Protocol of the Session on April 21, 2016

Die Migrationspolitik der Landesregierung hat andere Prämissen als die, welche sich im Antrag der AfD und ähnlicher Forderungspapiere niederschlagen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Das ist sehr schade!)

Das Handeln der Landesregierung ist geprägt durch die Übernahme von Verantwortung und dem Streben, die aktuellen Herausforderungen als Chancen für Thüringens Zukunft wahrzunehmen. Hier liegt meiner Ansicht nach die Kurzsichtigkeit, die sich in den zuletzt diskutierten Maßnahmenkatalogen zur Begrenzung der Zuwanderung verbirgt. Sie sind blind gegenüber der historischen Erfahrung, die sich im Grundgesetz niedergeschlagen hat, und lassen es mangeln an Humanität und Verantwortungsübernahme. Sie sind aber auch blind

(Staatssekretärin Dr. Albin)

gegenüber den Chancen, die sich aus der derzeitigen Situation ergeben. Das DIW Berlin hat zum Jahreswechsel den Saldo aus positiven und negativen Wirtschaftseffekten der Flüchtlingsmigration in Deutschland errechnet. Unter Einbeziehung der direkten Kosten für Unterbringung, Versorgung und Integration der Flüchtlinge und späteren Sozialleistungen einerseits und der durch die Migration zusätzlich generierten Mehrproduktion andererseits ergeben sich selbst im pessimistischen Szenario ab 2025 positive Effekte, im optimistischen bereits ab 2018. Und ich darf hinzufügen: die Ausgaben der Landesregierung für die Flüchtlingsunterbringung und die Integration sind ein Konjunkturprogramm für unser Bundesland.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das sieht man am Haushalt!)

Da die Thüringer Landesregierung den Fokus auf die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen richtet, drängt Thüringen in den bundespolitischen Diskussionen zur Migration und Integrationspolitik vor allem darauf, dass die Weichen richtig gestellt werden. Konkret bedeutet dies, dass sich Thüringen gegenüber dem Bund dafür stark gemacht hat, die Asylverfahren deutlich zu beschleunigen. Menschen aus Afghanistan mussten im Jahr 2015 noch 19 Monate auf ihren Bescheid warten, 19 Monate zwischen Antragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bis zur behördlichen Entscheidung. Hinzu kommt noch die Wartezeit von mehreren Monaten bis zur Antragstellung. Dass dies nicht zuträglich für die Integration ist, sollte wohl jedem klar sein.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daher begrüßt die Landesregierung die Einführung beschleunigter Verfahren. Wir waren deshalb auch eines der ersten Bundesländer, die dieses sogenannte Heidelberger Modell gemeinsam mit dem BAMF in Thüringen eingeführt haben. Die Landesregierung ist sich aber auch der sich daraus neu ergebenden Herausforderungen für die Kommunen bewusst. Diese müssen auch weiterhin bei der Bewältigung ihrer Aufgaben angemessen unterstützt werden. Damit ist verbunden, dass die Verwaltungstätigkeit nicht durch weitere unnötige Aufgabenzuwächse belastet wird. Die im Antrag der AfD geforderte Durchsetzung eines ausschließlichen Sachleistungsprinzips für Asylsuchende und Geduldete wäre jedoch eine solche Belastung, abgesehen davon, dass dies aus Sicht der Landesregierung die Möglichkeiten der Selbstbestimmung unverhältnismäßig einschränkte. Thüringen setzt sich hingegen sowohl im Land als auch in der bundespolitischen Diskussion für die richtigen Rahmenbe

dingungen einer gelingenden Integrationspolitik ein. Aus diesem Grund macht sich Thüringen stark etwa für die zeitweise Aussetzung der Vorrangprüfung beim Arbeitsmarktzugang oder für die Weiterentwicklung des Instruments der Migrationsberatung.

Hierfür haben wir bei der Integrationsministerkonferenz, die im letzten Monat hier in Erfurt stattgefunden hat, breite Zustimmung unter den Ländern erfahren. Einerseits sollten nach Auffassung der Landesregierung Asylsuchende und Geduldete in die Migrationsberatung einbezogen werden, andererseits bedarf es einer deutlichen Stärkung der finanziellen Untersetzung dieses Instruments – auch, um die zu erwartende Zahl der Schnellanerkannten in den Kommunen adäquat zu beraten und zu betreuen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung ist in Sachen der Migrations- und Integrationspolitik sowohl in unserem Land als auch bundespolitisch sehr aktiv und vertritt deutlich die Interessen Thüringens. Dies geschieht jedoch, ohne dass sie sich dabei auf den aufgeladenen Diskurs zu den Möglichkeiten der Eindämmung von Migrationsbewegungen beschränken würde. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt. Deswegen kommen wir direkt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/ 1645. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der AfD. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei den Gegenstimmen aller anderen anwesenden Abgeordneten ist der Antrag der Fraktion der AfD abgelehnt.

Bevor ich die heutige Plenarsitzung schließe, möchte ich noch bekannt geben, dass sich der Innen- und Kommunalausschuss 5 Minuten nach Ende der Sitzung im Raum F 004 zu seiner Beratung zusammenfindet. Ich wünsche allen heute einen guten Nachhauseweg – bis morgen 9.00 Uhr zur nächsten Plenarsitzung.

Ende: 19.02 Uhr