Protocol of the Session on March 28, 2019

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Henke. Es spricht jetzt zu uns Abgeordneter Kuschel von der Linksfraktion.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Staatsse- kretär Kuschel!)

Herr Abgeordneter Kuschel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin gern Landtagsabgeordneter und habe nicht vor, in die Landesregierung zu wechseln oder Staatssekretär zu werden. Wolfgang Fiedler, herzlich willkommen wieder im Plenum!

(Beifall AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben uns kurz vor dem Plenum verständigt. Da hat er gesagt, er wird heute nur kurz reden. Für diese Ankündigung war es doch relativ lang, aber es war okay. Aber ich muss auf ein paar Dinge, die Wolfgang Fiedler hier gesagt hat, noch einmal kurz reflektieren und eingehen. Die erste These war, wir haben den kleinen Gemeinden den Geldhahn zugedreht und deshalb sahen sie sich jetzt sozusagen in einer ausweglosen Situation und haben die Chancen der Freiwilligkeit der Gebietsreform dementsprechend genutzt. In dem Zusammenhang will ich nur auf die Hilfsprogramme seit 2015 verweisen, die insbesondere auch einen Bezug auf die kleinen Gemeinden und den ländlichen Raum hatten, und selbst die Neuregelung im Finanzausgleich, was den § 7a betrifft, also Ausgleich für die Veränderung in der Hauptansatzstaffel für die kleinen Gemeinden, kommt zur Wirkung. Ich habe manchmal persönlich eine andere Auffassung, auch bezüglich § 7a FAG. Das gebe ich zu. Aber das hat Rot-Rot-Grün mehrheitlich so beschlossen und es ist deswegen keinesfalls so, dass die kleinen Gemeinden in irgendeiner Weise weniger Geld zur Verfügung haben als vor 2015. Es gibt andere Gründe, weshalb sie sich auf den Weg gemacht haben, darauf werde ich noch mal zurückkommen.

Die zweite These, die Wolfgang Fiedler aufgestellt hatte, war: Auch die CDU und die SPD haben in der vergangenen Wahlperiode Gebietsreformen gemacht. Das stimmt.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: 300!)

Die Konsequenzen haben wir jetzt immer noch zu tragen, insbesondere raumordnerisch und landesplanerisch. Ich will mal ein paar Fälle nennen. Jetzt haben sich sogar Gemeinden von damals auf den Weg gemacht, das zu korrigieren. Es waren im Regelfall, was Sie gemacht haben, Abwehrfusionen gegen Städte. Ich darf da die Gemeinde Frankenblick im Landkreis Sonneberg nennen. Die diskutieren gegenwärtig, ob sie diese Gemeinde noch im Rahmen der Freiwilligkeit nach raumordnerischen und landesplanerischen Kriterien neu aufstellen im

(Abg. Henke)

Zusammenhang mit Sonneberg und Schalkau. Oder Amt Wachsenburg im Bereich Arnstadt oder Immelborn-Barchfeld im Bereich Bad Salzungen. Das waren alles Abwehrfusionen gegen Städte, die den Regionen nie gutgetan haben und wo heute noch Konflikte da sind, die wir Schritt für Schritt beheben müssen.

Dann war der Vorwurf „Eiltempo“ – dazu hat Dirk Adams schon was gesagt. Ich will weiter ergänzen: Es waren die Gemeinden, die auf uns zugekommen sind und gesagt haben: Könnt ihr das Anhörungsund Auslegungsverfahren so gestalten, dass es nicht in die Sommerferien fällt, weil das immer kompliziert ist? Die CDU wären die Ersten, die diesen Vorwurf wieder erheben würden. Wir könnten das machen, wir könnten ganz normal zur nächsten planmäßigen Innenausschusssitzung die Auslegung und Anhörung beschließen, dann wäre diese aber zumindest in Teilen in den Sommerferien. Und um das zu verhindern, haben wir uns entschlossen, eine Sondersitzung am Rande dieses Plenums zu machen, sodass die Anhörung und Auslegung bereits im Juni stattfinden kann und damit vor den Sommerferien. Es ist keinesfalls so, dass wir hier irgendwie Druck aufgemacht haben, sondern wir reagieren einfach auf einen Wunsch der Gemeinden, meine Damen und Herren.

