Protocol of the Session on August 30, 2017

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als Nächste hat das Wort Abgeordnete Muhsal für die Fraktion der AfD.

Danke schön, Herr Präsident. Sehr geehrte Abgeordnete! Frau Henfling, ich gestehe Ihnen zu, Sie haben den offenbar für Sie entscheidenden Punkt gerade genannt, Sie haben gesagt: nach der Bundestagswahl. Ich bin schon erstaunt, wie vehement hier nicht nur anderen purer Wahlkampf vorgeworfen wird, sondern auch noch Gewalt gegenüber diesen Personen verharmlost wird und auf der anderen Seite vollkommen ausgeblendet wird, was Ihrerseits die Intention ist, bis auf diese eine Bemerkung. Sie haben recht, es ist Wahlkampf und die Linken, die die Aktuelle Stunde eingereicht haben, haben ja bislang nicht geglänzt. Wir hatten die Ausschreitungen bei G20, wir hatten Regierungsfraktionen hier, die

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reden Sie mal zum The- ma!)

nach G20 zivilen Ungehorsam in Ordnung fanden und jetzt soll diese Aktuelle Stunde natürlich davon ablenken und es soll versucht werden, den Leuten soziale Gerechtigkeit vorzuspielen, wo man sich doch eigentlich viel lieber mit Extremismus beschäftigt.

(Beifall AfD)

Für die AfD kann ich erfreulicherweise sagen, an unseren Wahlkampfständen sieht das so aus, dass die Zahl derjenigen deutlich gestiegen ist, die sagen: Ich bin für soziale Gerechtigkeit. Früher habe ich links gewählt, jetzt wähle ich AfD.

(Beifall AfD)

Die Entwicklung freut mich, dennoch möchte ich natürlich auch Ihre Behauptung, der BAföG-Satz sei nicht an die „studentische Lebensrealität“ angepasst, als das entlarven, was es ist: unsozialer Unsinn. Die letzte BAföG-Erhöhung gab es im Oktober 2016. Der BAföG-Höchstsatz wurde damals von 670 Euro auf 735 Euro erhöht. Da frage ich Sie: Was verdient ein Friseur oder – gendergerecht – eine Friseurin? Das stand sogar heute noch mal aktuell in der Zeitung: In Ostdeutschland 269 Euro im Monat und in Thüringen 205 Euro im Monat.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Hört, hört!)

Ich nenne mal die Daten für einen Tischler: Der verdient im ersten Lehrjahr 518 Euro im Monat. Also statt soziale Gerechtigkeit vorzuspielen, sollten wir uns vielleicht lieber um diejenigen kümmern, die den oftmals steinigen Weg einer Ausbildung gehen,

(Beifall AfD)

das heißt, die eine geringere Vergütung bekommen, die oftmals trotz einer Ausbildungsvergütung aufstocken müssen und die – anders als Studenten – häufig ihre Fahrtkosten oder erhebliche Fahrtkosten auch noch tragen müssen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Das machen die Studenten auch!)

Ja, die Studenten haben aber ein Semesterticket

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Das müssen Sie aber auch bezahlen!)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Studenten zahlen für ihr Ticket!)

und die Studenten haben auch eine Uni und wohnen normalerweise in der Großstadt und die Auszubildenden wohnen öfter mal auf dem Land und müssen da hin- und herfahren. Dass Sie das bisher ignoriert haben, das erstaunt mich zwar, aber es ist tatsächlich so.

(Beifall AfD)

Welche Auswirkungen diese BAföG-Erhöhung, die im Oktober 2016 erfolgt ist, hat, dürfte sich in der

(Abg. Henfling)

Statistik von 2016, wenn man sie gesamt anschaut, natürlich auch nur sehr rudimentär niederschlagen, denn das gilt ja nur für drei Monate. Ich halte es für recht gewagt, daraus Schlüsse zu ziehen, wie Sie das hier in Ihrer Aktuellen Stunde tun.

(Beifall AfD)

Im Übrigen gilt: Wenn bei einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung und gesunkenen Arbeitslosenzahlen mehr Familien ihren Kindern ein Studium mitfinanzieren können, ist das doch grundsätzlich zu begrüßen. Sozialleistungen sollen in einem gesunden Maße dort erfolgen, wo sie gebraucht werden, und nicht, um Menschen von Geld, das durch den Staat ausgezahlt wird, abhängig zu machen.

