Protocol of the Session on November 11, 2016

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil wir diesen Menschen eine Perspektive bieten müssen. Einen starken Sozialstaat braucht es, um soziale Impulse für alle Bürger setzen zu können, damit kein Kind in Armut groß wird und kein Mensch vor Armut im Alter Angst haben muss.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Demgegenüber stehen die Indikatoren der Landesentwicklung. Thüringen ist in eine neue Phase der Landesentwicklung eingetreten, in der wir selbstbewusst den Anspruch erheben können, zu den leistungsstarken Regionen Deutschlands vorzustoßen. Das Land hat ein gewaltiges wirtschaftliches Entwicklungspotenzial. Der Ballung von Logistikern am Erfurter Verkehrsknoten wird bald in einem 30-Kilometer-Radius um die Landeshauptstadt ein Boom als Kongressmetropole folgen. Die ICE-Trasse ist unter Strom. Wenn die Testzüge durchgefahren sind, werden in weniger als zwölf Monaten 20 Millionen Passagiere über das Erfurter Kreuz fahren. Wenn wir dann Jena, Weimar und Gera wieder am Fernverkehrssystem der Bahn angeschlossen haben, werden wir den doppelten Knoten in Thüringen haben und ein Verkehrsdrehkreuz, das seinesgleichen in Deutschland sucht, sein. Die Landeshauptstadt wird daher eine Kongressmetropole.

Boomtown Jena platzt aus allen Nähten und braucht dringend eine Stärkung im Umlandbereich, um alle Wachstumsimpulse aufnehmen zu können. In den südlichen Grenzregionen nach Bayern ist die Dynamik auf unserer Seite der Landesgrenze zu Hause.

Der Thüringen-Tourismus steht mit dem Reformationsjubiläum und dem Bauhausjubiläum vor einer neuen Entwicklungsphase. Wir engagieren uns gerade dafür, den Thüringen-Tourismus neu aufzusetzen, weil wir dort einen stärkeren Impuls brauchen. Ob das der Thüringer Wald oder das Thüringer Meer ist, neben Weimar und dem Städtetourismus haben wir mehr zu bieten und auch das soll erschlossen werden.

(Beifall Abg. Korschewsky, DIE LINKE)

(Ministerpräsident Ramelow)

Thüringen ist nicht nur geografisch, sondern auch in seiner Entwicklung – ich betone das – zum „Westen des Ostens“ geworden. Das zeigt unsere niedrige Arbeitslosenrate, die Beschäftigungsdichte bei sozialversicherungspflichtiger Arbeit, bei den Frauen, bei den älteren Arbeitnehmern, die Dichte der Industriebetriebe und der gewerblichen Arbeitsplätze und schließlich vor allem die Zufriedenheit der Menschen mit ihren Lebensbedingungen. All das nähert sich in den statistischen und demoskopischen Befunden westdeutschen Durchschnittswerten an. Bei der Arbeitslosigkeit sind wir gerade dabei, uns über den westdeutschen Durchschnitt hinweg zu entwickeln. Wir sind mit 6,1 Prozent an der Schwelle angelangt, wo wir deutlich machen können, dass wir möglicherweise in zwölf Monaten den Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland unterschritten haben werden. Das sind für mich durchaus erfolgreiche Zahlen und Werte,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

weil es Menschen damit eine bessere Lebensperspektive bietet. Wenn wir immer daran denken, dass wir die anderen, die abgehängt sind, dabei nicht vergessen dürfen.

Dafür ist vielen zu danken, nicht zuletzt den Leistungsträgern dieses Prozesses, den Thüringerinnen und Thüringern selbst, aber auch früheren Regierungen, die richtige strukturpolitische Entscheidungen getroffen haben. In der Kontinuität aller Landesregierungen sind die Entscheidungen heute diejenigen, auf denen wir die Wirkung erzielen, über die ich gerade spreche.

(Beifall CDU)

Es wäre also auch vermessen zu sagen, es ist RotRot-Grün, sondern es ist Landespolitik, gestaltete Landespolitik, die diesem Land die richtigen Impulse gegeben hat.

