Protocol of the Session on November 26, 2015

(Beifall CDU)

Ganz wichtig, auch für mich persönlich: Breiteste Mehrheiten sagen nach dem Thüringen-Monitor, die Presse- und Meinungsfreiheit, die Umwelt, der Lebensstandard, die Möglichkeiten der politischen Beteiligung sind heute viel besser, als sie in der DDR gewesen sind. Gut, dass wir in Freiheit, in Frieden und in Demokratie leben können.

(Beifall CDU)

Ganz wichtig: Seit Jahren unterstützen vier Fünftel der Bürger die Demokratie. Die Zufriedenheit pendelt um die 50 Prozent. Ich konstatiere: Tatsächlich, dieser Wert ist verbesserungsfähig, aber er ist trotzdem auch in der Krise stabil.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, wahr ist aber auch: Ein Fünftel hat ein Problem mit der Demokratie. Ich komme darauf gleich noch einmal zu sprechen. Aber vor dieser Fragestellung will ich gern im Blick halten und sagen: Man muss die Kirche im Dorf lassen. Das Sein oder Nichtsein unseres heutigen demokratischen Verfassungsstaats hängt nicht davon ab, welche Erinnerungen die Menschen beim Blick auf ihr Leben in der DDR wachhalten, und es hängt auch nicht davon ab, mit Menschen das politische Weltbild zu teilen, das dem neuen Messkonzept „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ zugrunde liegt – wichtige Fragen, die wir stellen müssen. Die Robustheit unserer Demokratie stärkt sich von der Mitte der Gesellschaft aus und nicht von ihren Rändern. Die Ränder müssen wir bekämpfen. Die Stärkung der Demokratie geht von der Mitte der Gesellschaft aus und die Mitte der Gesellschaft ist demokratiefähig in Thüringen.

(Beifall CDU)

Drei Anmerkungen will ich mit Blick auf das machen, was Bürger in Thüringen zur DDR sagen. 60 Prozent sagen: Die DDR war ein Unrechtsstaat.

Dieser Wert ist stabil, er vergrößert sich mit dem Abstand der Zeit, das ist wichtig. Der Charakter des politischen Systems ist den Menschen durchaus bewusst, das zeigt der Blick auf 60 Prozent, die feststellen, die DDR war ein Unrechtsstaat, wird aber in ihrer Erinnerung abgespalten. Je mehr Zeit zur Erinnerung an die DDR vergeht, umso mehr wird die eigene Lebensweltlichkeit in den Blickpunkt genommen – das haben die Wissenschaftler festgestellt. Und weil das so ist, dass die Erinnerung lebensweltlich geprägt ist, sind die Gefühle nach Zusammenhalt, nach dem, was an Erinnerungen bleibt, an das, was in der DDR gewesen ist, größer, so wie die eigene Einschätzung, dass das Leben gar nicht so schlecht und wichtig war, auch – was wir heute widerspiegeln, wenn wir darüber diskutieren und viele dazu befragt haben –, warum der Blick auf die DDR 25 Jahre nach der deutschen Einheit so positiv ist. Ich will sagen, ich kann das verstehen. Natürlich ist die lebensweltliche Prägung, der eigene persönliche Blick auf das Leben, das man auch in einer Diktatur hatte – erst recht, wenn viel Zeit vergeht –, das, was man auch gern in der Familie weitergeben und vermitteln möchte. Warum sollen die Leute ihr ganz persönliches Sein in der DDR-Zeit schlechtreden und vermitteln, dass es ein schlechtes Leben gewesen ist, dass das in der Mehrheit übrig bleibt, dass die Ostdeutschen, die Thüringer sagen: Mein eigenes, ganz persönliches Leben war in Ordnung? Es ist auch die Botschaft aus dem Thüringen-Monitor, wir teilen diese Botschaft ausdrücklich.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Aber es bleibt dabei, da machen sich die Thüringer auch nichts vor: Die DDR war ein Unrechtsstaat. Das Leben in Unfreiheit will auch keiner wiederhaben. Trotzdem muss unsere freie, plurale Gesellschaft immer noch kämpfen und sich durchsetzen gegenüber dem Bild, was verklärt aus der DDRDiktaturzeit übrig geblieben ist, aus einer homogenen Gesellschaft; alles gleichgemacht, alles sozusagen fremdbestimmt, nicht in Freiheit lebend. Das ist unser täglicher Auftrag, als Demokraten immer wieder für den Wert unserer freien, pluralen Gesellschaft zu werben und sich dafür einzusetzen. Das ist, glaube ich, wichtig. Das ist die Aufgabe von Demokraten, jeden Tag für die Demokratie zu reden und nicht, die Gesellschaft zu spalten, nicht, in aggressivem Populismus die Gesellschaft in unruhige Fahrwasser zu bringen. Die Stärkung der Demokratie geht davon aus, wenn wir für die Demokratie reden und um die Demokratie werben und nicht von den Rändern heraus versuchen, diese Gesellschaft schlechtzureden und die Institutionen infrage zu stellen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN; Abg. Gentele, fraktionslos; Abg. Hel- merich, fraktionslos)

