Protocol of the Session on September 13, 2019

Was wir nicht schätzen, ist, dass man versucht, die Leute nach Italien zu bringen, damit sie von dort aus nach Europa weiterreisen können, obwohl sie kurz vor der libyschen Küste aus seeuntüchtigen Schlauchbooten in hochseetaugliche Schiffe umgesetzt werden. Das ist natürlich eine Sache, die können wir nicht mittragen. Das ist in der Tat kriminelle Schlepperei.

(Beifall AfD)

Deswegen ist es auch völlig richtig, dass unser Freund Salvini in Italien hier die rote Karte gezeigt hat und entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen hat.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Abge- wählt!)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Des- halb ist Salvini auch nicht mehr dabei!)

Es ist schlicht keine Seenotrettung. Wenn man Seenotrettung betreiben wollte, dann könnte man diese Menschen auch in sicheren Häfen in Libyen oder in Marokko oder anderen Anrainerstaaten

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Nordafrikas unterbringen und hätte seinen Rettungsauftrag genauso gut und erfolgreich erfüllt.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Das passt zu Ihrer faschistischen Partei!)

Über Ihre Variante der Seenotrettung, die eigentlich im Weiterschleppen besteht, freut sich am Ende nur die Schleppermafia, und die besteht eben leider – das muss man mittlerweile sagen – nicht nur aus denen, die den Migranten für teuer Geld den Sitz im seeuntüchtigen Schlauchboot verkaufen, sondern auch aus denen, die vor der Küste patrouillieren und diese Leute dann aufnehmen und dann weiter nach Italien bringen, denn diese Leute leben auch gut von dieser Tätigkeit.

(Beifall AfD)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die leben nämlich gut davon, ein Gefühl zu verkaufen, ein toller Mensch zu sein. Das ist im Grunde nichts anderes als der Ablasshandel des 21. Jahrhunderts. Man finanziert sich dann eben entsprechend aus den Ablassgeldern, die heute „Spenden“ genannt werden.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was sind Sie nur für ein Mensch?!)

Ja, schauen Sie mich mal an, Frau Rothe-Beinlich, und raten Sie mal, ob ich für Sie ein Mensch, ein Affe oder was weiß ich bin. Das überlasse ich dann Ihnen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ganz übel!)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Sie sind rechtsradikal!)

Aber zurück zum Text: Schauen wir uns mal eine der Protagonistinnen an, die bekannt geworden ist, Frau Carola Rackete. Der Vater arbeitet in der Rüstungsindustrie, ist dabei reich geworden. Die Tochter hat ein schlechtes Gewissen und erleichtert sich dieses pathologisch schlechte Gewissen auf Kosten einer ganzen Nation, indem sie Migranten über das Mittelmeer

(Zwischenruf Abg. Müller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich hoffe, dass Ihre Kinder nicht ir- gendwann einmal ein schlechtes Gewissen wegen Ihnen haben müssen!)

nach Europa schleppt und dann Europa mit dem Problem alleinlässt. Das ist weder verantwortungsvoll, noch ist es in irgendeiner Form rational erklärbar. Das ist im Grunde genommen eine Form von Selbsttherapie, die kann eine vernünftige Gesellschaft nie unterstützen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weil Sie Frauen nicht zu- trauen, dass sie selber denken können!)

Dann kommen wir mal zu Ihrem dritten Unterpunkt: Da stellen Sie dann fest, dass die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Thüringen in der Verpflichtung stehen, humanitär initiativ zu werden, um andere Mitgliedstaaten für die Aufnahme von Flüchtlingen zu gewinnen. Das klingt ja noch harmlos. Aber was Sie darunter konkret verstehen, wird dann unter Ziffer II.1.c deutlich klarer. Da formulieren Sie dann nämlich, die Bundesregierung soll „von den europäischen Partnern und Partnerinnen verlang[en]“, dass sie entsprechend Migranten aufnehmen. Da stellen wir doch schon fest

Herr Abgeordneter Möller, Ihre Redezeit ist zu Ende.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gott sei Dank!)

das ist ja schade! –, dass Sie am deutschen Wesen die Welt genesen lassen wollen.