Wie der Thüringen-Monitor zeigt, haben wir als Landesregierung jedoch die weiterhin bestehende Aufgabe, das Gefühl der Ost-Deprivation zum Gegenstand von Kommunikation werden zu lassen. Dies wäre der erste Schritt auf dem Weg, subjektiv erfahrene Ost-Deprivation zu überwinden oder – um es auf Deutsch zu sagen – das Gefühl, abgehängt zu sein, zu überwinden. Wir müssen den Menschen das Gefühl geben, im Entwicklungsprozess der positiven Zahlen selbst partizipieren zu können. Ich will das wenigstens an dem Beispiel der Menschen erwähnen, die in der Langzeitarbeitslosigkeit hängengeblieben sind. Es wäre doch besser, Arbeit zu bezahlen, statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sehen, allgemeines Schulterklopfen ist kein Politik-Ersatz, denn weitere Herausforderungen der Landesentwicklung sind deutlich erkennbar: Thüringen ist im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung nicht geschrumpft, weil über 20.000 Flüchtlinge hier aufgenommen wurden. Die demografischen Mega-Trends für Thüringen wirken aber nach wie vor. Ich freue mich, dass die Geburtenrate zunimmt. Aber es reicht noch lange nicht aus, um langfristig die Sterberate auszugleichen. Deswegen müssen wir mehr tun, damit junge Leute hier bleiben oder wieder hierherkommen oder sich wohlfühlen und ihre Kinder hier bekommen.

Thüringen ist in den letzten 25 Jahren unter anderem durch die Solidarpakte I und II in die Lage versetzt worden, seine Infrastruktur umfassend zu modernisieren. Tatsächlich gibt es aber auch hier noch marode Straßen, Schulen, Krankenhäuser und andere öffentliche Gebäude. Beim zukünftigen Erhalt und dem gezielten Ausbau der Infrastruktur muss auch die demografische Entwicklung im Blick behalten werden. Die Schuldenbremse in der Verfassung gilt – in Thüringen genauso wie in der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb muss gefragt werden, ob Infrastruktur, die modernisiert wird, in Richtung Kinder oder in Richtung altengerechtes Wohnen saniert wird. Wo haben wir welche Bedürfnisse und wie investieren wir das Geld richtig? Das muss die Frage sein, die wir jetzt jedes Mal beantworten müssen. Wenn 61 Prozent der Befragten im aktuellen Thüringen-Monitor der Ansicht sind, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland gefährdet ist, dann ist diese Wahrnehmung ein Problem, auf das politisch reagiert werden muss. Wenn wir den Prozess des Verlusts von sozialen Grundgewissheiten nicht aufhalten und umkehren, dann ignorieren wir eines der großen kommenden Entwicklungshemmnisse für dieses Land. Es gibt keine Weltoffenheit ohne soziale Sicherheit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Thüringen steht am Ende des Jahres 2016 einerseits auf gesichertem Grund. Doch ist dieser Grund andererseits in Bewegung. Die sich vollziehenden Veränderungen werden das Gesicht unseres Landes möglicherweise genauso prägen wie die Zeit seit der Wiedervereinigung. Davor müssen wir keine Furcht haben. Anders als 1989/1990 ist unsere ökonomische Ausgangslage, insbesondere die Lage am Arbeitsmarkt, stabil. Kein deutsches Bundesland hat mit fast 12 Prozent gegenüber dem Oktober 2015 einen so starken Rückgang der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen wie Thüringen. Und es gelingt endlich auch, den Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit anzugehen. Wir haben die Kraft, unser Haus Thüringen umzubauen. Es soll moderner, attraktiver werden und wir wollen in größeren Räumen mehr Menschen begrüßen, die hier leben und in Zukunft auch arbeiten wollen und sollen. Den

