Protocol of the Session on September 27, 2019

Aber weil Wahlkampf ist, müssen wir das jetzt so aufplustern, sodass der Eindruck entsteht, dass es hier wirklich zwei sich kontradiktorisch gegenüberstehende Sichtweisen gibt. Das ist in der Sache nicht der Fall. Schon die – sagen wir mal – emotionslose Darstellung, die Herr Kellner heute hier präsentiert hat, zeigt, dass er eine Pflichtübung zu absolvieren hatte, nämlich die Pflichtübung, irgendwie dagegen zu sein bei einer Sache, die man eigentlich gut finden muss.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir uns darauf verständigen, dass das die Sichtweise darauf ist, dann kann ich damit leben.

Ich bin Matthias Hey und allen Abgeordneten, die das hier angesprochen haben, sehr dankbar, dass noch mal deutlich gemacht wurde, dass wir gegenüber dem Bund zwei Haltungen parallel entwickeln können, ohne uns zu widersprechen. Wir können den Abgeordneten aus Thüringen, die sich in unterschiedlicher Form in den unterschiedlichen Programmmöglichkeiten des Bundes für unseren Freistaat einsetzen, Dank aussprechen dafür, dass sie sich im Deutschen Bundestag für den Freistaat Thüringen einsetzen. Wir haben gerade über die Denkmalförderung des Bundes wirklich viele Mittel akquirieren können. Ich kann mich nicht erinnern, dass Abgeordnete der CDU-Fraktion so pusselig mit dem Bund umgegangen sind, wenn es immer die jährlichen Pressemittelungen gab, wenn aus der Denkmalförderung, bei der die Zuständigkeit beim Deutschen Bundestag liegt, für Thüringer Vorhaben Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Dabei ist in der Regel die Dankbarkeit sehr groß, aus gutem Grund – von mir auch.

Insofern, wenn ich Carsten Schneider danke, wenn ich Johannes Kahrs, der eben nicht aus Thüringen, sondern aus Hamburg kommt und sich trotzdem, weil er ein unglaublich kulturinteressierter Mensch ist, für dieses Vorhaben so einsetzt, aber auch dem Kollegen Rehberg danke und auch Frau Lips aus der Unionsfraktion und all denjenigen, die das hier möglich machen, dann ist dies die eine Seite der Dankbarkeit, dass es Bundestagsabgeordnete gibt, die sich für das kulturelle Erbe in Mitteldeutschland, insbesondere auch in den Ländern Sachsen-Anhalt und Thüringen, einsetzen.

Das ist das Bild, das die CDU zeichnet, und das ist vielleicht das Bild, was mehr über die CDU-Fraktion aussagt als über die Landesregierung und die Position der Koalition, dass man offenbar in der Vorstellung der Unionsfraktionen mit dem Bund nur nach dem Prinzip „Friss oder stirb!“ diskutieren kann. So ist es nicht. Der Bund sagt tatsächlich – das hat inhaltliche Gründe, es hat ein Stück weit auch takti

(Minister Prof. Dr. Hoff)

sche Gründe –: Gründet eine länderübergreifende Stiftung. Aber das positive Vorbild der länderübergreifenden Stiftung ist die Stiftung „Preußische Schlösser und Gärten“. Sich daran zu orientieren und dem Bund deutlich zu machen, eine Orientierung an der Stiftung „Preußische Schlösser und Gärten“ ist keine Blaupause, sondern ist eine Orientierung und eine Adaption an den spezifischen Rahmen, in dem sich Thüringen und Sachsen-Anhalt befinden. Na klar ist das eine Diskussion – also ich rede jetzt mal überwiegend zu den Koalitionsfraktionen, denn das sind die, die zuhören.

