Protocol of the Session on October 1, 2015

(Beifall DIE LINKE)

Die Sonderschuldenfonds, Sondervermögen genannt, mit Hunderten Millionen Euro Risiken werden weiter anwachsen. Der gebildete Pensionsfonds wird in seiner jetzigen Form nicht das halten können, was er versprochen hatte. Er ist viel zu klein, um die finanzpolitischen Herausforderungen künftig zu meistern. Deshalb sei an den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen vom 16. Juni dieses Jahres erinnert. Dort wurde die Landesre

gierung gebeten, sich unter anderem mit neuen Ideen zur Begrenzung der Versorgungskosten zu beschäftigen und Vorschläge zur Begrenzung der Risiken und Belastungen bei den bestehenden Sondervermögen zu unterbreiten. Diese Bitten sind terminiert und zeigen, dass die Koalition zielstrebig vorgeht.

Thüringen hat aus der Vergangenheit finanziell viele Rucksäcke zu tragen. Ein Mitschuldiger davon ist der damalige Finanzpolitiker Mike Mohring. Aber wir arbeiten jetzt daran, diese Risiken zu minimieren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dazu gehört eben auch, dass wir im Rahmen der uns in Thüringen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten die eigenen Einnahmen erhöhen. Der Haushalt wird nach dem Gesamtdeckungsprinzip aufgestellt und die Grunderwerbssteuer ist die einzig relevante Landessteuer.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Investitions- feindlich!)

Wir sind der Landesregierung dankbar, dass sie dem Landtag einen Vorschlag zur Erhöhung der Grunderwerbssteuer ab 2017 von 5 auf 6,5 Prozent unterbreitet. Ich will nur einmal erwähnen, dass es die CDU war, die mit uns im Jahr 2011 die Grunderwerbssteuer von 3,5 auf 5 Prozent erhöht hat. Ich will auch daran erinnern, dass es bei einem Bundesschnitt der Grunderwerbssteuer von 5,3 Prozent Thüringen ist, das weniger Geld über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen und den Länderfinanzausgleich bekommt, weil wir unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Auch das beheben wir mit der Anhebung der Grunderwerbssteuer.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das Mehraufkommen wird auf 32 Millionen Euro pro Jahr für Thüringen geschätzt. Und ich sehe durchaus, dass das Geld ist, was wir zu Hause brauchen. Ich will noch einmal deutlich erwähnen: Die Grunderwerbssteuer ist keine allgemeine Steuer, sondern sie fällt nur an, wenn man Grund erwirbt.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, die künftigen Bund-Länder-Finanzbeziehungen sind für Thüringen sehr bedeutsam. Seit Langem wird gerungen, wie der Länderfinanzausgleich ab 2019 neu gestaltet werden kann und wie es nach dem Auslaufen des Solidarpakts weitergeht. Fakt ist: Bis jetzt liegt keine Einigung zwischen dem Bund und den Bundesländern vor. Für nächste Woche ist eine Ministerpräsidentenkonferenz geplant. Zwei Vorschläge liegen aktuell aus der A- und der B-Runde vor.

Wir setzen uns dafür ein, dass es zu keiner Schlechterstellung der neuen Bundesländer kommt. Wir erwarten, dass die Forderungen der neuen und finanzschwachen Bundesländer berücksichtigt werden, vor allem die vollständige Berücksichtigung der kommunalen Finanzkraft im Länderfinanzausgleich, damit die Schere zwischen armen und reichen Bundesländern nicht noch weiter auseinandergeht.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Da kann Herr Ramelow aber nicht am Katzentisch sit- zen!)

(Beifall DIE LINKE)

Und ich kann bei der CDU nicht erkennen, dass sich die CDU auf Bundesebene besonders deutlich für die ostdeutschen Bundesländer einsetzt.

Des Weiteren erinnere ich an das ungelöste Problem der Kosten für die Zusatz-und Sonderversorgungssysteme der ehemaligen DDR. Im Landeshaushalt sind jährlich 400 Millionen Euro zu veranschlagen.