(Beifall AfD)

Daran anschließend: Was tun Sie für die Familien, die es aus eigener Kraft schaffen, ihren Kindern ein Studium zu ermöglichen? Offenbar nichts! Denn Ihr Anliegen, das BAföG erneut zu erhöhen, geht ja – im Wahlkampf genauso wie sonst – auf die Kosten derer, die es schaffen, ihren Kindern das Studium zu finanzieren und die dann auch noch die Steuern zahlen und erarbeiten, die Sie ganz gerne ausgeben wollen.

(Beifall AfD)

Aber auf der anderen Seite muss ich Ihnen – gerade Ihnen als Linke – auch mal sagen: Sie lehnen hier im Plenum Ideen ab, die offensichtlich sozial gerecht sind. Beispielsweise haben wir als AfD vor etwa einem Jahr einen Antrag eingebracht, der jede Familie je Kind um circa 200 EUR bei den Sozialversicherungsbeiträgen entlastet hätte. Dieses Geld wäre unmittelbar den Familien zugutegekommen, und zwar unabhängig davon, ob die Kinder zur Schule gehen, ob sie studieren oder eine Ausbildung machen.

(Beifall AfD)

Das hat Ihnen nicht gepasst, weil es genau das war, was Sie immer für sich reklamieren, nämlich sozial gerecht, und weil es von uns kam. Abschließend erlaube ich mir noch eine Bemerkung: Hier war jetzt auch die ganze Zeit von den sogenannten Studierenden die Rede. Ich erkläre Ihnen das noch mal: Die „Studierenden“ gibt es nur, wenn diese Leute auch tatsächlich in dem Moment studieren, ansonsten heißen die „Studenten“. Teilweise haben Sie das in Ihrer Aktuellen Stunde auch erkannt, weil sie dort zwar von „Studierenden“ schreiben, aber dann auch von „Schülern“ und „Schülerin“ oder

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Sie haben doch keine Ahnung! Das ist der Punkt!)

ich weiß nicht, ob Sie die dann „Schülierenden“ nennen wollen –, die haben Sie leider vergessen.

Vielleicht bleiben Sie dann einfach bei der normalen Variante.

(Beifall AfD)

Danke schön. Als Nächster hat das Wort Abgeordneter Prof. Dr. Voigt für die CDU Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Können Sie das mal richtigstellen, dass auch Schüler BAföG bekommen! Danke!)

Werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Ja, Studenten und Schüler erhalten BAföG, im deutschen BAföG seit 1971. Wenn wir heute über die BAföG-Situation reden, so kurz vor der Bundestagswahl, finde ich das immer hochgradig spannend, mit wie viel konzeptioneller Stärke hier angetreten wird, um etwas zu besprechen, was im Deutschen Bundestag und nicht im Thüringer Landtag entschieden wird. Der Konzeptansatz der Union ist ganz klar: Bei uns sollen die Fähigsten studieren und nicht die Reichsten, deswegen gibt es das BAföG.

Jetzt schauen wir mal konkret auf die Thüringer Zahlen. Da werden wir schnell feststellen, dass von der letzten BAföG-Novelle oder von der Erhöhung bis heute, dem letzten Messzeitpunkt 2016, der Anteil derjenigen, die die Höchstförderung in Thüringen bekommen, angewachsen ist, weil wir dafür gesorgt haben, dass diejenigen das Geld bekommen, die es nötig haben. Daran sieht man auch den Erfolg der BAföG-Novelle. Um gleich jeder Mär entgegenzutreten, schauen Sie sich doch nicht nur die bundesweiten Berichte an, schauen Sie sich doch auch mal die Sondererhebungen an, die das Deutsche Studentenwerk im Hinblick auf Thüringen macht. Da werden Sie feststellen, dass Thüringen einen der höchsten Anteile in Deutschland an Nichtakademikerhaushalten unter den Studenten hat. Das zeigt doch letztlich, dass wir versuchen, da einen guten sozialen Ausgleich herzustellen.

