Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist hier heute auch schon in der Aktuellen Stunde zu dem vermutlich rechtsterroristischen Mord an Walter Lübcke gesagt worden. Sie sagen das immer so und das schleift sich so ein, aber ich glaube, es ist noch mal ganz besonders wichtig zu betonen, wie wichtig das ist, die Menschen zu unterstützen, die sich gerade auch in ländlichen Regionen gegen Neonazis stellen, die dort teilweise üblen Bedrohungen ausgesetzt sind, die eben nicht einfach wegziehen und sagen können, ich verlasse jetzt mein Dorf – weil sie dort Verpflichtungen haben, weil sie dort Eigentum haben und sich trotzdem dagegen wehren. Ich glaube, in den nächsten Monaten wird es wichtig sein, dass wir diese Menschen noch viel stärker unterstützen, nicht nur hier im Parlament, sondern auch vor Ort. Ich würde mir wirklich wünschen, dass alle demokratischen Parteien in diesem Hause das ernst nehmen und diesen Menschen zur Seite stehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach diesem Wochenende sind zwar vielleicht erst mal die vielen Neonazis weg, aber was weiterhin da sein wird, ist die Wiese, auf der weiterhin verfassungsfeindliche und menschenverachtende Veranstaltungsformate stattfinden werden. Es wird die Nazigaststätte von Tommy Frenck immer noch da sein, in der es Liederabende geben wird und nostalgische Nazideko, und die extrem Rechte wird auch weiterhin Geld verdienen und dieses in ihre Strukturen geben und diese Strukturen stärken. Es wird der Ort bleiben mit seinen Alltagsproblemen und einer – das haben wir gemerkt, als wir in Themar wa
ren – gespaltenen Gesellschaft. Es ist sehr wichtig, dass wir die Proteste am Wochenende unterstützen. Ich bin auch sehr dankbar, dass der Innenminister und sein Ministerium diesmal sehr gut vorgearbeitet haben, dass die Taskforce sich hier wirklich angestrengt und dafür gesorgt hat, dass wir eventuell doch einen Etappensieg erringen können.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen uns natürlich auch ehrlich machen: Wir wissen alle, dass das nicht reicht und dass wir noch viel stärker daran arbeiten müssen, dass die Rechtsrockveranstaltungen, die ein Pfeiler neonazistischer Infrastruktur sind und auch im Übrigen rechtsterroristischer Infrastruktur darstellen, bekämpft werden. Der Hass, der auf Rechtsrockkonzerten gelebt, getanzt, gesungen und gegrölt wird, der endet am Ende auch in der Tötung von Menschen. Ralf Wohlleben beispielsweise, der Unterstützer des NSU-Trios, war auch der Organisator des „Fests der Völker“, das auch von der Zivilgesellschaft in Jena am Ende verhindert wurde.
Ja, von Antifaschistinnen und Antifaschisten. Ich habe Zivilgesellschaft gesagt. Bei mir gehören die da dazu, Katharina.
„Blood & Honour“ hatte mit dem NSU-Netzwerk personelle Verflechtungen, die bei verschiedenen Personen des NSU-Netzwerks festgestellt werden konnten. Wir müssen dieses Problem erkennen, wir müssen es benennen und wir müssen vor allen Dingen endlich die Vernetzung in den Vordergrund rücken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für uns Bündnisgrüne und für die rot-rot-grüne Koalitionsfraktion heißt das, dass wir konsequent und ganzheitlich gegen Rechtsextremismus und Neonazis in Thüringen vorgehen wollen. Wir müssen unseren Blick weiten. Während wir Rechtsrockkonzerte in den Fokus nehmen, dürfen wir zum Beispiel den Alltagsrassismus in Thüringen nicht aus den Augen verlieren und müssen auch weiterhin schauen, dass wir einen Blick auf die zahlreichen Naziimmobilien haben. Die Naziimmobilien sind permanent da. Sie sind dazu da, die Ideologie zu festigen, dort wird Musik produziert und werden Vernetzungen verdichtet. Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht zum Schluss dienen sie eben auch als Rückzugsort für Neonazis.
größere Rolle spielt. Das sollten wir sehr genau beobachten und darauf auch einen Fokus legen. Auch da gehört es dazu, dass wir beispielsweise den Landessportbund und auch die Sportvereine stärker in den Fokus nehmen.
Letztendlich ist es aber vor allen Dingen aus meiner Sicht wichtig, den Druck, den wir jetzt auch am Wochenende auf die rechte Szene erhöhen, weiter aufzubauen. Es darf keinen Spaß machen, in Thüringen ein Rechtsrockkonzert durchzuführen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das muss das Ziel sein und dann werden wir auch diese Rechtsrockkonzerte in Zukunft verhindern können. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste am Livestream und – da ist ja noch jemand – liebe Gäste, die Grünen sind wieder einmal dabei, Rechtsrockkonzerten die Aufmerksamkeit zu verschaffen, die sie ansonsten nie bekämen. Das kann man machen.
