Protocol of the Session on January 27, 2016

Dass der Begriff der Parlamentsunwürdigkeit umstritten ist, wurde anlässlich der Anhörung erneut deutlich, aber es gibt gute Gründe, daran festzuhalten. Das ist auch ganz im Sinne der Verfassungsgerichte – Herr Dittes hat die Flucht ergriffen, vielleicht hören Sie mich auf der Toilette oder im Café – und hat mit einem Verstoß gegen die Menschenwürde, die plötzlich in den vergangenen Tagen von Rot-Grün erfunden wurde, nichts zu tun, zumal diese Würde ja auch ganz hemdsärmelig und willkürlich von Ihnen, von der Ramelow-Koalition, gehandhabt wird. Oder erklärten Sie nicht vor Kurzem einen AfD-Fraktionsmitarbeiter für unwürdig, an einer Ausschusssitzung teilzunehmen? Da messen Sie wieder einmal bekanntlich mit mehrerlei Maß. Bereits 1994 führte das Bundesverfassungsgericht zur Parlamentsunwürdigkeit aus, ich zitiere: Damit wird nicht die Ehre des Abgeordneten im Sinne eines personalen Rechtsguts infrage gestellt, sondern die Würdigkeit, das Volk im Parlament zu vertreten. – Und der SPD-Bundestagsabgeordnete

Wiefelspütz – ich weiß nicht, ob er noch in der SPD ist – stellte dazu fest: Mitarbeit für die Stasi oder gar politische Verantwortung dafür – hört, hört liebe Linke, auch politische Verantwortung für die Stasi reicht schon aus – lässt sich grundsätzlich nicht mit der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag vereinbaren. Wer das eigene Volk bespitzelt und unterdrückt hat, wer es hintergangen, verraten und betrogen hat oder wer all dies zu verantworten hatte, der gehört nicht in den Deutschen Bundestag. – Dies, meine Damen und Herren, gilt uneingeschränkt auch für den Landtag in Thüringen.

(Beifall AfD)

Eigentlich sollte unser Gemeinwesen nie wieder in die Hände von Unterdrückern und tätigen Parteigängern einer Diktatur geraten.

(Zwischenruf Abg. Marx, SPD: Ja, aber ge- nau das ist Ihr Wunsch!)

Frau Marx lacht. – Da aber genau dies in Thüringen durch die Koalition unter Ramelows Gnaden Wirklichkeit geworden ist, obliegt uns ganz besonders in diesem Thüringer Landtag eine erhebliche Verantwortung, dafür zu sorgen, dass das nicht zu bleibendem Schaden führt. Es darf nicht signalisiert werden, dass die Unterdrücker von einst als moralische Sieger aus der Geschichte hervorgehen, während die Opfer von einst oft leer ausgehen oder allenfalls manchmal nach jahrelangen Rechtstreitigkeiten mit geringen Entschädigungen abgespeist werden, im Übrigen aber ihrem Schicksal überlassen bleiben. Deshalb ist die Möglichkeit, belastete Parlamentarier mit dem Urteil der Parlamentsunwürdigkeit zu versehen, auch heute und in absehbarer Zukunft sinnvoll und erforderlich, geradezu zwingend. Die bestehende Regelung, für deren Beibehaltung wir uns aussprechen, ist ausgewogen und moderat, auch im Vergleich zu manchen Regelungen in anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks. Auch im Vergleich dazu ist die Möglichkeit klar, belastete Personen aus dem öffentlichen Dienst in Thüringen auszuschließen, dies ist in Artikel 96 Abs. 2 der Verfassung geregelt, wo festgeschrieben steht, dass Personen, die mit Stasi oder NaSi zusammengearbeitet haben oder für diese tätig waren, grundsätzlich die Eignung für die Einstellung oder die Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst fehlt. Das sind klare Worte, die wir uns so auch für die Parlamentszugehörigkeit wünschen. Leider ist es nicht so.

Meine Damen und Herren, die Unwürdigkeitserklärung ist also ohne Zweifel verfassungsrechtlich zulässig. Was Herr Dittes dazu gesagt hat, war, ich habe es schon gesagt, schlicht dumm. Es geht also allein um die politische Beurteilung und nicht um die rechtliche und da ist es ja sehr charakteristisch, dass sich die Ramelow-Koalition gerade kurz im Amt sofort daran machte, diese sinnvollen Regelungen der Parlamentsunwürdigkeit zu beseitigen.