(Ministerpräsident Ramelow)

noch registriere ich in den vielen Gesprächen, die ich selbst führe, in den Briefen, die ich erhalte, und in den Petitionen ein weit verbreitetes Unbehagen der Thüringerinnen und Thüringer. Der ThüringenMonitor konstatiert gemischte Gefühle, die viele Thüringerinnen und Thüringer mit der aktuellen Situation verbinden. Es ist nicht so, dass sich Deutschland im Allgemeinen und Thüringen im Besonderen in den vergangenen 26 Jahren nicht verändert hätten. 62 Prozent der Befragten geben an, dass sie angesichts eines rasanten Veränderungsprozesses oft nicht mehr wissen, woran sie sich halten sollen. Es ist, das hat der Historiker Ulrich Herbert hervorragend herausgearbeitet, gerade der kulturelle Modernisierungsprozess, der Veränderung als Verlust von Gewissheiten und als Reibungsfläche sichtbar macht. Eigentlich ist das die Stunde eines aufgeklärten demokratischen Konservatismus. Ein Konservatismus, der sich der Bewahrung der Wertebasis unserer Gesellschaft und des Sozialstaats gerade in einer sich verändernden Welt verpflichtet fühlt. Konservative reklamieren die Bindung an Heimat und Familie. Wir haben in Thüringen in den 90er-Jahren gesehen, wie diese Bindung ohne soziale Sicherheit erodiert. Der Verlust eines Fünftels unserer Bevölkerung in den vergangenen 25 Jahren geht nicht unwesentlich auf diese Erosion, auf den Verlust sozialer Grundgewissheiten zurück. Deshalb ist heute mit Konservatismus nur Staat zu machen, wenn soziale Unwuchten in unserer Gesellschaft erkannt und die Errungenschaften des Sozialstaats verteidigt und bewahrt werden. Soziale Sicherheit für alle verbunden mit Investitionen in eine lebenswerte Heimat – mit diesen Kernelementen wird die Landesregierung eine Politik umsetzen, die humanitäre Verantwortung, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftlichen Erfolg verbindet.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will es am Beispiel eines Handwerksmeisters erzählen. Wenn ein Klempner sich darauf spezialisiert hat, Heizungen einzubauen, so baut er heute immer noch Heizungen ein. Mittlerweile muss er aber das Internet beherrschen und er muss wissen, wie eine Bus-Ausstattung, also eine Elektronisierung, in einem Gebäude stattfindet. Er muss wissen, wie die Wärmeparameter sind, und er muss wissen, wie die CO2-Abgaben seiner Anlagen sind. Das hat er alles dazugelernt. Aber aus meiner Sicht ist konservativ immer noch der Erhalt des Meisterbriefs, weil der Meisterbrief und die duale Ausbildung das Fundament sind, auf dem sich der Meister und seine Gesellen permanent weiterentwickeln.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

Das eine zu bewahren und die Veränderung im Blick zu haben, das scheint mir eine der zentralen Grundlagen unseres Staats zu sein.

Nicht zuletzt waren es Thüringer Unternehmer wie Carl Zeiss und Ernst Abbe, die mit gewährten Sozialleistungen Mitarbeiter und deren Familien an ihr Unternehmen und damit an ihre Heimat gebunden haben. In diesem Sinne wünsche ich mir das Bewahren sozialer Errungenschaften als Ausdruck eines sozialen Konservatismus, nicht zuletzt weil er der Demagogie wirksame Dämme setzt. In dieser Hinsicht bin und bleibe ich ein Konservativer.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Na ja, da- rüber müssen wir noch mal reden!)

„Konservativ“ wird nicht mit „c“, sondern mit „k“ geschrieben.

(Heiterkeit CDU)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Mein Christlich-Sein hilft mir zumindest dabei.

Es war freilich in der deutschen Geschichte noch nie ein Erfolgsmodell, wenn Politik in Verantwortung so tat, als hätte eben diese Geschichte einen Rückwärtsgang. Denn einen Rückwärtsgang hat die Geschichte eben nicht. Von einer Generation von Politikerinnen und Politikern, die seit Jahrzehnten in Demokratie, Freiheit und Frieden lebt, erwarte ich ein Bekenntnis zu diesen Grundwerten unseres Rechtsstaats, das Bekenntnis zu Demokratie, Freiheit und Frieden. Gerade dann, wenn sich die Probleme verdichten, kommt es darauf an, Freiheit und Frieden zu verteidigen.

