Protocol of the Session on September 26, 2019

Sie haben im Fernsehen Zeit dazu. Ob sie nun zum tausendsten Mal irgendeinen Schinken wiederholen oder uns klarmachen, wie man eine Möhre putzt, das wissen wir. Aber das, was hier im Landtag diskutiert wird, das wäre wichtig zu übertragen, dass die Bürger das mitkriegen, worüber wir reden. Wir reden uns nämlich selbst schlecht, weil niemand informiert ist über das, was wir hier machen, ob das die Regierung ist oder das die Fraktionen sind. Das trifft alle gleichermaßen.

Ein Zweites liegt mir am Herzen, das wird jetzt vielleicht der AfD wehtun. Aber, meine Damen und Herren, wenn ich Herrn Höcke hier reden höre, schauert es mich,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

habe ich immer das Gefühl, er hat die halbe Nacht vorm Spiegel geübt, damit die Gesten und alles passen.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Das ist abscheulich, es widert mich an. Ich sage das so deutlich.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und eins muss ich noch sagen für die Mitglieder, Anhänger und auch Wähler der AfD: Geschichte wiederholt sich nicht, aber man muss aus der Geschichte Lehren ziehen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine völkische, nationalistische Ideologie hat noch nie zu etwas Positivem geführt. Wenn ich an die Vergangenheit denke, gerade an den 1. September, Kriegsbeginn, und dann der 23. August, als sich Ribbentrop und andere, die Kommunisten aus der Sowjetunion und Hitler, Polen aufgeteilt haben. Das muss man alles im Kopf behalten. Solch eine Ideologie, völkisch-nationalistisch, führt zum Chaos!

(Zwischenruf Abg. Rudy, AfD: Das ist eine Unverschämtheit!)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das ist eine Unterstellung!)

Das Ergebnis waren damals 50 Millionen Tote in Europa, 15 Millionen Heimatvertriebene, davon sind 2 Millionen unterwegs umgekommen. Liebe Leute, das darf nicht wieder passieren!

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer die AfD wählt, muss wissen, was er wählt. Deshalb sage ich das so deutlich.

29 Jahre sind eine lange Zeit. Sechsmal direkt gewählt zu werden, war fantastisch. Ich habe es genossen. Ich hoffe, ich war nicht so böse mit vielen. Es tut mir leid, wenn ich jemanden beleidigt habe oder auch nicht.

(Heiterkeit im Hause)

Alles Gute, Glück auf!

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Kummer, Fraktion Die Linke, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, vielleicht am Anfang ein Wort zum Kollegen Primas: Ich meine, die Wahrscheinlichkeit, dass wir beide dem nächsten Parlament angehören, ist relativ ähnlich. Gut, bei mir waren es nur 20 Jahre. Ich will eins zur Art und Weise der Zusammenarbeit sagen: Wir haben 20 Jahre lang in demselben Aus

schuss gesessen. Egal wie die Unterschiede waren, es war immer ein menschlicher Umgang miteinander, es war immer der Versuch, sich an der Sache zu orientieren, es war immer der Versuch, denjenigen, für die wir vom Tätigkeitsbereich her zuständig waren, zu helfen. Es sind viele gemeinsame Dinge herausgekommen, auch zu Zeiten, wo gemeinsame Dinge nicht unbedingt üblich waren. Dafür, denke ich, kann man auch herzlich Danke sagen

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und hoffen, dass eine solche gemeinsame Zusammenarbeit zwischen Parlamentariern auch in der nächsten Legislatur im Sinne der Sache wieder möglich wird.

Meine Damen und Herren, beim Jagdgesetz werden wir uns sicherlich nicht einigen.

(Zwischenruf Abg. Geibert, CDU: Aber das wäre ein Anfang!)

Da sind ein paar unterschiedliche Herangehensweisen, auf die ich in meiner Rede kurz eingehen möchte. Ich will aber auch zu diesem Gesetz und dem Prozess, der damit verbunden war, ein paar Worte sagen.

