kriegen Sie sich wieder ein. Wir können mal in die Unterlagen schauen, wie oft Sie Zwischenfragen zugelassen haben.
Ich habe jetzt etwas gesagt, was Ihnen nicht gefallen hat, was natürlich auch mit Meinungsfreiheit zu tun hat, und dann regen Sie sich schon wieder so auf. Also insofern ist das ja nur das …
Ich habe mich gewundert – muss ich ganz ehrlich sagen –, als ich den Titel Ihres Antrags gelesen habe. Werte Abgeordnete der AfD, Sie müssen sich schon entscheiden, handelt es sich nun nach Ihrer Auffassung beim Handeln des Präsidenten des Verfassungsschutzes um neutralitäts- und pflichtwidriges Handeln, so wie Sie meinen, oder eben nicht. Ihr Titel für diesen Antrag zeigt deutlich, Sie wissen es selbst nicht. Andernfalls hätten Sie nicht das Wort „möglicherweise“ verwendet. Warum Sie dann eine Eilbedürftigkeit daraus für ein Sonderplenum ableiten, erschließt sich mir überhaupt nicht. Vielmehr scheinen hier andere Gründe eine Rolle gespielt zu haben, die ich eingangs angedeutet habe. Dafür spricht auch, dass Sie schon seit einiger Zeit durchaus ausreichende anderweitige parlamentarische und juristische Mittel und Gelegenheiten hatten, die heutige Thematik zu debattieren und prüfen zu lassen. So haben Sie zum Beispiel davon abgesehen – Herr Abgeordneter Dittes hat es auch schon gesagt –, einen Antrag nach § 86 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags zu stellen, um eine Beratung der Großen Anfrage, die Sie gestellt haben, und deren Beantwortung durch die Landesregierung in diesem Hohen Haus zu beantragen. Das haben Sie nicht getan. Warum nicht? Diese war durch die Landesregierung bereits im Mai dieses Jahres beantwortet worden und es wäre genug Zeit gewesen, das in einer ordentlichen Parlamentssitzung zu debattieren.
Zudem darf ich darauf hinweisen, dass eine Vielzahl Ihrer Fragen derzeit auch Gegenstand laufender gerichtlicher Verfahren ist, sowohl vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof als auch vor dem Verwaltungsgericht Weimar. Ich möchte der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs natürlich nicht vorgreifen – wir waren ja gemeinsam dort –, aber in der mündlichen Verhandlung wurde durchaus deutlich, dass juristische und prozessuale Zweifel an der Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs bestehen. Diese Zweifel sind Ihnen ja dann plötzlich auch gekommen und so haben Sie wenige Tage vor der Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof eine gleichlautende Klage wegen der öffentlichen Verkündung des Prüffalls auch beim Verwaltungsgericht Weimar eingereicht.
Sie versuchen also jetzt alles, was möglich ist, um dieses Thema immer weiter hochzuspielen, rufen ständig Gerichte an, machen Sonderplenen. Die Logik, die dahinter ist, und die Strategie sind ganz offensichtlich. Insgesamt spiegelt sich im Vortrag der AfD vor den Thüringer Gerichten das Gesamtbild der Partei wider: widersprüchlich und konfus, Parolen ersetzen die Argumentation in der Sache.
Am Ende bleibt für mich nur der Schluss: Mit der Einberufung dieses Sonderplenums wollen Sie nur eigene Versäumnisse und eigene juristische Fehler kompensieren und sich auf der Zielgeraden des Wahlkampfs als vermeintliches Opfer – wie ich gesagt habe – behördlicher Maßnahmen gerieren. Das ist entlarvend und zeigt, welche Handlungsmaßstäbe Sie hier antreiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch auf zwei weitere Aspekte aufmerksam machen, die bei der Diskussion um diese Thematik bemerkenswert erscheinen. Erstens: Es ist die AfD selbst, die durch von ihr initiierte Parlamentsdebatten, Anfragen, Gerichtsverhandlungen sowie öffentlich gewordene parteiinterne Gutachten die Frage nach verfassungsfeindlichen Tendenzen innerhalb ihrer Partei immer wieder in die Öffentlichkeit getragen hat. Sie tun das doch selbst. Kurioserweise beklagen Sie jetzt aber, dass Sie angeblich durch die öffentliche Verkündung des Prüffalls stigmatisiert werden.
