Protocol of the Session on June 1, 2017

nomischen und damit auch die finanziellen Rahmenbedingungen eines Landes schwieriger werden. Wenn wir aus dieser Perspektive über das Bildungsland Thüringen und seine Menschen sprechen – also über die Stärken, die ich hier benannt habe –, müssen wir meines Erachtens Neues wagen, sowohl in der Debatte als auch bei den Lösungswegen.

Zunächst sollten wir uns von zwei alten Mustern verabschieden: Probleme entweder zu relativieren – also zu sagen, es gibt sie nicht – oder aber – auch hier wieder ein Zitat meiner Großmutter: „Das absolute Gegenteil eines Fehlers ist in der Regel wiederum ein Fehler.“ – Probleme so zu erhöhen, dass der Eindruck entsteht, dass sie überhaupt nicht mehr lösbar seien, und zu glauben, es gäbe wahlweise einfache oder alternativlose Lösungen.

Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel verdeutlichen. In den vergangenen Wochen wurde auch im Vorfeld der heutigen Kundgebung vor dem Landtag immer mal wieder davon gesprochen, dass die Thüringer Schulen vor dem Kollaps stehen würden. Ich sage ganz klar: Das ist nicht der Fall. Die Thüringer Schulen leisten hervorragende Arbeit und bieten unseren Kindern eine sehr, sehr gute Bildung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dennoch hat der bildungspolitische Sprecher der CDU, Herr Abgeordneter Tischner, mit einer Kleinen Anfrage zum Unterrichtsausfall in unserem Freistaat den Finger in die Wunde gelegt. Es besteht zwischen Herrn Tischner und mir, ebenso wie zwischen den Bildungspolitikern der Regierungsfraktionen – Torsten Wolf, Astrid Rothe-Beinlich und Christoph Matschie – kein Dissens: Dass ein Wohlfahrtsstaat wie Thüringen nicht allen Schülerinnen und Schülern garantieren kann, dass sie am Schuljahresende in einzelnen Fächern eine Note auf dem Zeugnis haben, weil der Unterrichtsausfall zu hoch war, ist ein nicht zu akzeptierender Zustand.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und weil Sie es nicht erwarten können, Herr Mohring, warten Sie bis zum Ende dieser Rede. Ich werde Ihnen die Lösung zeigen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ich habe die Großmuttervorschläge schon gelesen!)

Nicht schlecht über die Großmutter reden, lieber Fraktionsvorsitzender.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Stimmt!)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Hat er ja nicht gemacht!)

(Minister Prof. Dr. Hoff)

Deshalb ist es das Ziel dieser Landesregierung, die Rahmenbedingungen für eine Thüringer Unterrichtsgarantie zu schaffen. An diesem Ziel wird Bildungspolitik gemessen werden, egal ob ich hier vor Ihnen stehe, Frau Ministerin Klaubert oder nach einer der nächsten Wahlen – also der nächsten Irgendwann-Wahlen – vielleicht auch mal ein Bildungsminister Tischner von der CDU.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wahrscheinlich die erste Regierungserklärung, in der ein Oppositionsabgeordneter vom amtierenden Minister zum potenziellen Minister erklärt wird. Insofern: Von Hochmut kann keine Rede sein.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe bewusst die Formulierung gewählt, dass wir die Rahmenbedingungen für eine Thüringer Unterrichtsgarantie schaffen müssen. Dies wird diese Landesregierung aber nicht allein bewältigen können. Warum? Weil es hierfür der Zusammenarbeit der Landesregierung mit vielen Akteuren bedarf. Einer der Akteure sind die Kommunen. Sie sind die Schulträger, sie sind für die Schulnetzplanung verantwortlich. Aber wir müssen auch mit den Gewerkschaften ebenso wie mit den Personalräten zusammenarbeiten und wir wollen es auch. Aber es gibt eben manifeste Widersprüche und Interessengegensätze, die mit den Eltern und den Schülerinnen- und Schülervertretungen zu klären sind.

