Das hat wirklich null Substanz, meine Damen und Herren. Ich habe in den letzten Wochen – und das muss ich an dieser Stelle auch noch mal sagen – der Stil der Debatte, den wir im öffentlichen und im veröffentlichten Raum zum Thema „Kommunalfinanzen“ erlebt haben, lässt mich hin und wieder daran zweifeln, dass es jedem, der sowohl in der Kommunal-, aber auch in der Landespolitik Verantwortung trägt, wirklich um die Sache geht. Ich habe Formulierungen, ich habe Äußerungen erleben müssen, die wirklich so unterirdisch waren, dass man sie hier nicht wiederholen sollte. Und ich stelle fest, dass vor allen Dingen Kommunalpolitiker, die Ihrer Partei angehören, meine Damen und Herren von der CDU, mittlerweile die kommunalen Haushalte als Kampfinstrument gegen die rot-rot-grüne Landesregierung und Koalition verwenden wollen.
Ich kann Ihnen Beispiele sagen: Es gibt Landräte in diesem Land, die haben über 20 Jahre lang ihre Haushalte jedes Jahr regelmäßig Ende November/ Anfang Dezember ihren Kreistagen vorgelegt, unabhängig davon, wie weit und wie hoch die Beschlüsse des Landes zu diesem Zeitpunkt schon waren.
Nunmehr, nach dem ersten Jahr dieser Koalition, wird sozusagen die Nichtverabschiedung eines Haushalts als Argument und als Kampfinstrument gegen Rot-Rot-Grün verwendet und an dieser Stelle missbraucht. Ich muss Ihnen sagen: Das ist eine Form der Debattenkultur, die ich nur verurteilen kann.
Kommen wir nun zu den eigentlichen Fakten und zu dem eigentlichen – wie heißt es immer so schön im öffentlich-rechtlichen Fernsehen – Faktencheck, meine Damen und Herren. Ich bin manchmal ganz erstaunt, wer sich so alles daran beteiligt und mitinterpretieren möchte, wie unser Koalitionsvertrag, den wir miteinander geschlossen haben, auszulegen ist, wie er zu interpretieren ist. Es ist fast allen, die das zitieren, gemein, dass sie Dinge hineindeuten, die erstens so da gar nicht stehen, und zweitens aus dem Zusammenhang heraus einzelne Punkte verlesen werden mit einem entsprechenden ernsten Gesichtsausdruck. Aber so funktionieren Verträge nun einmal nicht, meine Damen und Herren, es gilt immer der gesamte Vertragstext. Es kann jetzt sein, dass der nächste Satz, den ich sage, auch dem einen oder anderen Vertreter der Koalitionsfraktionen nicht gefällt, aber auf Seite 90 dieses Werkes steht eben: „Der Koalitionsvertrag beschreibt in den Themengebieten die angestrebten und gewünschten Entwicklungen für den Freistaat Thüringen. Den Koalitionspartnern ist bewusst, dass die Umsetzung der Maßnahmen unter dem Finanzierungsvorbehalt des Haushaltes steht.“ Das gilt nicht nur, aber eben auch für die kommunalen Finanzen.
Wenn Sie behaupten und wenn behauptet wird, es wäre mehr versprochen worden, als dann nun eingelöst wird,
auch das, meine Damen und Herren, ist falsch. Im Koalitionsvertrag steht wortwörtlich: „Die Koalition strebt an, die [...] Situation der Kommunen nachhaltig zu verbessern.“
Auf welchem Wege wir das ins Werk setzen, meine Damen und Herren, das werde ich Ihnen jetzt in den nächsten Minuten noch vorhalten. Da wird es Ihnen vielleicht – aber ich nehme an, Sie wissen das – auch hier noch vor Augen geführt. Im Übrigen, ich kann mir vorstellen, wie das gekommen ist, dass Sie keinen Antrag stellen, keinen Änderungsantrag, auch nicht zum KFA. Sie haben auch kluge Leute in Ihren Reihen und Sie sind selbst auch oder halten sich für Experten auf dem Gebiet. Das sei an dieser Stelle ganz unbestritten. Sie sind bestimmt an einem ganz bestimmten Punkt in Ihren Überle
gungen dahin gekommen, dass Sie festgestellt haben, wenn wir jetzt weitermachen, dann geht es aber an die Substanz und vielleicht haben sie ja doch recht, dann stellen wir eben keine Anträge. Da muss ich sagen: Wie Sie damit selbst klarkommen, das ist Ihre Sache. Aber dass Sie dem Parlament so wenig Respekt entgegenbringen,
als größte Oppositionsfraktion hier Ihre Arbeit zu tun, lieber Kollege Mohring, Ihre originäre Arbeit aus der Opposition, dafür sollten Sie wirklich in Sack und Asche gehen.
Ich sage es – er ist leider nicht mehr hier –, Herr Rechnungshofpräsident Dette, bitte übernehmen Sie: Dieser Oppositionszuschlag, der gehört zurückgezahlt!