Ich will es vielleicht noch einmal rekapitulieren, damit hier keine falschen Zahlen kursieren: Seit 2005, seitdem Angela Merkel Bundeskanzlerin ist – weil es hier offensichtlich um Bundesthemen geht –, hat sich der Bundeshaushalt im Bereich Forschung und Wissenschaft auf 17 Milliarden Euro verdoppelt. Diese Union hat dafür Sorge getragen, dass Forschung, Wissenschaft und studentische Unterstützung mehr Geld erfahren: Das zeigt ganz eindeutig, wo unsere Prioritätensetzung ist.

(Beifall CDU)

Auch unter der Führung der Union ist ein BAföGGesetz in Kraft gesetzt worden, bei dem – erstens – der Bund die vollen Kosten übernimmt und bei

(Abg. Muhsal)

dem wir – zweitens – konzeptionell herangegangen sind und gesagt haben, wir steigern die Bedarfsätze um 9 Prozent, wir steigern die Mietkostenzuschüsse, wir steigern den Betreuungszuschlag, wir steigern die Freibeträge auf das Einkommen der Eltern und wir schließen die Förderlücke zwischen Bachelor und Master. All das ist unter der Ägide der Union passiert, während Sie unter Rot-Grün – wenn ich das mal rekapitulieren darf – nichts zustande gebracht haben; Edelgard Bulmahn, ich erinnere nur an die BAföG-Debatten, die wir damals geführt haben.

Dann – jetzt kommt Landespolitik ins Spiel – gibt es sogar in dieser Hochschulgesetznovelle eine Forderung an die Länder, dem die Länder auch zugestimmt haben, nämlich dass zum 1. August 2016 eine BAföG-Antragstellung online zu ermöglichen ist. Jetzt schauen wir mal auf Thüringen. Was haben wir im Bereich der Studentenwerke vonseiten der Landesregierung schon alles an kreativen Aktionen erlebt? Wir haben 200.000 Euro ausgegeben, um ein Türschild umzuhängen, wo jetzt Studierendenwerk steht, aber nicht mehr Studentenwerk.

(Beifall CDU, AfD)

Wenn wir diese 200.000 Euro mal in die Onlineantragstellung gepackt hätten, dann hätten die Studenten mehr davon gehabt, weil ein großer Vorwurf an die BAföG-Beantragung ist, dass es zu kompliziert ist und deswegen mehr und mehr Studenten auf Studienkredite oder andere Formen der Studienfinanzierung umsteigen. Das kann uns nicht befriedigen, weil ich noch einmal sage: Die Fähigsten, nicht die Reichsten sollen studieren. Aber wenn wir im Freistaat es nicht mal hinkriegen, unsere Hausaufgaben zu machen, nämlich eine Onlinebeantragung auf den Weg zu bringen, dann kann ich nur sagen, müssen Sie mit solchen Schaufensteranträgen, bitte schön, schweigen.

(Beifall CDU, AfD)

Dann habe ich mir mal eine Kleine Anfrage der Kollegin Mühlbauer zur BAföG-Umstellung zurate gezogen. Da ist nämlich gefragt worden: Was passiert eigentlich jetzt? Der Bund übernimmt die Kosten tutti completti für das BAföG. Das ist immerhin was. Wie viel spart das für Thüringen ein? – 24 Millionen Euro ist ihr damals geantwortet worden. Diese 24 Millionen Euro tatsächlich mal eingesetzt in Thüringen und nicht vergraben mit zusätzlichem Bundesgeld in irgendwelchen studentischen Wohnbauprogrammen, wo der Bund am Ende noch mal Geld drauflegt und sie es trotzdem nicht schaffen, diese 24 Millionen Euro eins zu eins in die Hochschulen bzw. zu den Studenten zu bringen – das ist doch beschämend. Deswegen bitte nicht solche Augenwischerei, das ärgert mich.

Ich kann nur eines sagen: Wissen Sie, diese Woche hatte Herr Schulz eine nationale Bildungsoffen

sive vorgestellt. Ich muss sagen, das war ja wohl lächerlich. Da stehen Bremen und Berlin vorn, wirklich die Bildungslooser dieser Republik. Die wollen erzählen, wie wir Bildungspolitik in den nächsten Jahren machen wollen? Bitte, so etwas brauchen wir in Thüringen nicht! Schönen Dank!

(Beifall CDU, AfD)