Gleichzeitig sind wir für die Herausforderungen, vor denen wir stehen, gut gerüstet. Wir sind im Bundesvergleich das Land mit den höchsten Bildungsausgaben pro Kopf. 8.100 Euro pro Schülerin oder Schüler investiert der Freistaat Thüringen jährlich.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in allen Schularten im Ländervergleich 2015 kleinere Klassengrößen als andere Länder. Die vom Ministerpräsidenten und der Bildungsministerin Klaubert eingesetzte Kommission „Zukunft Schule“, die im Juni ihre Empfehlungen vorlegen wird und gestern erneut getagt hat – einige Mitglieder der Kommission sind da, ich begrüße Michaele Sojka, Landrätin des Landkreises Altenburger Land, ganz herzlich –, hat wiederum den Auftrag, Vorschläge zu unterbreiten, wie wir die bereits jetzt in das Thüringer Schulsystem investierten Ressourcen so einsetzen, dass wir bei dem Ziel der Herstellung einer Thüringer Unterrichtsgarantie einen spürbaren Schritt vorwärtskommen.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der CDU, bevor die Kommission „Zukunft Schule“ ihre Arbeit aufgenommen hat, habe ich bei Ihnen angefragt, ob es ein Interesse daran gäbe, eine Art Pakt für die Thüringer Schule zu schließen, also auf ideologische Spitzfindigkeit zu verzichten

und stattdessen die jeweiligen Ideen übereinanderzulegen. Aber Sie haben diese ausgestreckte Hand von meiner Seite ausgeschlagen mit dem Hinweis, dass sich der Schulfrieden, den die rot-grüne Landesregierung 2010 in Nordrhein-Westfalen mit der dortigen CDU geschlossen hatte, für die CDU in NRW nicht ausgezahlt habe.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das ist ja Quatsch!)

Sie, lieber Herr Tischner, waren leider nicht einmal bereit, bei der Kommission, in der ehrenwerte Mitglieder Ihrer Partei aus Thüringen wie aus BadenWürttemberg mitarbeiten, die Vorstellungen der CDU in der Bildungspolitik überhaupt erst vorzutragen. Sie wollten durch einen solchen Besuch nicht die Arbeit der Kommission legitimieren, deren Ergebnisse Sie anschließend in Bausch und Bogen verdammen wollen.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Tischner, Sie wissen, ich habe Ihre Entscheidung, die Einladung der Schulkommission zu einem Gespräch über die bildungspolitische Analyse und die Vorschläge der CDU zu verweigern, akzeptiert, aber ich halte sie für falsch.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Richtiger ist es aus meiner Sicht, uns gemeinsam ehrlich zu machen. Wenn wir analytisch aus den parteipolitischen Schützengräben der Bildungspolitik heraustreten, werden wir gemeinsam feststellen: Viele Entscheidungen der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte in Thüringen können jede für sich begründet werden. Sie wurden mit dem damals gültigen Wissen unter spezifischen Rahmenbedingungen und sicher auch in guter Absicht getroffen.

Nur ein Beispiel: Anfang der 1990er-Jahre erlebte Thüringen wie die anderen ostdeutschen Länder auch einen Geburtenknick. Die Schülerinnen- und Schülerzahlen gingen drastisch zurück. Hieraus folgte ein erheblicher Personalüberhang. Man musste deshalb in Thüringen nicht die Frage stellen, ob eine einzügige Schule mit kleinen Klassen ein gutes Modell zur Schulorganisation ist. Ganz im Gegenteil: Es wurden händeringend Aufgaben für Lehrerinnen und Lehrer gesucht, so zum Bespiel auch im Unterstützersystem.

