Protocol of the Session on September 12, 2019

Wir wollen Qualitätsverbesserung und wir wollen Entlastung der Eltern – darum geht es uns. Wenn Sie ständig meinen, dass die Mutter der Weisheit die Wiederholung sei, dann gibt es auch eine Abwandlung des Sprichworts: „Die Wiederholung ist die Mutter des Lernens.“ Deswegen werde ich jetzt noch einiges wiederholen, in der Hoffnung, dass Sie lernen, dass wir beides tun wollen: Das eine tun, ohne das andere zu lassen.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Das ist vergebene Liebesmüh!)

Also: In dieser Landtagssitzung wird zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode das Thüringer Kindergartengesetz novelliert, das in Zukunft nicht mehr Kita-, sondern Kindergartengesetz heißen wird; das haben Sie bereits angesprochen. Ich bin ja richtig hin und weg, dass Sie gut finden, dass es Kindergartengesetz heißt. Das ist doch schon mal positiv und an diesem Punkt können wir doch auch zusammen diskutieren.

Ja, natürlich, der Regierungskoalition geht es allerdings bei der Novellierung nicht nur darum, im eben genannten Fröbelland Thüringen ein deutliches Zeichen zu setzen, um den weltweit bekannten, von Bad Blankenburg ausstrahlenden Begriff „Kindergarten“ an prominenter Stelle des Gesetzes zu verankern. Wir setzen – und ich sagte es eben – mit der zweiten Änderung des Gesetzes unseren Weg fort, eine Verbesserung der frühkindlichen Bildungsqualität mit Entlastung für Thüringer Familien zu verknüpfen.

Jetzt komme ich ein bisschen zu der Wiederholung – Herr Minister hat dankenswerterweise schon vieles angesprochen –: Es ist gerade zwei Jahre her, als Rot-Rot-Grün mit der ersten Reform des Thüringer Kindergartengesetzes eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels in der Altersgruppe der dreibis vierjährigen Kindergartenkinder auf den Weg gebracht hat. Ab diesem Jahr werden so in den Einrichtungen über 500 zusätzliche Stellen geschaffen; das Land wendet hierfür jährlich rund 31 Millionen Euro auf. Mit der Verbesserung der Personalausstattung ist die Einführung der Beitragsfreiheit für das letzte Kindergartenbesuchsjahr vor der Einschulung einhergegangen. Seit 2018 werden Thüringer Eltern dadurch finanziell um insgesamt etwa 28 Millionen Euro im Jahr entlastet und jede Familie mit Kindergartenkindern hat so im

Durchschnitt rund 1.440 Euro jährlich mehr zur Verfügung. Ich finde das gut, weil mir bislang sowieso noch keiner erklären konnte, warum gerade im wichtigsten Teil dessen, was für Kinder gegeben werden muss, nämlich in der frühkindlichen Bildung, ausgerechnet Gebühren anfallen und Eltern bezahlen müssen,

(Beifall DIE LINKE, SPD)

während das in anderen Bereichen nicht der Fall ist. Wir wollen – und das wurde gesagt – langfristig die vorschulische Bildung gänzlich beitragsfrei gestalten, das ist unser Ziel.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mithilfe des Bundes setzen wir diesen Kurs nun entschlossen fort. Mit dem neuen Gesetz unternehmen wir einen weiteren Schritt bei der Entlastung der Familien und dehnen genau diese Beitragsfreiheit weiter aus: Ab 1. August 2020 wird auch das vorletzte Besuchsjahr der Kinder zwischen viertem und fünftem Geburtstag beitragsfrei sein. Hierfür werden wiederum rund 31 Millionen Euro aus Mitteln des – da heißt es noch so – Gute-KiTa-Gesetzes eingesetzt. Die Thüringer Familien mit Kindergartenkindern haben dadurch wiederum jährlich circa 1.500 Euro mehr in der Tasche.

