Wir haben unter anderem auch noch mal festgehalten, dass die Auswertung von Altfällen ein wesentlicher Punkt ist. Der Thüringer Landtag hat am 9. November 2018 eine wissenschaftliche Überprüfung von sieben in zivilgesellschaftlichen Statistiken als rechts motiviert geführten Tötungsdelikten sowie zweier weiterer Todesfälle durch die Landesregierung erbeten, um die Anpassung der Statistik staatlich anerkannter Todesopfer rechter Gewalt in Thüringen vorzunehmen. Wir empfehlen an dieser Stelle – und das auch ganz deutlich – eine zügige Umsetzung dieses Beschlusses und die Vergabe des Prüfauftrags noch in diesem Kalenderjahr.
Was weitere Gesetze angeht: Es wird ja jetzt oft bei Dokumentationen und bei Bewertungen und Diskussionen, wenn es um die Entwicklung des Rechtsextremismus in diesem Land geht, davon geredet, dass die gewaltbereite rechtsextreme Szene aufrüstet, und da ist ja einiges dran. Deswegen haben wir in unserem Sondervotum festgehalten, dass wir mit Blick auf die hohe Gewaltaffinität der extrem rechten Szene und der zugleich vorhandenen Möglichkeiten, sich Waffen zu verschaffen, dringenden Handlungsbedarf im Bereich des Waffenrechts sehen. Das Beispiel der Entwaffnung der Reichsbürgerszene zeigt dabei, dass allein mit Prüfungen der waffenrechtlichen Erlaubnis im Einzelfall kein umfassender und zügiger Erfolg zu erreichen ist. Es sind daher alle Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind, Waffenbesitz bei Personen der extrem rechten Szene zu unterbinden. Dazu können Auswertungen der Kontroll- und Dokumentationspflichten ebenso gehören wie eben die generelle Beschränkung der privaten Verwahrung von Waffen.
Wir wollen dringend die Erinnerungsstätte umsetzen. Der Thüringer Landtag beauftragte die Landesregierung mit Beschluss vom 29. September 2017 mit der Konzeptionierung und Errichtung einer
Stätte der Erinnerung und Mahnung für die Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds. Ausweislich der Unterrichtung durch die Landesregierung vom 12. Dezember 2018 sollte eine Übergabe in 2019 erfolgen. Von einer Einhaltung dieses Zeitplans ist natürlich im Moment nicht auszugehen. Wir erwarten eine Umsetzung des beschlossenen Antrags ohne weiteren Verzug und die Übergabe an die Öffentlichkeit spätestens im Jahr 2020. Ich glaube, das sollte uns Verpflichtung sein.
Wir wollen keinen Schlussstrich, wir wollen Aufklärung möglich machen. Unter Bezugnahme auf die gemeinsame Empfehlung in Nummer 6 fordern wir weitergehend, dass die Regeleinstufung von Akten des Landesamts für Verfassungsschutz im Archiv herabgesetzt werden soll, sodass diese für Forschung und Wissenschaft sowie Journalistinnen zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht muss in der nächsten Legislatur weiter aufgearbeitet werden. Das ist Grundlage, um Schlüsse zu ziehen, und dazu braucht es transparente Bedingungen für parlamentarische Gremien, Akten einsehen zu können. Ich schließe mich den Worten der Vorsitzenden an: Es darf keine kontrollfreien Zonen geben.
Es ist Aufgabe dieses Landtags und natürlich der Gesellschaft, gegen Rassismus und Rechtsextremismus einzutreten. Dafür braucht auch der nächste Landtag viel Kraft – in welcher Form auch immer, ob es ein Untersuchungsausschuss sein wird oder in Form von anderen Gremien. Wir können es uns nicht leisten und wir wollen es uns nicht leisten, zu vergessen. Wir werden weiter aufarbeiten und wir werden uns immer und kontinuierlich gegen Rassismus und Rechtsextremismus stellen. Und wenn ich es dann nicht mehr an dieser Stelle machen kann, mache ich es von anderer Stelle und werde diesen Landtag weiter begleiten. Danke.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Pelke. Es spricht jetzt zu uns Abgeordneter Henke von der AfD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, werte Gäste! Fast acht Jahre liegt der 4. November 2011 jetzt zurück. Zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse in Thüringen, zwei im Deut
schen Bundestag, je zwei in Sachsen und BadenWürttemberg sowie je einer in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sind eingesetzt worden. Am 22. November 2011 hat der Deutsche Bundestag in einer Entschließung eine neonazistisch motivierte Mordserie verurteilt. Am 23. Februar 2012 hat die Bundeskanzlerin versprochen, alles zu tun, um die Morde aufzuklären. Am 11. Juli 2018 hat das Oberlandesgericht München in seinem Urteil gegen Beate Zschäpe und andere die terroristische Vereinigung NSU, die aus ihr selbst sowie Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos besteht, festgestellt und die fünf Angeklagten verurteilt.