Wenn wir dem nun heute hier folgten, leisteten wir einen Beitrag zur Verharmlosung der Diktatur jener Partei, die nach manchem Namenswechsel heute unter der Bezeichnung Die Linke hier vor uns sitzt und die in Thüringen den Ministerpräsidenten stellt. Das wäre ein falscher Schritt in die Richtung Schlussstrich. Das käme manchen in der Linkspartei sehr gelegen. Da machen wir allerdings nicht mit, meine Damen und Herren.

(Beifall AfD)

Wie sieht es mit den Koalitionspartnern der SED/ PDS/Linkspartei/Linke aus? Da las und hörte man, in SPD und bei den Grünen gäbe es noch Diskussionen, ob man die Streichung der Parlamentsunwürdigkeit befürworte. Die Diskussionen, meine Damen und Herren, habe ich im Ausschuss nicht bemerkt. Sie spiegelten sich auch nicht im Abstimmungsverhalten wider oder stimmen Sie von links immer mit Ja, bevor Sie die Diskussion beendet haben? Das kann ich mir nicht vorstellen. Da wurde etwas erfunden, um eine Rolle rückwärts vorzubereiten, wie gerade hier auch schon angedeutet wurde.

Ich frage Sie von den Grünen und von der SPD: Was soll das Herumgeeiere hier bis zur letzten Minute? Vorhin war im Twitter-Verkehr zwischen Herrn Adams und irgendwelchen Redakteuren zu lesen, wir ziehen den Antrag zurück, wir wissen nicht so genau. Also das scheint mir alles andere als gut durchdacht, was hier gelaufen ist.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir wollen die Aufarbeitung brei- ter fassen. Da ist der Fehler!)

Herr Adams, Sie sind breit genug. Ja, ist okay.

Sie umgeben sich gern mit dem Nimbus der friedlichen Revolution. Aber wenn es darauf ankommt, stimmen Sie – auch im Ausschuss schon – mit denjenigen, die die DDR verbrochen haben und die sie am liebsten wiederhaben wollen, nämlich mit den Linken.

(Beifall CDU, AfD)

Die Thüringer Grünen – das sind heue 0 Prozent Bündnis 90, das sind 100 Prozent westgrüne, verbohrte, fundamentale Ideologisten, nichts anderes ist das.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall AfD)

Wenn es darauf ankommt, machen Sie mit, wenn die Linke ihre DDR-Vergangenheit entsorgen will. Herzlichen Glückwunsch zu dieser geradlinigen Politik, Herr Adams! Aber auch die SPD, die colorandi causa – wir unter Lateinern wissen, was damit gemeint ist – aus Diktaturopfern besteht, ist da im Ergebnis nicht besser. Aber bei Ihnen, Frau Marx und den Leuten, die dahinter sitzen, wundert mich

schon lange nichts mehr – immer schön flexibel bleiben und an den Pöstchen kleben, das ist Ihre Maxime für Thüringer Politik. Auch das machen wir nicht mit.

(Beifall AfD)

Seltsam auch, übrigens, das Verhalten der CDU. Nicht seltsam gerade dieser Klamauk mit den chinesischen Elektrokerzen, sondern seltsam Ihr Verhalten im Ausschuss. Wenn Sie Ihre angebliche Ablehnung ernst meinen, dann muss ich doch fragen: Warum haben Sie im Ausschuss nicht mit Nein gestimmt? Bis heute rätsele ich, was da bei Ihnen passiert ist. War das ein kollektiver Blackout, was da vonstattenging? Haben Sie nicht verstanden, worüber abgestimmt wird oder freuen Sie sich vielleicht klammheimlich doch, wenn die Änderung des Gesetzes nicht so erfolgt, wie Sie das wollen? Sie können es mir ja bei einem Bier oder einem Kaffee irgendwann mal erklären.

Meine Damen und Herren, die geltenden Regelungen im Abgeordnetenüberprüfungsgesetz sind vernünftig, sie müssen beibehalten werden.