Ich will noch ein Weiteres sagen, weil das viel Diskussionsstoff gezeigt hat. Wenn wir sagen, wir bringen die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten in die mitteldeutsche Stiftung ein, dann haben wir uns tatsächlich überzeugen lassen, dass das erste Modell, die Herauslösung einzelner Liegenschaften, nicht der beste Weg ist,

Ich bitte doch um Aufmerksamkeit für die Rede des Ministers.

sondern dass es darum geht, die Stiftung als Ganzes in die zu gründende mitteldeutsche Stiftung zu überführen. Wenn jetzt die Überführung der Stiftung immer mit dem Verlust Thüringer Souveränität gleichgesetzt wird, dann sage ich: Werfen wir doch mal einen Blick in die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt und deren Entwicklung. Die entstand aus zwei Stiftungen, wurde mit weiteren Stiftungen fusioniert und ist eine Stiftung, unter deren Dach rechtlich selbstständige und rechtlich unselbstständige Stiftungen sind. Das heißt, ein solches Entwicklungsmodell ist möglich, ist auch gewünscht. Kollegin Henfling hat darauf hingewiesen, dass wir hier durchaus im Entwicklungszeitraum der mitteldeutschen Schlösserstiftung und auch in der Entwicklungsperspektive eine Abprüfung der rechtlichen Selbstständigkeit und Unselbstständigkeit unserer Stiftung sehen. Aber die Zusammenarbeit der beiden Stiftungen in einer mitteldeutschen Stiftung ist uns wichtig.

Ich kann, ehrlich gesagt, das Herunterreden Sachsen-Anhalts als Teil des mitteldeutschen Kulturerbes, was Kollege Höcke hier versucht hat, nicht verstehen. Aber das liegt möglicherweise daran, dass ein zugewanderter Westdeutscher über unseren Freistaat Thüringen und das Land Sachsen-Anhalt redet. Es war 1990 nicht klar, ob Naumburg zu

Thüringen kommt oder Altenburg in Sachsen bleibt. Das heißt also, wir reden über einen gemeinsamen Kulturraum, dessen Grenzziehung am Ende auch gewissen Zufällen und politischen Entscheidungen oblag. Aber es ist ein gemeinsamer Kulturraum. Diesen Kulturraum gemeinsam zu entwickeln mit der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten und mit der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt in der Kulturstiftung Mitteldeutsche Schlösser und Gärten, das ist das Ziel.

Ich danke den Koalitionsfraktionen dafür, dass sie mit dem Antrag auch gegenüber dem Bund das deutliche Signal setzen, dass hier in Thüringen die Bereitschaft dafür besteht, und zwar getragen vom Thüringer Landtag. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung, als Erstes über den Antrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 6/7651 – Neufassung –. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der CDU, der AfD sowie der fraktionslose Abgeordnete Rietschel. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich? Es enthält sich der fraktionslose Abgeordnete Gentele. Damit ist der Antrag der CDU-Fraktion abgelehnt.

Bitte?

Im Namen der Koalitionsfraktionen beantragen wir namentliche Abstimmung.

Dann bitte ich die Schriftführer, ihres Amtes zu walten. Wir stimmen über den Antrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/7745 ab. Ich bitte, die Stimmen abzugeben.

Konnten alle ihre Stimme abgeben? Danke schön. Dann bitte ich um Auszählung. In der Auszählpause bitte ich die Parlamentarischen Geschäftsführer zu mir.

Meine Damen und Herren, ich habe ein Ergebnis der Abstimmung zu diesem Antrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 6/7745 vorliegen: abgegebene Stimmen 80, Jastimmen 44, Neinstimmen 36 (namentliche Abstimmung siehe Anlage). Damit ist der Antrag bestätigt. Danke schön.

(Minister Prof. Dr. Hoff)

Ich schließe die Debatte zu diesem Antrag. Ich erteile der Kollegin Rosin eine Rüge für die nonverbale Äußerung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bitte um Ernsthaftigkeit, Frau Kollegin. Ich habe Sie gerügt und ich bitte, dass wir die Debatte jetzt fortsetzen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24

Eigentum, Nutzung und Spekulation mit Grundvermögen in Thüringen Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Antwort der Landesregierung – Drucksachen 6/7010/7613 – auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 6/7643 -