Aber heute stehen wir vor gänzlich gewandelten Herausforderungen. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler steigt wieder leicht an, das merken wir bereits heute in den Kindertagesstätten. Gleichzeitig erreichen bis 2025 rund 7.500 Lehrerinnen und Lehrer das 65. Lebensjahr. Das Durchschnittsalter an den Regelschulen beträgt 53,7 Jahre, an den Berufsschulen 52,3 Jahre. Der erhöhte Altersdurchschnitt trägt auch dazu bei, dass Erkrankungen zunehmen. Insgesamt sind 946 Kolleginnen und Kollegen an den Schulen dauerkrank. Dadurch ent

(Minister Prof. Dr. Hoff)

steht eine zusätzliche Belastung in den Kollegien. Lehrerinnen und Lehrer versuchen, das auszugleichen, wenn dadurch Unterrichtsausfall entsteht. Hier stoßen insbesondere kleine Schulen sowohl bei der Unterrichtsabdeckung als auch bei der Gewährleistung des Hortanspruchs an Grenzen. Es fällt Unterricht aus, der Hort ist nicht verfügbar.

Die einfache Antwort darauf lautet: Stellt mehr Lehrerinnen und Lehrer ein. Ein richtiger Lösungsweg, unbestritten, weshalb wir zielgerichtet personalwirtschaftliche Maßnahmen getroffen haben, um erstens die Schulen zu entlasten und zweitens mehr Flexibilität herzustellen – ich werde darauf später eingehen. Die Schwierigkeit, meine Damen und Herren, aber besteht darin, dass mit der Forderung nach mehr Personal allein die Thüringer Unterrichtsgarantie nicht hergestellt werden kann. Am Dienstag vor Himmelfahrt haben Bildungsstaatssekretärin Gabi Ohler und ich uns mit der Landeselternvertretung getroffen. Herr Rommeiß, schön, dass Sie da sind! In diesem Gespräch wiederholte ich das, was ich der Landeselternvertretung, auch der LSV, dem tlv und der GEW bereits vorher im Hinblick auf den Aufruf zur heutigen Kundgebung schriftlich mitgeteilt hatte. Die Forderung, sofort 2.500 Lehrerinnen und Lehrer in Thüringen einzustellen, ist ebenso richtig, wie sie auch wohlfeil ist, weil wir alle wissen, dass wir diese 2.500 Lehrerinnen und Lehrer in den Mangelfächern, dort, wo der Unterrichtsausfall am stärksten ist, in den naturwissenschaftlichen Fächern, in den musischen Fächern, gar nicht gewinnen können, weil sie bundesweit fehlen und wir sie uns leider auch nicht aus dem 3D-Drucker ausdrucken können. Nirgendwo in Deutschland kann man es, sie werden überall händeringend gesucht.

Kurzum: Wir müssen nun versuchen, mit den Gestaltungsinstrumenten, die wir haben, gute Entscheidungen zu treffen, und, das ist uns allen bewusst, diese Entscheidungen werden nicht immer bei allen Beteiligten Zustimmung ernten. Es gibt stets Interessenunterschiede zwischen Lehrern, Schülern, Elternvertretungen und Gewerkschaften. Deshalb werden wir diese verschiedenen Modelle zur Schulorganisation, an denen wir arbeiten müssen, auch unterschiedlich bewertet wissen.

Nur ein kurzes Beispiel: Schülerinnen und Schüler und deren Eltern werden ein Sprengelschulmodell, wie es die SPD insbesondere vorgeschlagen hat und wie es die Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker der Koalition insgesamt, auch nach dem Besuch des Ausschusses in Südtirol, sehr positiv bewertet haben, aber auch andere Modelle wie Filialschulmodelle, Campusmodelle gut finden, weil damit eine bessere Unterrichtsversorgung und eine höhere Angebotsvielfalt zu erwarten ist. Aber Lehrerinnen und Lehrer werden bestimmte Modelle, insbesondere dann, wenn damit Fahrzeiten zwischen den Schulen einzukalkulieren sind, deutlich

anders bewerten. Und wir müssen darauf achten, dass wir bei den Modellen, die wir vorschlagen, auch die unterschiedlichen Gegebenheiten von Schulen berücksichtigen.