Es ist dringend an der Zeit, dass wir die Scheindebatten hinter uns lassen und in ein gesellschaftliches Gespräch darüber einsteigen, wie unser Land morgen und übermorgen aussehen soll. Dieses Gespräch duldet keinen Aufschub. Die Alternative zum Schüren der Angst ist das Mutmachen zum Gestalten. Wir haben damit begonnen und wir werden diesen Prozess weiter vorantreiben. Verlassen Sie sich darauf!

Zu den Wahrheiten, die wir nicht verschweigen dürfen, gehört folgende: Viele von denen, die im vergangenen Jahr hier angekommen sind, werden für lange Zeit hierbleiben – manche für immer. Wer anderes behauptet, belügt die Menschen. Zu den Wahrheiten gehört auch: Die Integration dieser Menschen wird Jahre dauern und, wenn wir es gut machen, in einer Generation abgeschlossen sein. Eine dritte Wahrheit lautet: Die Zuwanderung nach Deutschland und Thüringen ist nur der vordergründige Ausdruck eines auch ohnedies riesigen Veränderungsdrucks. Ja, es wird vieles anders werden. Aber ich bin davon überzeugt: Wie wir es gestalten,

(Ministerpräsident Ramelow)

wird es anders, aber auch besser werden. Unser Freistaat wird sein Gesicht behalten: eine lebenswerte Heimat für alte und neue Thüringerinnen und Thüringer.

In einer Welt, die sich rasant verändert, in der Krisen eskalieren und zunehmend auch an unsere Türen klopfen, wächst das Bedürfnis nach Verlässlichkeit und Sicherheit. Laut Thüringen-Monitor würde sich eine übergroße Mehrheit, wenn sie sich zwischen Freiheit und Sicherheit entscheiden müsste, für Sicherheit entscheiden. Sicherheit ist eine nicht verhandelbare politische Priorität dieser Landesregierung. Aber es gehört zu den großen Privilegien dieses Landes und dieser Zeit, dass wir eine Entscheidung zwischen Freiheit und Sicherheit nicht treffen müssen und auch nicht treffen sollten. Und es gehört zu der Verantwortung, Sicherheit in Freiheit zu garantieren. Wir werden daher den Begriff der Sicherheit sozial und liberal buchstabieren.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Vision ist eine Gesellschaft, die durch Einwanderung gestärkt wird und damit auch die soziale Sicherheit der Gesellschaft stärkt. Damit reagieren wir auch auf die Achillesferse unserer Landesentwicklung: ein Bevölkerungsrückgang. Die Indikatoren dafür sind unübersehbar: eine beträchtliche Anzahl von unbesetzten Ausbildungsplätzen. Aktuell sind es immer noch 1.153 Ausbildungsplätze, die nicht besetzt sind. Wenn ich dann höre: „Was tut ihr denn für Deutsche?“, sage ich immer, wir haben auch für 1.153 Deutsche noch freie Ausbildungsplätze. Wir sollten schauen, wo wir sie herbekommen, denn jeder unbesetzte Ausbildungsplatz ist der eigentliche Risikofaktor für unsere Zukunft.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

