Protocol of the Session on March 29, 2019

Das Hinwirken auf eine barrierefreie Gestaltung von Frauenschutzwohnungen und Frauenhäusern nach Punkt 6 des Entschließungsantrags sollte in der Zuwendungsbearbeitung mittels Bescheidauflagen erfolgen können. Bereits derzeit werden Belange der Barrierefreiheit regelmäßig im Rahmen der Zuwendungsberatung oder auch im Rahmen von Gesprächen in der Landesarbeitsgemeinschaft der Thüringer Frauenhäuser erörtert.

Entsprechend der Forderung des zuständigen UNFachausschusses und der Auswertung der ersten deutschen Staatenprüfung zur Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention in den sogenannten abschließenden Bemerkungen sind ganz im Sinne des Punkts 7 des Entschließungsantrags Strategien zu einer Verbesserung des Gewaltschutzes zu erarbeiten. Es bleibt festzustellen, dass Frauen mit Behinderungen im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung überdurchschnittlich oft von Gewalt betroffen sind. In stationären Wohneinrichtungen ist das Gewaltrisiko besonders hoch.

Bereits die UN-Behindertenrechtskonvention selbst verpflichtet dazu, diese Frauen vor Gewalt und Missbrauch zu schützen. Wir werden diesbezüglich unsere Aktivitäten nochmals intensivieren.

Die Barrierefreiheit von Arztpraxen nach Punkt 8 des Entschließungsantrags ist für Menschen mit Behinderungen selbstverständlich ebenfalls ein wichtiges Thema. Durch die privatrechtliche Führung der Praxen ist eine unmittelbare Einflussnahme durch die Landesregierung allerdings nicht möglich. Wir werden jedoch weiter Aufklärungsarbeit leisten und entsprechende Informationen weitergeben. Ich will aber darauf hinweisen, dass unser eigenes Förderprogramm zur Ansiedlung von Ärztinnen und Ärzten im ländlichen Raum neu eine entsprechende Passage zur Förderung von Barrierefreiheit mit aufgenommen hat.

Ich möchte jetzt hier diese Gelegenheit nutzen und mich herzlich bedanken bei den Betroffenen, bei den Menschen mit Behinderungen, aber natürlich auch bei allen anderen Beteiligten, die mit viel Engagement im Anhörungsverfahren, aber auch im Fortschreibungsprozess sich beteiligt haben. Herzlichen Dank dafür. Ich denke, aus meiner Sicht haben sich die gemeinsamen Bemühungen gelohnt. Mit der Version 2.0 des Maßnahmenplans haben wir eine gute Grundlage, um die Lebens- und Teilhabesituation von Menschen mit Behinderungen in Thüringen in den nächsten Jahren weiter zu verbessern. Unser Ziel ist hierbei die umfassende Inklusion von Menschen mit Behinderungen in die

(Ministerin Werner)

Gesellschaft. Die Verabschiedung des Maßnahmenplans in der Version 2.0 hat genau in dieser Woche im Übrigen eine ganz besondere Bedeutung, denn am 26. März 2009 wurde die UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert. Das jährt sich also nun. Thüringen wird dieses 10-jährige Jubiläum in der öffentlichen Fachkonferenz zur Vorstellung der Version 2.0 des Maßnahmenplans aufgreifen und damit einen würdigen Rahmen verleihen. Die Fachkonferenz wird am 8. Mai 2019 stattfinden, mit prominenten Redebeiträgen, unter anderem von unserem Ministerpräsidenten, aber auch von der zuständigen Abteilungsleiterin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie vom Leiter der Monitoringstelle des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Selbstverständlich würde ich mich freuen, wenn sich auch viele Abgeordnete zur Veranstaltung anmelden. Eine Einladung an die Fraktionen wurde am 19. März bereits versandt. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. So kommen wir zur Abstimmung. Abgestimmt wird direkt über den Antrag der Landesregierung in Drucksache 6/6119 in der Neufassung. Wer für diesen Antrag ist, den möchte ich bitten, das Handzeichen zu zeigen. Das sind die Fraktionen der Koalition. Dagegen? Dagegen ist die Fraktion der AfD. Enthaltungen? Es enthält sich die Fraktion der CDU.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Es wurden keine Ausschussüberweisungen beantragt, also stimmen wir über den Entschließungsantrag hier auch direkt ab. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der CDU und der Koalition. Wer ist dagegen? Dagegen sehe ich keine Stimmen. Wer enthält sich? Es enthält sich die Fraktion der AfD. Damit ist der Entschließungsantrag angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU. Auch hier keine Ausschussüberweisung. Wer diesem Antrag zustimmt… Bitte?