Und – auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, Frau Rosin – mit der Novellierung ist auch eine weitere Verbesserung der Betreuungssituation in den Einrichtungen verbunden: Wir senken den Personalschlüssel in der Altersgruppe der vier- bis fünfjährigen Kindergartenkinder ab 01.08.2020 von 1 zu 16 auf 1 zu 14 ab. Wir verbessern den Mindestpersonalschlüssel der Kindertagesstätten um 3 Prozent, denn dadurch können die Ausfallzeiten durch Urlaub und Krankheit personell besser kompensiert werden und für die einzelnen Erzieher/-innen bleibt spürbar mehr Zeit für die unmittelbare Arbeit am Kind. Auch das war immer Thema in den Anhörungen und genau das haben wir aufgenommen und mit umgesetzt. Beide Maßnahmen zusammengenommen entsprechen einem Personalplus von rund 530 Erzieher/-innen-Vollzeitstellen, das ab Beginn des Kindergartenjahrs 2020 den Einrichtungen zur Verfügung stehen wird.

Ich wiederhole mich und hoffe immer noch auf den Lerneffekt: Familienentlastung durch Beitragsfreiheit und eine Verbesserung der Betreuungssituation in den Kindergärten schließen sich also nicht aus, auch wenn Frau Rosin das immer wieder fälschlicherweise behauptet.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie lassen sich gemeinsam denken und sie lassen sich gemeinsam auf den Weg bringen. Wir haben das auch im Landeshaushalt 2020 gezeigt und dort die Maßnahmen zur personellen Entlastung der Kindertagesstätten verankert, nicht einfach mal so drüber geredet, es ist fest verankert.

Ich will noch darauf hinweisen, dass insbesondere auch die Realisierung eines Modellprojekts zur sozialindikatorengestützten Personal- und Sachausstattung von bis zu 100 Kindereinrichtungen bzw. Kindergärten auch mit einbezogen ist. Das sind Einrichtungen in sozialen Brennpunkten oder mit erhöhten Förderbedarfen, die ab 2020 zusätzliches Personal und zusätzliche Sachmittel erhalten, um leichter multiprofessionelle Teams bilden zu können – ein Anliegen, das auch wir als Koalition immer deutlich gemacht haben. Dafür stellen wir rund 7 Millionen Euro bereit und lassen Kindergärten mit besonderen Bedarfen zielgerichtet insgesamt bis zu 100 zusätzliche Stellen zukommen.

Wenn man das alles zusammenfasst, dann kann man ein Resümee der Kindergartenentwicklung in dieser Legislaturperiode ziehen. Dann hat die Regierungskoalition auf der Habenseite Personalverbesserungen an den Einrichtungen im Umfang von über 1.100 Vollzeitstellen vorzuweisen –

(Beifall DIE LINKE)

ja, ich denke, da kann man auch ruhig mal applaudieren; Frau Rosin, tun Sie mir den Gefallen und schreiben Sie diese Zahl noch mal auf, dass das im nächsten Redemanuskript vielleicht irgendwann einmal erscheint – und eine finanzielle Entlastungen der Thüringer Familien mit einem Volumen von rund 62 Millionen Euro im Jahr.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube schon, das kann sich sehen lassen, und ich schließe mich dem Minister an: Ja, darauf bin ich mit meiner Fraktion und mit der gesamten Koalition stolz.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man jetzt noch mal nachfragt, was war denn so das Konzept der Opposition – wenn ich Opposition sage, meine ich die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Welches Konzept?)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Welches Konzept?)

Ich sage ja, wenn man da nachfragt. Ich meine bei Opposition dann die CDU und keine andere Oppositionspartei. Ich habe gehört – und das haben viele andere auch gehört –, dass Herr Tischner vor wenigen Tagen gefordert hat, Thüringen müsse die Mittel aus dem Gute-KiTa-Gesetz des Bundes eins zu eins in Qualitätsverbesserungen stecken. Das sagt er immer, das hat Frau Rosin jetzt auch wieder so verklausuliert gesagt. Aber wenn man genau nachfragt, dann kommt nichts.

