Protocol of the Session on October 17, 2019

Das haben Sie 2017 gesagt und Herr Möller klatscht dazu.

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, DIE LINKE: Und da klatscht Herr Möller auch noch!)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Parallelen fallen auf, Herr Möller!)

Diese Äußerung, Herr Möller, beurteilt das Bundesamtsgutachten wie folgt: „Demokratische Entscheidungen werden nur akzeptiert, wenn diese zu einer [Macht]übernahme durch die AfD führen. Im Falle des Scheiterns der AfD gelte: ‚Danach nur noch: Helm auf.‘“ – Er nickt.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das ist so peinlich!)

Und wenn sich vor acht Tagen in Halle jemand einen Helm aufgesetzt und bewaffnet auf den Weg gemacht hat, der dann Feminismus, Juden und Muslime beschimpfend durch die Straßen marodiert ist, müssen Sie sich doch wirklich nicht darüber wundern, in die Reihen der geistigen Brandstifter eingeordnet zu werden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir trauern um die Opfer, sind erschüttert von dem geplanten Blutbad unter jüdischen Mitbürgern und müssen Verhöhnungen derer erleben und abwehren, die durch glückliche Umstände nicht ermordet wurden. Neben dem blanken Zynismus offenbaren sich bei Mitgliedern Ihrer Partei tiefe Abgründe im jeweiligen Weltbild. Was heißt es denn, zu fragen –

wie es der sächsische AfD-Landtagsabgeordnete Roland Ulbrich getan hat –, Zitat: „Was ist schlimmer, eine beschädigte Synagogentür oder zwei getötete Deutsche?“ Oder der vom AfD-Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner weiter verbreitete Tweet – Zitat: „Die Opfer des Amokläufers von Halle waren: Jana, eine Deutsche, die gerne Volksmusik hörte, Kevin S., ein Bio-Deutscher. Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?“ Was heißt das denn? Das bedeutet beide Male, dass Jüdinnen und Juden, die seit Jahrhunderten in Deutschland verwurzelt sind, abgesprochen wird, deutsche Mitbürger zu sein. Das ist nichts anderes als eins zu eins der völkische Rassenbegriff des Nationalsozialismus, der in Ihren Reihen vertreten wird.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb nehmen wir von Ihnen keine Belehrung darüber entgegen, wie und von wem die Verfassung zu schützen ist. Ihr „Haltet-den-Dieb“-Geschrei ist durchsichtig und verlogen. Sie bezichtigen unseren Verfassungsschutzpräsidenten mangelnder Neutralität. Das ist genauso wie bei Ihren ständigen Einforderungen von angeblich fehlender Toleranz Ihnen gegenüber. Damit meinen Sie schlicht und einfach, dass Ihnen nicht widersprochen werden soll. Zusätzlich erinnert mich das an Debattenbeiträge von Ihrer Seite hier im Parlament, die besonders moralische Tiefpunkte markierten. Unvergessen ist Ihr Ansinnen, die Kirchen aus der Härtefallkommission für Flüchtende zu entfernen, weil die Kirchen mit ihrem Nächstenliebe-Ansinnen nicht neutral wären. Mit der gleichen Logik gehört der Kinderschutzbund nicht mehr zum Kinderanliegen gefragt und das Rote Kreuz nicht mehr zur Organisation von Rettungsdiensten. Diese sind nämlich auch nicht neutral: Sie wollen Kinder schützen und Menschen retten. Jetzt müssen Sie ganz stark sein. Unsere Verfassung ist auch nicht neutral. Sie schützt die Menschenwürde und freie, gleiche und geheime Wahlen,

(Beifall CDU)

weshalb sich eine Partei, die androht: „Wenn ihr uns nicht wählt, gibt’s einen Umsturz und eins auf die Fresse“, klar vom Boden der Verfassung entfernt.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Wer sagt das?)