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Frau Präsi- dentin!)

Ich beantrage namentliche Abstimmung.

Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der CDU und ich bitte die Schriftführer entsprechend, die Namen aufzurufen.

Konnten alle Abgeordneten ihre Stimme abgeben? Das ist der Fall. Danke. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir haben ein Ergebnis zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der CDU-Fraktion. Anwesende Abgeordnete 86, es wurden abgegeben 79 Stimmen, Jastimmen 35, Neinstimmen 44 (namentliche Abstimmung siehe Anlage). Damit ist der Entschließungsantrag der CDU-Fraktion abgelehnt. Und es möchten Herr Kubitzki und auch Frau Pfefferlein eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten abgeben. Bitte schön, Herr Kubitzki.

Danke, Frau Präsidentin, ich möchte erklären, warum ich als fast Betroffener so abgestimmt habe. Bei mir in der Familie lebt eine 35-jährige junge Frau, die Tochter meiner Frau, und die besucht seit 15 Jahren eine Werkstatt für Behinderte. Ich habe bewusst den Antrag der CDU-Fraktion abgelehnt und ich will das erklären. Da stehen viele Sachen drin, die im ersten Moment als richtig erscheinen, aber gelöst werden können sie nicht so mit einem Antrag.

Warum halte ich diesen Autoschlüssel hoch? Meine Tochter muss hier in dieser Werkstatt Kontakte und Batterien hineinmachen, das ist eine Arbeit, die ich nach zehn Minuten in die Ecke schmeißen würde, weil ich das nicht könnte. Für diese Arbeit bekommt sie 180 Euro Lohn. Sie ist gezwungen, Grundsicherung in Anspruch zu nehmen. Wenn sie für gute Arbeit mal eine Prämie von 100 Euro bekommt, nimmt das Grundsicherungsamt ihr diese 100 Euro wieder weg, weil das auf die Grundsicherung angerechnet wird, Gesetzgebung SGB XII, Bundesgesetz, Lohnhöhe Bundesgesetz. Und warum halte ich noch mal diesen Autoschlüssel hoch? Darüber spricht nämlich keiner, meine Damen und Herren! Die Werkstatt bekommt für ein solch kleines Ding 10 Cent – 10 Cent von der Autoindustrie! Ich glaube, hier liegen Ursachen, worüber wir nachdenken müssen, wie wir politische Rahmenbedingungen setzen müssen.

(Ministerin Werner)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist das Problem und deshalb geht unser Maßnahmenplan weiter als Ihr Antrag. Es will keiner, auch ich will nicht, dass die Werkstätten abgeschafft werden, weil das nämlich unter anderem die Voraussetzung ist, dass unsere Tochter mal Rente beziehen wird. Wie die dann aussehen wird, das sei noch dahingestellt. Was mir vorschwebt: Dieses System der Werkstätten muss geändert werden. Aus den Werkstätten müssen Integrationsbetriebe werden, die dann auch von der Wirtschaft ordentlich bezahlt werden.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das passt aber dann nicht!)

Und das ist das Problem und deshalb habe ich heute gegen den Antrag der CDU gestimmt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Kubitzki. Als Nächste hat Frau Abgeordnete Pfefferlein das Wort zu ihrem Abstimmungsverhalten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, ich habe gegen den Antrag der CDU gestimmt, weil ich finde, dass er eine schäbige Kampagne auf Kosten der Betroffenen ist. Ich möchte die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen nicht abschaffen in diesem Land. Ich finde, es ist eine wichtige Institution, die aber reformiert werden muss. Da sind wir aber auf einem guten Weg. Ich möchte noch mal ausdrücklich sagen: Ich finde das falsch und ich hätte mir sehr gewünscht, dass Sie diesen Antrag zurückgezogen hätten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Abgeordnete Pelke hat das Wort, auch zum Abstimmungsverhalten, sage ich jetzt noch mal ausdrücklich.

