Protocol of the Session on February 26, 2015

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, vielen Dank für den Bericht, den wir schon einmal gehört haben jetzt aufgrund des Punktes 1 b. Wir werden dann hoffentlich den gemeinsamen Antrag nachher beschließen, sodass dann, wenn die Zeit dran ist, weiter berichtet werden kann.

Ich darf auch ganz herzlich die Kalikumpel aus dem Werk an der Werra begrüßen, die uns zuschauen.

(Beifall im Hause)

Zu Hause sitzen eine ganze Menge, habe ich mir sagen lassen. Ich will es klar sagen, wir stehen zum Kalibergbau in der Werraregion.

(Beifall CDU)

Wir stehen auch dazu, was die Kalikumpel dort leisten, nicht nur für die Kaliproduktion, Düngemittelproduktion, sondern was sie leisten für die Verwahrung und in der Sicherung der alten Gruben. Ohne euch würde das nicht funktionieren.

(Beifall CDU)

Es sind im Übrigen die Altlasten im Kalibergbau, die die Fraktionen veranlasst haben, den Antrag aus der letzten Legislatur heute noch einmal aufzurufen. Wir haben den Wortlaut der Überschrift noch einmal geändert, damit das deutlicher wird, aber ich denke, es weiß jeder, warum wir das gemacht haben, es ist auch kein Problem.

Wir müssen diesen Schritt gehen – und leider ist es so –, um für die anfallenden Sanierungskosten den Bund mit ins Boot zu holen. Wie viel es wirklich kostet, weiß bisher noch niemand. Frau Ministerin hat es noch einmal deutlich gesagt, dass wir erst Ende 2015 Zahlen kriegen für den Versatz, was es wirklich kostet. Kali+Salz spricht selbst von einer Summe von 300 Millionen Euro. Ich zweifle das immer an, das sind geschossene Zahlen, die sie selbst nicht untermauert haben, und die sind immer höher geschätzt – davon gehe ich einmal aus –, als es dann in Wirklichkeit ist, hoffen wir, genau wissen tut es keiner. Was mich allerdings ein Stückchen ärgert, ist, wenn selbst der Ministerpräsident und Kali+Salz von so einer Summe von 300 Millionen Euro sprechen und ich dann abends im Fernsehen im „Thüringen Journal“ höre: 4,2 Milliarden Euro kostet es mindestens. Damit machen wir wirklich keine vernünftige Informationspolitik, da machen wir die Leute im Land nur verrückt. Also das ist – denke ich – so nicht nötig. Wenn die Firmen selbst von einer vernünftigen Zahl, von der sie meinen, es seien 400 Millionen Euro, reden, wie man da auf 4,2 Milliarden Euro kommt, ist mir ein Rätsel, meine Damen und Herren. Ich halte das nicht für gut.

Meine Damen und Herren, die richtige Klärung der Zahlungsverpflichtung war ein wichtiger Schritt auf dem Weg, den Bund wieder in die Zahlungsverpflichtung mit hineinzunehmen. Damit wächst zunächst der Druck auf den Bund, sich seiner Mitverantwortung nicht zu entziehen. Deswegen, meine Damen und Herren, war es wirklich keine strategische Fehlentscheidung, das Gerichtsverfahren anzustreben. Es war – denke ich einmal – wichtig. Vielleicht ist es somit möglich, tatsächlich auch wie

(Ministerin Siegesmund)

der darüber zu reden, wie wir das wieder hinkriegen. Wir haben den Kostenrahmen, von dem immer gesprochen wird, mit den Zahlungsverpflichtungen des Freistaats. Wo stehen wir denn übrigens? Der ist nach dem, was im Altlastenvertrag steht, noch gar nicht ausgeschöpft. Und die 20 Prozent, die Sie angeführt haben, sind auch noch lange nicht dabei. Es ist schon eine Schwierigkeit, dann zu diskutieren, Bund komm mal mit rein in die Verantwortung, wenn die Summen, die da sind, noch gar nicht abgearbeitet sind. Aber wir müssen ja perspektivisch denken und wir wissen, dass es mehr wird. Deshalb muss die Verhandlung vernünftig geführt werden.

