Nun noch ein Wort zum Thema der Ausschussvorsitzenden-Entschädigung: Die steuerfreie Aufwandsentschädigung für Ausschussvorsitzende steht trotz der Entscheidung 2 BvH 3/91 des Bundesverfassungsgerichts und des Urteils 2/01 des Thüringer Verfassungsgerichtshofs im Konflikt mit dem Gleichheitsgebot gemäß Artikel 38 Grundgesetz, so Ihre Aussage. Diese Aussage interpretiert aber die Urteile falsch und verkennt die infolge dieser Rechtsprechung vorgenommenen Gesetzesänderungen. Das Bundesverfassungsgericht verhielt sich mit seinem Urteil vom 21.07.2000 zur damals geltenden zusätzlichen Entschädigung mit Einkommenscharakter. Daraufhin hat der Thüringer Landtag mit dem Gesetz vom 20. Dezember 2000 diese zusätzliche einkommensgleiche Entschädigung abgeschafft und durch eine pauschalierte Aufwandsentschädigung ersetzt. Auf das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 14.07.2003 wurde die Aufwandsentschädigung mit Gesetz vom 16.12.2003 gemessen an der Entfernung des Wohnorts gestaffelt und damit entsprach der Thüringer Landtag dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs umfassend. Dort heißt es in den Leitsätzen: „Funktionsbezogener finanzieller Aufwand darf mit einem Pauschalbetrag ausgeglichen werden. Der Gesetzgeber ist jedoch gehalten, die Pauschalie
rung so zu bemessen, dass der Pauschalbetrag den tatsächlichen Aufwand annähernd erreicht.“ Wenn Sie die Regelungen Deutschlands an diesem Punkt vergleichen, werden Sie feststellen, auch dort bewegen wir uns genau in dem Rahmen, wie es in anderen Bundesländern der Fall ist. Deswegen stelle ich hier an der Stelle fest: Rechtlich sind die Dinge klar, in der Sache sind die Regelungen im Abgeordnetengesetz auch gerechtfertigt und deswegen ist der Antrag der AfD an diesem Punkt ebenso abzulehnen. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Emde, für Ihre Rede, da Sie tatsächlich schon einen Großteil der rechtlichen Grundlagen benannt haben und die Diskussion in diesem Hause nicht ganz neu ist. Sie selbst hatten zu Beginn der Legislatur einen ähnlichen Antrag mit Blick auf die Vizepräsidenten gestellt. Wir hatten in der letzten Legislatur auch noch eine ganz andere Diskussion, weil es da eine andere Zusammensetzung des Präsidiums gegeben hat. Damals waren alle Fraktionen im Präsidium vertreten. Jetzt kommt die AfD mit dem halbgar aufgewärmten Vorschlag der CDU noch einmal um die Ecke. Das macht ihn nicht wirklich besser, wenn ich das so sagen darf, denn wir haben schon damals ausgeführt – und das hat Herr Emde eben auch noch mal dargestellt –, dass wir uns durchaus im Mittelfeld bewegen, was die zusätzlichen Entschädigungen für zusätzliche Aufgaben bedeutet.
Weil ich in einer Legislatur – nämlich in der letzten Legislatur – auch die Ehre hatte, als Vizepräsidentin amtieren zu dürfen, möchte ich zumindest der AfD doch mal berichten, dass das schon ein bisschen mehr ist, als mal eben – so wie Sie das in Ihren Pressemitteilungen formuliert haben – die Sitzungen des Landtags zu leiten. Offenkundig haben Sie nicht verstanden, dass ein solches Amt, was durchaus vom gesamten Landtag mit gewählt wird, noch mehr Funktionen wahrnimmt, und seien es vor allen Dingen auch repräsentative Funktionen, die aber mit einer großen Verantwortung verbunden sind. Wenn Sie die regelmäßigen Presseverlautbarungen des Landtags lesen, können Sie beispielsweise nachvollziehen, welche Termine die Vizepräsidentin und der Vizepräsident, Frau Margit Jung bzw. Herr Höhn, auch in der Öffentlichkeit wahrnehmen, dass sie nämlich den Präsidenten vertreten, weil dieser selbstverständlich nicht überall gleich
zeitig sein kann, dass sie Ausstellungen eröffnen, dass sie an vielen Veranstaltungen auch bundesweit teilnehmen, um diesen Landtag hier zu repräsentieren. Deswegen kann ich Ihnen durchaus versichern, dass es nicht nur so ist, dass hier für ein paar Stunden eine Sitzung geleitet wird, was übrigens auch Vorbereitungszeit bedarf, was natürlich auch ein gewisses Wissen der Regularien braucht, was man so von jedem und jeder einzelnen Abgeordneten vielleicht nicht erwarten kann und was selbstverständlich auch eine herausragende Stellung und damit auch eine Vergütung von Mehraufwänden bedeutet.
