Ich finde es schon sehr erstaunlich, wie der Verlierer einer Bundesvorstandswahl sich hierher stellen und andere als Verlierer beschimpfen kann. Eine Wahl, die so deutlich verloren ist, eine Bundeskanzlerin, die in Thüringen bei einer CDU eingegriffen hat, damit sie nicht zusammen mit der AfD agiert,
und dafür eine Quittung bekommen hat – an einem solchen Punkt wird das Ganze schon skurril. Es ist schon ein bisschen schade, dass Mike Mohring sich heute noch einmal für die Vorstandswahl morgen profilieren muss. Ich glaube, dem ist viel geschuldet. Das sei ihm verziehen.
Das Schöne ist, dass eine neue Koalition natürlich auch neuen Wind ins Land bringt, dass wir andere Vorstellungen haben als Sie, dass wir diese in einem guten Koalitionsvertrag formuliert haben. Auch in der Reaktion der CDU auf diesen Koalitionsvertrag und die Regierungserklärung vom Ministerpräsidenten Bodo Ramelow konnte ich nicht erkennen, dass die CDU irgendeine Vorstellung von Thüringen hat, wie es weiter vorangehen kann.
Ich sage mal, wer hier von Verlierern spricht, der muss einfach auch zur Kenntnis nehmen, dass in Thüringen das Realität geworden ist, was für zwölf weitere Bundesländer gilt, nämlich dass es keine CDU-Ministerpräsidenten mehr gibt.
Es gibt nämlich genau vier in Deutschland und das sagt auch ein bisschen was darüber, auf welchem Ast die CDU sitzt. Ich wusste auch gar nicht, dass mit Oppositionsführerschaft – und, ich glaube, das ist für Mike Mohring, das habe ich heute festgestellt, wahrscheinlich die perfekte Rolle geworden – einhergeht, dass man nicht mehr lesen und nicht mehr zuhören kann. Deswegen kann ich vieles einfach nur als falsch zurückweisen.
Wenn wir etwas erreicht haben mit dieser Koalition, dann ist das doch auch zuallererst, dass wir klarmachen können, dass wir handeln. Wir haben den Winterabschiebestopp zuallererst in Thüringen durchgesetzt. Das ist eine erste Handlung des Kabinetts.
Das war 24 Jahre in Thüringen nicht möglich und das bedeutet, dass wir für eine humane Politik stehen und dass wir es nicht zulassen, dass Menschen um ihr Leben fürchten müssen, weil sie abgeschoben werden.
Ich verspreche an diesem Pult eines: Wir werden die Menschen in Thüringen zu Gewinnern und Gewinnerinnen machen, denn darum geht es in Thüringen – nicht um die einzelne Partei, die an diesem Punkt feststellen muss, dass sie leider in diesem Fall verloren hat.
Ich will noch ein bisschen was zur Haushaltspolitik sagen. Bodo Ramelow hat schon sehr viel dazu gesagt, auch, wohin wir wollen. Die CDU hat 16 Milliarden Schulden hinterlassen.
(Zwischenruf Abg. Primas, CDU:... hätten … doch gar nicht aufwenden müssen. Reden Sie nicht dummes Zeug! )
Die CDU hat eine kommunale Finanzstruktur hinterlassen, die einfach fatal ist. Wir haben über 100 Gemeinden, die keinen Haushalt haben; wir haben 400 Gemeinden, die nur durch den Rückgriff auf ihre Rücklagen einen Haushalt aufstellen konnten; wir haben 200 Gemeinden ohne Rücklagen überhaupt; wir haben 60 Gemeinden in einer sehr prekären Finanzsituation und all das hat die CDU gemacht.
Dafür, dass die Kommunen kein Finanzproblem haben, war es schon erstaunlich, dass Sie im vergangenen Jahr 136 Millionen Euro einfach mal so an die Kommunen geben wollten.