Wünscht die Fraktion Die Linke das Wort zur Begründung? Nein. Dann treten wir in die Aussprache ein. Als Erster hat Herr Abgeordneter Müller von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zeigt, was wir befürchtet hatten: Der Kauf von landwirtschaftlichen Betrieben durch außerlandwirtschaftliche, oft nicht am langfristigen Erhalt von Böden und Arbeitsplätzen interessierten Unternehmen ist auch bei uns in Thüringen zu einem Problem geworden. Es ist schon bekannt, dass wir von Bündnis 90/Die Grünen an einer Gesetzesvorlage arbeiten, um dem zu begegnen. Wir werden diese im Oktober der Öffentlichkeit vorstellen. Dann weiß jeder, was wir in der nächsten Legislaturperiode hier in diesem Haus umsetzen wollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch schon bekannt, dass wir bezüglich der rechtlichen Umsetzungsmöglichkeiten aufgrund der Föderalismusreform mehr Möglichkeiten sehen, als bislang vom Ministerium vorgeschlagen. Konkret heißt das, dass wir in einem Landesagrarstrukturgesetz regeln wollen, unter welchen Bedingungen Land und Anteile von Land besitzenden Gesellschaften verkauft werden sollen oder dürfen. Dazu

wollen wir die vom Bund erlassenen Gesetze, das Grundstückverkehrsgesetz, das Landpachtverkehrsgesetz sowie das nach Artikel 125 des Grundgesetzes fortgeltende Reichssiedlungsgesetz, im Landesrecht in einem Gesetz zusammenfassen und an die Erfordernisse Thüringens anpassen. Das bisherige Recht wird zudem um eine Genehmigungspflicht für die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an landwirtschaftlichen Unternehmen erweitert.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich hatte es im Frühjahr in diesem Haus bereits ausgeführt: Je größer die Agrarstrukturen, die Agrarbetriebe sind, desto eher wecken sie das Kaufinteresse bei Finanzinvestoren, die sich bemühen, mangels lukrativer alternativer Geldanlagemöglichkeiten in diesem Wirtschaftssegment Fuß fassen zu können und zu investieren. Wir als Bündnis 90/Die Grünen kritisieren schon seit Jahren den möglichen Verkauf von gesamten oder von Anteilen von Betrieben einschließlich der dazugehörigen Grundstücks- und Pachtverträge. Heute ist es so, dass die Öffentlichkeit nur durch Zufall erfährt, wer verkauft und an wen verkauft wird. Nach wie vor bestehen keine Melde- oder Anzeigepflichten bei solchen geplanten Verkäufen. Das ist einer der Faktoren, warum wir an einem solchen Agrarstrukturgesetz arbeiten, um Transparenz in diese Grundstücksverkehrsbereiche zu bekommen und sie, wenn nötig, auch zu verhindern. Insbesondere die Sharedeals, die in der letzten Zeit häufiger publiziert worden sind, wollen wir damit ans Licht der Öffentlichkeit holen. Wir streben für diese Flächen ein Vorkaufsrecht für die Thüringer Landgesellschaft an. Die dabei erworbenen Flächen können wir dann zum Beispiel auch bevorraten und später Junglandwirtinnen und Junglandwirten zur Verfügung stellen.

Wir als Bündnis 90/Die Grünen setzen uns für eine vielfältige Landwirtschaft ein, eine Landwirtschaft, die die Landschaft prägt und ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Wohlergehen liefert und liefern kann. Um dies zu erfüllen, bedarf es allerdings auch einer Sicherstellung, dass ortsansässige Betriebe mit eigenen Flächen unabhängig von ihrer Größe selbstbestimmt und nicht in Abhängigkeit von national oder international tätigen Konzernen oder Investoren agieren können. Dieser Notwendigkeit kommen wir mit unserer Gesetzesinitiative nach. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht Abgeordneter Primas von der CDU-Fraktion

(Präsidentin Diezel)

zu uns. Nein, das macht Abgeordneter Malsch. Bitte schön.

Werte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuhörer, der forst- und landwirtschaftliche Bodenmarkt ist schon seit vielen Jahren in großer Bewegung. Die Kauf- und Pachtpreise steigen und durch den andauernden Niedrigzins ist Boden als Spekulationsobjekt für Investoren attraktiv geworden. Im Ergebnis der jetzt vorliegenden Faktensammlung wird in einer neuen Legislaturperiode zu prüfen sein, ob eine Novellierung gesetzlicher Regelungen um das Vorkaufsrecht für forst- und landwirtschaftliche Flächen und die Transparenz bei Unternehmensverkäufen erforderlich ist.