In all diesen Ausschüssen und Verfahren ist vieles ans Tageslicht gelangt. Trotz allem müssen wir heute konstatieren, dass längst nicht alle Fragen geklärt sind. Zwei Untersuchungsausschüsse des Landtags haben etwa 4.000 Seiten Abschlussbericht produziert und es nicht vermocht, restlos aufzuklären, was geschehen ist und was nicht. Unzählige weitere Personen haben sich, ohne Parlamenten und Sicherheitsbehörden anzugehören, beruflich oder privat und häufig auf eigene Kosten ebenfalls um die Aufklärung des NSU verdient gemacht. Auch Ihnen gebührt unser Dank.
In Thüringen, in Eisenach, endet das, was nach allem, was bekannt wurde, in Thüringen, in Jena, begann. Dabei waren schon die Umstände des Verschwindens des Trios Ende Januar 1998 mehr als merkwürdig und alles, was danach kam, nicht minder. Die Zielfahndung des Thüringer Landeskriminalamts, die bislang noch jeden Flüchtigen aufgespürt hatte, versagte ausgerechnet bei drei jungen Menschen, die gerade einmal bis nach Chemnitz flohen und sich einem Milieu anvertrauten, das von Spitzeln und Zuträgern geradezu durchseucht war. Schon diese Ausgangslage musste für den Untersuchungsausschuss des Landtags jeder Anlass sein, die Aufklärung der Ereignisse unter allen Umständen über alle politischen Lager hinweg voranzutreiben. Das aber war nicht möglich. Nicht zuletzt hat auch die Landesregierung, die doch von Parteien getragen wird, die sich dem Aufzeigen rechtsterroristischer Netzwerke verschrieben haben, durch Verzögerung und Verweigerung der Aufklärung einen Bärendienst geleistet.
Aber auch jenseits dieser Hindernisse wurden Erkenntnisse, die im Ausschuss gewonnen werden konnten, nicht vertieft und ausgeweitet. Bekannt wurde, dass am 4. November die zum Ort des Geschehens gerufenen Rettungssanitäter sowie ein Notarzt nicht zum Wohnmobil und den im Inneren befindlichen Personen vorgelassen wurden. Die
später anreisenden Rechtsmediziner warfen einen flüchtigen Blick ins Innere, ohne der gesetzlichen Verpflichtung zur Leichenschau vollends Genüge zu tun. Es stellte sich bekanntlich heraus, dass das Auffinden der Dienstwaffen von Michèle Kiesewetter und ihres Kollegen im Wohnmobil anders erfolgt war, als zuvor jahrelang behauptet wurde. Sollte zunächst die Waffe „Kiesewetter“ gefunden und identifiziert worden sein, war es plötzlich die Waffe ihres Kollegen, die als Erstes gefunden und identifiziert worden sein soll. Diese Informationen, die den Ankerpunkt der gesamten Erzählung zum NSU plötzlich in einem anderen Licht erscheinen lassen mussten, zogen keinerlei weitere Ermittlungen nach sich. Der Einsatzleiter der Polizei beschlagnahmte die von der Feuerwehr zu Einsatzdokumentationszwecken angefertigten Fotografien. Der sonderbar eilige Abtransport des Wohnmobils samt ungeborgenen Leichen und Waffen widerspricht jeglichen Regeln der Tatortarbeit.
Die im Kopf von Uwe Böhnhardt gefundenen Geschossteile wurden nicht analysiert, auch der Ausschuss hat das nicht initiiert, als bekannt wurde, dass diese Beweismittel in der Jenaer Rechtsmedizin jahrelang asserviert waren.
