Protocol of the Session on May 20, 2016

Wie bereits ausgeführt möchte die CDU, dass Kinder Rechtsnormen und christlich-jüdisch-abendländische Werte vor dem Besuch von regulären Klassen vermittelt bekommen. Was die Wissenschaft über diese Vorstellungen und das dahinterstehende Menschenbild und Bildungsbegriff denkt, habe ich bereits ausgeführt. Aber ich frage Sie: Wie stellen Sie sich das denn überhaupt vor? Sollen Kinder, sieben oder acht Jahre alt, bevor sie überhaupt einmal eine reguläre Schulstunde erleben dürfen, Lehrinhalte vermittelt bekommen, die im Regelschulbereich in den Klassenstufen 9 und 10 im Lehrplan stehen?

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Man sieht, Sie waren nie in der Schule, man merkt es!)

Nein, es ist einfach peinlich, was Sie vorgeschlagen haben.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Was reden Sie für einen Unsinn!)

Natürlich stehen die Prinzipien des § 2 Abs. 1 Thüringer Schulgesetz bei der Beschulung aller Kinder im Mittelpunkt. Zur Erinnerung und als Grundprinzip jeglichen Bildungsauftrags in Thüringen hier noch mal aus dem Paragrafen: Ein wesentliches Ziel der Schule ist „die Befähigung zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zur Mitgestaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie […] die Achtung vor den religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer.“ Kindern und Jugendlichen entgegen den geltenden Lehrplänen und diskriminierend einen eigenen Bekenntnislehrplan aufgrund ihrer Herkunft aufzuerlegen, das lehnen wir natürlich ab. Ich sage es auch ganz klar: Ich sehe darin auch einen Verstoß gegen Artikel 2 Abs. 3 der Thüringer Landesverfassung, das Diskriminierungsverbot, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall DIE LINKE)

Sie fordern, dass Flüchtlings- und Migrationskinder, bevor Sie im regulären Unterricht beschult werden, in Vorschaltklassen ihre Sprachkenntnisse erwerben sollen. Zugestanden sei Ihnen, Vorschaltklassen sind gerade auch in anderen Bundesländern ein Weg hin zu einer erfolgreichen Beschulung. Aber, sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen der CDU, ich kenne Dutzende Schulen, die genau das ablehnen, insbesondere Grund- und Gemeinschaftsschulen. Diese sagen, sie haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, den Kindern eine gezielte Sprachförderung parallel zum Unterricht im Unterricht oder nach dem Unterricht zu ermöglichen. Dies setzt an einem Integrationskonzept an,

das es den Kindern ermöglicht, im Prozess und gerade mit deutschsprachigen Kindern zusammen zu lernen. Dies setzt meist auch eine andere Methodik voraus, die diese Schulen zumeist dann auch haben, da sie sich als inklusive Schulen verstehen, eine inklusive Schulkultur entwickelt haben und neu ankommende Kinder nicht als Belastung, sondern als Bereicherung verstehen. Eingangs habe ich auf den Sachzusammenhang Inklusion und Umgang mit Heterogenität in dieser Frage schon hingewiesen.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Ja, das Anliegen für eine bessere Steuerung, dem Abbau von Barrikaden und die Ausgestaltung des Bildungsauftrags als inklusiven Bildungsauftrag, das tragen wir mit. Das können wir im Ausschuss besprechen und dann entsprechend hier beschließen. Aber eine Aussetzung des Rechts auf Bildung für alle, eine Sonderung und Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen lehnen wir ab und wird niemals unsere Zustimmung finden.