Es ist, glaube ich, zumindest im Bereich des Infrastrukturausschusses das erste Gesetz gewesen, womit in dieser Legislatur begonnen wurde, es umzusetzen. Ich habe damals gesagt: Um Gottes Willen, warum habt ihr es beim Jagdgesetz so eilig, weil das von der politischen Prioritätenliste bei mir ziemlich hinten kam. Aber nein, es ist von der Ministerialverwaltung sofort begonnen worden, nachdem im Koalitionsvertrag drin stand, dass das Jagdgesetz einer Änderung unterzogen werden sollte, einen offenen, transparenten Diskussionsprozess durchzuführen, um zu klären, wie in diesem Bereich – wo gesellschaftliche Meinungen so aufeinanderprallen wie in kaum einem anderen, wo man so unterschiedliche Auffassungen hat – der Diskussionsprozess auf den Weg gebracht werden kann, um zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen. Am Anfang ist dieser Diskussionsprozess sehr gelobt worden; es gab ein Ergebnis, wo die Beteiligten gesagt haben: Okay, wir finden uns in den Kompromissen wieder, auch wenn sich keiner hundertprozentig wiedergefunden hat. Das ist halt das Wesen eines Kompromisses. Dann wurde das Ganze im Kabinett auf eine Art und Weise überarbeitet, dass einige – auch ich – gesagt haben: Lasst es lieber liegen. Dann hat es noch einmal eine Überarbeitung gegeben und dann kam der Gesetzentwurf ziemlich spät in den Thüringer Landtag.

(Abg. Primas)

Das, was jetzt vorliegt, ist eine Beschlussempfehlung zu diesem Gesetzentwurf, die sicherlich eine ganze Reihe von Dingen aus der Anhörung aufgreift und – in Richtung Egon Primas – die auch Vorschläge der CDU aufgreift, die sie in dem Prozess vorgetragen hat.

Für mich ist der wesentliche Grund, warum ich diesem Gesetz heute gerne zustimmen werde, der Punkt „Schalldämpfer für alle“. Das war am Anfang eine Sache, die völlig anders gesehen wurde. Aber wieso sollen wir Schalldämpfer für den einen Jäger haben und für den anderen Jäger nicht? Ein Schalldämpfer ist eine Sache des Arbeitsschutzes. Es ist in keinem anderen Berufszweig möglich, dass man Arbeitsschutz einfach so ignorieren kann. Deshalb wird es höchste Zeit. Ich freue mich, dass auch der Landesjagdverband, der immer gesagt hat, wir brauchen keine Änderung des Jagdgesetzes, sagt: Es wird höchste Zeit, dass wir in dieser Hinsicht liefern, es wird höchste Zeit, dass dieses Gesetz kommt – so heute die MDR-Meldung –, es wird höchste Zeit, dass der Schalldämpfer als Maßnahme des Arbeitsschutzes kommt.

(Beifall SPD)

Das ist auch eine Maßnahme des Tierschutzes, weil der Jäger – es gibt ja so einen Spruch: Jagd ohne Hund ist Schund! – im Regelfall seinen Hund dabeihat. Der hört viel besser als wir und für den ist der Lärm noch schlimmer.

Der zweite Punkt ist auch eine Frage des Arbeitsschutzes, eine Frage des Schutzes unserer Jäger. Mit dem Gesetzentwurf wird eingeführt, dass bei Gemeinschaftsjagden künftig ein Schießnachweis zu erbringen ist. Das ist wichtig, wenn man sich ansieht, wie das Alter unserer Jäger zunimmt, und wenn man beachtet, dass manchmal, wenn die Einschreiblisten vor Gesellschaftsjagden vorliegen, Leute fragen: „Kannst du mir mal zeigen, wo mein Name steht.“ Ungelogen! Es ist, glaube ich, wichtig zu sagen: Ihr müsst nachgewiesen haben, dass ihr auch noch trefft.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das musst du sowieso!)

Es ist eine Frage der Waidgerechtigkeit. Von der Seite her, auch das ist wichtig.

Der dritte Punkt, Mindestabschussplan beim Rehwild: Wir haben in der Anhörung diese Diskussion noch mal sehr umfangreich geführt. Es sind sich alle Beteiligten einig gewesen: Rehwild kann ich nicht zählen. Deshalb kann ich keine Abschussvorgaben machen wie bei anderen Wildarten. Aber zu sagen, es ist mindestens so viel zu schießen, bei den Herausforderungen, die an die Jagd stehen, vor dem

