Protocol of the Session on September 29, 2016

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 27. Januar 2015 klar und unmissverständlich ausgeführt, dass ein Verbot des Tragens eines islamischen Kopftuchs nur dann zu rechtfertigen ist, wenn eine hinreichend konkrete – und ich unterstreiche noch einmal das Wort „konkrete“ – Gefahr für den zur Erfüllung des Erziehungsauftrags notwendigen Frieden oder die staatliche Neutralität feststellbar ist. Generell ist eine solche Regelung nicht verfassungsgemäß. Es ist bezeich

nend, dass in dem Gesetzentwurf diese Entscheidung zwar zitiert, aber auf die dort aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen an keiner Stelle eingegangen wird. Daher lassen Sie mich zum Schluss sagen: Die Landesregierung sieht derzeit kein religiöses Konfliktpotenzial, das eine solche Regelung in Thüringen erforderlich machen würde. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, es ist auch keine Ausschussüberweisung beantragt, deswegen schließe ich die Beratung für den heutigen Tag.

Bevor ich Sie in die Mittagspause entlasse, möchte ich bekannt geben, dass ich gedacht habe, ich hätte mich beim Tagesordnungspunkt 5 verhört, als der Abgeordnete Brandner den Abgeordneten Dittes als Uwe Böhnhardt bezeichnet hat.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Das habe ich nicht gesagt!)

Für diese Geschmacklosigkeit erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe es im Protokoll nachhören lassen. Damit gehen wir in eine Mittagspause bis 13.40 Uhr.

Meine Damen und Herren, wir setzen die Plenarsitzung fort mit dem Aufruf des Tagesordnungspunkts 29

Fragestunde

Ich möchte vorsorglich darauf hinweisen, dass wir unter der Voraussetzung der zügigen Abarbeitung der gestellten Fragen versuchen wollen, alle Fragen in der heutigen Fragestunde abzuarbeiten. Das ist möglich.

Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Zippel, CDU-Fraktion, in der Drucksache 6/2656.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Blutkonserven in Thüringer Krankenhäusern

Der MDR berichtete am 7. September 2016, dass am Universitätsklinikum Jena eine bereits geplante Operation aus Mangel an Blutkonserven verschoben werden musste.

(Minister Lauinger)

Ich frage die Landesregierung:

1. An wie vielen Thüringer Krankenhäusern mussten in den vergangenen fünf Jahren geplante Operationen aus Mangel an Blutkonserven verschoben werden?

2. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die Bereitschaft zur Blutspende im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen sei und wenn ja, welche Gründe sieht die Landesregierung hierfür?

3. Für wie viele Wochen reichen die Vorräte an Blutkonserven in Thüringen bei normalem Bedarf?

4. Hält die Landesregierung die Vorräte an Blutkonserven für ausreichend und falls nicht, welche Menge wäre nach Ansicht der Landesregierung ausreichend?

Vielen Dank.

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Frau Ministerin Werner.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte die Anfrage des Abgeordneten Zippel wie folgt beantworten: Zunächst verweise ich auf die Pressemitteilung meines Hauses vom 6. September 2016, mit der ich den Aufruf der Blutspendeeinrichtungen in Thüringen unterstützt habe. Blutkonserven, das wissen wir alle, sind nur begrenzt haltbar und die Patientinnen und Patienten sind darauf angewiesen, dass die Bürgerinnen und Bürger von den vielfältigen Angeboten der Spendeeinrichtungen Gebrauch machen und Blut spenden.

Nun zu Ihren Einzelfragen.

Zu Frage 1: Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor. Die Krankenhäuser planen im Rahmen des Patient Blood Managements prospektiv anstehend elektive, also planbare Eingriffe. Erst wenn ein geplanter Eingriff abgesichert werden kann, erfolgt die konkrete Terminstellung für die Operation. Der Blutbedarf hängt jeweils von der individuellen Situation des Patienten und der Art des Eingriffs ab. Individuelle Faktoren sind insbesondere Blutgruppe und Rhesusmerkmal des Empfängers, aber auch Sensibilisierungen mit Antikörperbildungen, die zu vermehrten Unverträglichkeiten führen. Eine Verschiebung des Operationstermins dient in diesen Fällen der Patientensicherheit. Viel wichtiger ist, dass immer ein ausreichender Bestand an Blutprodukten vorhanden ist, um die Akutversorgung zum Beispiel nach Unfällen sicherstellen zu können. Hier liegen der Landesregierung kei

ne Meldungen vor, dass die Versorgung jemals gefährdet gewesen wäre. Das ist auch nicht zu erwarten, da die Spendeeinrichtungen sich in Bedarfssituationen austauschen, damit die Versorgung sichergestellt werden kann.

Zu Frage 2: Auch hierzu liegen der Landesregierung keine validen Daten oder Zahlen vor. Die Patientenversorgung mit Blutprodukten – nicht nur stationär, sondern auch ambulant – ist auf Blutspender angewiesen, die regelmäßig zur Spende gehen. Die Spendeeinrichtungen kommen diesem Anliegen vielfältig nach, dadurch dass sie regelmäßig Termine vor Ort oder lange Öffnungszeiten in den stationären Spendezentren anbieten. Eine Meldeverpflichtung der Spendeeinrichtungen zu Spenderund Spendezahlen an die Landesregierung besteht nicht und die Zahlen waren auch in der Kürze der Zeit nicht abzufragen.