Meine Damen und Herren, Thüringen braucht für seine Entwicklung auch nach 2020 stabile Einnahmen. Wir sind dafür bereit, unsere Hausaufgaben zu machen und schwierige Strukturreformen im Land anzugehen, Strukturreformen, die bisher verzögert wurden oder deren Notwendigkeit immer mit Geld verschleiert worden ist, Geld, was wir künftig nicht mehr haben. Der jetzt von der Landesregierung eingebrachte Gesetzentwurf zur Neuausrichtung des Kommunalen Finanzausgleichs stellt einen ersten Schritt zur Verbesserung der Finanzausstattung der Kommunen gemessen an dem uns zur Verfügung stehenden finanziellen Rahmen dar.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das sehen die Kommunen aber ganz anders!)

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Das sehen die immer anders!)

Ich will noch mal den Bemerkungen von Mike Mohring mit den Worten von Heike Taubert begegnen: Die Ausgaben für Thüringer Kommunen innerhalb des KFA sowie durch eine Vielzahl von speziellen Zuschüssen und Zuweisungen betragen im Jahr 2016 3,023 Milliarden Euro und im Jahr 2017 3,119 Milliarden Euro. Damit fließt etwa ein Drittel des Landeshaushalts in Leistungen und Projekte der Kommunen in Thüringen. Das entspricht einer Erhöhung im Jahr 2016 gegenüber 2015 von 80 Millionen Euro. Die Finanzausgleichsmasse erhöht sich gegenüber 2015 um 47 Millionen Euro. An dem Punkt davon zu sprechen, dass die Kommunen weniger Geld bekommen, halte ich für genauso falsch, wie die Theaterpolitik und die Orchesterpolitik und die Kulturpolitik als Kahlschlag zu bezeichnen – bei den Zahlen, die mir vorliegen.

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Dann gehen Sie mal in den ländlichen Raum!)

(Beifall DIE LINKE)

Der Kommunale Finanzausgleich wird ab 2016 strukturell und finanziell den Anforderungen angepasst. So erfolgt zum Beispiel eine Anhebung des Kinderansatzes und des Soziallastenausgleiches. Damit werden Kommunen mit überdurchschnittlich vielen Kindern oder mit sehr hohen Sozialausgaben künftig bessergestellt. Es erfolgt eine Neuberechnung der Einwohnerpauschalen, des Mehrbelastungsausgleichs auch unter Berücksichtigung der gestiegenen Verwaltungskosten bei der Flüchtlingsbetreuung. Der Entwurf einer Änderung des KitaGesetzes sieht eine Erhöhung der Kita-Pauschalen pro Kind vor. Zudem steigen die Ausgaben, weil wegen des Wegfalls des Landeserziehungsgeldes und des Betreuungsgeldes von einer höheren Zahl zu betreuender Kinder auszugehen ist. Und das, werte Damen und Herren Abgeordnete, möchte Rot-Rot-Grün auch so.

Um den Weg der Konsolidierung der finanziellen Ausstattung von Kommunen fortzusetzen, ist eine Kreis-, Gemeinde- und Gebietsreform zwingend erforderlich, damit leistungsfähige, zukunftsfeste kommunale Strukturen geschaffen werden können. Da sage ich auch in Richtung Mike Mohring mit den Worten von Dirk Adams: Glashaus, Stein, Vorsicht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Sehr geehrte Abgeordnete, die angestrebte Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform in Thüringen stellt natürlich eine große Herausforderung in dieser Legislaturperiode dar. Aber diese Reform wurde jahrelang von der CDU blockiert. Rot-RotGrün hat jetzt mit der Vorlage des Leitbildes erste Schritte eingeleitet, um zu einer Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform zu kommen. Und natürlich werden wir diskutieren. Wir werden uns das Diskutieren nicht verbieten lassen, denn nur mit einer offenen Diskussion werden wir zum richtigen Weg auch für Thüringen kommen. Dazu lade ich alle herzlich ein.

(Beifall DIE LINKE)

Für uns ist es entscheidend und für den Reformprozess maßgebend, dass nicht über die Köpfe hinweg, sondern im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern entschieden wird, wie eine Gebietsreform auszusehen hat. Mehr Demokratie, Transparenz und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sind und bleiben gerade bei dieser Reform der rote Faden. Eine Gebietsreform, die den demografischen Wandel abbilden soll, muss zwingend mit einer Verwaltungsreform einhergehen, um die machbaren Effizienzgewinne zu ermöglichen. Für uns gehört dazu, die ernsthafte Prüfung einer nur noch zweistufigen Verwaltungsstruktur in Thüringen zu füh

ren. Wir wollen eine moderne und effiziente Verwaltung, die Kommunen müssen dabei gestärkt und dezentrale Bürgerservicebüros Anlaufpunkte für alle Angelegenheiten sein. Kurze Wege und guter Service für die Menschen und in allen Verwaltungsangelegenheiten sind unser Ziel.

