Protocol of the Session on June 19, 2015

den Bürgerwillen zu akzeptieren.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wo- her nehmen Sie Ihre Erkenntnisse – woher?)

Das hatten wir doch gestern. Hätten Sie zugehört, was Frau Meißner berichtet hat, wie die Umfragewerte waren, hätten Sie das heute gewusst.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: 138 Leute haben in der Umfrage nein ge- sagt!)

Das Gleiche ist nämlich heute auch wieder, wenn es um die Abschaffung oder Änderung des Wahlalters geht

(Unruhe DIE LINKE)

Gesetzesvorlage, die Sie eingebracht haben, Absenkung auf das Wahlalter mit 16. Da ist es genauso, nämlich hier lehnen auch zwei Drittel der Thüringer nach Umfragen ab, dass das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt wird.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wer hat den Auftrag gegeben? CDU!)

(Unruhe DIE LINKE)

Sie können nachher gern weiterreden, Herr Kuschel.

(Staatssekretär Götze)

Herr Kuschel, ich bitte Sie jetzt mal, diese Diskussion zu unterbrechen.

Herr Kuschel, Sie reden immer gern dazwischen. Sie können nachher hier vorgehen und können dann all das erzählen, was Ihnen so wichtig ist, aber vielleicht hören Sie doch erst mal zu.

Auch – und jetzt komme ich gerade zu Ihrer Partei – die Umfragen der Linken und SPD stellen sogar fest, dass die eigenen Wähler – die SPD mit 65 Prozent und die Linken mit 53 Prozent – das ablehnen, dass das Wahlalter gesenkt wird.

(Zwischenruf aus dem Hause)

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD)

In keiner befragten Altersgruppe gab es eine Mehrheit für das Wahlalter mit 16 – auch nicht bei den 18- bis 29-Jährigen. Ich meine, Sie müssten das mal zur Kenntnis nehmen. Ich weiß, Sie können natürlich alle darüber lachen. Wenn Sie über den Bürgerwillen lachen und was der Bürger möchte – und Sie lachen darüber –, spricht das natürlich viel für Sie,

(Unruhe DIE LINKE)

und zeigt letztendlich, dass das, was Sie erzählen das eine ist, und das, was Sie tun, das andere. Nein, am Schluss eventuell. Ach so, Entschuldigung, den Präsidenten erst fragen.

Sie haben Ihre Botschaft schon kundgegeben. Es hat jetzt keinen Sinn, dass wir noch mal fragen.

Entschuldigung.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Am Ende!)

Das zeigt Ihre Reaktion, wie ernst Sie es damit meinen, was Bürgerwille und Wählerwille zum Schluss ist. Und die Entkopplung, die Sie vorhaben, nämlich von der Volljährigkeit – ist ja angesprochen worden –, die lehnen wir als CDU ab. Dafür gibt es gute Gründe, warum wir die Entkopplung an die Volljährigkeit, die hier vorgesehen wird, nicht mittragen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Welche denn? Welche Gründe denn?)

(Unruhe DIE LINKE)

Die Jugendschutzbestimmungen zum Beispiel, wo man bewusst darauf abstellt, dass Bürger unter 18 Jahren besonderen Schutzes und besonderer

Aufsicht bedürfen. Das ist doch klar geregelt, das hat auch einen Grund,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE:... Schutz und Aufsicht!)

weil man letztendlich auch den Jugendlichen nicht unterstellt, dass man ihnen ihr Tun und Handeln zu 100 Prozent zutraut, dass sie es überblicken. Deswegen gibt es auch diese Abstufung bis zur Volljährigkeit, was natürlich an der Stelle, wenn Sie das Wahlrecht einführen, ein eklatanter Widerspruch ist. Unter der Volljährigkeit, unter 18 Jahren ist man nicht voll geschäftsfähig. Das ist nun mal so.

(Unruhe DIE LINKE)

Da braucht der Jugendliche die Zustimmung von Erziehungsberechtigten, aber die Wahl soll er letztendlich dann durchführen und schon entscheiden können über Entscheidungen, die letztendlich große Tragweite haben können.

Jetzt bin ich auch bei der Kommunalwahl. Sie gehen ja wieder so weit, dass Sie sagen: Auf der Kommunalwahlebene – das hatten Sie das letzte Mal schon probiert – kann man es ja machen. Auf Landesebene will man es durch Verfassungsänderung gleich noch mit einführen. Ich sage Ihnen an der Stelle: Das wird es mit uns auf keinen Fall geben, auf keinen Fall.

