Protocol of the Session on July 3, 2019

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Kowalleck, Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat die Intransparenz von Immobiliengeschäften der Landesregierung in Gera als Thema der heutigen Aktuellen Stunde eingebracht.

Wir hätten diesen Vorgang, den wir aus den Medien erfahren haben, sehr gerne bereits am Freitag im Haushalts- und Finanzausschuss besprochen. Leider wurde unser Antrag von Rot-Rot-Grün einfach weggewischt und nicht behandelt. Auch die Landesregierung sah sich außerstande, Auskünfte zu erteilen. Die Landesregierung ist anscheinend unwillig, dem Parlament zu ihrem Immobiliendeal Auskunft zu geben. Die sonst von der Landesregierung stets beschworene Transparenz wird in diesem Fall nicht beachtet.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Falsch!)

Deshalb erwarten wir heute durch die Landesregierung Auskunft über den Kauf von Anteilen der GWB Elstertal in Gera. Die Öffentlichkeit wird mitunter auch auf Twitter vom Ministerpräsidenten mit entsprechenden Informationen versorgt, so auch hier im Fall der Wohnungsbaugesellschaft Gera, als der Thüringer Ministerpräsident twitterte – ich zitiere –: „In Gera entziehen wir 5.000 Wohnungen den Spekulanten und holen sie zurück in öffentliches Eigentum. Die Verhandlungen sind heute erfolgreich abgeschlossen worden.“

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor Sie klatschen, sollten Sie vielleicht meinen weiteren Ausführungen lauschen, denn niemand entzieht hier irgendetwas.

(Unruhe DIE LINKE)

Es werden lediglich Wohnungen auf dem Immobilienmarkt angeboten. Und was macht die Landesregierung? Sie kündigt einen Kauf an und macht wohl alles andere dabei als ein gutes Geschäft. Natürlich

hat der Geraer Bürgermeister auch recht, wenn er sagt, dass er Unterstützung braucht.

(Zwischenruf Abg. Hausold, DIE LINKE: Oberbürgermeister!)

Dafür haben wir Verständnis. Aber eins steht auch fest: Investitionshilfen, ob für Gera oder andere Kommunen, gehen auch ohne fragwürdige Immobiliendeals.

(Beifall CDU)

In dieser Situation macht es sich der Thüringer Ministerpräsident einfach, indem er meint, an allem wäre die CDU-Vorgängerregierung schuld.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Frei- lich, der Ministerpräsident hat recht!)

Die Tatsachen sprechen auch hier eine andere Sprache.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ja, Herr Geibert war’s!)

Schließlich hat auch in Gera über Jahre die Linke die Stadtratsmehrheit gehabt. Die Geschichte der Insolvenz der Stadtwerke ist hinlänglich bekannt. Zum Zeitpunkt des Verkaufs im Jahr 2016 hatten wir eine rot-rot-grüne Landesregierung. Damals hatte Benson Elliot den Mehrheitsanteil aus der Insolvenzmasse der Geraer Stadtwerke erworben.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ihr habt die Stadtwerke in die Insolvenz ge- schickt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aktuell gibt es Hunderte leere Wohnungen in Gera. Es gibt also keine Wohnungsnot vor Ort. Der Thüringer Ministerpräsident und seine Landesregierung bedienen sich einer verbreiteten Methode der von ihm als Spekulanten gescholtenen Steuervermeidung bei der Grunderwerbsteuer durch die berüchtigten Share Deals.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Ein Schwachsinn!)

Auch hierzu gab die Landesregierung dem Parlament keinerlei Auskunft. Was noch schlimmer wiegt: Mit dem Share Deal bedient sich die rot-rotgrüne Landesregierung eines Tricks, um genau der Steuer aus dem Weg zu gehen, die sie selbst auf den deutschlandweit höchsten Satz gesetzt hat. Der normale Thüringer Bürger hat diese Möglichkeit jedenfalls nicht und muss die hohe Grunderwerbsteuer zahlen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie begeben sich jetzt gefährlich auf AfD-Ni- veau!)

Das haben wir schon verschiedene Male an dieser Stelle kritisiert.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ent- weder stellen Sie sich dumm oder Sie sind es!)