Man kann Rechtsrockteilnehmern das Bier wegkaufen, man kann es dann sogar mit linksextremen Gegendemonstranten gemeinsam wegtrinken, man kann sich auch als Amtsträger oder Landtagsabgeordneter mit Organisationen und ihren Emblemen fotografieren lassen, Schulterschluss zeigen mit solchen Organisationen, die eigentlich vom Verfassungsschutz als linksextremistisch beobachtet werden. All das kann man tun. Was man nicht tun kann ist,
dass Rechtsrockkonzerte nicht weiterhin unter das Versammlungsrecht fallen, denn wir haben nicht ohne Grund einen weiten Versammlungsbegriff. Daran wird man so lange nichts ändern können, wie Peter Tauber nicht Bundeskanzler ist und die
Grundgesetzes in ihren Gräbern rotieren. Also Sie merken schon, ihrer Fixierung auf Rechtsrockkonzerte
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir merken, Sie verteidigen Rechtsrockkonzerte, Herr Möller!)
können wir nichts abgewinnen. Ich darf Sie aber beruhigen, Frau Henfling, wir gehen da nicht hin. Das liegt nämlich alles ziemlich weit neben unserem musikalischen und politischen Geschmack.
Das Gleiche, Frau Henfling, gilt aber auch für Linksrockkonzerte, zum Beispiel das „Wir-sind-mehr“Konzert in Chemnitz – 14 Tage nachdem Daniel Hillig dort ermordet worden ist –, das sogar der Bundespräsident bewarb. Keine Ahnung, was FrankWalter Steinmeier daran so gut findet, wenn Bands wie K.I.Z. auftreten und – nennen wir es mal – singen. Ich zitiere das jetzt mal mit Erlaubnis der Präsidentin: „Sei mein Gast, nimm ein Glas von mei‘m Urin und entspann dich. Zwei Huren in jedem Arm mit Trisomie 21“. Da frage ich mich: Was findet man an solchen Zeilen, an solchen widerlichen Zeilen gut? Der inklusive Gedanke ist es sicherlich nicht,
vielleicht die Tatsache, dass diese Spezialmusikanten von K.I.Z. es immerhin geschafft haben, so etwas wie einen Reim zusammenzustammeln. Aber egal, was der Grund ist: Mehrere Zehntausende linksradikale und linksextremistische Teilnehmer grölten in Chemnitz begeistert mit, als wiederum gesungen wurde, ich zitiere: „Ich war in der Schule und habe nix gelernt doch heute habe ich ei‘n Affen und ein Pferd.“ Was will ich Ihnen damit sagen?
Nein, die ist nicht falsch zitiert. Die habe ich aus dem offiziellen Liedtext. Aber egal, wir wollen hier jetzt nicht in den Liedtext einsteigen, so toll ist er nicht, und ich will auch keine Exegese betreiben. Aber was will ich Ihnen damit sagen? Dass ich diesen Sänger verachte, ich verachte auch den linksextremen Mob, der da mitgrölt, ich verachte auch die Organisatoren dieses Konzerts.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Die Verachtung haben Sie vorhin in der Aktuellen Stunde zum Mord an Herrn Lübcke nicht gezeigt!)
Aber ich käme im Traum nicht darauf, deswegen zu versuchen, diese verachtenswerte Ansammlung zu verhindern, weil ich nämlich weiß, dass dieses Zusammentreffen genauso wie ein Rechtsrockkonzert unter die Versammlungsfreiheit fällt und dass sich auf diese Versammlungsfreiheit auch Leute berufen dürfen, die ich nicht leiden kann, ja sogar Leute berufen dürfen, die ich abgrundtief verachte. Wissen Sie, wie man das Ganze nennt? Das nennt man Toleranz.
Man kann nämlich nur das tolerieren, Herr Adams, was einem mehr oder weniger zuwider ist. Genau das wäre auch der richtige Umgang mit Rechtsrockkonzerten, solange von ihnen keine Gefahr für die Ordnung und Sicherheit ausgeht. Wenn das der Fall ist, kann man das mit Auflagen bekämpfen oder das Konzert als Ultima Ratio sogar verbieten.
Man hätte also entsprechende Möglichkeiten, damit umzugehen, und könnte sich deswegen um die wirklichen Probleme in diesem Land kümmern. Mit Sicherheit sind das nicht Rechtsrockkonzerte. Ich kann Ihnen also wirklich empfehlen, wenn jetzt Wahlkampf ist, gehen Sie mal auf die Leute draußen zu, erklären Sie denen mal, was für eine wichtige Rolle Rechtsrockkonzerte für Sie spielen – bei der Durchsetzung von innerer Sicherheit beispielsweise. Sie werden von den Leuten einiges zu hören bekommen, denn die trauen sich nicht mehr in die Freibäder, die haben so einen Hals auf Clankriminalität,
die haben Angst vor Messerangriffen. Aber Rechtsrockkonzerte, ganz ehrlich, wenn so ein paar Sonderlinge ihre Musik abspielen, das ändert diese Gesellschaft nicht, das ändert diese Gesellschaft genauso wenig wie die Linksrockkonzerte.
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist Ihr Problem, Rechtsextre- me sind bei Ihnen Sonderlinge!)
Deswegen empfehle ich ihnen einfach: Schauen Sie weg, bleiben Sie tolerant und kümmern Sie sich um die wahren Dinge in unserer Gesellschaft!