Ich will das an dieser Stelle einmal wirklich deutlich sagen, auch als Parlamentarier: Ich kann denjenigen überhaupt nichts abgewinnen, die meinen, unser parlamentarisches System infrage zu stellen. Wer das Parlament infrage stellt, wer die demokratischen Institutionen infrage stellt, will mit diesem Staat und mit dieser Gesellschaft nichts anfangen. Unsere Aufgabe ist es, aus der Gesellschaft heraus, aus den demokratischen Institutionen und – unsere ganz persönliche Aufgabe – aus dem Parlament heraus, die Gesellschaft so zu gestalten, dass die Menschen Vertrauen in die Verantwortlichen haben, die Politik gestalten, und sich nicht von ihnen abwenden. Aber das geht nur aus der Gesellschaft und aus den Institutionen sowie aus dem Parlament heraus und nicht durch Von-den-Rändern-„Reinblöken“ in die Gesellschaft. Das funktioniert definitiv nicht.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, es ist ganz klar: Wer diesen Rahmen verlässt, kann nicht mitdiskutieren. Vom Rande heraus Politik gestalten, war noch nie ein gutes Rezept.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, die Frage ist: Von welcher Seite gerät das politische System unter Druck? Was ist mit diesem Fünftel der Bürger, das mit Demokratie nach wie vor nichts anfangen kann und hadert? Genauer quantifiziert sind es nach den Befunden des Thüringen-Monitors 6 Prozent Antidemokraten und 10 Prozent Demokratieskeptiker. Ich glaube, diese Differenzierung innerhalb des Fünftels ist noch mal wichtig, weil ich zwischen den Antidemokraten unterscheiden möchte und denen, die skeptisch gegenüber der Demokratie sind, denn ich glaube, die Demokratieskeptiker sind für die Demokratie zu gewinnen, wenn wir sie durch Verlässlichkeit, durch positiven, voranschreitenden Streit überzeugen, wenn wir aber auch zeigen, dass wir an Problemen orientiert sind, dass wir Lösungen finden und dass wir zu Entscheidungen kommen. In diesen Tagen spüren viele Bürgerinnen und Bürger, nicht immer sind Institutionen und der Staat in seiner Gesamtheit in der Lage, zu Entscheidungen zu kommen und Lösungen aufzuzeigen. Das nährt eher die Skepsis in die Institutionen und die Skepsis in die Demokratie. Deswegen sage ich: Ja, ein Fünftel hat Schwierigkeiten mit unserem demokratischen System, aber ich bin trotzdem sehr optimistisch, weil wir einen großen Teil von dem gemessenen Fünftel, der in der Summe wiederum 10 Prozent ausmacht, die Demokratieskeptiker, gewinnen können, wenn wir unsere Hausaufgaben erledigen.