Sie sagen nicht, was Sie wollen, aber mehr oder weniger ungefragt hat Ihr Fraktionsvorsitzender Mike Mohring noch mal darauf hingewiesen, die CDU verstehe darunter eine Essengeldbefreiung in den Kindergärten. Ja, man kann natürlich die Essenverpflegung im Kindergartenbereich kostenfrei gestalten. Das ist – glaube ich – meines Wissens eine Summe von rund 100 Millionen Euro, die dann für dieses Land fällig werden. Dann wäre ich Ihnen dankbar gewesen, Sie hätten dazu einen Antrag gemacht

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

oder Sie hätten mal irgendwas gesagt oder Sie hätten es untersetzt und hätten gezeigt, dass Sie es denn tatsächlich wollen.

Die Essenverpflegung in Kindereinrichtungen ist sehr wichtig. Aber was das jetzt unmittelbar mit einer Verbesserung der Betreuungsrelation zu tun hat, was Sie ja immer einfordern, erschließt sich mir im Moment nicht, aber vielleicht kann es irgendjemand noch einmal irgendwann erklären. Also ich finde, da müssten Sie, was diese Gesetzgebung angeht, noch einmal konzeptionell nachbessern, hoffe ich wenigstens, dass das irgendwann mal kommt. Aber ich hoffe, dass das dann nicht wieder so schiefgeht wie bei der Familienoffensive, die ein Teil der Abgeordnetenkollegen hier in diesem Hause ja miterleben durfte. Da kann man an dieser Stelle noch mal ganz herzlich danken, dass nicht nur die Politik, sondern insbesondere die Eltern und Bürgerbewegungen das alles zum Stocken gebracht haben und wir dann wieder ein gutes Gesetz hier im Thüringer Landtag – damals parteiübergreifend – beschließen konnten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit komme ich zum Schluss. Wir Sozialdemokraten und die Koalition haben einen klaren Kurs, der unser Handeln in dieser Legislaturperiode bestimmt hat, und das wollen wir auch weiter fortsetzen und das wollen wir auch nach der Wahl fortsetzen: schrittweise Ausdehnung der Beitragsfreiheit auf alle Kindergartenbesuchsjahre sowie perspektivisch

auch auf den Hortbesuch und dies jeweils begleitet von weiteren Verbesserungen bei der frühkindlichen Bildungsqualität. Dafür stehen wir nach wie vor, dafür standen wir, dazu werden wir stehen, dafür ist auch das neue Kindergartengesetz eine gute Grundlage und mit diesen Inhalten ist dieses Kindergartengesetz auch geprägt. Deshalb wird meine Fraktion und natürlich die Koalition diesem Gesetz zustimmen und nochmals den Stolz und die Zufriedenheit bekunden. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Muhsal von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste! Sehr geehrter Herr Minister Holter, ich gebe zu, eigentlich würde ich direkt gern in die Diskussion Ihres Gesetzentwurfs einsteigen, weil der Gesetzentwurf das ist, was wir schwarz auf weiß vor uns liegen haben, muss Ihnen allerdings sagen: Ich glaube, Sie haben mindestens die Hälfte Ihrer Redezeit darauf verwandt, Schaumschlägerei zu betreiben, Eigenlob zu betreiben und so rein gar nicht über den Inhalt Ihres Gesetzes zu reden.

(Beifall AfD)

Was Sie weitläufig erzählt haben, ist ja, was Sie alles gern noch machen würden – mit anderen Worten: was Ihnen offenbar nicht wichtig genug war, es in dieser Legislatur zu erledigen. Ich finde das schade und ich finde das ganz besonders schade, dass das alles auf dem Rücken der Kinder passiert.