Die Vorschläge der Resolution der Thüringer Eltern, Schüler und des Thüringer Lehrerverbandes können wir zum Teil im Ausschuss aufgreifen und weiterentwickeln, aber das bei Ihnen zum Beispiel nichts, was die Eltern und die Schüler vorschlagen, was das Kooperationsverbot anbetrifft, enthalten ist, das lässt dann wieder mal tief blicken. Copy and paste, da hätten Sie mal Ihre drei Finger drauflassen müssen, dann wäre vielleicht ein etwas besserer Antrag dabei herausgekommen. Ich bedanke mich erst einmal so weit für Ihre Aufmerksamkeit und beantrage, den Antrag der CDU-Fraktion an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zur weiteren Beratung zu überweisen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster hat sich Abgeordneter Möller, Fraktion der AfD, zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, nachdem uns jetzt Herr Wolf Phrasen an Phrasen aneinandergehängt, seine Vorstellung von der Integration von Flüchtlingskindern in Schulen eigentlich nicht vermittelt hat, denn inhaltlich habe ich da nicht so viel wahrnehmen können, bleibe ich am besten gleich beim Antrag der CDU-Fraktion, den wir als AfD natürlich auch nicht so sonderlich gelungen finden. Das fängt schon beim Berichtsantrag an. Die Informationen, die da abgefragt wurden, hat die CDU bereits mehrheitlich im Ausschuss erhalten und nachlesen können, auch zum Beispiel in Kleinen Anfragen, die von unserer Fraktion gestellt worden

sind. Insofern empfehlen wir einfach mal, sich im Ausschuss Notizen zu machen, das spart uns dann allen viel Zeit.

(Beifall AfD)

Mit Ihrem Antrag zielen Sie auf Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Beschulung von Flüchtlingskindern in Thüringen ab. Das ist schön, aber angesichts unserer desolaten Lage im Schulsystem wäre es wünschenswert gewesen, wenn sie alle Kinder im Blick gehabt hätten, die deutschen und die ausländischen Kinder. Da ist schon in Ihrer Regierungszeit viel den Bach hinuntergegangen. Die Stichworte Lehrermangel, Überlastung der Lehrer, die fehlende Attraktivität der Regelschule, die untauglichen bzw. unzureichenden Methoden beim Erlernen des Schreibens, all das sind Punkte des schulpolitischen Versagens, was die CDU mit zu verantworten hat.

(Beifall AfD)

Im Übrigen gibt es gerade auch eine Menge Kinder von EU-Staatsbürgern, zum Beispiel aus Polen, deren Eltern hier arbeiten und im Grunde mit Kindern von Asylberechtigten durchaus vergleichbar sind, zumindest was die Erlernung der sprachlichen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schulbeginn angeht, und die fallen bei Ihrem Antrag leider unter den Tisch. Wahrscheinlich, weil über diese Kinder in den Zeitungen nicht geschrieben wird, und was da nicht drinsteht, das kommt im Antrag eben nicht vor. So macht die CDU leider schon seit Jahren Politik.

Keine Frage, die Beschulung von minderjährigen Asylbewerbern und Asylberechtigten ist eine Aufgabe, die einerseits immens schwierig ist und andererseits das Potenzial hat, die vorhandenen Probleme in der Schule weiter zu verstärken. Es ist daher durchaus verständlich, wenn Sie den Beginn der Schulpflicht für solche Kinder ansprechen. Hierzu gibt es die unterschiedlichsten Regelungen und Auffassungen, selbst im rot-rot-grünen Lager. Die AfD-Fraktion sieht bei der Antwort auf die Frage, wann für minderjährige Asylbewerber die Schule losgehen soll, an erster Stelle das Kindeswohl. Für Kinder sind Wechsel der Betreuungseinrichtungen und Schulen, etwa bei einem Wechsel des Orts der Unterbringung, sehr unangenehme Situationen, die vor allem Stress verursachen und welche die kulturell bzw. sprachlich bedingten Barrieren, die einem Lernerfolg entgegenstehen können, weiter erhöhen. Daher fordern wir im Gegensatz zur CDU-Fraktion keine Einzelfallentscheidung bezüglich der Schulpflicht, nein, wir meinen, dass eine Schulpflicht erst Sinn macht, wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist, ein Aufenthaltstitel vorliegt und das Kind eine – wenn auch befristete – Bleibeperspektive an einem bestimmten Ort in Thüringen hat.

(Beifall AfD)

(Abg. Wolf)

Gewundert haben wir uns über Ihre Forderung, liebe Kollegen von der CDU, nach sogenannten Vorschaltklassen, in denen Kinder sich ganz auf den Spracherwerb konzentrieren können. Das Konzept, so ausländischen Kindern die deutsche Sprache beizubringen, ist ohne Zweifel sinnvoll, aber das gibt es unseres Wissens in Thüringen schon in der einen oder anderen Form.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Da haben Sie nicht genau zugehört, Herr Möller!)