Zweitens: Die AfD wendet sich vor Gericht gegen die öffentliche Verkündung ihrer Einstufung als Prüffall. Gegen die Einstufung als Prüffall selbst, also die Prüfung, ob tatsächlich Anhaltspunkte verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegen, wen
den Sie sich merkwürdigerweise nicht. Es hätte doch eigentlich mehr als nahe gelegen, bei der Anrufung der Gerichte die Einstufung als Prüffall selbst und nicht nur dessen öffentliche Verkündung zu rügen.
Warum tun Sie das nicht? Sie werden wohl Ihre Gründe dafür haben. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön. Gibt es weitere Wortmeldungen? Bitte schön, Frau Abgeordnete Muhsal. Nein, Sie haben keine Redezeit mehr – Entschuldigung!
(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das kann aber nicht sein! Ich habe genau hingesehen, es war noch 1 Minute übrig!)
Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer für den Antrag der AfD-Fraktion in der Drucksache 6/7821 ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist die AfD-Fraktion. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Fraktion der CDU, die Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Abgeordnete Rietschel. Wer enthält sich? Es enthält sich niemand. Damit ist der Antrag abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
„Politischer Skandal“ um die Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora? Transparenz herstellen und weiteren Schaden von der Stiftung abwenden. Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/7831 -
Wünscht die CDU-Fraktion das Wort zur Begründung? Nein. Die Landesregierung hat ebenfalls angekündigt, keinen Bericht zu erstatten. Damit kommen wir in die Debatte. Ich erteile Herrn Abgeordneten Scherer von der CDU-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden in diesem Tagesordnungspunkt über ein besonders sensibles Thema, weil es auch um einen besonders sensiblen Ort bzw. besonders sensible Orte geht. Mit ihrer Geschichte und hohen Besucherzahl von weit über einer halben Million Geschichtsinteressierten pro Jahr gehören die unter dem Dach der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora betreuten KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora zu den bedeutsamsten NS-Erinnerungsorten in Deutschland mit weltweitem Bekanntheitsgrad. Bei der Gedenkstätte Buchenwald kann man sogar davon ausgehen, dass es sich dabei um den bedeutendsten Erinnerungsort in Deutschland handelt.
Nach der Wiedervereinigung und der dadurch möglich gewordenen konzeptionellen Neugestaltung der Gedenkstättenarbeit wird seither an beiden Orten von den dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit viel Engagement und mit fachlicher Kompetenz eine ausgezeichnete Arbeit geleistet. Dazu zählen die Organisation und die Durchführung von Dauerund Wechselausstellungen sowie von wissenschaftlichen Kolloquien und kulturellen Veranstaltungen auf nationaler und internationaler Ebene oder die auf die Gedenkstättenarbeit bezogene wissenschaftliche Dokumentation, Forschung und Publikation wie auch die so wichtige Besucherbetreuung und politisch-kulturelle Jugendarbeit. Ziel dieser Arbeit ist es, beide Gedenkstätten als Ort der Trauer und der Erinnerung an die dort begangenen Verbrechen zu bewahren, die Gedenkstätten wissenschaftlich begründet zu gestalten und diese in geeigneter Weise einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um sie letztendlich auch als Lern- und Erziehungsorte zu bewahren. Für alle diejenigen Parteien in diesem Hohen Hause, für die die Aufarbeitung und Mahnung an jene Zeit der NSBarbarei eben nicht nur – verzeihen Sie mir das Zitat – ein „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte ist, bedeutet genau diese Gedenkstättenarbeit einen unverzichtbaren Beitrag zur Demokratieerziehung, der angesichts aktueller Ereignisse wie in Halle wichtiger und notwendiger denn je ist.
Meine Damen und Herren, damit keine Zweifel aufkommen, lassen Sie mich im Namen meiner Fraktion ausdrücklich sagen: Bei der Umsetzung dieser erfolgreichen Gedenkstättenarbeit gebührt dem Direktor Dr. Volkhard Knigge, der die Einrichtung jetzt seit mittlerweile 25 Jahren kompetent und souverän leitet, auch unser besonderer Dank.