Was wir wissen, ist, dass der Deal die verfehlte Wohnungspolitik der Landesregierung offenbart. Angesichts des hohen Leerstands in Gera und weit unterdurchschnittlicher Mieten in dieser Stadt ist es absurd, dass das Land dort Wohnungen von einem privaten Investor zurückkaufen soll, um besser günstigen Wohnraum anbieten zu können. Bauen und Wohnen müssen erschwinglich bleiben. Gelingen kann das nur durch die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum und durch weniger Regulierung. Wie der teure Rückkauf von erst vor wenigen Jahren von der Stadt Gera verkauften Wohnungen durch das Land helfen soll, dieses Ziel zu erreichen, ist völlig unklar.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die Stadt hat verkauft? Nein, der Insolvenzver- walter hat verkauft!)

So wird jedenfalls keine einzige Wohnung geschaffen.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, stellen Sie sich am Schluss einmal die Frage, wie viele neue Wohnungen im Freistaat für 70 Millionen Euro gebaut werden könnten. Die Baukosten für eine Wohnung in Thüringen liegen bei 1.523 Euro je Quadratmeter. Bei 70 Millionen Euro sind das 45.962 Quadratmeter neue Wohnungsfläche.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie machen sich zum Lobbyisten!)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordnete Lukasch das Wort. Ich begrüße sehr herzlich auf der Tribüne den Oberbürgermeister der Stadt Gera, Julian Vonarb. Herzlich willkommen!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ebenfalls ein herzliches Willkommen, Herr Oberbürgermeister! Ich freue mich sehr, dass Sie der Aktuellen Stunde beiwohnen. Ich würde mal sagen, der Antrag „Intransparenz von Immobiliengeschäften der Landesregierung in Gera“ ist ein bisschen spät. Die erste Pres

(Abg. Kowalleck)

semitteilung gab es schon im März und der Oberbürgermeister informierte den Stadtrat bereits im Januar. Sie hätten vielleicht mal mit Ihren Fraktionskollegen reden sollen.

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Im Haushaltsausschuss haben Sie blockiert!)

Darum geht es gar nicht. Es geht um die zeitliche Folge. Sie schreiben in Ihrer Begründung, dass Sie das am 24. Juni bei Twitter gelesen hätten. Hätten Sie die „Thüringer Allgemeine“ am 16.04. gelesen, da stand schon alles drin!

Für das Problem, was verursacht wurde, dass die städtische Gesellschaft im Prinzip in die Insolvenz gegangen ist und öffentliches Eigentum damit vernichtet wurde, holen wir das jetzt wieder zurück.

(Beifall DIE LINKE)

Ich glaube, dass das ein gutes Zeichen ist. Hier geht es nicht um das Geld und um rechte Tasche, linke Tasche und wie Sie da informiert werden. In Ihrem Antrag steht nicht ein einziges Wort dazu, dass es hier nicht nur um 5.000 Wohnungen geht, sondern um die Mieterinnen und Mieter, die in Gera darin wohnen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es geht darum, ihnen Sicherheit zu schaffen, dass diese Wohnungen nicht noch mal und noch mal verkauft werden. Ich war gestern erst im Finanzministerium, herrenlose Grundstücke hundertmal verkauft und es gibt keine Lösung, weil man die Eigentümer nicht findet. Um das zu vermeiden, ist das der einzig richtige Schritt, diese Immobilien wieder in Landeshoheit zu nehmen. Es gibt die Option, dass Gera die Wohnungen wieder zurückkaufen möchte. Das begrüße ich sehr, dass auch Gera dafür Anstrengungen unternimmt. Dass Zwischenschritte notwendig sind, um das zu gewährleisten, kann ich nur begrüßen.

Ich kann Ihre Haltung nicht verstehen. Sie hätten genauso gut im Infrastrukturausschuss nachfragen können oder mit einer Kleinen Anfrage. Es war längst in der Presse öffentlich bekannt. Der Stadtrat war zu jeder Zeit durch den Oberbürgermeister informiert.

(Beifall DIE LINKE)

Angefangen im Januar bis zum März waren mehrere Personen im Stadtrat in Gera. Die Finanzministerin selbst war im Stadtrat in Gera und hat darüber informiert und nach Lösungswegen gesucht. Nicht einfach nach dem Motto: Dann verscherbeln wir das, das kann man alles privatisieren. Man sucht nach Lösungswegen, das ehemals öffentliche Ei

gentum wieder in die öffentliche Hand zurückzuführen, damit man gewährleisten kann.

(Beifall DIE LINKE)

Da spielt es keine Rolle, ob dort 4,50 Euro oder 7 Euro Miete gezahlt werden, denn es geht um die Bürgerinnen und Bürger, es geht um Stadtentwicklung, die man nur gemeinsam betreiben kann.

(Beifall DIE LINKE)