Meine Damen und Herren von der SPD – an Sie wende ich mich noch mal ausdrücklich –, machen Sie sich die Äußerungen Ihres Herrn Wiefelspütz zu eigen und machen Sie sich heute nicht zum Büttel der Täterpartei und folgen Sie nicht der Koalitionsdomina, nämlich der Linken. Lehnen Sie wie auch wir die Beschlussempfehlung ab und stimmen Sie dem Antrag der CDU zu. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Die Nächste auf der Rednerliste ist Frau Abgeordnete Marx, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, immer haben hier irgendwie die Falschen den Schaum vor dem Mund. Wir haben eine sehr ernsthafte Debatte geführt. Ich habe vorhin auch schon in der Berichterstattung gesagt, wir haben uns 40 Leute und Institutionen ausgesucht, die wir zu diesem Gesetzgebungsverfahren und auch insbesondere zu den von den Koalitionsfraktionen vorgeschlagenen Änderungen angehört haben. Das Bild war überhaupt nicht: hier Bürgerrechtler, oh Gott, wie schrecklich, was macht ihr, hier irgendwie andere Fatalisten oder gleichgültige Vergangenheitsverharmloser, oh ja, macht das alles mal schön so. So ist es doch nicht gewesen. Beispielhaft lese ich Ihnen einfach mal zu der Frage der Parlamentsunwürdigkeit eine Stellungnahme von der Stiftung Ettersberg und deren Vorsitzendem vor, die wirklich nicht im Verdacht stehen dürfte, hier der Steigbügelhalter von irgendwelchen linksradikalen Verklä

rern der SED-Vergangenheit zu sein. Da steht ganz einfach und sachlich drin – und solche Äußerungen gab es mehrere, auch auf Opferseite: „Die öffentliche Feststellung der Parlamentsunwürdigkeit diente ursprünglich dazu, den Mandatsverlust derart belasteter Personen einzuleiten. Nachdem das Thüringer Verfassungsgericht den Mandatsverlust für verfassungswidrig erklärt hat, ist die Feststellung der Parlamentsunwürdigkeit zu einer bloßen Formel ohne Folgen geworden. Die Praxis der vergangenen Legislaturperioden hat gezeigt, dass eine Delegitimierung von gewählten Abgeordneten durch die Etikettierung einer Parlamentsunwürdigkeit und deren gleichzeitiger Verbleib im Parlament auf Unverständnis in der Bevölkerung stoßen. Für die einen erscheint die parlamentarische Demokratie als unfähig, parlamentsunwürdige Abgeordnete aus dem Parlament zu entfernen, andere nehmen diese Etikettierung als ein bloßes Mittel in der parteipolitischen Auseinandersetzung wahr. Beides trägt nicht zum Ansehen der parlamentarischen Demokratie in Thüringen bei. Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, auf die Etikettierung ‚parlamentsunwürdig‘ zu verzichten, die Überprüfung der Abgeordneten jedoch beizubehalten.“ Das ist eine ganz sachliche, finde ich, wohl abgewogene und verständliche und seriöse Begründung dafür, es so machen zu können, wie wir es als Koalitionsfraktionen eingebracht haben. Auf der anderen Seite haben wir viele andere Zuschriften bekommen, die mit ebenso gut vertretbaren und ebenso seriösen Gründen und ebenso auch in sich überzeugend gesagt haben, nein, wir wollen das beibehalten, wir haben keine andere Möglichkeit. Auch wenn Bürgerinnen und Bürger in Kenntnis inzwischen langjährig zurückliegender Stasitätigkeit diese Leute ins Parlament gewählt haben, wollen wir trotzdem, dass auch Ihr Parlamentarier, auch wenn ihr damit über euresgleichen richtet, nach wie vor dieses Recht in Anspruch nehmt. Da gibt es ganz verschiedene Positionen. Da ist es jetzt für uns als Koalition sehr wichtig gewesen zu sagen, wir wollen hier niemanden verletzen, wir wollen mit allen Opfern der SED-Diktatur in Übereinstimmung feststellen können, dass wir sagen: Nein, wir machen keinen Schlussstrich, wir wollen die Aufarbeitung. Jetzt kriegen wir Belehrungen. Wie gesagt, die CDU hat vor einem Jahr damit angefangen, ihre eigene Geschichte aufzuarbeiten – spät genug –, und ich freue mich, wenn auch irgendwann Ergebnisse bei Ihnen vorliegen.

Herr Brandner schwingt sich hier auf als der Hüter der Aufklärung und der reinen Demokratie nach der Wende, der von einer Parteivorsitzenden angeführt wird, die in diesen Tagen das zeitweise Außerkraftsetzen von Grundgesetzartikeln vorgeschlagen hat – verkehrte Welt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Brandner)

Damit sind wir nämlich genau bei dem Satz, den die Stiftung Ettersberg hier geschrieben hat: Diese Etikettierung wird als Mittel in der parteipolitischen Auseinandersetzung benutzt. So ist es nämlich tatsächlich hier im Landtag gewesen, wenn wir mal ehrlich sind.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: So soll es ja auch sein! Genau so soll es sein!)