Nichtsdestotrotz sind die Arbeit der Stiftung und ihrer beiden Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und damit auch die gesamte Erinnerungskulturarbeit auf diesem Gebiet in Thüringen seit Anfang dieses Monats zum Gegenstand einer negativen Medienberichterstattung geworden, deren nationale und internationale Auswirkungen heute von uns noch nicht klar bemessen werden können. Aus Sicht der CDU-Fraktion steht zumindest fest, dass durch die seit Wochen anhaltende negative Berichterstattung regionaler und auch überregionaler Medien über angebliches Fehlverhalten leitender Mitarbeiter der KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora die verantwortungsvolle Arbeit beider Mahn- und Erinnerungsorte zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in einem zunehmenden Maße belastet worden ist. Vor allem ist aufgrund der Intensität dieser negativen Berichterstattung und erhobenen Vorwürfe bezüglich der Personalführung und Arbeitsstruktur im Bereich der beiden Gedenkstätten ein erheblicher Imageschaden möglicherweise mit internationaler Auswirkung für Thüringen und für seine Anstrengungen zur Aufarbeitung und Erinnerung an die NS-Verbrechen erwachsen. Gerade im unmittelbaren Vorfeld des bevorstehenden Festakts zum 75. Jahrestag der Befreiung Buchenwalds ist dieser Imageschaden gelinde gesagt außerordentlich kontraproduktiv.
Die CDU-Fraktion ist sich sowohl der gesellschaftlichen Bedeutung als auch der politischen Brisanz, die natürlich einen sensiblen Umgang erfordert, bewusst. Genau aus diesem Grund sind wir der Auffassung, dass, wie in der „Thüringer Allgemeinen“ am 8. Oktober völlig zutreffend geschrieben wurde, den Vorwürfen und Mutmaßungen – ich darf aus der TA zitieren – „mit Transparenz de[r] Boden [zu] entziehen“ ist – mit Transparenz. Meine Damen und Herren, nichts anderes bezweckt dieser Antrag von uns.
Buchenwald und Mittelbau-Dora sind sensible Orte, habe ich eingangs schon erwähnt, mit denen aber auch sensibel umgegangen werden muss. Gerade deshalb reicht es nicht, die Sache in vertraulicher Sitzung im Ausschuss zu behandeln. Natürlich ist es nicht nur die Aufgabe, sondern vielmehr die Pflicht der Opposition, hier im Thüringer Landtag gerade bei dieser brisanten Angelegenheit das Regierungshandeln zu bewerten und gegebenenfalls auch zu kritisieren. Unsere Kritik bezieht sich in erster Linie auf das von der Staatskanzlei betriebene Krisenmanagement, das aus unserer Sicht eben kritikwürdig ist und noch einige Erklärungen erfordert. Gelegenheit dazu hatte die Landesregierung gehabt, doch lange Zeit keinerlei Bereitschaft zur Aufklärung und Transparenz in dieser Angelegenheit gezeigt – und damit meine ich nicht nur die An
gelegenheit der fristlosen Entlassung des ehemaligen Leiters der Gedenkstätte Mittelbau-Dora. Mit Ihrer Ignoranz gegenüber der Brisanz dieser Problematik hat die Landesregierung somit eine gewisse Mitschuld, dass Spekulationen und Vorwürfe einen Nährboden bekommen haben, der die Gesamtsituation fünf Monate vor dem 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald nicht klärt.
Zeit zur Aufklärung und auch zur Entwicklung eines Krisenmanagements hatte die Landesregierung dabei ausreichend. Zunächst hätte sie sich über ihren Einfluss im Stiftungsrat – ich erinnere daran, dass Herr Minister Prof. Dr. Hoff diesem vorsitzt – bereits nach Vorlage der am 1. Dezember 2016 von dem externen Unternehmensberater Dieter Hasselbach präsentierten Analyse „Interne Arbeitsprozesse der Gedenkstätten“ einschalten können. Neben den in unserem Antrag aufgeworfenen Fragen interessiert uns dabei natürlich auch, wie die Landesregierung das Ergebnis und die Auswertung dieses externen Gutachtens einschätzt und welche Handlungsaufträge sie davon ableitet. Sollten dabei die gegen den Direktor erhobenen Vorwürfe aus unserer Sicht wider Erwarten nicht gegenstandslos sein, wären Veränderungen in der Führungs- und Arbeitsstruktur der Gedenkstätten eine mögliche und wohl auch notwendige Konsequenz.
