Protocol of the Session on June 23, 2017

Ja, es ist nun im Geschäftsgang drin, Wolfgang Fiedler.

Dann sagt die CDU – und das finde ich ganz spannend –: Die VGs sollen im Jahr 2035 zumindest 5.000 demografiefeste Einwohner haben, von 6.000 auf 5.000 runter. Das ist die Ziffer 3 in Ihrem Antrag. Damit wir es zu Protokoll nehmen und damit das ganze Land Thüringen das auch noch einmal hört und damit die jeweiligen Einwohner in den VGs, die das betrifft, auch mal genau wissen, was es bedeutet, wenn der eine hier vorn jetzt sagt, man solle die Gebietsreform stoppen, vor einem Jahr aber mit seiner Fraktion den Antrag gestellt hat, dass VGs unter 5.000 Einwohner auch neu gegliedert werden müssen, will ich gern mal hier mit Interesse vorlesen – mit Erlaubnis des Präsidenten...

Herr Abgeordneter Hey, es gibt vorher noch eine Anfrage des Abgeordneten Mohring. Wollen Sie diese vorher zulassen?

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Dem können Sie nicht widerstehen!)

Nein, da kann ich nicht widerstehen. Gern.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. Ich wollte Sie fragen: Meinen Sie nicht, dass es widersprüchlich ist, dass Sie einerseits der CDU-Fraktion regelmäßig vorwerfen, keine Änderungsanträge zu stellen, dann aber in Ihrer Rede auf einen Änderungsantrag, auf den ich auch am Mittwoch in der Aktuellen Stunde schon hingewiesen habe, verweisen, der 18 Seiten umfasste, den Sie abgelehnt haben und wo wir Sie darauf aufmerksam gemacht haben, dass, wenn Sie unserem Antrag damals vor einem Jahr zugestimmt hätten, Sie sich dann möglicher

(Abg. Hey)

weise die Pleite vor Gericht hätten sparen können? Meinen Sie nicht, dass das völlig widersprüchlich ist, was Sie gerade machen? Sie werfen uns vor, Anträge zu stellen, dann lehnen Sie sie ab und dann zitieren Sie daraus und meinen, weil wir konstruktiv mitarbeiten wollten an der Entwicklung dieses Landes, wie wir heute aufgefordert wurden, uns aber genau das jetzt vorzuwerfen.

(Beifall CDU)

Herr Kollege Mohring, wenn Sie einverstanden sind, würde ich im Verlauf meiner Rede auf diese Frage eingehen und versuchen, sie zu beantworten – ob zur Zufriedenheit, wird sich zeigen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wenn sich nicht wieder eine neue Widersprüchlichkeit ergibt!)

Soweit die Redezeit reicht, können wir das gern machen. Aber ob ich gleich wieder neue Widersprüchlichkeiten produziere, können Sie ja jetzt noch nicht wissen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ich ahne es!)

Es könnte sein.

Herr Hey hat noch 2 Minuten. Ich würde sagen, Herr Hey, fahren Sie fort.

Es sind insgesamt 34 VGs, die insgesamt heute noch mehr als 150.000 Einwohner haben, denen Sie damals schon den Weiterbestand quasi nicht mehr zusichern wollten. Und jetzt komme ich zur Beantwortung Ihrer Frage: Ich halte das nicht für widersprüchlich. Ich habe Hochachtung auch vor diesem Antrag. Er ist parlamentarisch letzten Endes logischerweise abgelehnt worden, weil wir unser Vorschaltgesetz – Verzeihung! – halt für das bessere hielten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber man kann sich heute nicht hinstellen und sagen, man soll die gesamte Gebietsreform stoppen, wenn man auch schon damals als CDU-Fraktion erkannt hat – und das finde ich sehr interessant –, dass man selbstverständlich dieses Land neu gliedern muss.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann sich nicht hier hinstellen, alles sei in die Tonne zu treten, obwohl Sie selbst damals der festen Überzeugung waren, dass man mit diesem Land in seinen Gebietsstrukturen etwas anderes

vorhaben muss. Ich finde, wir sollten bei der ganzen Debatte auch mal eins nicht vergessen: Ich habe Hochachtung vor denen, die sich beispielsweise auch in Sonneberg hinstellen und für den Kreisstadtstatus ihrer Stadt demonstrieren oder sich für ihre Gemeinden starkmachen. Ich finde aber, in der Debatte haben auch die Leute eine gewisse Hochachtung verdient, die unter anderem hier als Landesregierung – und das ist meine Überzeugung – sich nicht etwa hinsetzen und sagen: Jetzt haben wir genug Geld, wir machen einfach mal fünf Jahre lang ein Wohlfühlprogramm und packen die wirklichen Probleme in den Strukturen dieses Landes nicht an.