Die Verfasser sagen im Thüringen-Monitor zu diesem Teil, „es gibt eine beachtliche Minderheit,“ – da zitiere ich aus dem Thüringen-Monitor – „die bei etwa 20 Prozent der Gesamtstichprobe liegen dürfte, die Sympathie für die egalitäre und homogene

DDR-Gesellschaft mit Zustimmung zu ihrer autoritär-diktatorischen Ordnung verbinden, also den ganzen Inhalt des Pakets aus der Vergangenheit wollen. Dieses Einstellungssyndrom ist wiederum eng mit neo-nationalsozialistischen und ethnozentrischen Orientierungen, also dem Einstellungssyndrom des Rechtsextremismus verknüpft.“ Was zeigt uns das Ergebnis immer und immer wieder im Thüringen-Monitor? Extreme linke und extreme rechte Einstellungen kommen praktisch zur Deckung, das zeigt auch der Thüringen-Monitor 2015.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, die Quellen dieses Einstellungssyndroms sind ebenfalls x-fach in verschiedenen Thüringen-Monitoren beschrieben worden, aber Gedanken darum sollten wir uns schon machen. Was ist mit dem Teil der Bürgerinnen und Bürger in Thüringen, die sich selbst als Antidemokraten sehen, die selbst eher einer autoritär-diktatorischen Ordnung Zustimmung erteilen und die sagen, dass sie neo-nationalsozialistischen und ethnozentrischen Orientierungen irgendetwas abgewinnen können? Darin liegt das eigentliche Gefahrenpotenzial in unserer Gesellschaft. Deswegen ist es wichtig, auch diesen Menschen Angebote zu unterbreiten und sie nicht von vornherein abzustempeln und aus der Gesellschaft auszuschließen. Ich glaube, es ist falsch, den Ansatz zu wählen, alle, die vermeintlich auf bestimmte Demonstrationen gehen und gefühlsmäßig sagen, ich könnte diesen Fragestellungen etwas abgewinnen, von vornherein in die rechte und in die Nazi-Ecke zu stellen. Wir müssen ihnen die Hand reichen zur Mitte der Gesellschaft, dann wird ein Schuh draus, aber sie nicht abstempeln und an den Rand stellen und nie mehr einen Zugang in die Mitte der Gesellschaft gewähren. Das wäre der falsche Ansatz, den teile ich ausdrücklich nicht.

(Beifall CDU, AfD)

Ein ganz anderer Punkt im Leben insgesamt und für die Ostdeutschen ganz besonders ist – das sagt der Thüringen-Monitor –, es gibt natürlich auch Zusammenhänge mit denen, die sich abgehangen fühlen, die perspektivlos sind, die sich selbst als Unterschicht oder als Prekariat sehen. Aber – und das ist erstaunlich – dieser Thüringen-Monitor 2015 zeigt uns auch überdurchschnittliche Werte bei denen, wo wir sagen könnten, das sind Antidemokraten. Die sind skeptisch gegenüber unserer Demokratie. Die müssen wir wieder zurückgewinnen. Die gibt es auch bei Arbeitern in der Altersgruppe 35 bis 44, bei Landwirten, bei Selbstständigen, bei Freiberuflern. Und was sagt uns das? Unsere Aufgabe ist, tief in die Mitte der Gesellschaft hinein immer wieder für Demokratie zu werben und zu überzeugen. Entscheidend ist, dass wir diese Menschen, die skeptisch sind, nicht ausgrenzen, sondern ihnen die Hand reichen. Da wiederhole ich