Es ging Ihnen doch nicht darum, hier bei einzelnen Parlamentariern abzuwägen, sagt man das nun oder sagt man es nicht, sondern darum, diese neue Koalition noch vor der Wahl des neuen Ministerpräsidenten insgesamt in den Senkel zu stellen und zu sagen: Guckt mal, was seid ihr hier für eine Truppe, ihr habt ja so einen unter euch. Das war auch der Grund, CDU – jetzt seien Sie mal ehrlich genug mit sich selber –, dass Sie so früh wie nie, nämlich unmittelbar nach der Landtagswahl diesen Verlängerungsantrag eingebracht haben. Jetzt haben die Bürgerinnen und Bürger – da habe ich auch Zuschriften bekommen – wahrgenommen, dass wir das jetzt sofort alles ändern wollen. Aber es geht ja um eine Nachfolgeregelung ab 2019.

Ich möchte Ihnen noch mal zur Information sagen, warum wir Zeit haben und uns diese Zeit nehmen werden und deswegen heute nach Übereinkunft – und zwar einstimmig in der Koalition – sowohl die Beschlussempfehlung ablehnen als auch den Grundantrag, weil wir jetzt noch mal mit allen Bürgerinnen und Bürgern eine ausführliche Debatte führen wollen, auch Missverständnisse ausräumen nach Möglichkeit von dem, was wir wollen, aber auch Argumente aufnehmen. Und dann entscheiden wir auch noch mal neu in der Frage der Parlamentsunwürdigkeit, ob man sie wirklich ab 2019 noch behalten soll.

Ich will Ihnen mal sagen, wir haben in der vierten Wahlperiode – ich gehe drei Wahlperioden zurück – sechs Monate vor der Landtagswahl zur fünften das Gesetz verlängert, vor der fünften Wahlperiode waren es ganze zwei Wochen und vor der sechsten Wahlperiode waren es 18 Monate. Da müssen wir jetzt nicht vier Jahre vor der nächsten Landtagswahl eine Entscheidung treffen. Im Übrigen weise ich noch auf ein Argument hin, das ich hier nicht unterschlagen möchte. Es gab auch Anhörpersonen aus den Opferverbänden, die gesagt haben: Wir finden die Parlamentsunwürdigkeit wichtig, wir würden die aber gern auf andere Parlamentarier erstrecken, die jetzt hier in dieser sechsten Wahlperiode im Thüringer Landtag auf unseren Bänken sitzen – Klammer auf: Können Sie sich denken, wen diese Menschen vielleicht gemeint haben? Insofern müssen wir schon auch eine ausführliche Debatte darüber führen, wie ist das mit dem Parlamentarismus, sind wir Abgeordnete berufen, wenn der Wähler bestimmte Menschen ins Parlament geschickt hat, dann zu sagen, das habt ihr falsch gemacht?

Oder reicht es nicht aus, wie auch andere Stellungnahmen gesagt haben, wenn die Stasiverstrickung – und darüber gab es überhaupt keinen Dissens, niemals und nicht und von niemandem – weiter offengelegt wird, das Ergebnis für jeden dargelegt wird und dann jede Bürgerin und jeder Bürger entscheiden kann, was er in der Wahlentscheidung und im Umgang mit dem oder der betreffenden Abgeordneten damit macht? Weil wir eine sachliche Debatte führen wollen und weil es uns sehr wichtig ist, dass jedes einzelne Opfer der SED-Diktatur hier in Thüringen weiß, dass wir nicht den Schlussstrich ziehen wollen, dass wir natürlich weiter aufarbeiten wollen und dass wir natürlich auch eine Stasi-Überprüfung fortsetzen wollen, wenn es denn nach der nächsten Wahl überhaupt noch möglich ist, stimmen wir heute der Beschlussempfehlung nicht zu, lehnen aber auch den Grundantrag ab und werden dieses Thema von uns aus unaufgefordert – das sagen die Juristen immer gern – spätestens im Jahr 2017 wieder aufrufen. Denn bis jetzt steht – darauf ist mehrfach hingewiesen worden – völlig in den Sternen, ob das Stasiunterlagengesetz, das die rechtliche Voraussetzung dafür ist, dass wir überhaupt einen Zugang zu diesen Akten haben, verlängert wird. Es läuft automatisch 2019 aus. Bisher gibt es im Bundestag von keiner dort vertretenen Partei eine Initiative, dieses Gesetz zu verlängern. Deswegen brauchen wir uns hier nicht gegenseitig irgendwie dumm zu machen – hätte meine Tochter jetzt gesagt – und uns irgendwelche unlauteren Motive zu unterstellen und genau das zu tun, was die Stiftung Ettersberg hier zu Recht kritisiert hat, nämlich diese Dinge wie zum Beispiel den Begriff der Parlamentsunwürdigkeit als politischen Kampfbegriff zu einer Gruppenverurteilung zu verwenden und zu benutzen.