Das wichtigste Ergebnis der neuen Novelle ist: Der Sockel des regelgebundenen Kommunalen Finanzausgleichs wird in diesem Doppelhaushalt 2016/ 2017, und zwar dauerhaft – genau das ist der Punkt, Herr Mohring –, um 48 Millionen Euro angehoben im Vergleich zu dem Eintaktpunkt, der mit dem Finanzausgleichsgesetz 2013 sozusagen als Beginn dieser Reform gesetzt worden ist. Wir setzen – das wird sich nachhaltig auf die Finanzen der Kommunen auswirken, das wissen Sie genau, dass, wenn wir einen höheren Eintaktpunkt nehmen, es dauerhaft für die Kommunen zu einer besseren Finanzausstattung kommen wird und es aufhört, mit politisch und parteitagsmotivierten Hilfspaketen und Garantiefonds, die keinen anderen Zweck hatten, als die kommunale Familie in gewisser Weise politisch gewogen zu halten. Das hört auf, meine Damen und Herren.
Es mag sein, dass das, was wir jetzt vorlegen an Kommunalem Finanzausgleich – und das ist immer so, das haben sogar die Redner der CDU festgestellt –, in den Augen der kommunalen Familie nicht ausreicht. Dafür habe ich Verständnis. Ich bin selbst ein Kommunaler gewesen und bin es auch heute noch. Aber, meine Damen und Herren, Sie wissen auch, wenn man an diesem durchaus komplizierten System des Finanzausgleichs an einer Schraube dreht, drehen sich ganz viele Rädchen an anderen Stellen mit. Es ist immer so, dass in einem geschlossenen Solidarsystem, ob das der
Länderfinanzausgleich oder eben auch der Kommunale Finanzausgleich ist, dass, wenn die einen mehr bekommen, aus welchen Gründen auch immer, die anderen entsprechend weniger haben. Ich pflege das immer so auszudrücken: Es gibt bei solchen Prozessen immer Prämierte und Deprimierte. Wir hatten aber das Ziel, die Zahl der Prämierten im Vergleich zu früher deutlich zu erhöhen. Ich komme noch darauf, wie uns das gelungen ist, meine Damen und Herren. So zu tun, als gäbe es nur Verlierer, das ist einfach an Ignoranz wirklich nicht mehr zu überbieten.
Die wesentlichsten Punkte, meine Damen und Herren, sozusagen im Telegrammstil: Fortschreibung der Regeln des sogenannten Partnerschaftsmodells und Anpassung des maßgeblichen Aufteilungsverhältnisses zwischen Bund und Land. Daran haben wir im Übrigen im Vergleich zum alten KFA nichts geändert. Das muss man an der Stelle noch einmal deutlich sagen. Wir haben die neuen Revisionsintervalle des KFA neu justiert, und zwar sozusagen parallel zu den Haushaltsjahren. Das macht richtig Sinn. Einen Punkt kann man sicherlich aus verschiedenen Perspektiven sehen: Dass der Landesausgleichsstock jetzt höher ist, das ist an sich lobenswert. Es ist aber auch ein Zeichen, dass der Bedarf für notleidende Kommunen aus der Vergangenheit heraus durchaus veritabel angewachsen ist, und das macht uns Sorgen. Ein Punkt, der für mich ganz wichtig ist: Wir haben Sonderlastenausgleiche eingeführt, für die wir jahrelang, auch in der letzten Koalition, mit Ihnen gerungen haben und wo wir nicht zu einem Erfolg gekommen sind. Ich will hier die Frage der Belastung der Kurorte nennen. Das ist mir im Übrigen auch etwas, was mir ganz persönlich am Herzen liegt. Wir haben mit einem Sonderlastenausgleich dafür gesorgt, dass endlich, Herr Kollege Fiedler, das Thema „Digitalfunk“ nun wirklich vorangeht, nach der – Entschuldigung, wenn ich das so sage – Schlafwagenpolitik, die wir auf diesem Sektor erleben durften.
Und wir haben einen Sonderlastenausgleich für besondere Umweltbelastungen eingeführt, weil es nach wie vor Kommunen gibt, die unverschuldet Altlasten zu tragen haben, die sie nicht aus eigener Kraft stemmen können.
Jetzt bin ich beim Thema „Kita-Finanzierung“. Wir haben zum einen die Gewichtung verändert, also der Multiplikator für den Kinderansatz wurde verändert, das heißt, die Kommunen, in denen mehr Kinder leben, haben jetzt auch im Finanzausgleich mehr davon. Der fiktive Hebesatz bei der Gewerbesteuer wurde auf den Bundesdurchschnitt angehoben und – das ist ein Punkt, der in seinen Wir
kungen vielleicht bei den meisten unterschätzt wird, aber er ist genau richtig gewesen – die Anpassung und eine andere Gewichtung des Soziallastenansatzes als Nebenansatz. Es war nämlich früher so, dass gerade im ländlichen Raum da eine gewisse Überkompensation entstanden ist. Die Soziallasten entstehen hauptsächlich im städtischen Bereich. Dort sind die meisten Bedarfsgemeinschaften zu sehen. Das wurde in diesem Nebenansatz nicht in vollem Umfang abgebildet. Der ist verändert worden. Natürlich gibt es dadurch eine etwas bessere Situation in den Städten, aber – und das will ich auch gar nicht verhehlen – im ländlichen Raum entsprechend dann auch weniger.