(Beifall DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Abgeordnete, liebe Gäste, ich glaube, meine Ausführungen haben gezeigt, dass Rot-Rot-Grün liefert, dass es berechtigte Erwartungen an die Diskussionen zum Landeshaushalt gibt, wie wir uns den aktuellen und internationalen Entwicklungen auch mit dem Haushalt widmen. Ich wünsche uns eine sachliche Beratung und mahne dazu an, keine Schwarzmalerei zu betreiben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort erhält jetzt der Abgeordnete Hey, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr verehrten Damen und Herren und liebe Besucherinnen und Besucher auf der Zuschauertribüne, Sie haben sich einen sehr schönen Tag ausgesucht, weil die Haushaltsdebatte immer eine sehr engagierte ist, was die Fraktionen betrifft; vier Männer und eine Frau stehen hier vorne und schimpfen, ein bisschen übereinander, ein bisschen gegeneinander. Das ist in der Politik manchmal – ich will es gleich am Anfang sagen – so ein bisschen wie im Leben. Es gibt immer wieder Dinge, die sich auch im Landtag wiederholen, wie Dinge auch im Leben innerhalb eines Jahres. Hier ist es zum Beispiel so, dass es immer mal Regierungserklärungen gibt oder in bestimmten Abständen wird die Einbringung von Landeshaushalten vorgenommen und bei Ihnen und bei uns zu Hause gibt es im Leben eben so Sachen wie Fasching, Geburtstag, Weihnachten und Silvester. Es gibt also immer einen gewissen Rhythmus, und wie sich das zu Hause manchmal wiederholt zu bestimmten Zeiten, wenn man Kugeln an den Weihnachtsbaum hängt, so wiederholt sich das hier bei der Einbringung des Haushalts, auf der einen Seite die Kritik der Opposition, die halten den Landeshaushalt für völlig falsch, finanzpolitisch unverantwortlich, was wir uns so anhören. Und die Regierung lobt auf der anderen Seite den Haushalt immer. Aber diesmal, meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Besuchertribüne, am Livestream und auch hier im Saal, diesmal ist es etwas anders, ich habe den Eindruck, bei der Opposition ist Silvester, Geburtstag und Karneval zusammengelegt worden. Denn was hier im Vorfeld bereits an

Kritik geäußert wurde, spottet wirklich jeder Beschreibung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das, was ihr mit dem Haushalt macht, spottet jeder Be- schreibung! Verschuldungsbarone!)

Dazu komme ich dann noch, Herr Kollege Emde. Also mit „Verschuldungsbarone“ wäre ich vorsichtig. Wenn Herr Mohring vorhin über Geschichtsbücher gesprochen hat, die nicht umgeschrieben werden müssten, dann kann ich Ihnen auch mal aufzeigen, unter welcher Verantwortung fast 16 Milliarden Euro Schulden aufgelaufen sind.

(Beifall DIE LINKE)

Zwei Begriffe, meine sehr geehrten Damen und Herren, dürfen ja bei der Einschätzung dieses Haushalts nicht fehlen, das habe ich in diesem Jahr gelernt, und zwar, wenn die Opposition sich zu Wort meldet, darf ein Begriff nicht fehlen, das ist der „finanzpolitische Offenbarungseid“.

(Beifall SPD)

Er war auch vorhin wieder gerade kurz im Raum, als Herr Mohring ihn ausgepackt hat. Und die Bankrotterklärung der Landesregierung, das muss immer sein, unter dem läuft ja gar nichts. Beim Haushalt 2015 war es die Kapitulationserklärung, habe ich damals gelernt. Aber diesmal ist es halt, wie gesagt, noch einen Zacken schärfer, und außerdem wird dann immer behauptet, diese Koalition wäre gescheitert.

Herr Mohring hat sich in der Zeitung zitieren lassen, hier gäbe es – wörtlich – „eine unverantwortliche Haushaltspolitik, die kein Morgen kennt“, außerdem riskiert Rot-Rot-Grün die Zukunft Thüringens. Die AfD versteigt sich sogar zu dem Begriff „finanzpolitisch asozial“, das habe ich auch lesen dürfen. Also es geht nicht dick und breit und lang genug.