Meine Damen und Herren, ich habe mir noch einmal die Mühe gemacht, als wir darüber diskutiert haben, Zahlungen einstellen oder nicht einstellen – ich will zuerst einmal den damaligen Koalitionspartner, die SPD, zitieren. Es war damals Herr Weber, der steht nicht gerade in dem Ruf, den CDU-Ministern nach dem Mund geredet zu haben, er hat das gut gefunden. Er hat am 20. September unter der Überschrift „SPD-Umweltpolitiker Weber begrüßt Stopp der Zahlungen an Kali+Salz“ gesagt: „Es ist gut, dass die Landesregierung eine harte Linie gegen Kali+Salz fährt.“ Herrn Kummer kann ich jetzt allerdings zustimmend nicht ins Feld führen. Er war seinerseits angesichts des Prozessrisikos skeptisch, hat er gesagt. Aber das ist Herr Kummer eigentlich immer in dem Zusammenhang. Das wundert mich jetzt nicht. Es hätte mich gewundert, wenn es anders gewesen wäre.

Nach den Worten, Frau Siegesmund, Ihres ehemaligen Kollegen Dr. Augsten habe ich lange gesucht. Er hatte ja eigentlich zu allem etwas zu sagen. Deshalb hat es mich wirklich überrascht; er hat zur Zahlungseinstellung selbst nichts gesagt. Nichts zu sagen, ist auch eine Meinung.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Nur dann stellen Sie sich bitte nicht vor die Presse und sprechen von strategischen Fehlentscheidungen! Ich hätte mir gewünscht, dass damals auch die Grünen mit dazu gestanden hätten, dass wir das vernünftig machen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Aber der war nicht in der Verant- wortung!)

Es zeugt von Hilflosigkeit, die Zahlungseinstellung an Kali+Salz als Fehlentscheidung zu bezeichnen. Sie war vielmehr Voraussetzung dafür, dass nun klipp und klar mit dem Bund über seine Mitverantwortung verhandelt werden kann.

(Beifall CDU)

Das jetzige Urteil bedeutet vor allem eines: Klarheit und Rechtssicherheit im Umgang mit den geschlossenen Verträgen. Ich sage es noch einmal. Es war

Teil der Strategie, diese Klarheit zu schaffen. Das Urteil ist damit ein Baustein in dem Prozess, den Bund wieder mit ins Boot zu holen. Die Zahlungseinstellung erfolgte nämlich auch in Anbetracht des Umstandes, dass Kali+Salz aufgrund einer fortbestehenden privatisierungsvertraglichen Verpflichtung ohne Weiteres unmittelbar von der BvS die Erstattung der ihr entstandenen Kosten hätte verlangen können. Im Freistellungsvertrag war nämlich eine für die BvS befreiende Schuldübernahme durch den Freistaat ausdrücklich nicht vereinbart worden. Der Anspruch der Kali+Salz gegen die BvS auf Freistellung besteht deshalb nach wie vor. Insofern ist es höchst verwunderlich, warum das Land jetzt in den Verhandlungen nicht darauf bestanden hat, den Bund herbeizuziehen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das hätte dem Land doch nicht geholfen!)

Im Rahmen dieses Verfahrens hätte unter Umständen die Chance bestanden, weitere grundlegende Fragen für das Vertragsverhältnis abzuklären, die für zukünftige Freistellungsverpflichtungen des Freistaats relevant sind.

Meine Damen und Herren, dem Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Meiningen ist aber auch aus ganz anderen Gründen Positives abzugewinnen. Meinen Sie denn, wir hätten heute den kompletten Kalifusionsvertrag samt aller Anlagen vorliegen, bloß weil wir immer nett darum gebeten haben?

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ach, Egon. Das war nicht die Ursache für den Kalifusi- onsvertrag!)

Ich denke schon.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das tue ich auch!)

Also du musst mir schon zuhören, Frau Becker.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ich höre nichts?)

Ich denke schon, dass Kali+Salz auch durch die Zahlungseinstellung und das anschließende Verfahren motiviert war, nun alle Karten auf den Tisch zu legen. Monate- und jahrelang haben wir uns gemeinsam um den Fusionsvertrag und seine Anlagen bemüht. Ohne Erfolg! Ich bin mir sicher, dass erst der Prozess Kali+Salz auf die Sprünge geholfen hat, alles zu veröffentlichen. Auf der anderen Seite bin ich verwundert. Ich weiß das noch genau, vor ungefähr einem Jahr auf der Messe, lieber Herr Ministerpräsident, waren wir überrascht von diesen und jenen Veröffentlichungen und haben uns gemeinsam gefreut: Jetzt kriegen wir den Fusionsvertrag und jetzt werden wir alles regeln, was die da so Böses gemacht haben. Jetzt werden wir es erfahren. Nun liegt alles auf dem Tisch und nichts höre ich. Nichts. Natürlich liegt er da, du musst ihn lesen. In der Verwaltung des Landtags liegt er, da kann

man Einsicht nehmen. Wenn nur die Hälfte der Leute, die vor einigen Monaten illegal beschaffte Unterlagen kopiert haben