Deswegen gehen wir heute auf Neustart, das ist kein Schlussstrich, und rufen das wieder auf und haben die Möglichkeit, auch als Partei, auch als die Sozialdemokratie, die heute übrigens ja gerade den 26. Jahrestag der Wiedergründung ihrer Partei in Gotha feiert

(Beifall SPD)

das muss auch noch mal gesagt werden –, dass wir auch unsere Parteimitglieder, die Nachfragen hatten, da noch mal ausführlich in den Diskussionsprozess einbeziehen und auch alle Opferverbände und Einzelpersonen, die sich hier an uns gewandt haben. Aber tun Sie in dieser Diskussion bitte nicht so, als ob es eine Frage von Rechts-Links, NordSüd, Osten-Westen, Salz-Süß, sauer oder lustig wäre. Wer diese ganzen Anhörungsergebnisse gelesen hat, der konnte sehen, es geht querbeet und es gibt seriöse Argumente für das eine als auch für das andere. Deswegen nutzen wir die Zeit, da fließt noch viel Wasser die Gera runter, sage ich immer, bis wir diese Entscheidung treffen müssen. Möglicherweise können wir sie gar nicht fällen, nämlich

wenn das Stasiunterlagengesetz außer Kraft ist, dann ist das hier zu Ende. Wir müssen uns aber – und dazu haben wir uns in der Koalitionsvereinbarung ausführlichst geäußert – auf andere Weise ausführlich und gründlich dem Aufarbeitungsprozess in allen Parteien hier im Landtag widmen, den Alten, zu dem, was in der Vergangenheit war, und den Neuen, dazu wie sie denn die Verfassung im künftigen Verhalten hier im Landtag bewahren, statt abschaffen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich, Bündnis 90/Die Grünen, zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Interessierte und Zuhörerinnen! Ein tatsächlich ernstes Thema, was uns beschäftigt, und eines, was uns auch ein Stück weit an den Grundfesten berührt – uns zumindest, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir von Bündnis 90/Die Grünen wollen die Abgeordnetenüberprüfung fortsetzen. Wir werden auch nicht darauf warten, bis uns irgendwann irgendjemand etwas vorlegt, und zwar egal auf welcher Ebene, sondern wir wollen ein eigenes Gesetz auf den Weg bringen, welches Klarheit schafft. Dieses Gesetz soll sich an dem orientieren, worauf wir uns in unserem Koalitionsvertrag verständigt haben. Ich werde Ihnen das kurz zitieren. Da heißt es nämlich: „Wir müssen die enge Sichtweise, hier Täter – immer gleichbedeutend mit einer Zusammen- oder Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit – und dort Opfer, die nur Opfer sind, wenn sie z. B. inhaftiert waren, erweitern. Vielmehr geht es um eine konsequente und schonungslose Aufarbeitung der Alltagsdiktatur. Nur so kann Aufarbeitung im gesellschaftlichen Rahmen gelingen, nur so lässt sich für heute daraus lernen. Nicht nur die heute gut dokumentierte Einflussnahme der Staatssicherheit, die ‚Schild und Schwert der SED‘ war, auf den Lebensweg und die Freiheit eines einzelnen Menschen, sondern die unerträgliche Einflussnahme in alle Bereiche des Lebens in der DDR durch den von der SED geführten Staat, wollen wir aufarbeiten.“

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren – und das sage ich ganz deutlich auch an die Adresse der CDU –, wir sind 1989 auch gegen Scheinheiligkeit und Alleinvertretungsansprüche auf die Straße gegangen. Und das gilt im Übrigen auch heute noch.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollten das System von Bespitzelung und Denunziation überwinden und dafür brauchte es eine Gesetzgebung und die wurde auch gefunden, auch hier im Thüringer Landtag; und wir alle kennen das Gesetz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für diese Legislatur ist die Gesetzlichkeit klar – das hat Frau Marx ausgeführt –, denn sie wurde schon in der letzten Legislatur beschlossen. Richtig, wir haben in der Koalition keine Einigung erzielen können. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein Mensch der offenen Worte bin. Aber es ist eben auch nicht so einfach, wie es sich hier manche machen, die gerne nur in eine Richtung oder auf eine Partei zeigen und dann sagen, dort sitzen die Täter, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Aber das ist doch so!)