Ich habe schon, als die CDU damals den Antrag gestellt hat, gesagt, dass man über die Höhe der Entschädigung durchaus diskutieren kann. Aber das ist eigentlich nur ein ganz kleiner Punkt im Gesamtgefüge, über das wir gern auch in der Perspektive einmal im Ganzen sprechen möchten. Das habe ich hier auch schon ausgeführt und ich will hier noch mal begründen, warum. Die Frage ist doch vielmehr, wie die Finanzierung von Abgeordneten, sprich die Bezahlung von Abgeordneten, überhaupt geregelt ist. Wir alle kennen die Diskussionen rund um Nordrhein-Westfalen. NordrheinWestfalen hat sich vor einigen Jahren auf den Weg gemacht und eine völlig neue Systematik eingeführt, nämlich dass Abgeordnete tatsächlich auch in die Sozialversicherungssysteme einbezahlen, inklusive der Rentenversicherung, und ihre Diäten, die sie bekommen, auch entsprechend voll versteuern. Das hat eine heftige Debatte in Nordrhein-Westfalen gegeben. Warum? Weil das zunächst erst einmal teurer wird. Die Abgeordneten bekommen dadurch quasi höhere Diäten. Aber in der Perspektive sind natürlich die Kosten niedriger. Das betrifft dann beispielsweise die Rentenansprüche etc. Und das System ist durchaus gerechter. Ich sage das ganz deutlich: Wir als Bündnis 90/Die Grünen können uns mit dem nordrhein-westfälischen System sehr gut anfreunden, weil wir der Meinung sind, dass es dann auch eher eine Vergleichbarkeit mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gibt, die eben auch ganz normal in die sozialen Sicherungssysteme einzahlen, und weil das auch dafür steht, dass sich tatsächlich alle an einer gerechten Finanzierung von Sozialsicherungssystemen beteiligen, ich sage mal, von der Krankenpflegerin über die Putzfrau, den Automechaniker bis eben hin zum Abgeordneten oder zur Abgeordneten.
Aber all das will ja die AfD gar nicht. Die AfD arbeitet sich an zwei Punkten ab, nämlich ausschließlich an den zusätzlichen Entschädigungen für die Vizepräsidenten, indem sie unterstellt, die hätten eigentlich auch nichts zu tun. Wie gesagt: Über die Höhe kann man reden, aber wir meinen schon, dass man dann insgesamt über die Finanzierung von Abgeordneten und deren Tätigkeiten sprechen muss.
Dann haben sie noch die Ausschussvorsitze ins Visier genommen. Ich unterstelle einmal, dass jemand, der oder die einen Ausschussvorsitz innehat, tatsächlich auch einen Mehraufwand hat, weil er oder sie sich natürlich ganz anders, intensiver auf die Ausschusssitzungen vorbereitet, weil er oder sie auch für den Ausschuss ganz anders nach außen tritt. Wir waren gerade in der letzten Woche mit dem Bildungsausschuss auf einer Informationsreise in Bozen. Herr Grob, unser Ausschussvorsitzender, hat die Delegation beispielsweise geleitet. Er hat dann natürlich ganz andere Aufgaben wahrgenommen. Er hat die Pressearbeit verantwortet, die es im Zuge dieser Ausschussreise gegeben hat. Das sind natürlich zusätzliche Aufwände, die man anerkennen muss. Und deswegen meine ich oder meinen wir als Bündnis 90/Die Grünen, dass solche zusätzlichen Aufwendungen, die nachweisbar bestehen, sich auch in einer zusätzlichen Entschädigung niederschlagen können, die im Übrigen aus unserer Sicht durchaus angemessen ist,
weil sie auch eine Wertschätzung für so eine herausgehobene Tätigkeit darstellt. Ausschussvorsitzender wird nun mal auch nicht jede und jeder.
Jetzt könnte man sagen, wir hatten eben eine Ausnahme hier vorn am Pult. Die hat auch schon gesprochen. Das ist Herr Brandner. Herr Brandner ist selbst Ausschussvorsitzender. Wenn ich jetzt ein bisschen zynisch sein dürfte, könnte ich vorschlagen: Vielleicht sollte er seine Zulage, die er als Ausschussvorsitzender bekommt, so wie er den Ausschuss leitet, lieber als Schmerzensgeld an die Mitglieder des Ausschusses zahlen.