mich. Es ist wichtig, zu zeigen, dass zwar tief in der Gesellschaft die Skepsis besteht, aber eben nicht alle von vornherein als ausländerfeindlich oder als Nazis in die Ecke gestellt werden können. Das wäre der falsche Ansatz. Zu Recht sind auch die Verfasser des Thüringen-Monitors irritierend, weil sie feststellen: Nicht in jedem Islamisierungsgegner steckt ein Ausländerfeind. Das ist eine wichtige, aber irritierende Feststellung der Verfasser, aber sie zeigt auch den Anspruch, wie man den Blick auf die Gesellschaft lenkt, dass er durchaus unterschiedlich sein kann. Die Verfasser fragen und sind deshalb irritierend, weil sie feststellen: 49 Prozent der Islamisierungsgegner können sich vorstellen, gegen Ausländerfeindlichkeit zu demonstrieren. Auch wenn sie es nicht tun, heißt es dazu: „Wir sehen also eine sehr weitgehende Überlappung und Durchmischung in den Köpfen“. Das ist trotz der „klaren Kante“ auf der Straße bemerkenswert.

Meine Damen und Herren, das will ich noch mal ausdrücklich sagen: Es ist eine Warnung an alle, die vom hohen moralischen Ross auf Demonstranten blicken, die ihre Schwierigkeiten mit der aktuellen Politik haben, aber ich will auch zu anderen sagen – das gilt ausdrücklich für die AfD –, diese Menschen aufzuwiegeln, die ihre Sorge haben, die sie zum Ausdruck bringen, weil sie sich vielleicht auch auf die Straße wagen, Ängste zu schüren und die Gesellschaft zu spalten, das ist frevelhaft und trägt nicht zur Lösung bei.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Aber Fakt ist auch: Diese Menschen, die auf der Suche nach Orientierung sind, die sich umschauen und sagen, wo ist der Rahmen, den mir der Staat und die Institutionen geben und die Politik zu vermitteln versucht, als geistig, moralisch und politisch zurückgebliebene Bürger zu diskriminieren, wäre nicht richtig. Deswegen gilt für beide Seiten: Ich glaube nicht, dass der Blick vom Rand auf die Gesellschaft erfolgreich ist, sondern dass das aus der Mitte heraus organisiert werden muss.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, was muss die demokratische Politik leisten, damit ihr die Bürger die Treue halten? Die Autoren haben dazu eine klare Vorstellung. Im Thüringen-Monitor heißt es: „Unter erheblichem Druck steht nicht nur das Vertrauen in die Regierung, sondern auch die Erwartung an die Kapazität der Demokratie, zur Lösung zentraler gesellschaftlicher Probleme in der Lage zu sein.“ Die Gefahrenpunkte sind genau beschrieben. Bei zufriedenen Demokraten – so heißt es im Thüringen-Monitor – „besteht ein Grundvertrauen darin, dass das demokratische System auch eine Lösung finden wird.“ Fazit: Damit das so bleibt, muss das System liefern. Thüringer, die die Demokratie weniger unterstützen, sehen in der aktuellen Entwicklung ihre Art von Bestätigung. Gefahr ist, dass sich ihre De

mokratiekritik unter diesem Eindruck zu einer Ablehnung des demokratischen Wertekanons verfestigt. Auch hier ist das Fazit: Die Demokratie muss liefern. Deshalb muss sie den Menschen auch eine Perspektive aufzeigen. Deswegen will ich den Spannungsbogen von 25 Jahren deutsche Einheit zur Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise noch einmal fassen.

Sie haben in Ihrer Rede mehrfach davon gesprochen, dass Thüringen 450.000 Menschen verloren hat, die alle als Aufbauhelfer in den Westen gegangen sind. Ja, die, die gegangen sind, waren hoch qualifiziert, ein Großteil von denen hat eine neue Perspektive gefunden, Familien gegründet und kommt nicht wieder. Ich will nur mathematisch noch einmal aufklären: Sterbequote und Abwanderung machen erst zusammen 450.000 aus. Deswegen ist Ihre Zahl zwar in der Summe richtig, dass wir 450.000 Thüringer verloren haben, aber die Zahl der Menschen, die als Aufbauhelfer in den Westen gegangen sind, ist geringer als die Zahl, die Sie in Ihrer Regierungserklärung genannt haben. Es sind auch Leute zurückgekommen oder zu uns gekommen wie Sie.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Jetzt können wir mal abwägen, wer wo mehr fehlt. Aber lassen wir das mal am Rande stehen.