Gleich werden Sie sagen: „So haben wir das doch niemals gemeint.“ Herr Höcke, Sie haben es doch aber aufgeschrieben, nämlich – ich zitiere aus seinem Buch –: „Ich bin sicher, dass – egal wie schlimm die Verhältnisse sich auch entwickeln mö

gen – am Ende noch genug Angehörige unseres Volkes vorhanden sein werden, mit denen wir ein neues Kapitel unserer Geschichte aufschlagen können. Auch wenn wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind, sich der fortschreitenden Afrikanisierung, Orientalisierung und Islamisierung zu widersetzen.“ – Teile des Volkes werden wir verlieren!

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das ist ein Aufruf dazu!)

Ach, ein Aufruf dazu. Wozu? – Unsere Verfassung erlaubt nicht nur die Abwehr von Angriffen auf ihre Werte und Grundsätze, sie schreibt diese Abwehr verpflichtend vor. Das nennt sich wehrhafte Demokratie. Artikel 97 unserer Thüringer Verfassung fordert hierzu eine besondere Landesbehörde. Auf diesem Verfassungsauftrag fußt unser Amt für Verfassungsschutz und zu diesem Amt stehen wir.

(Beifall CDU)

Ich bedanke mich im Namen meiner Fraktion ausdrücklich und mit Hochachtung bei dem Präsidenten des Thüringer Amts für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, dafür, dass er mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konsequent seiner Arbeit nachgeht und Sie dabei – wie auch die letzten Tage wieder bewiesen haben – völlig zu Recht schon früh auf den Schirm genommen hat. Vielen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als Nächstes spricht Abgeordneter Raymond Walk für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Besucher auf der Tribüne! Zunächst einmal will ich mich den Worten der Trauer und des Mitgefühls für die Opfer und die Angehörigen in Halle sehr gern und selbstverständlich anschließen, Frau Kollegin Marx.

Mit dieser außerplanmäßigen Sondersitzung des Landtags mitten im Wahlkampf missbraucht die AfD ihre parlamentarischen Rechte für ein billiges und durchsichtiges Wahlkampfmanöver.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe AfD)

Sie will sich erneut in einer Opferrolle inszenieren, die sie einfach nicht hat. Sie hat diese Opferrolle nicht.

Zuständig sind die regulären Gerichte und diese wurden auch bereits angerufen. Die Ereignisse von Halle machen vielmehr auf grausame Weise deutlich: Wer Aggression und Hass sät, der nimmt zumindest billigend in Kauf, Terror zu ernten. Der Präsident des Thüringer Amts für Verfassungsschutz hat die AfD auf einer Pressekonferenz am 6. September 2019 zum sogenannten Prüffall erklärt. Ich will eines gleich voranstellen: Nicht alle hier im Haus, wie wir spätestens seit der Enquetekommission wissen, aber wir als CDU-Fraktion vertrauen unserer neutralen und unpolitischen Verwaltung.

(Beifall CDU)

Ich gehe natürlich und selbstverständlich davon aus – Frau Kollegin Marx hat es auch schon angerissen –, dass auch diese Einschätzung und die Bewertung eben zu diesem Prüffall im Einklang von Recht und Gesetz zustande gekommen sind. Wir vertrauen natürlich und ganz selbstverständlich auch den unabhängigen Gerichten. Die AfD hat ja sowohl vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof als auch beim Verwaltungsgericht Weimar inzwischen Klagen erhoben. Die Verfahren sind schwebend und die Urteile stehen noch aus.

Fakt ist – auch hier hat Frau Kollegin Marx schon darauf hingewiesen –, dass sowohl für die Jugendorganisation Junge Alternative als auch die von Björn Höcke angeführte Sammlungsbewegung „Der Flügel“ offensichtlich hinreichend gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, dass es sich hierbei um rechtsextremistische Bestrebungen handelt.