Mein Kollege Mohring hat hin und wieder hier bei seinen Redebeiträgen, ich glaube, das war auch das letzte Mal, als es um den Landeshaushalt 2015 ging, einen sogenannten Faktencheck angekündigt; heute waren es mal elf Punkte. Ich will jetzt auch mal so was machen wie einen Faktencheck und der beinhaltet: Dieser Doppelhaushalt kommt ohne neue Schulden aus. Ganz wichtig!

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Nettoneuverschuldung Null! Ich sage das, weil das mittlerweile nicht mehr selbstverständlich ist. Wer Zeitung liest, wer fernsieht, wer Radio hört, kann verfolgen, wie selbst im Bund eine Schuldenaufnahme zumindest angedacht oder diskutiert wird. Zu den Gründen komme ich auch gleich noch. Aber es bleibt dabei, in Thüringen gilt für den Haushalt 2015 und den Doppelhaushalt 2016/2017: Kei

(Abg. Hennig-Wellsow)

ne neuen Schulden! Und das ist auch für meine Fraktion eine ganz wichtige Botschaft.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Vorwurf – wir haben ihn heute auch mehrfach vernehmen dürfen: Die Koalition bläht den Haushalt auf. So wird das umschrieben. Es wird damit gemeint, das Volumen wird größer. Wir haben allein durch tarifliche Abschlüsse – meine Vorredner sind auch bereits darauf eingegangen – mehr Personalkosten der Landesbediensteten einplanen müssen. 2016 sind das rund 60, 2017 sind das 111 Millionen Euro mehr. Das ist schon einmal eine Hausnummer, meine Damen und Herren. Wir haben Aufwüchse auch in anderen Bereichen. Dazu komme ich nachher noch.

Aber was der Gipfel der Vorwürfe ist – und das ist eben auch das, was mich so umtreibt –, dieses Anwachsen des Haushaltsvolums – so wird zumindest behauptet – würde entschuldigt mit der Entwicklung der Flüchtlingszahlen. Das ist jetzt wirklich starker Tobak. Deshalb checken wir die Fakten mal, wie das im Moment aussieht in Thüringen, aber – und das ist sehr interessant – auch anderswo. SachsenAnhalt, fangen wir mal bei unseren Nachbarn an: Dort wird ein Nachtragshaushalt für die Jahre 2015 und 2016 erarbeitet. Frau Präsidentin, Sie gestatten, aus der Pressemitteilung des Finanzministeriums in Magdeburg zu zitieren: „Die zusätzlichen Ausgaben sind vornehmlich für die Hilfe und bessere Integration von Flüchtlingen vorgesehen.“ Im Entwurf, Nachtrag zum Haushalt, heißt es im Vorbericht zur Begründung, wieder Zitat: „Außerdem werden die Ausgaben im Zusammenhang mit der Unterbringung und Betreuung der seit der Planung des Doppelhaushaltes 15/16 stark angestiegenen Zahl von Flüchtlingen berücksichtigt.“ Baden-Württemberg hat bereits im April einen Nachtragshaushalt verabschiedet. Rheinland-Pfalz hat am 23. September – es ist noch gar nicht so lange her, etwas mehr als eine Woche – einen Nachtragshaushalt verabschiedet. Doris Ahnen, die Finanzministerin, sagte zu den Inhalten des Nachtragshaushalts – Sie gestatten wieder ein Zitat: „Mit dem Nachtragshaushalt unterstützen wir die Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme mit 90 Millionen Euro. Wir geben die Bundesmittel aus der Flüchtlingsmilliarde in Höhe von 19 Millionen Euro an die Kommunen weiter, den übrigen Anteil erhalten sie im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs. Wir bauen die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes für Flüchtlinge aus und stellen dafür und für weitere Maßnahmen 59 Millionen Euro zur Verfügung.“ Machen wir unsere Reise weiter. Schleswig-Holstein, Monika Heinold, die Finanzministerin zur Vorstellung des Haushalts – ein Zitat: „Diese Landesregierung steht für Haushaltskonsolidierung und Modernisierung, für soziale, aber auch humanitäre Verantwortung. In Schleswig-Holstein wird die Aufnah