(Beifall AfD)

Das ist natürlich im Grunde genommen alter Brauch, der völlig untunlich ist, den wir nicht unterstützen können.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste! Wissen Sie, ich glaube, es ist besser, wenn hier auch Abgeordnete mit Moral sitzen, als wenn es nur noch Abgeordnete ohne jedwede Moral gäbe.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß gar nicht, was ich zur Rede der AfD eben sagen soll. Ich weiß gar nicht, wie man so kaltschnäuzig und hämisch über Menschen reden

(Abg. Möller)

kann, die aus unterschiedlichsten Gründen auf der Flucht sind und im Mittelmeer einfach ersaufen. Sie gehen darüber hinweg, als ob das irgendwie ein Spaß wäre. Nein, es ist kein Spaß! Ich bin der Evangelischen Kirche Deutschland sehr dankbar, dass sie gestern durch ihren Bischof, den Ratsvorsitzenden Bedford-Strohm, erklärt hat: Wir wollen ein Schiff schicken.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie weit sind wir gekommen, dass die Kirchen sich aufmachen müssen, um Schiffe zu schicken? Wie weit sind wir gekommen, dass Ehrenamtliche, NGOs, gesamtgesellschaftliche Aufgaben – eigentlich die Aufgabe von Staaten – übernehmen, weil ein gesamter Kontinent – Europa – versagt. Ich finde das bedenklich und das mögen Sie moralisierend finden. Ich glaube, es geht tatsächlich um nicht mehr oder weniger als um die Frage, ob wir die Menschen ersaufen lassen wollen oder ob wir sie retten und unserer Verantwortung für Menschenleben gerecht werden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Giorgia Linardi hat im Europaparlament erst vor wenigen Tagen zur Kriminalisierung der Seenotrettung gesagt: „Es gibt nichts Erschütternderes, als geretteten Menschen zu erklären, dass ein Land in Frieden, ein ganzer Kontinent in Frieden, nicht will, dass sie das Land auch nur mit ihren Füßen berühren.“ Das macht mich in der Tat betroffen. Da mögen Sie, von der AfD, jetzt wieder hämisch lachen. Aber auch das sagt mehr über Sie als über alles andere. Und dass eine Kapitänin hier als die Tochter mit notorisch schlechtem Gewissen dargestellt wird, das zeigt nur deutlich, was für ein Frauenbild Sie haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Frau, Carola Rackete, verdient unser aller Respekt. Sie kann selbst denken und handeln. Sie hat gerade erst die katalanische Ehrenmedaille erhalten. In der Laudatio dazu sagte Pep Guardiola: „Wir brauchen offene Häfen. Wenn diese Häfen geschlossen sind, dann müssen wir sie öffnen.“ Ja, auch wir in Thüringen haben eine Verantwortung. Auch wir müssen den Blick über den Bratwursthorizont wagen, weil die Welt größer ist und weil es auch uns etwas angeht. Wer, wenn nicht die vielen Kommunen, die sich jetzt schon bereit erklärt haben, sichere Häfen zu werden, brauchen und verdienen unsere Unterstützung – die Unterstützung eines Landes, das sich der menschenrechtsorientierten Flüchtlingspolitik verschrieben hat. Ja, wir

machen es konkret. Und ja, Sie sagen, wir spielen Außenpolitik. Nein, wir spielen nicht, wir übernehmen Verantwortung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn die Bundesebene versagt, dann müssen eben die Länder kommen und sagen: Ja, wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, und das auch ganz konkret. Sabine Berninger hat es gesagt: Es geht nicht nur um ein Symbol, es geht nicht nur darum, zu erklären, dass wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Es geht nicht nur darum, zu sagen, dass Seenotrettung selbstverständlich kein Verbrechen, sondern überlebensnotwendig ist, sondern es geht darum, dies tatsächlich dann auch konkret zu machen. Das tun wir, indem wir mit einem Landesprogramm den Kommunen, die sich dazu bereit erklären, Geflüchtete aufzunehmen, auch konkrete Unterstützung bieten.

Und doch wissen wir um das furchtbare Sterben im Mittelmeer jeden Tag. Dass ein Vertreter einer Partei mit dem „C“ im Namen – und das empört mich wirklich, Herr Herrgott – sich hier vorn hinstellt und behauptet, diejenigen, die Leben retten, sind erst dafür verantwortlich, dass sich Menschen überhaupt auf eine lebensgefährliche Reise machen, der will nicht sehen, was das Problem tatsächlich ist.

Ich mache jetzt noch mal den Vergleich, auch wenn er vielen nicht gefällt: Ich war am Sonntag beim Bürgerfest vom Geschichtsverbund Thüringen in der Andreasstraße. Es gab dort eine Diskussionsrunde, die unter der Überschrift stand „Es ist zum Ausreis(s)en!“. Da saß ein junger Mann, Herr Stiehler, der mit 16 Jahren damals mit seiner Mutter über Ungarn aus der DDR abgehauen ist, und da saß Herr Chrestensen, der sich entschieden hat, doch hier zu bleiben. Herr Stiehler hat sehr nachvollziehbar erzählt, dass es ihm nicht um Freiheit oder um das große politische Ganze ging, sondern dass es schlichtweg darum ging, sich auch mal schicker anziehen zu können, Dinge zu kriegen, die man hier in der ehemaligen DDR nicht bekam. Waren das Wirtschaftsflüchtlinge? Waren sie das?

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Ja!)