Die Umstände des Auffindens eines Rucksacks mit DVDs muten sämtlich unglaubhaft an. Ein Rucksack, schon unmittelbar nach dem Auffinden des Wohnmobils entdeckt, enthielt zunächst keine DVDs, gut einen Monat später aber doch. Nach dieser Tatortarbeit am 5. November 2011, durchgeführt von Beamten aus Baden-Württemberg, die zur Unterstützung angereist waren, sei das Wohnmobil besenrein hinterlassen worden. Trotzdem fand ein Zeuge, der im Februar 2012 das Motorsteuergerät im Wohnmobil ausbauen wollte, bei dieser Gelegenheit Glassplitter und Geschossfragmente auf dem Fahrersitz, wobei er noch ausgesagt hatte, dass da durchaus auch noch Quittungen und Rechnungen in der Ablage des Handschuhfachs lagen.
Der Abschleppunternehmer, der das Wohnmobil in der ersten Zeit auf seinem Betriebsgelände beherbergte, sagte aus, dass er ein Dienstfahrzeug aus dem sächsischen Innenministerium von einer Tankstelle zu seinem Betriebsgelände geleitet hatte. Wer darin saß und aus welchem Anlass und zu welchem Zweck derjenige das Wohnmobil offensichtlich außerhalb der protokollarischen Gepflogenheiten besichtigt hatte, wurde nicht ermittelt. Ebenso hat der Ausschuss den Ministerpräsidenten des Freistaats nicht zu dessen Äußerungen in seinem Buch „Schreddern, Spitzeln, Staatsversagen“ befragt. Er wisse – mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsi
dentin, zitiere ich –, dass den Polizisten in Gotha und Eisenach Leute vom MAD und Bundesnachrichtendienst auf den Füßen herumgetrampelt sind.
Dass die Thüringer Polizei sehr wohl die Tatortarbeit beherrscht, zeigt die Posse um die angeblich am Fundort der Leiche der 2001 ermordeten Peggy entdeckte DNA-Spur von Uwe Böhnhardt. Hatte es zunächst geheißen, dass die Tatortgruppe des Thüringer LKA schlampig gearbeitet habe, konnte nachgewiesen werden, dass die Vorwürfe haltlos waren. Wir sind überzeugt, dass die Thüringer Polizei alle zur Tatortarbeit nach aktuellen Standards notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten vorhält.
Große Schwierigkeiten haben wir mit den Empfehlungen des Untersuchungsausschusses. Während das System der V-Personen durchaus einer gründlichen Überprüfung zugänglich sein muss, erachten wir eine einseitige, auf den Bereich „Rechts“ angelegte Ausweitung von Ermittlungsstrukturen für nicht zielführend.
Jede Art Extremismus, der sich in Straftaten manifestiert, muss bekämpft werden. Der Präsident des Amts für Verfassungsschutz nannte unlängst in Suhl den Islamischen Terror sowie die international organisierte Kriminalität und ihre Ausprägung der Clankriminalität als die aktuell größten Gefahren. In keinem Fall aber unterstützen wir den Aufbau sogenannter zivilgesellschaftlicher Aktivitäten mit Steuergeldern. Die Gründe dafür haben wir in einem Sondervotum dargelegt und sie werden gleich nach dieser Plenarsitzung bei der Behandlung des Abschlussberichts der Enquetekommission 6/1 des Thüringer Landtags, die ja ihre Grundlage im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses 5/1 hat, ausführlich besprochen werden.
In einem sind wir uns mit dem Ausschuss einig. So sind auch wir der Auffassung, dass die Aufklärung des NSU nicht beendet ist. Allerdings dürfte ein weiterer Untersuchungsausschuss kaum in der Lage sein, Licht ins Dunkel zu bringen. Zunächst wäre es wohl auch angeraten, die bislang geschaffenen Kenntnisse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dazu gehört unserer Meinung nach unbedingt, die Protokolle der öffentlichen Beweisaufnahme auch der Öffentlichkeit auf einfache Weise zugänglich zu machen und diese nicht im Archiv zu verstecken. Die dazu notwendige Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes wäre durch den Landesgesetzgeber unkompliziert möglich.