Die CDU-Fraktion verschließt sich der Novellierung bodenrechtlicher Vorgaben mit dem Ziel einer ausgewogenen Agrarstruktur und zur Abwehr außerlandwirtschaftlicher Investitionen nicht. Die Gesetzgebungskompetenz für den landwirtschaftlichen Bodenmarkt liegt seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 bei den Ländern. Dies gilt auch für etwaige Regelungen einer grundstücksverkehrsrechtlichen Genehmigungspflichtigkeit des Anteilserwerbs an Gesellschaften mit wesentlichem Besitz an landwirtschaftlichen Flächen. Da ist es immer wieder bemerkenswert, dass diese Landesregierung zu dem Thema offenbar nichts auf die Reihe bekommt.

Werte Kolleginnen und Kollegen, schon im Januar hatte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Olaf Müller, bei einer Protestaktion der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft angekündigt, dass die rot-rot-grüne Regierungskoalition in Thüringen noch vor der Landtagswahl im Oktober ein Gesetz erlassen will, um Bodenspekulanten und Finanzinvestoren den Aufkauf von Landwirtschaftsbetrieben zu erschweren. Ich habe noch keinen Gesetzentwurf gesehen. Aber mit der rot-rot-grünen Ankündigungsrhetorik geht es munter weiter. Heute steht in der Zeitung, dass Frau Siegesmund in den ersten 100 Tagen einer neuen Regierungszeit einen Entwurf für ein Agrarstrukturgesetz vorlegen werde. Abgesehen davon, dass uns der liebe Gott und der Wähler vor einer neuen rot-rot-grünen Koalition bewahren möge,

(Beifall CDU)

wäre Frau Siegesmund für ein Agrarstrukturgesetz gar nicht zuständig. Bei Frau Keller hört sich das schon ganz anders an. Sie sagt, es sei sehr wahrscheinlich, dass ein solches Gesetz auf der Agenda weit oben stehe.

Werte Kolleginnen und Kollegen, und wenn man in die Antwort auf die Große Anfrage reinschaut, wird klar, was damit gemeint ist. Dort antwortet die Landesregierung: „Hier besteht noch erheblicher Prüfungsbedarf.“ Ergo: Die, die jetzt fünf Jahre regiert haben und bis jetzt nichts zustande bekommen haben, werden munter und geben schon wieder fleißig Versprechen.

Ich muss noch mal daran erinnern, wir haben über die Problematik hier nicht nur einmal gesprochen. Mein Kollege Egon Primas hat schon in der Plenarsitzung im Februar gesagt, dass die Landesregierung doch mal etwas unternehmen sollte. Ein bisschen was unternommen hat sie ja. Im November 2017 fand im Thüringer Landtag ein Workshop „Landwirtschaftliche Bodenmarktpolitik in Thüringen“ statt, bei dem Agrar- und Rechtsexperten in ihren Vorträgen den aktuellen Sachstand zum Thema vermittelt und mögliche Handlungsoptionen aufgezeigt haben. Auf die Schlussfolgerungen der Landesregierung warten wir aber bis heute.

Aber noch einmal zur Sache: Warum haben wir denn keine schärferen bodenrechtlichen Regelungen, wenn doch das Problem seit 2008 immer stärker ins Bewusstsein rückt, wenn sich doch Bund- und Länderarbeitsgruppen, Agrarministerkonferenzen, Institute und Gutachter intensiv mit dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt auseinandersetzen und Handlungsoptionen aufzeigen? Das ist ganz einfach: Weil eben eine unmittelbare staatliche Lenkung bzw. Mengen- oder Preisregulierung des Bodenmarkts vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Eigentumsfreiheit eine rechtlich problematische Sache ist. Es ist nicht ganz einfach, gesetzliche Eingriffe zu begründen, die das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum von Grund und Boden betreffen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Es hat jetzt Frau Abgeordnete Hennig-Wellsow von der Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, über die Ankündigungspolitik der CDU reden wir nicht – also die ganze Rücklage im Haushalt verschenken zu wollen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Präsidentin Diezel)