Die Landesregierung hätte ihrer Aufklärungspflicht auf jeden Fall nachkommen müssen. Spätestens nach der fristlosen Entlassung des ehemaligen Leiters der Gedenkstätte Mittelbau-Dora im Mai dieses Jahres, die auch von der Landtagsabgeordneten Dagmar Becker in einer Kleinen Anfrage vom 4. Juli 2019 thematisiert wurde, und nachdem sich 34 Akteure des Netzwerks „Regionale Netzwerkpartner der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora“ am 27. Juli in einer Positionierung zur fristlosen Entlassung des Gedenkstättenleiters Dr. Stefan Hördler direkt an den Thüringer Ministerpräsidenten und an die Abgeordneten im Landkreis Nordhausen mit der Bitte um – und ich zitiere aus dem Positionspapier – „eine transparente Aufklärung der Angelegenheit“ gewandt
hatten, hat auch die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag davon Kenntnis erhalten und ist in dieser Angelegenheit parlamentarisch aktiv geworden.
Eine Beantwortung der in dem CDU-Selbstbefassungsantrag „Fristlose Kündigung des ehemaligen Leiters der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora“ aufgeworfenen Fragen wurde in der entsprechenden nicht öffentlichen und damit vertraulichen Ausschussberatung des Kulturausschusses am 6. September mit dem lapidaren Hinweis auf ein laufen
des Arbeitsrechtsverfahren von der anwesenden Vertreterin der Landesregierung im Ergebnis quasi verweigert, obwohl man in diesem nicht öffentlichen Gremium durchaus hätte informieren können.
In diesem Zusammenhang rücken auch die undurchsichtigen Entscheidungsprozesse in der Sitzung des Stiftungsrats vom 8. Mai dieses Jahres, die zur fristlosen Entlassung Hördlers führten, zunehmend in den Fokus des öffentlichen Interesses. Dabei geht es vor allem um die Frage des Abstimmungsprozedere im Stiftungsrat und den Vorwurf der Einflussnahme darauf durch Prof. Dr. Hoff. Aus Sicht der CDU-Fraktion sind in diesem Kontext vor allen Dingen zwei Fragen zu klären: Erstens die Frage, ob der Minister das Finanzministerium in der Entscheidung für eine fristlose Entlassung Hördlers als einer der Zuwendungsgeber nachträglich zu einer Zustimmung gedrängt hat, obwohl der Vertreter des Finanzministeriums ursprünglich dagegen gestimmt haben soll.
Und zweitens geht es um die Frage, ob in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage der Kollegin Becker womöglich den Abgeordneten und damit dem Landtag über die wahren Vorgänge um das Abstimmungsprozedere im Stiftungsrat nicht die richtigen Antworten gegeben worden sind. Zumindest werden diese Vorwürfe durch die aktuelle Berichterstattung im „Deutschlandfunk“, der für seine professionellen Recherchearbeiten bekannt ist, erhärtet. In einem Bericht mit dem Titel „Klima der Angst und Unfreiheit in KZ-Gedenkstätte“ wird sogar im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Druck des Staatskanzleiministers auf das Finanzministerium von einem – ich zitiere – „politischen Skandal“ gesprochen.
Wie Sie sehen, können wir in dieser Angelegenheit nicht zulassen, dass die Landesregierung ihre Hände in den Schoß legt und hofft, dieses Problem aussitzen zu können. Deutschlandweit und international schaut man auf Thüringen. Man erwartet einen transparenten und konstruktiven Umgang mit den aufgeworfenen Problemen, bei denen es längst nicht mehr nur um die Entlassung eines Gedenkstättenleiters geht. Es geht um mehr. Es geht um das Ansehen Thüringens und es geht uns um die immerwährende Aufgabe der Erinnerung und Aufarbeitung der nationalsozialistischen Diktatur. Ich habe jetzt bewusst mal das Wort „NS“ ausgesprochen – „nationalsozialistische Diktatur“. Der eine oder andere kann mal über die Zusammensetzung dieses Wortes, das sich aus „nationalistisch“ und „sozialistisch“ zusammensetzt, nachdenken.
Es geht um die Erinnerung an erlittenes Unrecht, die wir nicht nur aus Respekt gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen wachhalten wollen,
sondern auch, weil sie zum historischen Gedächtnis unseres Landes gehört. Um dies zu leisten, braucht es funktionierende Führungs- und Arbeitsstrukturen in den Gedenkstätten selbst. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.