Protocol of the Session on September 12, 2019

Wir haben also gemeinsam diskutiert, welche Schritte wir gehen wollen. Natürlich bringt jeder seine Interessen ein. Das ist auch normal. Wenn ich Träger wäre, würde ich auch die Interessen eines Trägers einbringen. Wenn ich Landeselternvertreter wäre, würde ich die Interessen der Eltern einbringen usw. Das sind normale Diskussionsprozesse, selbstverständlich. Aber am Ende – das finde ich das Hervorragende – haben wir uns geeinigt und haben gesagt: Das sind die Wege – wie ich sie beschrieben habe –, die wir jetzt gehen. Das ist die Frage, die auch mit der Initiative des Bundes, mit dem Gute-KiTa-Gesetz und der Fachkräfteoffensive zusammenhängt.

Es ist wichtig, diese Maßnahmen umzusetzen, und wir haben uns von diesen zehn Maßnahmen, die der Bund vorgeschlagen hat, eben die vier herausgesucht und daraus entstand der Weg zur Beitragsfreiheit und, ich hoffe, zur vollständigen Beitragsfreiheit und zur weiteren Verbesserung der Qualität. Wir bleiben im Dialog. Als wir am 2. Juli das letzte Mal zusammengesessen haben – Sie wissen, es gab einmal einen runden Tisch zu bestimmten Fragen, die ich jetzt nicht weiter vertiefen will –, da haben wir uns geeinigt: Wir brauchen den Dialog.

Wir haben in Thüringen – das habe ich vorgeschlagen – eine AG „Zukunft Kindergarten“ gebildet, um mit den Beteiligten, mit den Trägern, den Gewerkschaften, den Elternvertretern und auch mit den Vertreterinnen und Vertretern in der Tagespflege, abzustimmen, wie der Weg der Beitragsfreiheit, der Qualitätsverbesserung und anderer Initiativen in Thüringen weitergegangen werden soll. Ich kann die Opposition – namentlich die CDU – nur ausdrücklich einladen, sich hier einzubringen, um auch zu sagen: Wir haben den großen Schulterschluss. Denn es kommt auf die Gemeinschaft an, meine Damen und Herren, auf Vertrauen und Verlässlichkeit. Diejenigen, die vor Ort in der Einrichtung, im Kindergarten arbeiten – ob die Kitaleitung oder die Erzieherinnen und Erzieher, aber auch die Eltern – wollen wissen, ob das, was heute verabschiedet wird, in drei Jahren noch gilt. Darum geht es meines Erachtens auch bei diesem ganzen politischen Vorhaben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin sehr stolz, meine Damen und Herren, und ich hoffe, Sie sind mit mir stolz. Thüringen ist Spitzenreiter in der frühkindlichen Bildung. Thüringen ist übrigens auch Spitzenreiter in den Grundschulen – mal eine kleine Abweichung: neun von zehn Kindern in den Grundschulen fühlen sich wohl in den Thüringer Grundschulen. Das ist ein Plus auf unse

(Minister Holter)

rer Habenseite, kein Land hat solche guten Ergebnisse.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wie wäre es mit öfter mal frei haben?)

Die Umfragen habe ich nicht gemacht, Herr Fiedler, sondern andere.

(Unruhe CDU, DIE LINKE)

Thüringen hat einen Rechtsanspruch, der dazu führt, dass Kinder bis zu zehn Stunden im Kindergarten betreut werden können. In Brandenburg sind es sechs Stunden, in Schleswig-Holstein gerade einmal vier Stunden und nun soll er dort auf fünf Stunden angehoben werden. In so manchem westdeutschen Land gibt es eine Mittagspause. Da ist der Rechtsanspruch ausgesetzt. Da werden die Kinder in der Einrichtung nicht verpflegt. Sie gehen nach Hause, essen dort und können dann nachmittags wiederkommen, um noch mal zwei oder zweieinhalb Stunden im Kindergarten, in der Einrichtung aufgenommen zu werden.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ihr müsst mal von uns lernen!)

Wir – das heißt die Erzieherinnen und Erzieher – leisten eine hervorragende Arbeit. Das zeigen die Besuchsquoten: 96 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen werden in Thüringen in einem Kindergarten betreut.

(Beifall DIE LINKE)

Wir liegen mit Rheinland-Pfalz auf dem ersten Platz. Wenn wir uns aber anschauen, wie das mit der Ganztagsbetreuung aussieht – da sind wir weit vorn und haben einen herausragenden 1. Platz.

(Beifall DIE LINKE)

Rheinland-Pfalz hat hier eine Ganztagsquote von 52,3 Prozent, Thüringen von 91,8 Prozent. Das kann sich sehen lassen. Das können wir doch mit Stolz auch im Land verkünden, auch in der Bundesrepublik, wo wir in der Kindertagesbetreuung stehen.