Wir werden in den kommenden Monaten mit allen Beteiligten besprechen, wo Gemeinsamkeiten liegen – es wäre schön, wenn sich auch die CDU in diesen Dialog einbringt –, welche Vorhaben wir gemeinsam umsetzen können. Das heißt aber auch: Dort, wo sich der Konsens nicht herstellen lässt – und das sage ich ganz deutlich –, werden wir uns als Koalition unserer Verantwortung stellen und wir werden Entscheidungen treffen. Aber bevor wir Entscheidungen treffen – und das haben wir in den letzten Wochen und Monaten bewiesen –, wollen wir zuhören, wollen wir Konsens herstellen. Aber wenn die Suche nach Konsens darauf hinausläuft, dass Entscheidungen nicht getroffen werden, weil einige, die bestimmte Entscheidungen nicht wollen, sie blockieren, dann müssen wir auch Entscheidungen treffen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen die chancengleiche und bestmögliche Förderung aller Kinder und Jugendlichen von der Kita bis zur Berufsbildung oder dem Studium und wir wollen das Thüringer Bildungswesen zukunftsfest und fair gestalten. Hierzu laden wir ein.

Ich danke allen Institutionen und Einzelpersonen, die der Kommission „Zukunft Schule“ ihre Positionen bereits vorgetragen haben. Die Institutionen, die ich bereits genannt habe, von der Landeselternvertretung bis zur GEW, aber auch beispielsweise die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Schulen, haben mit uns einen ausführlichen Dialog geführt. Ich hätte mir auch gewünscht, dass die kommunalen Spitzenverbände der Einladung der Kommission gefolgt wären. Es hat bei den externen Kommissionsmitgliedern aus Baden-Württemberg und aus Mecklenburg-Vorpommern – gelinde gesagt – Erstaunen hervorgerufen, dass die kommunalen Spitzenverbände es ablehnen, einer Kommission ihre Position vorzutragen, die vom Ministerpräsidenten und der Bildungsministerin eingesetzt wurde, um sich mit unmittelbaren kommunalen Angelegenheiten zu befassen. Ich würde mich freuen, wenn die kommunalen Spitzenverbände der Einladung zur Präsentation der Kommissionsempfehlungen folgen und insbesondere den Prozess der öffentlichen Debatte und der Umsetzung der Kommissionsempfehlungen begleitend zur Seite stehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Kommission „Zukunft Schule“ wurde durch den Ministerpräsidenten und die Bildungsministerin Birgit Klaubert eingesetzt, um Vorschläge für die Zukunft kleiner Schulen im ländlichen Raum zu unterbreiten sowie Empfehlungen für die Schulorganisation und Schulverwaltung darzulegen – ich habe bereits gesagt,

(Minister Prof. Dr. Hoff)

dass sie im Juni ihre Empfehlungen vorlegen wird. Die Diskussion der Kommission ging aber naturgemäß weit über diese zwei Themenfelder hinaus. Ich will den Ergebnissen der Kommission nicht vorgreifen, aber einige Aspekte bereits aufgreifen.

Erstens: Der Vorwurf des Angriffs auf den ländlichen Raum ist in jüngerer Zeit zu einem Schlagwort geworden. Dieses Schlagwort ist stets dort anzutreffen, wo nach konstruktiven Lösungen gesucht wird, um die öffentliche Daseinsvorsorge auch in den Landesteilen zu sichern, die demografisch negative Prognosen vorweisen, in denen aber mit der reinen Fortsetzung des Status quo die Aufrechterhaltung dieser Daseinsvorsorge nicht gewährleistet werden kann. Insofern ist die Gebietsreform ebenso weit entfernt von einem Angriff auf den ländlichen Raum wie die Diskussion der Schulkommission.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gehen wir noch mal – weil gelacht wurde – zunächst in den Bereich der Analyse. Von den 793 allgemeinbildenden staatlichen Schulen in Thüringen weist die Hälfte eine Schülerinnen- und Schülerzahl von weniger als 180 Schülerinnen und Schülern auf. An jeder fünften unserer allgemeinbildenden Schulen lernen weniger als 100 Kinder. Diese Schulstruktur hatte – ich habe bereits darauf hingewiesen – ihre Berechtigung zu einer Zeit, als Personalüberhang das dominierende Merkmal der Bildungspolitik war. Damals war unter anderem Ostthüringen Modellregion für die Sicherung kleiner Schulen im ländlichen Raum – die Studie des Bundesforschungsinstituts für Raumplanung hatte ich im Ausschuss bereits aufgerufen gehabt. Und es war richtig in dieser Zeit. Spätestens aber, als sich abgezeichnet hat, dass der Personalüberhang abschmilzt und sich ins Gegenteil verkehrt, dass die Schülerzahl zunimmt, dass wir vor einer Ruhestandswelle stehen, hätte – und das zu einer Zeit, als die CDU noch die Verantwortung in der Landesregierung trug – eine Kommission eingesetzt werden müssen, die die Arbeit tut, die jetzt diese Kommission tut, und das ist damals nicht geschehen.