Die Rolle von Wolfgang Fiedler war heute eine schwere. Nachdem die CDU es niemals für möglich erachtet hatte, dass sich fast die Hälfte der Gemeinden im Rahmen der Freiwilligkeit neu gliedert, die Chancen nutzt,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Freiwillig- keit!)

ist damit das bisherige Argumentationsgeflecht der CDU zusammengebrochen. Ich muss also noch mal sagen – Sie sind selbst darauf eingegangen, wir reden immer von einem Leitbild –: Ein Leitbild ist kein Dogma oder eine enge gesetzliche Vorgabe, sondern Leitbild heißt im wahrsten Sinne des Wortes, dass man sich daran orientiert. Wir haben in jedem Einzelfall geprüft, auch in den sechs Fällen, die Sie jetzt hier benannt haben, wo Sie gesagt haben, da sind die Vorgaben des Leitbilds nicht erfüllt, ob das einer späteren leitbildkonformen Neuregelung im Wege steht oder nicht. Die Landesregierung ist zunächst zur Einschätzung gekommen: Nein. Wir als Parlament müssen ein eigenes Ermessen hier noch mal ausüben und dann werden wir sehen. Auch im ersten und zweiten Gesetz gab es an der einen oder anderen Stelle einen Änderungsantrag oder eine Neujustierung. Die Zeiten wie bei der CDU, dass ein Gesetzentwurf der Landesregierung eingebracht und durchgewinkt wird, sind vorbei, traditionell. Das hat nichts mit dem jet

zigen Regelungsgegenstand zu tun, sondern das ist so.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Lass den Maier doch auch mal Erfolg haben!)

Ich darf mal auf ein Beispiel verweisen: In § 11 – das sind die zwei Verwaltungsgemeinschaften zwischen Erfurt und Sömmerda – ist im Gesetzentwurf dargestellt, dass alle Mitgliedsgemeinden das wollen. Inzwischen haben die Fraktionen ein Schreiben der Gemeinde Großrudestedt bekommen, dass sie dieser Sache noch nicht zugestimmt haben. Das heißt, da bleibt noch die Aufgabe im Gesetzgebungsverfahren, sich damit entsprechend zu beschäftigen. Wir müssen diesen Gemeinden deutlich sagen, dass das keine Vorwegnahme ist, was eine mögliche Abwehrfusion gegen Sömmerda und Erfurt darstellt, weil wir schon das Konfliktfeld in diesem Bereich sehen, und da wollen wir eine deutliche Ansage. Sie wissen, wir haben da das Instrument, dass wir das in der Begründung eines Gesetzentwurfs bereits reinformulieren können. Das haben wir an anderer Stelle auch gemacht. Ich darf daran erinnern, bei der Bildung der Gemeinde Rosenthal in unmittelbarem Einzugsbereich von Lobenstein ist in der Begründung deutlich formuliert, dass das nur eine Übergangslösung sein kann, und das wissen auch alle Beteiligten. Da sollten wir schon hohes Vertrauen haben.

Meine Damen und Herren, es ist keinesfalls so, dass ausschließlich die finanzielle Förderung der Neugliederung das Hauptmotiv dafür ist, dass Gemeinden diese Chance der Freiwilligkeit nutzen. So billig lassen sich Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker nicht einkaufen, dass sie wegen 200 Euro Fusionsprämie pro Einwohner oder einer Teilentschuldung sozusagen die Eigenständigkeit aufgeben. Diese Aufgabe der Freiwilligkeit ist unstrittig ein großer Akt, aber es gibt andere Begründungen.