Aber ich gehe natürlich davon aus, dass man im Justiz- und Migrationsausschuss auch einiges vorbereiten muss, wenn man die Arbeit vernünftig macht, und würde es für eine vernünftige Ausschussleitung auch durchaus angemessen finden, dass der- oder diejenige eine entsprechende Entschädigung erhält. Das hat jetzt, glaube ich, auch jede und jeder verstanden.
Kurzum: Wenn ich mir den bundesweiten Vergleich noch mal anschaue, muss man das ja auch immer ein bisschen einordnen – Herr Emde hat das vorgetragen. Neun Bundesländer haben für die Vizepräsidenten/-präsidentinnen jeweils eine Entschädigung von 50 Prozent zusätzlich. Ein bisschen anders oder ähnlich ist es in Bremen, die haben 70 Prozent. Hamburg macht es anders, die zahlen 100 Prozent an die Vizepräsidenten/-präsidentinnen und 200 Prozent an den Präsidenten bzw. die Präsidentin und Bremen 150 Prozent an den Präsidenten und die Präsidentin. Aber unterm Strich kann man sagen, dass wir uns im Schnitt der Länder bewegen.
Wie gesagt, würden wir aus unserer Sicht gern über einen grundsätzlichen Systemwechsel diskutieren, wenn es um die Diäten, die Entschädigungen von Abgeordneten insgesamt geht. Wir glauben aber, dass sich die AfD an diesen zwei Stellschrauben nur wieder etwas herausgepickt hat, um das Parlament ein Stück weit vorzuführen. Wie Sie zum Parlamentarismus stehen, müssen wir ja immer wieder erleben, mindestens drei Tage im Monat. Wir jedenfalls halten diesen Gesetzesvorstoß für außerordentlich entbehrlich und werden ihn deshalb ablehnen. Vielen herzlichen Dank.
Ja, meine Damen und Herren, da bin ich wieder. Frau Rothe-Beinlich, das große Ganze, wann kommt es denn? Sie stellen sich immer bei unseren Anträgen hier vorne hin und sagen: Das große Ganze kommt bald, wir müssen grundlegend diskutieren, der grundsätzliche Systemwechsel steht bevor. Außer den beiden Wasserspendern, Frau Rothe-Beinlich, ist noch nichts passiert. Das sage ich dann auch immer wieder. Und diese beiden Sachen, die wir hier einbringen, sind nicht das Erste. Wir haben auch schon zu den Diätenerhöhungen was eingebracht, da haben Sie sich auch verweigert.
Frau Rothe-Beinlich, was mich so ein bisschen enttäuscht, ist: Wenn Sie Vizepräsidentin dieses Landtags waren – ich habe das ja gerade mit Erschrecken hier gehört –, wieso kennen Sie sich dann weder in der Geschäftsordnung noch im Untersuchungsausschussgesetz aus und wissen gar nicht, wovon Sie hier reden?
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich hatte recht, Herr Brandner! Haben wir abgestimmt oder haben wir nicht abgestimmt?)
Frau Rothe-Beinlich, es ist richtig peinlich, was Sie hier von sich geben. Es geht bei den zusätzlichen steuerfreien Pauschalen für Ausschussvorsitzende nicht darum – das habe ich doch versucht, in einfacher, deutlicher Sprache schon bei der Einleitung einzubringen –, dass da ein zeitlicher Mehraufwand dahinterstecken muss. Darum geht es überhaupt nicht, Frau Rothe-Beinlich. Gucken Sie mal, googlen Sie mal, gucken Sie in den Computer! Es geht um den finanziellen Mehraufwand. Alles andere wäre verfassungswidrig, Frau Rothe-Beinlich.
Herr Kollege Brandner, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage von der Frau Abgeordneten Rothe-Beinlich.
Herr Brandner, da Sie eben auf eine Geschichte abgehoben haben, die sich ein paar Tagesordnungspunkte eher abgespielt hat: Haben wir abgestimmt oder haben wir nicht abgestimmt?
Der Untersuchungsausschuss ist eingesetzt worden, weil es ein Minderheitenrecht ist. Das bedarf keines Beschlusses. Sie haben es offenkundig immer noch nicht verstanden.
Aus Sicht des Präsidiums, Herr Kollege Brandner, hat Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich uneingeschränkt recht.
Meine Damen und Herren, ich habe mir das schon aufgeschrieben gehabt. Das Nächste, was wir jetzt machen, ist wieder populistisch, neidschürend und aus Sicht der Altparteien typisch AfD. Wir wollen Steuergelder sparen, wir wollen verfassungsrechtlich einwandfreie Regelungen schaffen und die Bezüge einzelner Abgeordneter, auch meine, senken. Wirklich verwerfenswert, populistisch und neidschürend, nicht anders kann man das sagen.
