Herr Präsident, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste, wir sind heute seit – ich glaube – 10.30 Uhr Zeuge einer sehr interessanten Debatte geworden und einer sehr engagierten, wie wir das eben auch schon wieder gesehen haben durch meinen Kollegen Mohring.
Ich will die einzelnen Sachargumente, die heute vorgetragen wurden, jetzt nicht noch mal alle in Bezug auf die vorliegenden Gesetzesvorlagen und Änderungs- und Entschließungsanträge bringen, aber ich will das eine noch anfügen: Herr Mohring, es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber Sie machen seit Monaten einen etwas verwirrten Eindruck in der Frage der Gebietsreform.
Wir hören uns mit schöner Regelmäßigkeit an, dass die kommunale Familie im Unklaren gelassen wird über bestimmte Zielvorgaben einer längst überfälligen Reform. Keiner kann sagen – hören wir uns immer an –, wie es genau gehen soll. Keiner kann sagen, wie viel das ganze Unternehmen kosten soll.
Keiner kann sagen, wie viel Geld das eigentlich spart. Am Ende sind den Kommunalpolitikern auch noch sämtliche Rechte genommen.
Um es ganz kurz zu sagen: Hier wird das Bild gezeichnet, Rot-Rot-Grün hinterlässt eigentlich mit dieser Gesetzesinitiative das reinste Chaos hier in Thüringen
und Sie seien die Einzigen – trommeln Sie ruhig wie die Duracell-Äffchen, damit habe ich kein Problem, dieses Spiel geht schon seit Monaten so –, die den Menschen draußen im Lande Sicherheit bieten.
Ich sage es noch mal: Sie machen seit Monaten einen etwas verwirrten Eindruck beim Thema der Gebietsreform. Sie haben lange, lange Zeit, eigentlich bis exakt letzte Woche, den Eindruck vermittelt, es gebe im Grunde keinen Änderungsbedarf in der Struktur unserer Landkreise und Gemeinden. Insbesondere bei der Frage der Verwaltungsgemeinschaften haben Sie wie ein Fels gestanden, obwohl das an und für sich auch ein Witz ist. Ich erzähle das immer wieder sehr gern, auch wenn Sie jetzt gleich wieder die Mienen aufsetzen, als kämen Sie von einer Wurzelbehandlung. Es gibt einen Antrag vom 15.12.2011, den Sie damals gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner hier in diesem Haus und mit einer überwiegenden Mehrheit der damaligen Oppositionsparteien beschlossen haben. Diesen Beschluss könnte ich jetzt noch mal vorlesen, ich kann ihn sogar singen, ich kann ihn auswendig. Seit gut zweieinhalb Jahren, seit dieser Zeit, seit 2011 hat man uns hier auch an der Nase herumgeführt. Herr Fiedler hat vorhin, ohne einen Ordnungsruf zu bekommen, gesagt: „Sie verarschen draußen die Leute.“ Wir kamen uns auch – Pardon! – ziemlich veralbert vor, das will ich Ihnen nur mal sagen.
Einer der Gründe, mein lieber Herr Kollege Mohring, warum ich heute näher an Herrn Adams in der ersten Reihe sitze als an Ihnen, liegt in der
Sie beschließen also, meine sehr geehrten Damen und Herren – und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, vor mehr als vier Jahren, dass Verwaltungsgemeinschaften in Thüringen keine Zukunft haben. Das haben Sie mit uns gemeinsam beschlossen.
Und jetzt sind Sie der Schutzpatron der Verwaltungsgemeinschaften. Diese Frage müssen Sie sich gefallen lassen: Was denn nun, liebe CDU? Was gilt denn, der Beschluss damals, mit dem Sie wahrscheinlich nur die SPD-Leute hinter die Fichte führen wollten, oder Ihr Lippenbekenntnis heute zu Verwaltungsgemeinschaften? Was denn nun, liebe CDU?
Es geht weiter: Sie sagen, das Selbstbestimmungsrecht der Leute vor Ort – ich habe mir das heute wieder angehört – ist das höchste Gut, das würde missachtet, man müsse nur auf die Menschen hören und die wollen nicht, dass man ihnen in dieser Form in das kommunale Selbstverwaltungsrecht hineinregiert, der Bürgerwille müsse akzeptiert werden. Ich sage Ihnen deutlich: Mitglieder vornehmlich Ihrer Partei – und das geht seit Monaten so – sind verantwortlich dafür, dass beispielsweise in fast sämtlichen Kreistagen hier in diesem Land Thüringen Beschlüsse gefasst werden, die beispielsweise gegen eine Veränderung der Kreisgebietsstruktur stehen – nur ja nicht den Nachbarn heiraten.