Die Forderung enthält also insofern nicht so richtig was Neues. Welchen Sinn macht es, etwas zu fordern, was es schon längst gibt? Das macht natürlich keinen Sinn, außer wenn man nach dem Motto verfährt: Es ist zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von jedem.

Ein Brüller ist natürlich auch Ihre Forderung, Herr Tischner, den konkret erwarteten Lehrerbedarf zu identifizieren. Denn der, lieber Herr Tischner, hängt natürlich in allererster Linie von der Bundeskanzlerin und ihren SPD-Bündnisgenossen ab, vor allem von der Frage, inwiefern die Bundesregierung gedenkt, die Ausreisepflicht von abgelehnten Asylbewerbern zu vollziehen und infolgedessen dann natürlich auch von deren Kindern. Der Frage der Einreise haben sich bereits die südosteuropäischen Staaten angenommen und die Migrationskrise insofern schon mal ein bisschen abgekühlt, auch wenn da noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Ich rate Ihnen, Herr Tischner, fragen Sie doch einfach mal im Bundeskanzleramt an, wie sich das „Wir schaffen das“ Ihrer Kanzlerin weiter konkretisiert hat. Ich rate Ihnen auch, gehen Sie da möglichst mit geringen Erwartungen heran.

Im Übrigen hat es die CDU in den letzten Jahren, in denen Sie noch in der Regierungsverantwortung waren, nicht einmal angesichts der damals recht gut prognostizierbaren Schülerzahlen hinbekommen, einen realistischen Lehrerbedarf zu ermitteln und entsprechende Personalkonzepte zu entwickeln. Da kommt dann wahrscheinlich jetzt die Ausrede, es war ja noch alles der Matschie von der SPD, aber so einfach ist es eben nicht in einer …

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Es gibt doch ein Personalentwicklungskonzept! Ken- nen Sie das nicht?)

Ihr Entwicklungskonzept hat keine Früchte getragen. Sie können sich ja mal mit Ihren Lehrerkollegen unterhalten, vor allem vom Philologenverband, die werden Ihnen da einiges Wissenswertes auf den Weg geben,

(Beifall AfD)

was die Ausfallzeiten angeht und die Erfassung von Ausfallzeiten und von Lehrkräften, die überhaupt wirklich für den Unterricht zur Verfügung stehen. Sie sind in diesem Punkt, Herr Tischner, nicht einen

Punkt besser als die Regierungsfraktionen, die da natürlich auch versagen. Ich kann zum Beispiel überhaupt nicht den Vorteil erkennen, was es für einen Sinn macht, bei der knappen Ressource von Lehrern im Thüringer Schuldienst, die alle eigentlich eine Menge zu tun haben, dann davon noch ein paar mit Deutsch als Fremdsprache oder Deutsch als Zweitsprache zu beschulen und denen dann andere Aufgaben zuzuweisen, obwohl die eigentliche Aufgabe, für die sie schon im Schulsystem angestellt sind, nach wie vor erledigt werden muss. So verwalte ich Knappheit, und zwar auf eine sehr unbefriedigende Art und Weise.

(Beifall AfD)

Letzten Endes fordern Sie, liebe CDU-Kollegen, noch eine wirkungsvolle Integration junger Flüchtlinge in den Ausbildungsmarkt. Wie so etwas aussieht, habe ich mir neulich bei der GFAW mal ansehen dürfen. Da wurde dann vorgestellt, wie mit Millionen Euro versucht wird, ein paar Hundert Asylbewerber für eine Ausbildung vorzubereiten. Dann senkt man nach ersten Erfahrungen das angestrebte Sprachniveau von B 2 auf B 1 ab, weil man B 2 nicht gebacken bekommt. Mit Sprachniveau B 1 werden die Arbeitgeber, die seit Jahren über die Fähigkeit regulärer deutscher Absolventen einer Regelschule meckern – und die haben übrigens in der Regel C-2-Niveau –, wohl kaum etwas anfangen können. Wenn es um die Arbeitsmarktintegration von Asylbewerbern und Asylberechtigten geht, kann man vor diesem Hintergrund alle Hoffnung fahren lassen.