(Beifall CDU)

Die Konsequenz: Beide Organisationen wurden folgerichtig zu sogenannten Beobachtungsobjekten des Bundesamts für Verfassungsschutz erklärt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, unsere Gesellschaft steht vor einer ihrer größten Herausforderungen, nämlich den Zusammenhalt in der Mitte der Gesellschaft zu bewahren. Deshalb gilt – ich will es hier ausdrücklich erwähnen und betonen: Extremismus, ganz gleich welcher Art, hat nichts, aber auch gar nichts in unserem Land zu suchen. Er ist der Nährboden für Hass, Diskriminierung und Gewalt. Wir wissen auch, gefordert sind dabei wir alle, jeder Einzelne in der Gesellschaft, aber auch Sie und ich hier im Hohen Haus.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Klar ist aber auch, die wehrhafte Demokratie bedeutet uns etwas Wertvolles, etwas Wichtiges und über das Gesagte hinaus, dass die Sicherheitsbehörden und der Verfassungsschutz personell und technisch so auszustatten sind, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag auch effizient und erfolgreich

(Abg. Marx)

wahrnehmen können. Deshalb muss es auch heißen, sehr geehrter Herr Minister – auch das hat Frau Kollegin angesprochen –: Sicherheitsbehörden müssen gestärkt werden. Den Verfassungsschutz angesichts der bestehenden Bedrohungslagen und der Ereignisse in den letzten Monaten und Wochen abzuschaffen, ist doch geradezu absurd. Das Gegenteil ist richtig: Verfassungsschutz und Sicherheitsbehörden stärken.

(Beifall CDU)

Lassen Sie mich einen weiteren Aspekt aufgreifen. Die AfD plakatiert „Meinungsfreiheit!“ und suggeriert damit, diese gäbe es in Deutschland nicht. Da kann ich nur sagen: Selbstverständlich haben wir Meinungsfreiheit mehr als jemals zuvor. Dies haben sich die Menschen hier in Thüringen selbst friedlich erkämpft gegen die herrschende SED-Diktatur.

(Beifall CDU; Abg. Hausold, DIE LINKE)

Wie wissen auch, eine wesentliche Grundlage des Grundrechts auf Meinungsfreiheit ist die Toleranz gegenüber anderen Meinungen und anderen Standpunkten. Aber eben diese Meinungsfreiheit ist nicht schrankenlos. Wer verfassungsfeindlich ist, wer Verfassungsfeindliches sagt, der muss auch konsequenterweise damit rechnen, dass er von unserem Verfassungsschutz überprüft und beobachtet wird. Weil wir eben gerade in einem Rechtsstaat leben, in einer offenen und transparenten Demokratie, wird das auch bekannt gemacht. Wenn sich in diesem Fall die AfD dadurch in ihren Rechten verletzt sieht, hat sie natürlich im Rahmen der Rechtsweggarantie die Möglichkeit, die ordentlichen Gerichte anzurufen, was sie auch getan hat.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Die ordentli- chen schon mal gar nicht!)

Nun zurück zum Antrag der AfD: Zumindest auf die Kernforderungen will ich hier kurz eingehen. Die Forderung nach der sofortigen Entlassung des Verfassungsschutzpräsidenten belegt eindrücklich das fehlende Demokratieverständnis der sogenannten Alternative.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD)

Das Parlament hat eben gerade nicht über die Besetzung von Ämtern oder personelle Konsequenzen innerhalb der Exekutive zu entscheiden – weder beim Präsidenten des Landesamts noch bei einer Stabsstelle Controlling. Die Selbstorganisation gehört unverzichtbar zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, und das ist richtig und das ist auch gut so. Eingriffe dagegen verstoßen gegen das durch die Ewigkeitsgarantie geschützte Verfassungsprinzip der Gewaltenteilung, was in den Artikeln 20 und 79 des Grundgesetzes geregelt ist.

Auch die parlamentarische Kontrolle, das wissen wir, des Amts für Verfassungsschutz wird eben nicht vom Plenum direkt ausgeübt, sondern von der Parlamentarischen Kontrollkommission.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Besucher, eines dürfen wir aber nicht vergessen – und damit komme ich dann auch zum Schluss –: Feinde unserer Demokratie und unserer Freiheit sind, auch wenn Sie das aufseiten der Linken nicht alle so sehen und gern ausblenden, alle Extremisten

(Beifall CDU)

Rechtsextremisten, Islamisten, Ausländerextremisten und auch Linksextremisten.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Und Extremsportler!)