Ich will mal zwei Herausforderungen benennen, vor denen die Gemeinden stehen, gerade die kleinen Gemeinden, aber eben auch die Verwaltungsgemeinschaften. Das ist einmal die Umstellung auf die elektronische Akte. Das können Kleinstverwaltungen kaum lösen. Nicht einmal die Landkreise sehen sich in der Lage, das eigenständig zu lösen, sondern suchen nach Kooperationen sogar über die Landesgrenzen hinaus und fünf Landkreise wollen sich einem Zweckverband in Sachsen anschließen, weil sie sagen: Alleine schaffen wir das gar nicht. Wie sollen denn die Verwaltungsgemeinschaften, bei denen man im Regelfall neun Vollbeschäftigteneinheiten hat, meist im mittleren Dienst, das bewerkstelligen? Die große Zauberformel der CDU, kommunale Gemeinschaftsarbeit, entfaltet eben

diese Wirkung nicht. Sie scheitert noch zu oft am Ortseingangs- oder Ortsausgangsschild. Von daher ist das die große Herausforderung.

Oder die Datenschutzverordnung – diese umzusetzen, bindet personelle Ressourcen, das ist so, und die sind in den Kleinstverwaltungen eben nicht vorhanden. Das sind die Herausforderungen, deswegen machen sich Gemeinden auf den Weg und schaffen leistungsfähigere Verwaltungsstrukturen, weil sie sagen, dann können wir diese neuen Herausforderungen wahrnehmen.

Wir müssen noch aufpassen, dass die hohe Dynamik der gesellschaftlichen Entwicklung nicht an der Kommunal- und der Landesverwaltung vorbeigeht. In der Landesverwaltung bestehen andere Herausforderungen, aber in den Kommunalverwaltungen ist die Kleingliedrigkeit eines der entscheidenden Hindernisse, was also die Wahrnehmung dieser Herausforderung betrifft, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Auch ich will mich dem Dank des Innenministers gern anschließen, insbesondere bitte ich, das auch der Fachabteilung noch mal mitzuteilen. Ihre Fachabteilung steht vor großen Herausforderungen – dafür sorgen auch wir zum Teil, das ist so – und sie haben das aus meiner Sicht beispielhaft gemeistert. Wir gehen davon aus, dass auch in der Begleitung des jetzigen Verfahrens zum dritten Neugliederungsgesetz die Fachabteilung weiterhin für uns als eine Art Dienstleister wirken wird. Also noch mal unseren Dank dafür!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zahlen sind schon durch meine Vorredner genannt worden, deswegen will ich darauf nicht noch mal explizit eingehen. Dirk Adams hat sich auch schon mal zur – ich sage mal – Katzhütte-Problematik geäußert und ich bin ihm dankbar, dass er einen Teil unserer Verständigung schon benannt hat. Einen Teil hast du weggelassen, das ergänze ich jetzt. Wir halten es auch für möglich, dass ein neuer Bürgerentscheid stattfindet, eine neue Abstimmung – das hast du jetzt nicht benannt – und dass wir uns auch an dieses Ergebnis dann politisch gebunden fühlen, auch wenn die Rechtslage manchmal anders ist. Aber wir haben eine politische Aussage getroffen. Das setzt natürlich voraus – das ist mein Appell an das Ministerium –, dass die untere Rechtsaufsicht, die als nachgeordnete Behörde zum Bestandteil des Ministeriums gehört, jetzt schnell entscheidet und dann liegt es an der Gemeinde, ob sie gegen diese Entscheidung rechtlich vorgeht – dann müssen wir davon ausgehen, dann war es das wahrscheinlich für das jetzige Gesetzgebungsverfahren – oder ob sie sagt, wir akzeptieren die Entscheidung der Rechtsaufsicht, wenn es zu einer Bean

standung kommt, und wiederholen die Abstimmung. Dazu wäre bis Mitte Juni noch ausreichend Zeit, sodass wir das dann noch geordnet ins Gesetzgebungsverfahren einspielen könnten.

In diesem Zusammenhang möchte ich nur noch mal darauf verweisen: Unstrittig sind bei der Abstimmung Fehler gemacht worden, aber nicht jeder Fehler muss zwingend zur Beanstandung führen. Aber das muss die untere Rechtsaufsichtsbehörde entscheiden. Da sind wir nur „Zaungast“. Die Gemeinde vor Ort ist geteilt und wir müssen eine Lösung finden. Ich warne nur davor, einfach zu sagen, den Bürgerentscheid für nichtig zu erklären und das war es – würde diese Konflikte nicht lösen.