(Beifall AfD)

Thüringens Kinder verdienen nicht nur eine liebevolle Erziehung durch ihre Eltern, sondern auch eine altersgerechte, eine geschulte und eine achtsame Betreuung durch ihre Erzieherinnen, durch die Erzieher in Thüringer Kindergärten und Kinderkrippen. Keine Frage, Thüringens Erzieherinnen sind engagiert bei der Sache, aber ihre Arbeit wird ihnen eben auch oft erschwert, wenn zu wenig Erzieherinnen da sind, wenn der Betreuungsschlüssel nicht stimmt oder wenn die Landesregierung schlicht nicht die richtigen Schritte trifft oder zu kleine Schritte geht, sodass Missständen nicht zügig abgeholfen wird.

Was Rot-Rot-Grün nun macht, ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Der Schwerpunkt Ihres Gesetzes liegt auf einem weiteren beitragsfreien Kita

Jahr. Herr Minister, ich finde das nahezu dreist, hier zu erzählen, dass Sie den sozial Schwachen damit helfen wollten, denn dieses weitere beitragsfreie Kita-Jahr hilft eben nicht den sozial Schwachen, gerade nicht den Geringverdienern und der Mittelschicht, sondern vor allem den Besserverdienenden.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verstehe ich das richtig?!)

Ein beitragsfreies Kita-Jahr hört sich sozial an – das gestehe ich Ihnen zu –, faktisch ist es jedoch eine Subventionierung von unten nach oben, weil die arbeitende Mittelschicht letztlich das Steueraufkommen generiert, was das beitragsfreie Kita-Jahr für die Besserverdienenden bezahlt. Und während Geringverdiener und Mittelschicht ohnehin in aller Regel ermäßigte Beiträge zahlen, ist die Entlastung für die Gutverdienenden durch das beitragsfreie Kita‑Jahr am größten. Umverteilung von unten nach oben, das ist rot-rot-grüne Politik.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Sie ha- ben keine Ahnung!)

Die andere Seite des Gesetzes, die Senkung des Betreuungsschlüssels, bleibt hingegen weit hinter dem zurück, was wünschenswert ist. Zunächst einmal wird der Betreuungsschlüssel nur für die vierbis fünfjährigen Kinder von 1 zu 16 auf 1 zu 14 gesenkt. Was ist aber mit den fünf- bis sechsjährigen Kindern? Vor allem aber, was ist mit den jüngeren Kindern? Für die ändert sich doch gar nichts, sodass im Endeffekt nur vergleichsweise wenige Kinder von der Absenkung des Betreuungsschlüssels überhaupt profitieren.

Dann möchte ich einen Hinweis des Landesjugendamts aufgreifen. Das Landesjugendamt weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Bertelsmann Stiftung eine Fachkraft-Kind-Relation von 1 zu 7,5 für Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt als fachgerecht ansieht – 1 zu 7,5! Davon ist Ihre Relation von 1 zu 14 – die auch nur für einen Teil der Kinder gilt, doch wahrlich weit entfernt.

Durch die Absenkung des Betreuungsschlüssels nur für die Vier- bis Fünfjährigen entstehen dann auch Folgeprobleme; auf die wurde auch in der Anhörung hingewiesen. Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege weist darauf hin, dass der Verwaltungsaufwand für die Verbesserung des Personalschlüssels nur für Vierjährige für die Träger der Kindergärten größer wird. Mit jedem Geburtstag eines Kindes muss der Personalschlüssel nämlich neu berechnet werden – das ist ja logisch. Auch aus diesem

(Abg. Pelke)

Grund bietet sich ein einheitlicher Personalschlüssel für alle Kindergartenkinder ab drei Jahren bis zum Schuleintritt an. Aber davon sehen Sie als Koalitionsfraktionen leider ab. Ich nehme an, Sie haben vielleicht Besseres zu tun, Wichtigeres – mal in zehn Jahren oder so, schauen wir mal.

Nach Ansicht der AfD-Fraktion wäre das Geld besser für eine konsequente Absenkung des Betreuungsschlüssels in allen Altersgruppen mithilfe einer vorausschauenden Ausbildung von Erzieherinnen eingesetzt als für ein weiteres beitragsfreies KitaJahr für Besserverdienende und nur eine geringe Verbesserung des Betreuungsschlüssels.