Weder der Landesregierung noch der Schulkommission geht es darum, beste Wege für Schulschließungen zu diskutieren. Im Gegenteil, Schulschließungen sind und bleiben die Ultima Ratio der Schulträger. Gefragt und vorgelegt werden vielmehr Schulformen, die dem Grundsatz der Ökonomie der Ressourcen sowie dem Grundsatz „Kurze Beine, kurze Wege“ Rechnung tragen. Der Kommission ist dabei bewusst, dass es nicht eine Schulform für alle Landesteile geben wird. Es ist ein Unterschied, ob Lehrerinnen und Lehrer 10 Kilometer im Mittelgebirgsraum um Sonneberg oder Hildburghausen zurücklegen müssen oder ob sie das in Sömmerda oder im Weimarer Land tun.

Zweitens: Wir führen in Thüringen keinen Schulkampf, auch wenn das einigen aus der Opposition ganz recht wäre. Sechs Jahre nach ihrer Einführung hat sich die Thüringer Gemeinschaftsschule fest etabliert. Es gibt aktuell 64 Thüringer Gemeinschaftsschulen, weitere 20 Schulen befinden sich im Betreuungsprozess zur Schulartänderung. Aber damit verlieren aus unserer Sicht die anderen Schularten nicht an Bedeutung und dürfen auch aus unserer Sicht nicht an Bedeutung verlieren. Im Gegenteil, sie tragen zu einem Bildungspluralismus bei, der die Stärke unseres Bildungssystems in Thüringen ausmacht. Wir wollen sie – wie alle anderen Schularten übrigens auch – erhalten.

Besonderes Augenmerk wollen und müssen wir auf die Regelschule richten. Sie braucht mehr Aufmerksamkeit und sie braucht eine Zukunftsperspektive.

(Beifall DIE LINKE)

Sie hat es nicht verdient, gelegentlich als Restschule abgetan zu werden. Thüringer Regelschülerinnen und -schüler schneiden im Bundesvergleich sehr gut ab, was im Umkehrschluss heißt: Die Kolleginnen und Kollegen an den Regelschulen leisten eine sehr verdienstvolle und hervorragende Arbeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und trotzdem droht an den Regelschulen wie auch an den berufsbildenden Schulen ein Fachkräftemangel. Einerseits finden Absolventen und Absolventinnen mit der Fachrichtung Deutsch und Geschichte für das Gymnasium nicht alle einen Job, selbst wenn sie es in Thüringen wollen. Aber trotzdem ist kaum einer dieser potenziellen Gymnasiallehrer bereit, an einer Regelschule zu arbeiten. Das ist auch eins der Probleme und eine der Ehrlichkeiten, die wir mit den Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen, aber auch mit den Interessenvertretungen der Lehrerinnen und Lehrer diskutieren müssen. Diese Widersprüche zu benennen, gehört zur bildungspolitischen Wahrheit einfach dazu. Befürchtungen, dass wir die Thüringer Gemeinschaftsschule auf Kosten der Regelschulen befördern wollen, sind grundlos, genauso wie Befürchtungen, das Gymnasium solle abgeschafft werden.