Meine Damen und Herren, wir haben die Finanzausgleichsumlage, ein Instrument und Erfindung des von mir durchaus geschätzten ehemaligen Finanzministers Voß – also wenn man so will: die horizontale, kommunale Reichensteuer –, mit einer Kappungsgrenze versehen und, meine Damen und Herren, wir haben die kindbezogenen Kita-Zuweisungen, also die direkte Pauschale nach § 19 Kindertageseinrichtungsgesetz um 20 Millionen Euro erhöht. Das sind Tatsachen, die Sie, wenn Sie sich intensiv mit diesem Werk beschäftigen, nicht negieren können.
Dann hat das Ministerium zur Verteilung der Schlüsselzuweisungen und des Mehrbelastungsausgleichs eine Modellrechnung angestellt. Wir haben uns als SPD-Fraktion mal erlaubt, diese Modellrechnung zu vervollständigen, weil sie nämlich nicht die Frage der Erhöhung der Kita-Pauschale mit abbildet und sie bildet auch nicht den Kurorteansatz mit ab. Und wir stellen fest, meine Damen und Herren, ziemlich genau 60 Prozent – und da sind wir beim Punkt von den Gewinnern und Verlierern –, 503 der 849 Städte und Gemeinden werden in der Summe aus Schlüsselzuweisungen, Kita-Zuschuss, Mehrbelastungsausgleich und Kurortezuschlag mehr Geld in ihrer kommunalen Kasse haben als 2015.
Ich glaube, das, meine Damen und Herren, kann sich sehen lassen. Darunter sind fünf kreisfreie Städte.
Damit nun endlich auch die vom Kollegen Fiedler eben wieder zitierte angebliche Nichtausfinanzierung bei den Kita-Kosten möglicherweise etwas eingedämpft wird, haben wir noch einen wirklich kleinen, bescheidenen Änderungsantrag einge
bracht, mit dem wir als Koalition noch einmal darstellen wollen, wie hoch der Anteil für die Kita-Kosten in der Schlüsselmasse ist, weil ich nämlich eines, lieber Wolfgang Fiedler, wirklich nicht mehr hören kann – ich habe es erst vor wenigen Tagen wieder in der Lokalpresse erlebt –: Da gibt es Bürgermeister von Kreisstädten, die rechnen den Leuten in der Öffentlichkeit allen Ernstes vor: Ich nehme so und so viel Geld an Elternbeiträgen ein, ich kriege so und so viel über die direkte Kita-Pauschale, ein Strich drunter und ich habe Ausgaben in der und der Höhe und da bleibt ein Defizit – in dem Fall waren es 1,5 Millionen Euro. Ich darf, meine Damen und Herren, in Erinnerung rufen: Die Kinderbetreuung ist nach wie vor eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises der Kommunen!
Da gehört schließlich auch ein kommunaler Anteil hinzu. Der wiederum setzt sich zusammen aus eigenen Einnahmen und aus Schlüsselzuweisungen. Sagen Sie das einmal einer Kommune, die keine Schlüsselzuweisung bekommt! Die kann sich an diesem Streit und dieser Diskussion gar nicht beteiligen. Die muss alles aus eigener Kraft tragen, meine Damen und Herren.
Zum Abschluss noch einmal, weil Sie das immer so gern versuchen in den Skat zu drücken oder vielleicht auch bewusst negieren: Meine Vorredner, ob das Herr Dr. Pidde oder Herr Huster waren, haben schon darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht nur darauf ankommt, welche Finanzströme aus dem Kommunalen Finanzausgleich den Kommunen zukommen. Es sind noch eine ganze Reihe mehr, meine Damen und Herren. Wenn ich diese Gesamteinnahmen der Kommunen zusammenrechne – und da hören Sie jetzt genau zu, wie sich das entwickelt –, die Gesamteinnahmen der Kommunen, also innerhalb und außerhalb des KFA, beliefen sich im Jahr 2014 auf rund 4,14 Milliarden Euro aus einem Landeshaushalt von knapp mehr als etwa 9 Milliarden Euro. Nur das mal zum Vergleich! Im Jahr 2015 waren es schon 4,24 Milliarden Euro – im ersten Jahr Rot-Rot-Grün, es werden im Jahr 2016 rund 4,5 Milliarden Euro sein und im Jahr 2017 fast 4,7 Milliarden Euro. Das, meine Damen und Herren, ist die wahre Finanzsituation der Kommunen. Und wer dann noch davon redet, dass wir