Über Jahre hinweg war die interessierte Öffentlichkeit auch über den Prozess und den Staatsschutzsenat in München nur durch bereits verarbeitete Informationen seitens der Presse oder bestimmter Organisationen informiert. Erst zum Ende des Jah
res 2018 erschienen Protokolle über den Gang der Hauptverhandlung, die ihrerseits aber auch lediglich persönliche Mitschriften beruflicher Prozessbegleiter waren. Auch diese Protokolle enthalten Auslassungen. Wir regen an, dass eine neue Landesregierung über den Bundesrat darauf hinwirkt, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass in Verfahren von solch überragender Bedeutung zwingend Wortmitschnitte erfolgen und daraus Wortprotokolle erstellt werden, um den Verlauf solcher Verfahren für jeden Interessierten nachvollziehbar zu gestalten.
Ich komme nun zum Abschluss meiner Ausführungen. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen und Hinterbliebenen aller Opfer. Sie alle haben verdient zu wissen, was mit ihren Lieben geschehen ist und warum diese sterben mussten. Wir lassen Sie mit Ihren Hoffnungen und Sorgen nicht allein.
Ich möchte noch ganz kurz Stellung nehmen zu dem, was Frau König-Preuss ganz am Schluss ihrer Rede gesagt hat. Ich hätte mir nicht träumen lassen, jemals wieder in einem Landtag solche Worte wie „Stigmata“ zu hören. Das erinnert mich an Zeiten, die ich nicht wiederhaben möchte und die, glaube ich, auch kein anderer wiederhaben möchte. Ich möchte Sie bitten, darüber noch mal ernsthaft nachzudenken, was hier gesagt worden ist von einer Abgeordneten des Landtags in Thüringen. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin! Ich freue mich ganz besonders, heute hier auf der Tribüne die Gäste begrüßen zu dürfen. Es ist wirklich gut, dass Sie da sind.
Ich weiß, dass es vielen von Ihnen nach der langen Zeit sicherlich nicht leicht fällt hier zu sein, umso wichtiger finde ich es, dass Sie unsere Arbeit begleiten und dass Sie sozusagen auch einen offenen Blick auf das haben, was wir heute hier machen.
Wir haben als Grüne häufiger das Problem, dass wir nach der AfD sprechen müssen, vielleicht ist es aber heute auch kein Problem, sondern vielleicht ist es gut, dass wir heute nach der AfD sprechen, weil hier ein paar Sachen klargestellt werden können.
Ich kann das mit meiner begrenzten Redezeit auch nur begrenzt tun, aber ich will Ihnen sagen: Lesen Sie diesen Abschlussbericht, glauben Sie nicht den Verschwörungstheorien, die die AfD hier in den Raum geworfen hat.
Eisenach-Stregda ist aus unserer Sicht in weiten Teilen aufgeklärt. Es gibt keine Frage, welche Waffe zuerst gefunden wurde. Das haben wir ausführlich behandelt. Sie – die AfD-Fraktion – haben keinen einzigen Antrag zu dem Komplex Eisenach-Stregda gestellt. Sie haben geglänzt in diesem Ausschuss durch körperliche Anwesenheit, manchmal nicht mal das. Also von daher bitte ich wirklich alle Anwesenden, das hier tatsächlich nicht ernst zu nehmen. Die AfD hat es vor allen Dingen geschafft, von der Seite des Fatalisten zu zitieren, und Sie können sich vorstellen, dass einige Protokolle sicherlich nicht über die demokratischen Fraktionen unter anderem auf dieser Seite gelandet sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Komplex Eisenach-Stregda dient nicht mehr für Verschwörungstheorien und das zeigt das sehr umfassende Papier, was wir hier vorgelegt haben.
Es bleibt außer Frage, dass hier Fehler passiert sind und dass hier Menschen falsche Entscheidungen getroffen haben. Was aber nicht passiert ist, ist, dass der Staat hier in einer großen Verschwörungstheorie Neonazis ermordet hat und dann versucht hat, das zu verschleiern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auch ganz hart zurückweisen, dass es hier eine Verharmlosung von Rechtsterrorismus gibt. Ich ertrage es wirklich schwer, wenn Sie sich hier hinstellen und sozusagen auf einmal anfangen, von Islamismus zu sprechen. Was hat das hier zu suchen, frage ich mich.
Was hat das hier zu suchen? Außer dem Versuch der AfD, schon wieder Rechtsterrorismus und Neonazismus in diesem Land zu verharmlosen. Und warum machen sie das? Weil sie sich mit denen gemein machen, das ist der Punkt.