Hintergrund der klimatischen Katastrophe, die wir draußen haben, vor dem Hintergrund, dass wir einen Wald umbauen müssen? Wenn man die Förster heutzutage fragt, welche einheimischen Baumarten können wir denn nehmen, kriegt man die Antwort: Bis jetzt – also was ich aktuell so gehört habe – sind es zwei Baumarten, die noch nicht massiv betroffen sind, das ist die Linde, das ist die Hainbuche. Wann die dran sind, weiß man aber auch nicht. Das heißt, wir müssen viele Baumarten nehmen, sechs, acht Baumarten auf der Fläche. Das ist das, worüber wir reden. Das Wild und vor allem das Rehwild selektiert die seltenen Baumarten raus. Wir wollen auch nicht jeden Tag Brot essen. Die seltene Baumart ist wie die Schokolade oder wie der Nudossi-Aufstrich, die ist für das Wild besonders attraktiv. Deshalb muss die Jagd stimmen, wenn ich denn die Ziele im Waldumbau umsetzen will. Von der Seite her ist der Mindestabschussplan beim Rotwild erst mal eine Erleichterung für die Handelnden, es ist ein Abbau von Bürokratie, es ist aber auf der anderen Seite auch die Notwendigkeit, eine Mindestfestlegung zu treffen.

Ich finde es auch gut, dass wir in dem Gesetz im Gegensatz zum vorherigen Gesetz die Mitsprache des für die Jagd zuständigen Fachausschusses des Thüringer Landtags, also die Mitsprache des Parlaments, bei der Liste jagdbarer Arten festhalten. Es gab massive Kritik. Egon Primas hat es auch gerade noch mal vorgetragen. Eingriff ins Eigentum, wenn ihr die Liste jagdbarer Arten reduziert. Toll! Ich glaube, es redet niemand darüber, dass wir Rotwild nicht mehr abschießen lassen wollen, niemand. Bei dem, was Umweltverbände in der Hinsicht vorgetragen haben, geht es um ganzjährig geschonte Arten. Da geht es um die Frage Auerwild, wo wir jährlich bei ThüringenForst fast eine halbe Million Euro reinstecken, um die 20, 30 Hühner in der freien Wildbahn zu erhalten. Um diese Arten geht es, wo man überlegen kann: Nimmt man die aus dem Jagdrecht raus oder nicht. Ich halte nichts davon, sie aus dem Jagdrecht rauszunehmen, denn ein Verstoß gegen eine ganzjährige Schonzeit ist eine Straftat. Da ist das Jagdrecht durchaus schärfer als das Naturschutzrecht. Von der Warte her sind Arten, die im Jagdrecht stehen, doppelt geschützt, wenn sie denn dem Naturschutz unterliegen. Aber wenn der Landtag mitsprechen kann, können wir uns doch auch sicher sein, dass gesellschaftliche Mehrheiten perspektivisch die Hand darauf haben, dass die Liste jagdbarer Arten nicht missbraucht wird.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Grob?

(Abg. Kummer)

Gern.

Ich habe nur eine Frage, weil ich das nicht genau weiß: Wie viele Jäger waren denn in diesem Fachausschuss?

Bei der Anhörung unseres Ausschusses?

In eurem Fachausschuss, wie viele Jäger sind denn da drin?

Als Mitglied?

Ja. Der hat ja dann Mitspracherecht.

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Als Mit- glied!)

Herr Grob, ich glaube, die Jäger, die bei uns im Ausschuss Mitglied sind, das sind, glaube ich, zwei. Aber darum geht es auch nicht unbedingt. Wir reden hier über eine Gesetzesänderung. Es gibt die Beschwerde Ihrer Fraktion, dass wir eine Gesetzesänderung dahin gehend durchführen, dass wir sagen: Die Liste jagdbarer Arten kann nicht nur erweitert, sie kann auch reduziert werden. Das hat uns die Landesregierung vorgeschlagen. Wir als Abgeordnete haben gesagt: Wir wollen eine Änderung zu dieser Regelung. Wir wollen, dass es nicht nur allein die Landesregierung vorschlägt.

(Beifall SPD)

Wir wollen, dass der fachlich zuständige Ausschuss diesen Vorschlag mittragen muss, denn sonst wird es nichts. Dann wird sich nämlich künftig das Parlament dazu eine Meinung bilden, die werden das dann doch auch nicht ohne Rückfrage in ihren Fraktionen machen und die werden vorher natürlich auch mit dem Landesjagdverband und anderen Jägern sprechen. Die werden sich eine Meinung bilden. Wir brauchen einen gesellschaftlichen Ausgleich bei der Jagd und wir brauchen nicht die Meinung einzelner.