Wir möchten in diesem Zusammenhang auch noch mal daran erinnern, dass in Thüringen im Februar 2016 5.683 Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren arbeitslos waren. Wenn es Ihnen nicht mal gelingt, die Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, die unsere Kultur kennen und unsere Sprache sprechen,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh, jetzt reicht es!)

wie soll Ihnen das dann bei kulturfremden Asylbewerbern gelingen?

(Beifall AfD)

Ja, das müssen Sie aushalten, Frau Rothe-Beinlich. Das sind so die Bruchstellen Ihrer Ideologie,

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

die Sie natürlich nicht gern hören. Aber das müssen Sie hinnehmen, zumal Ihnen das auch von Experten gesagt wird.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Es haben viele im Ausland studiert!)

Zum Beispiel Raimund Becker von der Bundesagentur für Arbeit hat bestätigt, dass es häufig

schon am Willen fehlt, eine langjährige Ausbildung auf sich zu nehmen. Zu den grundsätzlichen Fehlern der Integrationsbemühungen aller Altparteien – da nehmen Sie sich alle nicht sonderlich viel – zählt die völlige Ignoranz des mächtigen Einflusses von Kultur und Religion, den Eltern, Verwandte und Bekannte von jungen Asylbewerbern auch da im Wege des Familiennachzugs aus ihren Herkunftsländern mitbringen und woran sie dann hier auch in Deutschland zäh festhalten und auch zäh festhalten können, weil Sie es ihnen ermöglichen.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Sie sollten sich schämen, so über Menschen zu reden!)

Diese Ignoranz ist der Grund, warum keiner Ihr Gerede von Integration in den Arbeitsmarkt mehr glaubt – jedenfalls keiner, der nicht in Ihren Parteien oder Vereinen Mitglied ist.

Abgesehen von den kulturellen und religiösen Barrieren kommt im Übrigen als weiteres Problem ein in aller Regel äußerst niedriges Bildungsniveau hinzu, das eine Qualifizierbarkeit der Asylbewerber für mittlere und höhere Anforderungen des deutschen Arbeitsmarkts kaum erwarten lässt. Auch dazu gab es gerade heute wieder eine Aussage aus dem Bereich der Bundesagentur für Arbeit. Die sollten Sie einfach mal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall AfD)

Wenn Sie hier weiter versuchen, sich gegenseitig einzureden, dass es gerade Ihnen, die bereits in der Vergangenheit arbeits- und sozialpolitisch versagt haben, gelingen soll, diese Größenordnungen von Menschenmassen, von kulturfremden Menschen in unseren Arbeitsmarkt zu integrieren, dann ist das aus unserer Sicht ein ausgeprägter Fall von Realitätsflucht. Mit dieser Realitätsflucht – das ist leider die Folge – werden Sie unseren Sozialstaat, so wie wir ihn kennen, überfordern, Sie werden ihn geradezu in die Tonne klopfen.

(Beifall AfD)

Gerade die CDU sollte das eigentlich wissen, denn bei Ihnen im Bundestag war neulich ein Experte, der Ihnen die Folgen dieser absurden Politik vorgerechnet hat, nämlich Bernd Raffelhüschen. Der rechnete selbst bei konservativen Annahmen von lediglich 2 Millionen Migranten bis zum Jahr 2018 und einer höchst optimistischen Annahme einer gelingenden Arbeitsmarktintegration in einem Zeitraum von sechs Jahren mit gigantischen Integrationskosten in Höhe von 900 Milliarden Euro. Den Kurs dafür, Herr Tischner, hat leider Ihre CDU gemeinsam mit der SPD und unterstützt von Linken und Grünen gesetzt. Sie tragen die Verantwortung für die absehbaren Steuer- und Beitragserhöhungen sowie für die Leistungskürzungen in der Sozialversicherung, die notwendig sein werden.

(Beifall AfD)