Und was machen Sie, auch eben in Ihrer Rede, Herr Kollege Mohring? Sie bemängeln, dass es für Landkreise im Wege der Neugliederung keine Freiwilligkeitsphase gibt.
Ganz furchtbar sei das, ganz furchtbar und undemokratisch. Das ist – ich muss es jetzt mal leider sagen, weil wir gerade die Europameisterschaft im Fußball haben – wie bei einem Freistoß mit Ronaldo: Man guckt zu und fragt sich dann immer wieder, was das eigentlich war, was das soll. Entweder nehmen Sie den Bürgerwillen in den Landkreisen ernst, der durch solche Beschlüsse schon feststeht, oder Sie machen das nicht, denn Sie fordern ja laut und öffentlich eine Freiwilligkeitsphase für Landkrei
Mal zurück zu den Verwaltungsgemeinschaften. Ich habe eine Reihe von Veranstaltungen erlebt, da haben Mitglieder Ihrer Fraktion öffentlich den Schutzpatron der Verwaltungsgemeinschaften gespielt. Zuletzt, Herr Kollege Fiedler hat darauf auch abgestellt, war das eine Veranstaltung in Hermsdorf vor gut – Sie haben gesagt – 250 bis 300 Leuten.
Ich werde mit ihm gern bilateral reden, aber ich muss hier auf meine Redezeit achten. Es tut mir herzlich leid.
Ich habe eine Reihe von Veranstaltungen erlebt, unter anderem vor zwei Wochen in Hermsdorf, Herr Fiedler hat schon darauf abgestellt, zwischen 250 und 300 Leute waren da vor Ort. Es ging darum: Selbstverwaltung, Entmachtung der Gemeinderäte und die Bewahrung der Verwaltungsgemeinschaften als einem der besten Modelle. Da waren auch Abgeordnete der CDU-Fraktion mit zugegen, ich könnte sie hier auch namentlich nennen. Eine Woche später, nachdem Sie dort ein Plädoyer für den Erhalt der Verwaltungsgemeinschaften abgelehnt haben, eine einzige Woche später legen Sie einen Änderungsantrag vor, in dem drinsteht: Verwaltungsgemeinschaften sollen mindestens 5.000 Einwohner haben. Das heißt dann aber auch, wenn wir zumindest den alten Änderungsantrag sehen – auf den neuen stelle ich dann gleich noch ab –, dass 34 Verwaltungsgemeinschaften unter 5.000 Einwohnern – wenn man es demografiefest betrachten würde – fallen würden, die nach Ihrer Diktion bislang selbstbestimmt sind,
die selbstverwaltet sind und deren Bestand mit Ihrem Änderungsantrag dann plötzlich auf der Kippe steht.
Jetzt gibt es einen neuen Änderungsantrag, der ist jetzt gekommen, ganz neu, da steht drin: Nein, Irrtum, die 5.000 haben wir nicht demokratiefest gemeint, wie ansonsten alle anderen Zahlen, die vielleicht darin auch beispielsweise bei der Landesregierung gestanden haben, wir meinen 5.000 zum jetzigen Zeitpunkt bzw. zum Zeitpunkt 2015. Auch da ist wieder die Frage, das ist Ihnen jetzt noch schnell aufgefallen, weil ansonsten das Hohelied auf die Verwaltungsgemeinschaften ja gar nicht mehr gepasst hätte.
Aber es sind jetzt immer noch zwölf – ich will sie gerne mal vorlesen –, die davon betroffen wären. Das sind die Verwaltungsgemeinschaften Westerwald-Obereichsfeld, Gera-Aue,
An der Marke, Feldstein, Geratal, Großbreitenbach, Rennsteig, Lichtetal am Rennsteig, Saale-Rennsteig, Am Brahmetal, Wieratal, Oberes Sprottental. Das sind insgesamt 76 Gemeinden. Auch da ist die Frage – ich weiß es ja nicht genau, ob Sie mit denen schon einmal Kontakt aufgenommen haben, nachdem Sie heute noch einmal diesen Änderungsantrag gebracht haben, aber auch die werden sich dann fragen: Was denn nun, liebe CDU? Das werden die sich fragen. Sie sagen ja noch, dass die Verwaltungsgemeinschaften – das muss ich zugestehen, das steht auch im Änderungsantrag so drin – sich weiterentwickeln können. Es steht nicht genau drin, wie und wozu oder wohin die sich entwickeln sollen.