(Beifall DIE LINKE)

Das Beste für die Kinder ist uns nur gut genug. Frühkindliche Bildung ist eine Voraussetzung, um daran auch eine gute schulische Bildung anschließen zu können. Wir wollen den Erzieherinnen und Erziehern gute Arbeitsbedingungen bieten. Mit dem Anteil der Erzieherinnen und Erzieher bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden und mehr erreichen wir einen Spitzenplatz. Das sind 73,3 Prozent, im Bundesdurchschnitt sind es 59,4 Prozent. Deswegen ist es meines Erachtens wichtig, das auch einmal herauszustellen. Und wir

pumpen richtig Geld in die Kindertagesbetreuung. Ich habe schon einige Millionen aufgezählt. Pro Kind gibt Thüringen 4.749 Euro aus. Im Bundesdurchschnitt sind es 4.119 Euro. Thüringen gibt 630 Euro mehr pro Kind aus als im Bundesdurchschnitt. Das ist eine Summe, die sich sehen lassen kann. Jeder Euro ist gut investiert.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir stehen aber auch vor aktuellen Herausforderungen. Die Meldungen kennen Sie aus Ihren Wahlkreisen und aus Ihrer Arbeit in Thüringen. Nicht alle Eltern finden heute einen Betreuungsplatz. Durch die Geburtenentwicklung, aber auch durch Zuzüge – auch Kinder sind gekommen – bersten die Kindergärten aus den Nähten. Deswegen stehen wir mit den Kommunen vor einer gemeinsamen Herausforderung. Wir haben mit dem Kita-Invest-Programm von Bund und Ländern allein in der Förderperiode 2015 bis 2018 1.100 Betreuungsplätze neu geschaffen, 1.300 wurden modernisiert. In der aktuellen Förderperiode dieses Programms werden weitere 28,5 Millionen Euro in die Schaffung neuer Plätze oder die Modernisierung bestehender Plätze investiert. Jährlich kommen 18 Millionen Euro als Investitionspauschale im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs hinzu. Summa summarum sind es 46,5 Millionen Euro, die wir in Kindertagesstätten investieren, um die Bedingungen dort konkret zu verbessern.

Meine Damen und Herren, wir wollen, dass Thüringen Spitzenreiter in der frühkindlichen Bildung bleibt. Das ist Auftrag, das ist Aufgabe und Verpflichtung und deswegen ist es meines Erachtens wichtig, dass wir diesen Weg weitergehen.

Zum Schluss möchte ich zum Ausdruck bringen, das wird wohl die letzte Rede eines Bildungsministers gewesen sein, in der von einem KitaG gesprochen wurde. Ich freue mich sehr, dass die Koalitionsfraktionen sich entschieden haben, den Begriff „Kindergarten“ auch gesetzlich zu verankern.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Somit wird im Land Fröbels der Begriff des Kindergartens wieder breiten Raum einnehmen. Wenn schon die ganze Welt Kindergarten sagt, mein Gott, dann muss doch Thüringen erst recht Kindergarten sagen!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer über Zukunft spricht, meine Damen und Herren, muss über die Kinder sprechen. Und Sie erinnern sich mit mir sicherlich, was bzw. wen der Rat

(Minister Holter)

tenfänger von Hameln aus der Stadt führte: nicht Gold, nicht Mehl, die Kinder, das Wertvollste, was wir haben. Deswegen, meine Damen und Herren, ist das Beste für unsere Kinder nur gut genug. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Für die Fraktion der CDU hat Frau Abgeordnete Rosin das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, die Bundesmittel aus dem Gute-KiTa-Gesetz in Thüringen einzusetzen. Der Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen die Einführung eines zweiten beitragsfreien Kindergartenjahres vor sowie Qualitätsverbesserungen, insbesondere durch die Verbesserung des Betreuungsschlüssels der Vier- bis Fünfjährigen.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Nein, das stimmt nicht!)

Mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung, darum sollte es beim Gute-KiTa-Gesetz des Bundes gehen. Dieses Anliegen der Bundesregierung unterstützen wir ausdrücklich.

(Beifall CDU)

Leider verwendet Thüringen diese 142 Millionen Euro nicht ausschließlich zur Verbesserung der Qualität in den Kindergärten.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: So ist es! )

Die entsprechende Vereinbarung mit dem Bund wurde noch schnell vor der Landtagswahl im Beisein der Bundesfamilienministerin Giffey vergangene Woche unterzeichnet.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Neid!)

Notwendig war dies keinesfalls, denn noch bis Ende des Jahres wäre dafür Zeit gewesen.

(Unruhe DIE LINKE)

Es ist schon bemerkenswert, wie hier der Wählerwille einfach ignoriert wurde und nicht abgewartet wurde, bis sich eine neue Landesregierung bildet.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Wir hät- ten es nicht besser gemacht!)

Denn andere Bundesländer wie Bayern und BadenWürttemberg haben diese Vereinbarung nämlich noch nicht unterzeichnet,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist wohl besser?)

denn es ist hinreichend Zeit bis Jahresende.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das meinen Sie ja nicht ernst!)

Im Gesetzentwurf von Rot und Grün heißt es dazu: „Gefördert werden hierdurch sowohl Qualitätsverbesserungsmaßnahmen als auch die Beseitigung von Zugangshürden für die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung.“ Es liegt nahe, dass die Einführung eines zweiten beitragsfreien Kindergartenjahres von den Koalitionsfraktionen unter dem Punkt „Beseitigung von Zugangshürden“ zusammengefasst wird. Diese Argumentation – Herr Minister hat es vorhin ausgeführt – ist jedoch nicht haltbar, denn entsprechend den Zahlen des Thüringer Landesamts für Statistik besuchen 96 Prozent der Thüringer Kinder zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr einen Kindergarten.

Auch ist es bislang völlig ungeklärt, wie es nach 2022 mit der Finanzierbarkeit eines weiteren beitragsfreien Kindergartenjahres bestellt ist. Jeder, der in diesem Land politische und gesellschaftliche Verantwortung trägt, weiß, dass sich ab 2021 das Haushaltsvolumen sowohl des Landeshaushalts als auch das der kommunalen Haushalte wegen der sich verändernden rechtlichen Bedingungen auch mit Blick auf einen möglichen wirtschaftlichen Abschwung erheblich vermindern wird.