht über eine lebenslange Pension, die hinten dranhängt.
Die weitere Argumentation hier ist natürlich auch schwierig. Das spricht wahrscheinlich für Ihre Kandidatenauswahl, Frau Marx. Wenn Sie sagen, nach fünf Jahren im Amt haben die von Ihnen ausgewählten Bürgermeister alles vergessen, was sie in den Jahren vorher gelernt haben. Da sollten Sie vielleicht mal die Kandidatenauswahl bei sich überdenken und Leute in solche Ämter wählen, die nicht nach fünf Jahren alles vergessen haben, was sie in ihrem Leben vorher gelernt haben.
Also ich würde wirklich mal darüber nachdenken, ob das der richtige argumentatorische Ansatz ist. Wenn Sie darauf hinweisen, dass die Politik vom Wechsel lebt, haben Sie recht. Aber ein Wechsel in beide Richtungen. Der Wechsel von der Wirtschaft hinein in die Politik und dann auch wieder von der Politik hinein in die Wirtschaft. Offenbar haben Sie nur die eine Richtung des Wechsels vor sich, nämlich in die Politik und dann stattliche staatliche Pensionsansprüche und dann wird alles gut. Den Wechsel, den Sie gerade genannt haben, den gibt es auch gar nicht. Sie sehen, ich zerpflücke hier ein Argument von Ihnen nach dem anderen. Das waren gar keine Argumente, was Sie hier gebracht haben. Deshalb sollten Sie jetzt noch mal zuhören und dann in sich gehen und vielleicht zumindest der Ausschussüberweisung zustimmen.