Ich fasse noch mal kurz zusammen: Es geht um zwei Dinge. Es geht erstens um die Abschaffung der zusätzlichen steuerfreien Pauschale, dieser rund 400 Euro im Monat, und zweitens um die drastische Reduzierung der zusätzlichen Bruttoentschädigung der Landtagsvizepräsidenten, das hatte ich vorhin schon mal gesagt. Herr Emde, das kam vielleicht ein bisschen falsch rüber, ich meinte nicht diese verfassungsrechtlichen Geschichten, das bezog sich nicht auf die Vizepräsidenten, es bezog sich auf die zusätzliche Vergütung für die Ausschussvorsitzenden.
Dann habe ich es möglicherweise vorher falsch formuliert. Das ist verfassungsrechtlich nicht so eindeutig.
Na ja, wir stehen doch alle hier, Herr Lauinger hat es vorgemacht, jeder entschuldigt sich, wenn er mal einen Fehler gemacht hat. Das mache ich dann hiermit.
Wir lehnen die zusätzliche steuerfreie Pauschale für Ausschussvorsitzende aus guten Gründen ab. Da ist zunächst das Kriterium der Periodizität, das heißt, dass sie regelmäßig gezahlt wird. Denn regelmäßige zusätzlich gezahlte steuerfreie Pauschalen bedingen, Frau Rothe-Beinlich, regelmäßige zusätzliche finanzielle Aufwendungen. Und daran fehlt es hier. Keiner der Ausschussvorsitzenden kann und wird behaupten, ihm entstünden regelmäßig, also auch etwa in den sechs Wochen Parlamentsferien und in den etwa zehn Wahlkreiswochen, finanzielle Mehraufwendungen, weil er Ausschussvorsitzender ist. Das kann keiner sagen. Das ist einfach nicht so. Pro Monat gibt es je Ausschuss etwa eine Sitzung – die einen machen mehr, die anderen weniger –, an der alle Ausschussmitglieder teilnehmen müssen. Alle haben also entsprechende
Aufwendungen, der Ausschussvorsitzende hat keine zusätzlichen finanziellen. Ich wage zu behaupten, dass in allen Fällen gar kein zusätzlicher finanzieller Aufwand anfällt, zeitlicher Mehraufwand – Frau Rothe-Beinlich, da gebe ich Ihnen recht – schon, zum Beispiel wenn ich mich auf meinen Justizausschuss vorbereiten muss, um alles Mögliche zu berücksichtigen, was von Ihrer Seite kommen könnte. Also zeitlicher Mehraufwand ist da schon da, aber kein finanzieller.
Zweitens: So gut wie jede Tätigkeit des Ausschussvorsitzenden ist bereits alimentiert. Sie können wie alle Abgeordneten hier in diesem Hause kostenlos ein Büro benutzen, kostenlos telefonieren, ihre gesamte Korrespondenz über dieses Haus abwickeln, sie sind Inhaber einer Bahncard 1. Klasse, mit der sie kostenlos durch ganz Thüringen fahren können, und – ich gehe mal davon aus – jeder hat einen Mobilfunkvertrag mit einer Pauschale, sodass er auch problemlos mit der Landtagsverwaltung telefonieren kann, ohne dass finanzielle Mehraufwendungen entstehen. Sie sehen daran: Aus keinem dieser Punkte erwächst auch nur ein einziger Cent finanziellen Mehraufwands, der eine zusätzliche steuerfreie Pauschale rechtfertigen würde.
Drittens: Es gebietet die Fairness und die Gleichbehandlung, dass eigentlich gar keine steuerfreien Pauschalen, ich hatte es ja schon anfangs angekündigt, gewährt werden. Denn nach dieser Logik müsste jeder Arbeitnehmer eine steuerfreie Pauschale erhalten, der täglich zur Arbeit fährt. Es gibt in unserem Land – vielleicht wissen Sie das alles nicht – sehr viele Menschen, die täglich 100 Kilometer und mehr pendeln müssen. Die erhalten keine Netto-Pauschale vorab, die müssen jeden Kilometer nachweisen und dann in einer ausufernden Steuererklärung einsetzen und das Finanzamt davon überzeugen. Es gibt auch keinen Grund, warum wir es steuerfrei bekommen sollen und die Ausschussvorsitzenden auch noch doppelt. Dafür ist nicht der leiseste Anlass da.