(Beifall und Heiterkeit CDU)

Das wäre weder für Hessen gut, noch – sage ich mal als CDU-Politiker – ist es für uns gut, aber das ist eine andere Frage.

(Heiterkeit CDU, DIE LINKE)

Ich will nur beschreiben: Die Weichenstellungen, die Sie auch gelobt haben, 25 Jahre Entwicklung Thüringens, Aufbau des Landes durch die Menschen, weil sie angepackt haben, Aufbau von Unternehmern, weil sie die Ärmel hochgekrempelt haben, weil sie ins Obligo gegangen sind, aber eben auch, weil die Politik die richtigen Weichenstellungen vorgenommen hat, haben zu einem wichtigen Ergebnis geführt, welches Sie heute genannt haben. Seit einigen Jahren verzeichnen wir in Thüringen jenseits des Sterbesaldos positive Zuwanderung. Wir sind eines der deutschen Länder, in das Menschen wieder gern ziehen und zurückziehen, weil sie sagen, da findet Entwicklung, da findet Aufbau, da findet Zukunft statt. Es ist auch das Ergebnis und das Fazit von 25 Jahren deutscher Einheit in Thüringen. Dass Menschen wieder – positiv im Saldo – nach Thüringen zurückwandern, ist auch Aufbau und Ergebnis der deutschen Einheit und unserer Arbeit der letzten zweieinhalb Jahrzehnte.

(Beifall CDU)

Deshalb ist es wichtig, den Menschen Perspektive zu geben, auch den Thüringerinnen und Thüringern, die da sind. Ich sage im Namen meiner CDU

Fraktion, auch mit Blick und Vorgriff auf die Landeshaushaltsdebatte und auf das, was Sie noch leisten können in der übrigen Zeit dieser Legislaturperiode: Wir müssen den Thüringer Bürgerinnen und Bürgern und den jungen Menschen in diesem Land ein noch viel größeres Angebot machen, ihre eigene Zukunft in diesem Land zu sehen. Ich sage das mit Blick auf Einstellungskorridore für den öffentlichen Dienst. Es ist kein guter Zustand, wenn die Bestausgebildeten, die Besten ihrer Jahrgänge weggehen müssen, weil sie hier keine Perspektive haben. Es macht Sinn, dass die Besten in diesem Land verbleiben und wir den Besten ein Angebot unterbreiten. Wenn die Besten bei uns sind, dann haben wir auch gute Zukunftschancen in diesem Land – und nicht, wenn wir die Besten ziehen lassen. Ich will das ausdrücklich sagen, weil so viele junge Menschen auch aus Saalfeld heute wieder bei uns sind und gerade der Debatte zuhören. Jungen Menschen eine Perspektive geben, jungen Menschen nach ihrer Ausbildung in Thüringen und nach ihrem Studium hier ein Angebot unterbreiten, das muss die Aufgabe aller Menschen sein, die in Thüringen politische Verantwortung tragen. Dann entsteht Zukunft in diesem Land.