(Beifall CDU)

Dass man das auf Kommunalwahlebene absenken möchte, werden wir auch nicht mittragen. Ich habe das auch das letzte Mal schon gesagt, als ich hierüber gesprochen habe: Die Kommunen sind nicht das Labor. Das muss ich ganz klar sagen. Die Kommunen sollen erst mal ausprobieren, ob das geht und dann gucken wir mal, wie das geht. Was jetzt von Ihnen immer angesprochen wird, dass damit die Politikverdrossenheit bekämpft wird, dass damit die Wahlbeteiligung erhöht wird,

(Beifall DIE LINKE)

das ist mitnichten so. Bei den anderen Bundesländern, die das haben, ist ganz deutlich zu sehen, dass es eben nicht der Fall ist. Die Wahlbeteiligung, wenn man es so herum betrachtet, geht sogar nach unten, wenn die Wahlbeteiligung der 16-Jährigen nicht in der Größenordnung erfolgt, wie Sie sich das vielleicht vorstellen. Es gibt in den Bundesländern, wo das Wahlalter auf 16 Jahre abgesenkt wurde, umfangreiche Studien bzw. auch Analysen, und es ist nicht das eingetreten, was Sie hier uns verkaufen wollen, dass die Jugendlichen alle zur Wahlurne gehen

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich verkaufe Ihnen nichts!)

und damit die Politikverdrossenheit verringert wird. Das nur nebenbei. Unabhängig davon bleibt es bei uns dabei, wir machen nicht diese Entkoppelung

von der Volljährigkeit, und das auch aus gutem Grund.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie war das mit der Voll- jährigkeit bei Flüchtlingen?)

Es gibt auch Studien entsprechend darüber, zum Beispiel der Universität Hohenheim, die Ihnen vielleicht bekannt ist, ich weiß es nicht: Das politische Wissen unterscheidet sich in der Altersgruppe der 16-/17-Jährigen mit 34,9 Prozent und der 18- bis 21-Jährigen mit 56,4 Prozent eklatant voneinander. Auch das Politikverständnis, also die Analysefähigkeit von Reden und politischen Texten, unterscheidet sich in dieser Altersgruppe deutlich voneinander. Das Verständnis hängt im Übrigen nicht von der Bildung, sondern vom Alter ab, wie die Studie belegt.

(Zwischenruf Abg. Mitteldorf, DIE LINKE: Welche Studie denn?)

Also, einen erkennbaren Alterszusammenhang gibt es an der Stelle nicht, dass man das letztendlich sagt, die sind schon so reif, dass sie ein Wahlrecht haben sollen. Das, hat die Studie ergeben, ist nicht der Fall, ganz im Gegenteil.

Die Wahlbeteiligung hatte ich schon angesprochen. Auch der Thüringen-Monitor hat jüngst 2014 ergeben, es gibt keine Bestätigung, dass die Senkung von institutionellen Schwellen zu mehr Beteiligung führt. Auch das hat man in der Monitor-Studie festgestellt. Das ist so. Ich weiß nicht, wo Sie das hernehmen, dass es da eine erhebliche Mehrbeteiligung geben wird.

Die Absenkung auf das Wahlalter mit 16 würde aus unserer Sicht auch eines zur Folge haben, dass der Wahlkampf nicht nur draußen auf der Straße stattfindet, sondern unter Umständen auch in den Schulen schon stattfindet, weil da die größte Zielgruppe ist.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Was ist daran so schlimm?)

Ja, wir reden vielleicht auch von Parteien, die wir nicht unbedingt an Schulen haben wollen, und das ist auch unsere Sorge. Und dass Jugendliche schneller empfänglich für radikale Denkweisen und radikales Handeln sind, das ist uns doch sicherlich auch bekannt. Auch das ist mehrfach festgestellt worden, dass junge Leute an der Stelle unter Umständen hinters Licht geführt werden oder auf den falschen Weg.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das kann auch anderen passie- ren!)

Da muss man vorsichtig sein, wenn Sie diesen Wahlkampf in Schulen tragen. Ich will jetzt nicht von der Neutralitätspflicht in Schulen sprechen, die

auch eine Rolle spielt. Man sollte das auch mit bedenken. Wir öffnen da unter Umständen eine Tür, die wir so ohne Weiteres nicht wieder zubekommen. Und das ist unsere Sorge und ich denke, das ist auch berechtigt so.