(Beifall DIE LINKE)

Auch da, finde ich, sollte man durchaus sagen, dass wir es uns nicht unbedingt leicht machen, wir gern diese Schläge einstecken.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin der festen Überzeugung, dass das letzten Endes auch Früchte trägt. Und da finde ich es schon wieder eigenartig und widersprüchlich, Herr Kollege Mohring, dass Sie sagen, wenn wir Ihrem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf zugestimmt hätten, dann hätte das Vorschaltgesetz gehalten. Nein, ich glaube, das Protokoll hätte dann damals auch noch nicht vorgelegen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Protokoll hätte genauso wenig vorgelegen wie heute.

(Unruhe CDU)

Herr Hey, ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass Ihre Redezeit ausgeschöpft ist.

Oh, Entschuldigung, Wolfgang, die Redezeit ist zu Ende.

Herr Fiedler, die Redezeit …

Darf er jetzt noch, oder?

Wir machen eine Ausnahme, wenn Sie die Frage gern noch beantworten wollen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wir können es auch draußen machen!)

(Abg. Mohring)

Gut, können wir auch.

Genau, treffen Sie sich draußen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Es wird die Frage nicht beantwortet und ignoriert!)

Er hat aber keine Redezeit mehr, da kann man nicht mehr antworten.

(Unruhe CDU)

Herr Hey kann jetzt nicht mehr antworten, die SPD hat keine Redezeit mehr. So ist es nun mal.

Das ist schade.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Legal ist das nicht!)

Doch, legal ist das schon. Die Landesregierung müsste – wenn – antworten auf Fragen von Abgeordneten; Abgeordnete müssen nicht, sondern können.

Gibt es weitere Wortmeldungen? Herr Abgeordneter Krumpe, bitte. Herr Krumpe, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete! Herr Fiedler, kurz zu Ihnen: Es schickt sich nicht, engagierten Parlamentariern hier das Recht abzusprechen, sich über bestimmte politische Herausforderungen zu äußern.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich nehme mir aber dieses Recht heraus, um Sie auf Ihre gedanklichen Irrwege hinzuweisen. Ich denke, Ihre Debattenqualität zum Thema „Gebietsreform“ können Sie ein Stück weit erhöhen, wenn Sie sich bei der Frage „Zuerst Verwaltungsreform und dann Gebietsreform?“ oder „Zuerst Gebietsreform, dann Verwaltungsreform?“ mal mit der ökonomischen Theorie der Bürokratie beschäftigen – namentlich sich mal das Niskanen-Modell durchlesen oder von mir aus auch Parkinsons Gesetz. Dann werden Sie feststellen, dass sich Verwaltungen – insbesondere in der Kommune – niemals von innen heraus ändern werden. Wenn Sie mal in die Historie blicken, haben Sie da zig Beispiele. Ich nenne Ihnen mal das neue Steuerungsmodell in den 90erJahren. Das war ein Flop, ganz einfach, weil das irrsinnig große Organisationsveränderungen in der Kommune bedeutet hätte. Thema „Doppik“ – ein

Flop, Thema „E-Government“ – wird schon seit zehn Jahren diskutiert, ein Flop, weil die Kommunen einfach nicht in der Lage sind, so eine herausfordernde Strukturreform im Inneren umzusetzen. Und was Sie mit einer Freiwilligkeit meinen: Es geht hier nicht um Freiwilligkeit, sondern es geht darum, in der Fläche eine einheitliche Qualität an Verwaltungsdienstleistungen anzubieten.

(Beifall DIE LINKE, SPD)