und darüber hinaus, ich zitiere: Weil wir Flüchtlinge in Thüringen haben – ich zitiere fast im Original – würden sich Masern, Windpocken und Krätze ausbreiten. Sie behaupten, dass Kinder und alte Menschen von Tuberkulose bedroht wären, weil sich Flüchtlinge in Thüringen aufhalten. Und das fassten Sie in Ihrem Satz zusammen: Der deutsche Steuerzahler wird für diesen Wahnsinn belastet. Ich will es einmal kurz zusammenfassen: Selbst die NPD im Landtag Mecklenburg-Vorpommern differenziert zwischen Bürgerkriegsflüchtlingen und anderen.
Das mag man schon falsch finden, aber nicht einmal diese Differenzierung der NPD in MecklenburgVorpommern nehmen Sie vor. Und die NPD in Mecklenburg-Vorpommern von rechts zu überholen, das muss man als AfD in Thüringen erst einmal schaffen.
Lassen Sie mich meinen Kommentar zu Ihrem Beitrag vielleicht noch in einem Satz zusammenfassen: Sie sprachen davon, dass Truppen mit Männerüberhang aggressiv nach innen und außen seien. Ich denke, das beschreibt die AfD-Fraktion hier im Landtag Thüringen ziemlich gut.
Ich will aber zum eigentlichen Gegenstand meiner Rede kommen. Es ist verschiedentlich darauf hingewiesen worden und der Kollege Lauinger hat das an den Anfang gestellt: Wir befinden uns in Thüringen als Teil eines föderalen Zusammenschlusses, der in verschiedene Gebietskörperschaften differenziert ist und auch Verantwortungen differenziert. Das Differenzierungsprinzip nicht nur des bundesdeutschen, sondern auch des europäischen Föderalismus, basiert auf der Grundidee der Subsidiarität. Das heißt, es hat jeweils die Ebene die Aufgaben zu tragen, soweit sie sie auch tatsächlich tragen kann. Wir reden an verschiedener Stelle hier im Landtag auch sehr übereinstimmend mit hoher Kompetenz – da schaue ich auch die CDU-Fraktion im Landtag an, die über lange Zeit hier im Land Verantwortung getragen hat – über die Frage der Subsidiaritätskontrolle. Aber wir haben hier in der Frage, wie wir Bund, Ländern und Gemeinden im gesamtstaatlichen Rahmen, ohne nach Parteipolitik zu differenzieren, Verantwortung zuweisen, ein Subsidiaritätsproblem, weil es eine Ebene gibt – und das ist an verschiedener Stelle zusammengefasst worden –: der Bund. Der Bund bewegt sich auf dem Sonnendeck, schaut in den Maschinenraum und sagt, ihr müsst die Arbeit machen. Länder und Kommunen sind quer durch die Bank – und das ist der Gegenstand aller Arbeitsgruppen, die auf Bund-Länder-Ebene derzeit stattfinden – in der Situation, dass sie eine gewisse Überforderung in der Leistungstragung kommunizieren. Das machen sie aber anders, als sich das hier eine Fraktion rechts außen, die die andere Rechts-außen-Fraktionen rechts überholt, anmaßt, sie sagen: Wir brauchen für die gemeinsame Aufgabe der bundesdeutschen Gesellschaft, eine der größten Zuwanderungswellen in der bundesdeutschen und europäischen Geschichte gemeinsam solidarisch zu bewältigen, die Unterstützung sowohl von der Europäischen Union als auch von der Bundesebene. Die Tatsache, dass derzeit – Kollege Lauinger hat in seiner Rede darauf hingewiesen – 5 Prozent der
Kosten durch den Bund getragen werden und von den 500 Millionen Euro, die in diesem Jahr zugesagt worden sind, die Hälfte durch die Länder refinanziert werden muss, zeigt, dass wir in einem tatsächlichen Problem der föderalen, fairen Zusammenarbeit sind.
Aus diesem Grunde ist spätestens am 24. September die absolute Pflicht der Bundesregierung, Farbe zu bekennen und deutlich zu machen, an welchen Stellen und für welche Aufgaben der Bund die Länder und Kommunen dauerhaft entlastet. Ich werde Ihnen gleich zwei oder drei Punkte nennen, die dazu im Rahmen diskutiert werden.