Weiter zur Haushaltspolitik: Jetzt kann man sagen, das Schuldenaufbauen in den letzten Jahren hat Sinn gemacht, weil Infrastruktur aufgebaut werden musste usw. Aber ich will mal kurz erwähnen, was in der Zeit von Mike Mohring als finanzpolitischem Sprecher und Fraktionsvorsitzendem bzw. in den 90er-Jahren an Entscheidungen hier anstand. Wir hatten eine Pilz-Affäre, das sagt dem einen oder anderen noch etwas, wir sprachen über Spaßbäderförderungen, die uns bis heute nicht loslassen, wir sprechen über Altlasten daraus in den Folgejahren von über 90 Millionen Euro, über Flugliniensubventionen, über Fahrgastzahlenmanipulation usw. Wir haben eine Spielbank, zu der ein Untersuchungsausschuss geführt worden ist. Wir hatten Trennungsgeldaffären. Die kleinteilige Thüringer Verwaltungsstruktur mit einem dreistufigen Verwaltungsaufbau kostet uns heute noch sehr viel Geld. Es wurde die Privatisierung von Krankenhäusern in Größenordnungen gefördert. Wir haben den Maßregelvollzug privatisiert bekommen. Wir haben ein üppiges Beauftragtenwesen. Ich sage nur Richtung Polizei, es ging um die Polizeiausstattung, um Hubschrauber in doppelter Ausführung; wir diskutieren über Polizeifahrzeuge und nicht zuletzt über ein Sondervermögen zur Verbesserung wasserwirtschaftlicher Strukturen, das 2009 ein Wahlgeschenk an die Thüringerinnen und Thüringer war, um überhaupt noch eine Wahl gewinnen zu können. Das ist eine milliardenschwere Last, die immer noch auf dem Haushalt liegt.
So könnte ich das fortführen. Aber eins wird, glaube ich, deutlich: Von finanzpolitischer Verantwortung kann bei der CDU nicht die Rede sein.
Wir haben Jahr für Jahr in den Landeshaushalten 150 Millionen Euro gefunden, die irgendwo geparkt waren für was weiß ich für Geschenke, siehe 136 Millionen Euro. Nur einen Blick auf Brandenburg: Brandenburg hat den vergangenen Haushalt mit dem höchsten Überschuss aller Bundesländer überhaupt beschlossen, und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit einem Linken-Finanzminister.
Ein Beispiel will ich hier noch sagen, dass ich, was die Kommunen und Gemeinden angeht, überhaupt nicht aus einer linken Perspektive spreche. Es ist der CDU-Bürgermeister in Hildburghausen, der nach dem sanierten Haushalt, von Steffen Harzer übergeben, jetzt damit beginnt Kredit aufzunehmen, weil er einfach nicht mehr den Haushalt zubekommt.
Insofern wird auch an diesem Punkt deutlich, wie sehr wir in der Pflicht sind, die kommunale Familie finanziell besserzustellen.
Und wenn es darum geht – nur als Stichwort: die Abschaffung der V-Leute –, das Kritisieren der Veränderung der Sicherheitsarchitektur in Thüringen, dann kann ich nur sagen, dann macht an diesem Punkt die Koalition alles richtig, weil wir in diesem Punkt tatsächlich Konsequenzen aus dem NSUTerror ziehen, die anders nicht sein können und wo wir den Mut haben müssen, in Thüringen diesen Schritt zu gehen, und wir werden das tun.
Nur mal eine kleine Anmerkung am Rande: Wenn Mike Mohring vom „Buckeln vor der Kanzlerin“ spricht, dann hat das …
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, eines wird sehr deutlich in dieser ersten Regierungserklärung der rot-rot-grünen Koalition: Bereits nach wenigen Tagen haben wir damit begonnen, eine neue Form des Umgangs mit dem Parlament auf den Weg zu bringen. Das Gesagte steht für Offenheit und Mit
einander und auch ich kann Sie an dieser Stelle, die diese Koalition kritisieren, nur dazu auffordern, uns darin zu begleiten, eine neue politische Kultur für das Parlament, aber auch für Thüringen auf den Weg zu bringen.
Das inhaltliche Kernelement der Regierungspolitik besteht in der demokratischen, sozialen und ökologischen Modernisierung. Dass die CDU das nicht verstehen kann, das ist mir vollständig klar, weil sie nicht für demokratisch, sozial, modern und ökologisch steht. Aber diese Koalition wird eine solche Politik auf den Weg bringen und Bodo Ramelow hat dazu eingeladen, diese Zukunftsprojekte, die wir heute benannt bekommen haben, konstruktiv mitzugestalten.
Ich muss leider feststellen, dass die CDU-Fraktion als größte Oppositionspartei gerade nur mit sich selbst beschäftigt ist.
Sie behauptet, die politische Mitte Thüringens darzustellen. Allein ihre eigene Mitte hat sie noch nicht gefunden. Deswegen ist das Bild der CDU in den vergangenen Wochen, in chaotischer Zerstrittenheit zu zerfallen, ein sehr realistisches und ich warte die nächsten Jahre ab, ob überhaupt noch Politikfähigkeit zu erkennen ist.
Die Bundesvorsitzende musste erst eingreifen, um die abenteuerlichen Pläne des Fraktionsvorsitzenden der CDU über eine Allianz mit Rechtspopulisten zu beenden. Dass auch seine Nichtbundesvorstandswahl damit zusammenhängt, wissen wir alle.