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Die hat doch Kali+Salz geschickt, hast du doch gerade gesagt!)

nur zuhören, bitte! –, sich mit den jetzt legal vorliegenden auseinandersetzen würden, es müssten doch einige Ergebnisse vorliegen, Erkenntnisse, die in den Verfahren jetzt hilfreich wären. Ich höre nichts.

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Das war gerade vorgetragen worden. Man hätte nur zuhören müssen!)

Ich höre nichts. Wir sind uns alle einig, dass wir nach vorne blicken müssen, dass der Bund in der Pflicht ist, sich zukünftig wieder an der Sanierung der Kalialtlasten im Werrarevier zu beteiligen. Wir drängen mit dem gemeinsamen Antrag darauf, den Bund auf dem Verhandlungswege wieder ins Boot zu holen. Es kann jedenfalls nicht sein, da sind wir uns einig, das Land allein auf den Kosten sitzen zu lassen, nur weil der Umfang der Schäden vor 20 Jahren noch nicht absehbar war. Und da bin ich mir sicher, dass der Bund sich seiner politischen Verantwortung nicht entzieht. Es ist vollkommen richtig, dass wir der Landesregierung ein neues Mandat erteilen, eine Gleichbehandlung mit anderen Bundesländern in Bezug auf die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung noch anstehender Maßnahmen zu Altlastensanierung bei Bergbaugroßprojekten zu erreichen.

Meine Damen und Herren, wir wollen nicht besser behandelt werden als andere Länder, aber auch nicht schlechter. Und falls sich kein Entgegenkommen abzeichnet, unterstützt die CDU-Fraktion auch verfassungsrechtliche Prüfschritte, die dem Bund auf die Sprünge helfen könnten.

(Beifall DIE LINKE)

Wichtig ist ganz besonders, und darauf weise ich hin, dass die Landesregierung in den ganzen Diskussionen und Verfahren auch die sozialen und ökonomischen Aspekte des Unternehmens und vor allem seiner Mitarbeiter für die Werraregion nicht aus den Augen verliert. Meine Damen und Herren, bei all diesen Schritten ist wichtig, dass die Landesregierung die Bedeutung des Unternehmens und seiner Mitarbeiter für diese Region im Blick behält.

Nun noch mal zu der Kritik am Generalvertrag, der in der Diskussion sicherlich noch kommt, damit ist ja zu rechnen. Altlastensanierung, meine Damen und Herren, ist nicht nur Rositz und Kali. Das, was seit den 90er-Jahren Investitionshemmnis war, das, was einer wirtschaftlichen Entwicklung entgegenstand, waren nicht diese beiden Großprojekte. Es waren zahllose kleine und mittlere ökologische Alt

lasten, diese sogenannten Normalprojekte. Und genau da war der Generalvertrag von 1999. Richard Dewes in seiner Funktion als Innenminister und Parteivorsitzender hat zu diesem Vertrag beigetragen. Er war nämlich extra noch mal in Berlin bei den zuständigen Staatssekretären und hat nachverhandelt, dass es passt. Anschließend hat er hier verkündet, dieser Vertrag ist gut, dem können wir hier zustimmen. Da haben wir auch alle zugestimmt, auch die SPD. Ich will es nur noch mal deutlich sagen, Frau Becker, nicht vergessen in der nächsten Diskussion, wenn Sie drankommen.

(Unruhe SPD)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ja, ich habe es nicht vergessen!)