Seitens der Länder ist die Übernahme der Gesundheitskosten im Zusammenhang mit der Gesundheitskarte als ein Feld benannt worden, an dem die finanzielle Unterstützung des Bundes gebraucht wird. Es sind die Kosten für die Unterbringung und Versorgung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen genannt worden. Es ist die Frage gestellt worden, ob der Bund die Kosten der Erstaufnahme selbst tragen kann. Ich will Ihnen nur diese drei Beispiele nennen. Der entscheidende Punkt ist: Vorschläge der Länder, wo der Bund konkret entlasten kann und wo die Kosten für den Bund sofort planbar sind, liegen vor. Es ist nur so, dass wir als Länder seit dem sogenannten Kretschmann-Deal im Bundesrat über die Veränderung des Asylrechts darauf warten, dass der Bund die dort vorgelegten Zusagen auch tatsächlich einlöst. Aber der Gesetzentwurf für die Einführung der Gesundheitskarte liegt immer noch nicht vor.
Es ist immer noch nicht geklärt seitens des Bundes, ob es einen Kontrahierungszwang der Krankenkassen gibt. Die Tatsache, dass der Bund die Länder hier so hängen lässt,
zeigt, dass das föderale Ausgleichssystem bezogen auf diese Gemeinschaftsaufgabe der Unterbringung und Versorgung und Integration der Flüchtlinge in Deutschland derzeit nicht funktioniert. Diese Verantwortung ist ganz klar seitens der Kommunen und Länder an den Bund adressiert.
Ich bin insofern sehr froh, dass sich ein Teil dieser Bundesregierung dieser Verantwortung stellt und konkrete Vorschläge unterbreitet hat, wie dies gemacht wird, und ich hoffe, dass die Große Koalition die Kraft hat, auf Bundesebene hier auch mit den
Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der beiden Parteien plus dem bayerischen Sonderfall zu einer Verständigung zu kommen, von der alle Länder profitieren.
Lassen Sie mich aber noch auf einen Punkt eingehen, weil hier an verschiedener Stelle deutlich gemacht worden ist, das Land hätte seine Verantwortung nicht wahrgenommen. Im März 2015 wurde nach Prognose von 300.000 Flüchtlingen ausgegangen, die nach Deutschland kommen. Im Jahr 2014 waren es 200.000, im Mai waren es bereits 450.000 und nun sind wir bei einer Prognose von 800.000. Dem Bund liegen diese Prognosen deutlich eher vor, als er sie dann in Bund-Länder-Gemeinschaftsrunden kommuniziert, wie letztens in Berlin durch den Bundesinnenminister präsentiert. Bei der Tatsache, dass der Bund die Zahlen eher hat als die Länder, stellt sich doch die Frage, warum der Bund mit diesen Zahlen nicht die Schlussfolgerungen dort zieht, wo er allein und unmittelbar zuständig ist. Das ist beispielsweise das BAMF und die personelle Ausstattung des BAMF.
Seit Monaten fordern die Länder, fordert der Ministerpräsident in verschiedenen Runden gemeinsam mit anderen Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten beim Bund auch tatsächlich ein: drei Monate für die Bearbeitungszeit beim BAMF, personelle Stärkung des BAMF. Aber auch hier lässt der Bund in seiner Verantwortung nach. Vor diesem Hintergrund sind die Orte, in denen wir als Länder arbeiten, die Bund-Länder-Arbeitsgruppen und der Bundesrat. Wir werden morgen im Kabinett über eine Bundesratsinitiative entscheiden, über den Beitritt zu einer Bundesratsinitiative des Landes Niedersachsen.
Ich will aber – und damit zum Ende kommen – deutlich machen, dass mit dieser Initiative die Aufgaben noch lange nicht gelöst sind.
(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Herr Hoff, Sie erzählen da vorn nur Müll! Sie Salon-Bol- schewist!)
Herr Prof. Hoff hat immer noch das Wort, Herr Kollege Brandner. Ich habe den Begriff nicht richtig verstanden.