(Beifall CDU)

Ich sage ganz klar: Diesem Anspruch muss auch der öffentliche Dienst gerecht werden. Der Landeshaushalt muss in der Lage sein, durch kluge Personalentwicklung Korridore zu schaffen, um jungen Menschen, die wir selbst im öffentlichen Dienst ausbilden, auch hier eine Perspektive im öffentlichen Dienst zu geben. Was die Wirtschaft von sich einfordert, Fachkräfte zu gewinnen, damit sie weiter leistungsstark sein können, damit sie Marktführer sein können, damit sie auch Hidden Champions sein können, damit sie auch weiter Weltmarktführer bleiben können – genau diesen Anspruch muss auch der öffentliche Dienst für sich formulieren und umsetzen. Das heißt, alle die, die wir im Polizeidienst ausbilden, alle die, die wir in den Lehrämtern ausbilden, alle die, die wir für die öffentliche Verwaltung – vom Sachbearbeiter bis zum höheren Dienst – ausbilden, auch denen müssen wir nach ihrer Ausbildung, nach dem vielen Geld, was wir investieren, für die Besten ihrer Jahrgänge ein Angebot unterbreiten, dass sie bei uns in Thüringen eine Perspektive finden. Ich erwarte von dieser Landesregierung, dass sie diesem Anspruch mit ihrer Regierungspolitik gerecht wird.

(Beifall CDU)

Auch da muss Politik liefern. Vor allem muss Politik in der Frage liefern – ich habe sie mit jungen Menschen beschrieben, aber es zieht sich durch alle Altersgruppen hinweg, weil wir uns fragen müssen: Warum gibt es einen Teil der Ostdeutschen, der Thüringer, die sich 25 Jahre nach der deutschen Einheit abgehangen fühlen, die sagen, ich bin nicht

angekommen, ich fühle mich benachteiligt, ich fühle mich zurückgesetzt? Und das, obwohl wir die niedrigste Jugendarbeitslosenquote haben, obwohl wir in unserer Arbeitslosenstatistik besser als Nordrhein-Westfalen sind, besser als Hamburg und andere westdeutsche Länder sind, wir an der Spitze der neuen Bundesländer insgesamt stehen, ein großes Wachstumspotenzial haben, insgesamt solide aufgestellt sind. Da müssen wir uns fragen: Was passiert da?

Man muss auch fragen: Welche Entwicklungen finden aktuell statt? Mein Kollege Mario Voigt hatte es gestern in einer Pressemitteilung erwähnt, ich will das gern noch einmal aufgreifen und in diese Debatte mit einwerfen. Wir müssen uns schon fragen: Was passiert gegenwärtig in unseren Hochschulen? Warum bleiben plötzlich 1.000 Anfänger an unseren Hochschulen weg? Warum kommen Sie nicht mehr nach Thüringen, um zu studieren? Was passiert da? Ich könnte es jetzt billig machen und sagen, es liegt an Rot-Rot-Grün. Mit Sicherheit ist auch 50 Prozent Wahrheit dabei, natürlich, ganz klar.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das war nun doch billig!)

Ich habe ja auch gesagt, nur zu 50 Prozent. Aber die anderen 50 Prozent können Sie sich auch nicht hinter die Fichte schlagen, weil Sie sich in der Verantwortung, in der Regierungsarbeit schon fragen müssen: Was passiert da, welche Angebote und welche Rahmenbedingungen muss man besser machen, damit die Zahl der Anfänger an unseren Thüringer Hochschulen wieder steigt und sie jetzt in Ihrer Regierungszeit nicht permanent zurückgeht?

Ein Beispiel will ich Ihnen nennen: Wenn wir gemeinsam mit der SPD auf Bundesebene vereinbaren, wir entlasten die deutschen Bundesländer beim BAföG, der Bund übernimmt das, und wir vereinbaren dann im Rahmen unseres föderalen Bundesstaats, okay, wir entlasten die Bundesländer da weiter, weil der Bund in die Aufgabe einspringt, und alle Bundesländer sagen zu, dann fließt aber die BAföG-Entlastung eins zu eins in die Hochschulentwicklung. Hier findet das eben nicht statt, sondern nur zum Teil, dann sind das die falschen Botschaften, die Sie aussenden und die zu bestimmten Folgewirkungen führen.

(Beifall CDU)