Ein erkennbarer Personalmangel in fast allen Branchen, ein nicht mehr zu ignorierender Rückgang an Bewerberinnen und Bewerbern auf Stellen im öffentlichen Dienst in Thüringen, bei Polizei, bei Feuerwehr, bei Lehrerinnen und Lehrern. Die Personaler großer Unternehmen in Thüringen klagen über Nachwuchsmangel und unser Wirtschaftsminister weist darauf hin, dass wir auch aufpassen müssen, wie wir das öffentlich kommunizieren, weil an dieser Frage am Ende auch Investitionsentscheidungen hängen, ob man eine neue Fabrik und eine neue Produktion dort aufbaut, wo möglicherweise 200.000 Facharbeiter fehlen. Wenn wir dieses nicht als Herausforderung begreifen, werden wir an der Prosperität unseres Landes die Axt anlegen. Deswegen sage ich auch ganz klar: Wir müssen Zuwanderungsland sein wollen, um Menschen einzuladen, mit uns jeden Tag die Produktion zu organisieren, die den Wohlstand garantiert, der in diesem Land entstanden ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo keine Menschen sind, ist auch keine Arbeit. Wo keine Arbeit ist, ist auch kein Wohlstand. Um unseren Wohlstand zu halten, brauchen wir, braucht die Thüringer Wirtschaft in den nächsten Jahren jedenfalls statistisch rund 200.000 Fachkräfte. Viele Menschen treten in den nächsten Jahren in ihren wohlverdienten Ruhestand. Auf zwei Renteneintritte kommt potenziell nur ein Schulabgänger. Den entstehenden Bedarf kann das Land damit nicht ausreichend aus dem eigenen Nachwuchs decken, vor allem nicht in Konkurrenz zu anderen Regionen mit ähnlichen Problemen. Diesen Bedarf kann auch keine Flüchtlingswelle decken, so naiv wird niemand sein. Diesen Bedarf können wir nur dann decken, wenn es dauerhaft Zuwanderung nach Thüringen gibt. Thüringen muss sich als Zuwanderungsland begreifen, um zukunftsfähig zu werden. Es ist nicht zu verkennen, dass auch Themen wie „Industrie 4.0“, „digitale Gesellschaft“, der technologische Fortschritt nicht ohne Auswirkungen auf den Bedarf an Arbeitskräften sein werden. Auch deshalb werden wir weiter dafür Sorge tragen, die Hochschul-, Forschungs- und Entwicklungslandschaft in Thüringen weiter zu befördern. Wir wollen in Thüringen „Gute Arbeit“, bei der die neuen Rahmenbedingungen der Digitalisierung und der weiteren Flexibilisierung so gestaltet werden, dass die Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder auch für quasi Selbstständige vertretbar sind und diese in dem sozialen Veränderungsprozess endlich mitgenommen und nicht abgekoppelt werden.

Meine Damen und Herren, ich will es an einem Beispiel sagen: Wenn die E-Mobilität zum zentralen Faktor des Individualverkehrs wird, wenn sich Tesla mit Standards durchsetzt oder sich das Googlemobil als Datensammelmaschine mit Transportcharakter durchsetzt, wird diese Art der Veränderung in der Produktion ein Drittel unserer Arbeitsplätze in den Industriebereichen des Automotive-Bereichs infrage stellen. Deswegen brauchen wir einen Veränderungsprozess, bei dem wir Forschung und Entwicklung genauso vorantreiben wie das Umstellen der Wirtschaft. Und da sind unsere kleinen und mittelständischen und eigentümergeführten Fabriken und Firmen der Garant dafür, dass Veränderungsprozesse in die richtige Richtung gehen, denn diese wissen sich schneller am Markt zu behaupten. Wir müssen die Nase im Wind halten, um nicht abgemeldet zu sein.

Politik in demokratischer Verantwortung für die Zukunft Thüringens muss sich der Aufgabe stellen, um demokratische Mehrheiten für einen Kurs der modernen Zuwanderungspolitik zu werben,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Ministerpräsident Ramelow)

mit allen ökonomischen, kulturellen und sozialen Konsequenzen, die das mit sich bringt.

Aber ich habe meine letzte Regierungserklärung zum Thüringen-Monitor 2015 im November 2015 ganz bewusst unter das Motto „Wachsen lernen“ gestellt, und ich meine damit, dass sich die Landespolitik, wenn sie das Land voranbringen will, den Herausforderungen einer Einwanderungsgesellschaft verpflichtet fühlen muss, und zwar sozial und integrativ.