Der Begriff war „Salon-Bolschewist“. Aber ehrlich gesagt, das nehme ich immer noch als Kompliment, wenn es von denen da kommt.
Wenn wir uns am Beispiel dieser Bundesratsinitiative des Landes Niedersachsen über die Aufgaben, die wir im Bundesrat zu leisten haben, verständigen, dann werden wir den Blick vor allem auf ein Themenfeld richten müssen, das ist die Möglichkeit von Flüchtlingen, durch Integration in den Arbeitsmarkt auf eigenen Beinen zu stehen. Ich nenne das Stichwort „Blue Card“, das Stichwort „Ermöglichung von Arbeitsbedingungen“, „Bleiberecht für diejenigen, die in der Ausbildung sind“. Ich will, dass wir vom Grundgedanken ausgehen, dass hier Menschen beispielsweise aus Syrien kommen, die aus anderen Ländern kommen, die hoch qualifiziert sind, die hoch qualifiziert in Mangelberufen sind. Das Gesundheitsministerium hat 171 Personen in der vergangenen Woche identifiziert, die nur im Bereich von Gesundheitsberufen über entsprechende Qualifikationen und Abschlüsse verfügen. Wenn man nicht bereit ist, auch nur eine Differenzierung in irgendeiner Form bei Flüchtlingen zu machen, dann kann man das nicht erkennen, weil man es quasi rechts einer NPD diskutiert. Aber all diejenigen, die sich tatsächlich realitätsbezogen diesem Thema widmen, sagen, selbstverständlich muss es möglich und notwendig sein, dass wir auch gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit die Qualifikation von Flüchtlingen identifizieren, denn sie haben ein Ziel: Sie wollen in dem Land, in dem sie hier als Gast aufgenommen werden, nicht als Schmarotzer wahrgenommen werden, sondern sie wollen als diejenigen wahrgenommen werden, die sich einbringen wollen, die ihre Qualifikation, die ihre Kompetenzen und ihr Wissen dem Gastland, in dem sie sich befinden, zur Verfügung stellen. Dieses Angebot der Flüchtlinge anzunehmen, ist unsere Aufgabe, das müssen Bund, Länder und Kommunen gemeinsam machen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, nach den Ausführungen von Herrn Minister Lauinger möchte ich vor allem mit Blick auf die
Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl und zu den Geschehnissen der vergangenen Woche noch einige Punkte aus Sicht des Innenressorts ergänzen. Der Sachverhalt ist allenthalben zutreffend geschildert worden, den will ich nicht noch mal wiederholen. Auch die zu Hilfe gerufenen zwölf Polizeibeamten der Suhler Polizeiinspektion konnten zunächst zu keiner Beruhigung der Situation beitragen, vielmehr wurden auch sie mit Gewalt mittels Eisenstangen, Stöcken und Steinen angegriffen. Die angewachsene wütende Menge von etwa 100 Bewohnern griff darüber hinaus auch Vertreter der Presse an. Erst durch zusätzliche Kräfte der Polizei – am Schluss waren es 125 Polizeibeamte, die vor Ort waren – konnte gegen 23.00 Uhr eine Beruhigung der Lage erreicht werden.
Insgesamt wurden sieben Fahrzeuge der Polizei und zwei Privat-Pkw teilweise erheblich beschädigt. Auch in der Erstaufnahmeeinrichtung entstand erheblicher Sachschaden. Schlimmer noch, es wurden insgesamt 18 Menschen verletzt, darunter sieben Polizeibeamte. Diesen wünsche ich von dieser Stelle aus gute Besserung und möchte ihnen stellvertretend für alle an diesem Einsatz beteiligten Polizeibeamten, aber auch den Feuerwehrleuten, den Rettungsdiensten für ihren außerordentlichen Einsatz in dieser nicht leichten Situation danken.