Zu Fragen 3 und 4, die aufgrund des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet werden: Der durchschnittliche Verbrauch an Blutkonserven ist der Landesregierung nicht bekannt. Auch die Bewertung, welcher Vorrat in den Blutdepots der Krankenhäuser vorgehalten werden muss, obliegt den Einrichtungen der Patientenversorgung und hängt vom jeweiligen Versorgungsauftrag ab. Wie bereits zu Frage 1 ausgeführt, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor, dass die Versorgung mit Blutprodukten seitens der Spendeeinrichtungen gefährdet war oder ist.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gibt eine Nachfrage durch den Fragesteller. Herr Abgeordneter Zippel, bitte schön.

Mit Erlaubnis würde ich gern zwei Nachfragen stellen.

Das dürfen Sie, aber bitte nacheinander.

Dann die erste Nachfrage: Frau Ministerin, wenn Sie jetzt keine validen Daten haben, woher dann die Gewissheit, dass keine Unterversorgung vorlag oder die Versorgung gefährdet war?

Weil wir solche Rückmeldungen aus den Krankenhäusern nicht bekommen haben.

(Abg. Zippel)

Und die zweite Nachfrage: Hält die Landesregierung eine Meldepflicht der Spendeeinrichtungen über den aktuellen Bestand an Blutgruppen für sinnvoll?

Es ist schwierig, einen regelmäßigen Stand zu haben, weil diese Konserven wie gesagt nur eine begrenzte Zeit haltbar sind und man immer neue Spenderinnen und Spender finden muss. Deswegen glaube ich, dass das eine bestimmte Knappheit von Blutkonserven, die insbesondere in den Sommermonaten ab und zu auch auftritt, nicht verbessern würde.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Nächste Fragestellerin ist Frau Abgeordnete Meißner, CDU-Fraktion, in der Drucksache 6/2659.

Maßnahmen der Thüringer Landesregierung zur Integration von Langzeitarbeitslosen – Teil I

Seit Oktober 2015 steht dem Freistaat Thüringen mit dem Landesprogramm „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“ (ÖGB) ein öffentlich geförderter Arbeitsmarkt als Initiative zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit zur Verfügung. Hierbei sollen sowohl langzeitarbeitslose Personen als auch Personen, die sich seit langer Zeit im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch befinden, eine Beschäftigung auf dem neu geschaffenen sozialen Arbeitsmarkt geboten werden. Während der Grundcharakter der Beschäftigungsmaßnahmen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch auf „Fördern und Fordern“ basiert, setzt das oben genannte Programm auf das Prinzip der Freiwilligkeit und lässt zu dem bereits bestehenden Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“ Doppelstrukturen befürchten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Für welchen Zeitrahmen werden die Einzelprojekte der jeweiligen Säulen genehmigt und bekommen die Teilnehmer des Landesprogramms „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“ in diesem Zusammenhang einen befristeten Arbeitsvertrag für die Dauer des jeweiligen Projekts?

2. Wie viele der freiwilligen Teilnehmer an Maßnahmen des Landesprogramms „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“ haben vor dem Beginn der jeweiligen Maßnahme ihre Zusage zurückgezogen?

3. Wie hoch ist die Abbrecherquote beim Landesprogramm „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“ seit Inkrafttreten der Richtlinie und aus welchen Gründen haben die Teilnehmer das Programm vorzeitig beendet?

4. Welche Perspektiven werden den Teilnehmern nach der erfolgreichen Absolvierung einer Maßnahme des Landesprogramms „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“ in Aussicht gestellt?

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Werner.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Meißner, Maßnahmen der Thüringer Landesregierung zur Integration von Langzeitarbeitslosen – Teil I, wie folgt:

Zunächst: Die Anfrage, sehr geehrte Frau Meißner, bezieht sich im Wesentlichen auf das Landesprogramm „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“ und die entsprechende Förderrichtlinie, die seit Oktober 2015 in Kraft ist. Indirekt angesprochen ist aber auch die Förderrichtlinie zum Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“ – kurz LAT –, die ebenfalls im Oktober 2015 in Kraft getreten ist. Gleiches gilt im Übrigen für die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Holzapfel in der Drucksache 6/2660.

Bevor ich zur Beantwortung der einzelnen Fragen komme, gestatten Sie mir deshalb eine gemeinsame Vorbemerkung. In der Begründung zu beiden Anfragen wird die Befürchtung geäußert, dass die Förderung nach der ÖGB-Richtlinie Doppelstrukturen zum LAT-Programm aufbaut. Diese Bedenken kann ich entkräften. Im Gegenteil: Zwar verfolgen beide Programme ein gemeinsames übergeordnetes Ziel, nämlich die soziale und berufliche Integration von arbeitslosen Menschen in Thüringen, sie setzen aber an verschiedenen Hebeln mit sehr unterschiedlichen Förderinstrumenten an. Die ÖGBRichtlinie stellt Lohnkostenzuschüsse zur Einstellung von Langzeitarbeitslosen und sogenannten Langzeitleistungsbeziehern – also erwerbslosen Menschen, die seit langer Zeit auf Unterstützungsleistungen nach dem SGB II angewiesen sind – zur Verfügung. Durch die Beschäftigung in einem gemeinwohlorientierten Bereich erhalten sie nach der langen Zeit der beruflichen und oft auch sozialen Ausgrenzung wieder die Möglichkeit der Teilhabe durch eine regelmäßige Erwerbstätigkeit. Das LAT ergänzt demgegenüber mit zusätzlichen Förderangeboten die ESF-kofinanzierte Integrationsrichtlinie,