Ich habe den Antrag der CDU-Fraktion abgelehnt, weil der Antrag überflüssig ist und die Aussage „keine Abschaffung der Werkstätten für Menschen

mit Behinderungen“ insofern überflüssig ist, als dass keiner im Bereich der regierungstragenden Fraktionen und der Landesregierung eine Abschaffung der Werkstätten für Behinderte möchte. Demzufolge war der Antrag faktisch erledigt und hätte zurückgezogen werden müssen. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bitte, Frau Abgeordnete Meißner zum Abstimmungsverhalten.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie haben bestimmt zugestimmt!)

Ich habe diesem Antrag zugestimmt, weil ich aus ganzem Herzen für den Erhalt der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen bin, da sie ein wichtiger Teil des Angebots für Menschen mit Behinderungen sind, um am Arbeitsmarkt teilhaben zu können. Ich finde, so ein Bekenntnis haben die Betroffenen verdient und deswegen haben wir es abgegeben.

(Beifall CDU)

Danke schön, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, dann schließe ich diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 10

Gesetz zur Änderung des Thüringer Kindertagesbetreuungsgesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/6956 - ERSTE BERATUNG

Wünscht jemand aus den Koalitionsfraktionen das Wort zur Begründung? Nein? Dann gehen wir in die Aussprache und ich rufe als Erste Frau Abgeordnete Rosin von der CDU-Fraktion auf.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen Abgeordnete, verehrte Gäste! Wir beraten heute – wie schon einmal in dieser Legislatur – ein Gesetz zur Änderung des Thüringer Kindertagesbetreuungsgesetzes. Nach dem ersten beitragsfreien Kindergar

(Abg. Kubitzki)

tenjahr soll nun ein zweites beitragsfreies Kindergartenjahr folgen.

(Beifall SPD)

Es handelt sich dabei um nicht mehr als ein teures Wahlgeschenk. Mit dem Vorhaben werden Bundesmittel aus dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung, aus dem sogenannten Gute-KiTa-Gesetz verwendet. Auf Thüringen entfallen dabei bis 2022 circa 137,8 Millionen Euro. Wie es danach um die Finanzierbarkeit des weiteren beitragsfreien Kindergartenjahrs bestellt ist, wird nicht geklärt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Thüringen und in der Bundesrepublik.

(Beifall CDU)

Am Ende werden es womöglich künftige Elterngenerationen bezahlen müssen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: So ist es!)

Die Klärung der Frage der zukünftigen Finanzierbarkeit bürden Sie mit Ihrem Gesetz einer zukünftigen Landesregierung auf. Ich verzichte darauf, ausführlich auf den von Ihnen vorgelegten verfassungsrechtlich bedenklichen, vorgreifenden Haushalt für das Jahr 2020 einzugehen.

(Beifall CDU)

Von vorrangiger Bedeutung in dem von der CDUgeführten Bundesregierung auf den Weg gebrachten Gute-KiTa-Gesetz sind vier Handlungsfelder: ein guter Fachkraft-Kind-Schlüssel, bedarfsgerechte Angebote, Gewinnung und Sicherung qualifizierter Fachkräfte sowie die Stärkung der Kindergartenleitung. Die Länder können frei entscheiden, für welche der insgesamt zehn Handlungsfelder die Bundesmittel eingesetzt werden. Soweit keine der vier vorgebrachten Handlungsfelder umgesetzt werden, müssen die Länder allerdings mit dem Bund diese Sachen besonders begründen. Dass daher als kosmetische Maßnahme eine Änderung des Betreuungs- als auch Personalschlüssels durch das Gesetz zur Änderung der Thüringer Kindertagesbetreuung stattfindet, verwundert insoweit nicht. Die Maßnahmen bleiben weiter hinter dem zurück, was eigentlich in Thüringen erforderlich wäre.