Lassen Sie mich noch ein besonderes Augenmerk auf die übrigen elf Personen lenken, die ebenfalls Verletzungen erlitten haben. Hierbei handelt es sich um zehn Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung und einen weiteren verletzten Bürger. Vielleicht mag der eine oder andere Abgeordnete jetzt an Aufrührer denken, wie ich vielleicht die aggressiven Bewohner bezeichnen will, die wohl bei ihrem Handeln Schaden erlitten haben mögen. Das ist aber gerade nicht der Fall, sondern es handelt sich bei den Bewohnern der Erstaufnahmeeinrichtung um solche, die ihre Verletzungen bei dem Versuch gefunden haben, ihren aggressiven Mitbewohnern die Schlagwerkzeuge abzunehmen bzw. diese zu beruhigen. Das vorbildliche Verhalten gerade dieser Flüchtlinge zeigt eben deutlich, dass so mancher voreilige Schluss,
so manches Vorurteil oder so manches Stereotyp genauso wie die Schwarz-Weiß-Diskussion, wie sie zum Teil hier geführt worden ist, falsch geht und falsch ist.
Man muss eben sehr genau unterscheiden und auch das Verhalten der Personen im Einzelfall anschauen. Auch die Rede von Minister Lauinger und auch meine letzten Bemerkungen machen deutlich:
Die Eskalation und das gewalttätige Handeln einiger Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung verurteilt die Landesregierung auf das Schärfste. Wie Justizminister Lauinger ebenfalls festgestellt hat, wurde hier eine rote Linie überschritten. Gewaltanwendung oder Androhung von Gewalt mit Eisenstangen, Holzknüppeln und Steinen gegenüber Polizeibeamten, Rettungskräften, Vertretern der Presse kann nicht toleriert werden. Das Verhalten war vollkommen inakzeptabel und ich sage deshalb ganz deutlich: Wer Glaubenskriege, vor denen er angeblich geflohen ist, in Thüringen fortsetzt, ist auch kein Opfer.
Deshalb werden wir immer auch für Toleranz werben, aber auch mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen die Verantwortlichen in diesem Fall vorgehen. Die Straftatbestände des Landfriedensbruchs, der gefährlichen Körperverletzung und der Sachbeschädigung sowie des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte stehen im Raum. Entsprechende Ermittlungsverfahren der Polizei wurden eingeleitet. Darüber hinaus erfolgt nun auch die Identifizierung der Anführer der gewalttätigen Auseinandersetzung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich habe hiermit den repressiven Teil der Konsequenzen aus den Geschehnissen in Suhl beschrieben. Lassen Sie mich jetzt noch auf den präventiven Teil eingehen. Damit wir eben nicht wieder solche Bilder aus unserem Freistaat auf den Fernsehbildschirmen, in der Presse sehen müssen, habe ich in meinem Haus unverzüglich ein Fünf-Punkte-Programm veranlasst, um den Schutz von Asylsuchenden und Flüchtlingen in unserem Freistaat zu verbessern. Die Thüringer Polizei reagiert damit auf die neue polizeiliche Lage, wie sie sich im Zusammenhang mit den stetig ansteigenden Flüchtlingszahlen – wir hörten die Zahl von 800.000 – zeigen wird. Dieses Fünf-Punkte-Programm umfasst folgende Punkte:
1. Die Vorlage eines Rahmenbefehls durch die Landespolizeidirektion im Zusammenhang mit Ereignissen in und an Gemeinschaftsunterkünften, Landesaufnahmestellen und sonstigen Unterkünften von Flüchtlingen und Asylsuchenden. Mit diesem Rahmenbefehl legen wir die taktischen und technischorganisatorischen Rahmenbedingungen für die Bewältigung von Lagen fest, um ein schnelles wirksames Handeln für die Beamtinnen und Beamten vor Ort künftig zu ermöglichen.
2. Die Verbesserung des spezifischen Personalund Kräftemanagements. Für die Verbesserung des Personal- und Kräftemanagements werden wir den gesonderten Personalbedarf an Dienststellen mit besonderen Aufgabenstellungen prüfen sowie eine Schwerpunktsetzung für den Einsatz der ge
schlossenen Einheiten und Spezialkräfte Thüringens vornehmen. Darüber hinaus werden wir den Kontaktdienst für die Erst- und Folgeaufnahmeeinrichtung prüfen und gegebenenfalls anpassen.