Ich muss dich daran erinnern, weil ich weiß, was da kommt. Es ist unerträglich, dass das immer wieder ignoriert wird, dass alleine der Generalvertrag die Grundlage dafür war, dass wir dort sanieren, ohne permanentes Blockieren der Bundesseite. Das wissen wir von damals. Die vielen kleinen Projekte – ohne Gutachten und Gegengutachten ging da gar nichts, meine Damen und Herren. Über 1.000 Maßnahmen wurden auf der Grundlage dieses Vertrags zum Abschluss gebracht. Die Altlasten wurden saniert und wirtschaftliche Entwicklungen der Standorte konnten stattfinden. Ich will nur vier Beispiele nennen: Kettenfabrik Barchfeld, Leuchtstoffwerk Bad Liebenstein, Chemiefaserwerk Schwarza, die Entwicklung des ehemaligen Optima-Standorts in Erfurt-Brühl. All das sind nur Beispiele von diesen 1.000, die mit diesem Generalvertrag ohne große Probleme unkompliziert über unsere Gremien des Landes saniert werden konnten. Das war furchtbar vorher, als wir den Vertrag nicht hatten, immer wieder die Diskussion mit dem Bund, immer wieder hin und her, Gutachten, Gegengutachten, das war schlimm. Wir wären wirtschaftlich lange nicht so weit in Thüringen, wenn wir diesen Vertrag damals nicht gemacht hätten. Ich stehe dazu, dass wir dem zugestimmt haben. Dass wir nach 20 Jahren zu der Erkenntnis kommen, es reicht nicht aus, okay, aber da müssen wir jetzt nachverhandeln und da muss man auch vernünftig damit umgehen. Schuldzuweisungen hin und her helfen uns da überhaupt nicht einen Schritt weiter.

Meine Damen und Herren, blicken wir in die Zukunft, hoffen wir, dass der Bund mit einspringt, und dann wird es vernünftig. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei den Verhandlungen. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Primas. Als Nächstem erteile ich das Wort dem Abgeordneten Kummer, Fraktion Die Linke.

(Abg. Primas)

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der letzten Aussage sind wir wieder beieinander, Egon Primas, wir brauchen viel Erfolg bei den Verhandlungen mit dem Bund. Aber ich möchte trotzdem noch zwei, drei andere Sichten zu dem, was Egon Primas hier gesagt hat, deutlich machen. Also erst einmal reden wir nicht alleine über Altlasten aus DDR-Vergangenheit. Das regt mich nämlich ziemlich auf. Weder bei Kali+Salz reden wir darüber noch beim Teersee Rositz. Teersee Rositz hat die Deutsche DEA im Ersten Weltkrieg errichtet und das entsprechende Werk damals, das dazu diente, Benzin für den Ersten Weltkrieg herzustellen. Bei den Kalialtlasten finden wir im Kalifusionsvertrag, dass alles vor 1993 freigestellt werden soll. Übrigens, diese Zahl 1993 finde ich dann später nicht mehr. Und der Richter am Verwaltungsgericht in Meiningen hat deutlich gemacht, dass nur eine Freistellung bis 1990 erfolgt sein kann. Ich glaube, hier muss auch noch geklärt werden, was mit diesen drei Jahren Differenz ist.

Herr Primas, eine kurze Bemerkung zur Herbeiziehung des Bundes will ich auch noch machen. Wenn ein Richter vom Verwaltungsgericht dem Freistaat sehr, sehr deutlich empfiehlt, diese Herbeiziehung nicht durchzuführen, weil es für dieses Gerichtsverfahren keinerlei positive Auswirkungen hätte, und das dadurch, weil die BvS dann mit eigenen Anträgen noch ins Gerichtsverfahren gehen könnte, wo nur Mehrkosten auf den Freistaat zukämen, dann muss man das zur Kenntnis nehmen. Deshalb, denke ich, sollte man hier darüber nicht richten, bevor man die Urteilsbegründung hat, und erst recht nicht, wenn man beim Gerichtsverfahren nicht dabei war.

Meine Damen und Herren, der Grund für den gemeinsamen Antrag von vier Fraktionen heute waren die finanziellen Risiken für den Freistaat Thüringen durch die Kosten der Altlastensanierung. Auch wenn man sich hier bisher sehr zurückgehalten hat, was die Maximalkosten angeht, diese zu schätzen, will ich hier trotzdem von den Maximalkosten reden. Alleine das, was im Kalibergbau auf den Freistaat zukommen kann, ist, da wir hier von Ewigkeitskosten reden – im schlimmsten Fall –, in etwa zu vergleichen mit der Summe, die der Freistaat Thüringen braucht, um über vier Jahre alle Schulen mitsamt den Lehrern, die darin arbeiten, zu bezahlen. Das macht deutlich, über welche Dimensionen wir bei diesem Thema reden.

Meine Damen und Herren, die Ursache dafür, und da muss man doch die Vergangenheit bemühen, ist eine katastrophale Vertragsgestaltung früherer Landesregierungen mit dem Bund und mit der Kali+Salz.