Wir sind dort weiterhin im Dialog. Wir haben eine Beschlussfassung und wir haben schon mehrere Fälle gehabt, die sich im Gesetzgebungsverfahren verändert haben. Ich darf daran erinnern, die Gemeinde Masserberg hat zwei Wochen vor der Beschlussfassung zur Fusion mit Schleusegrund den Beschluss aufgehoben. Das mussten wir akzeptieren, obwohl die Gemeinde unter die Regelung des § 46 Abs. 3 Kommunalordnung fällt, also unter 3.000 Einwohner hat und auch eigentlich nicht mehr selbstständig sein dürfte und auch keine Verwaltungsgemeinschaft da ist. Wir hätten entscheiden können: Rechtlich betrachtet ist dieser Beschluss nicht unumstritten, weil er zu einer rechtswidrigen Situation führt. Trotzdem haben wir entschieden: In der Phase der Freiwilligkeit müssen wir eine solche Entscheidung hinnehmen.

Das heißt, es ist nichts Neues, dass sich bestimmte Dinge im Laufe eines Gesetzgebungsverfahrens entwickeln – und das trifft eben auch auf Katzhütte zu. Aber ich bin überzeugt, wir können nicht einfach sagen: Die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde ist dann der Endpunkt der Debatten, sondern es muss weitergehen und eine vernünftige Entscheidung getroffen werden. Wir hatten schon immer knappe Entscheidungen, auch bei Bürgerentscheiden: Mönchenholzhausen und Erfurt, 52 Prozent, das waren wenige Stimmen, die sich gegen Erfurt ausgesprochen haben und es muss akzeptiert werden. Denn wo will man denn die Grenze bei einer Abstimmung ziehen? Mehrheit ist Mehrheit. Ob sie jetzt deutlich oder weniger deutlich ist, kann man politisch bewerten, aber man kann sie dann nicht rechtlich noch mal einer Extrabewertung unterziehen. Ich will nur ergänzend auch noch mal darauf verweisen: Wir hatten auch gerade im zweiten Gesetzgebungsverfahren die Fälle, dass wir als Gesetzgeber bereits gehandelt haben, obwohl parallel noch Bürgerbeteiligungsmaßnahmen liefen – Judenbach und Sonneberger Unterland war so ein Fall oder Tiefenort und Bad Salzungen. In beiden

Fällen waren Bürgerentscheide zugelassen, aber noch nicht vollzogen. Insofern ist das auch kein Neuland, was wir betreten.

Wir müssen auch so offen und ehrlich sein: Verbleibt Katzhütte als eigenständige Gemeinde im Schwarzatal, bedarf es eines Plans B für die Gemeinde Katzhütte, weil die Eigenständigkeit gegenwärtig dazu führt, dass sie handlungsunfähig ist. Die zuständige Rechtsaufsicht kann das Haushaltssicherungskonzept nicht einmal genehmigen, weil trotz aller Einsparungsoptionen und Ausnutzung aller Einnahmeoptionen ein Fehlbetrag da ist. Im letzten Jahr hat Katzhütte alle Voraussetzungen für eine Bedarfszuweisung erfüllt, aber keine bekommen, weil der Landesausgleichsstock begrenzt ist, die Mittel begrenzt sind. Das heißt, da muss dann für Katzhütte auch eine Perspektive her, ein sogenannter Plan B. Einfach zu sagen: Katzhütte bleibt im Schwarzatal und das war es, das ist es nicht. Das ist auch mein Appell an die Verantwortlichen im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt: die Gemeinde dann in diesem Fall nicht alleinzulassen, weil daran niemand Interesse haben kann.

Meine Damen und Herren, auch das hat der Minister schon gesagt: Es laufen weitere Initiativen vor Ort, die gern noch Neugliederungen vollzogen haben wollen. Ich habe schon Sonneberg, Schalkau und Frankenblick genannt. Aber gestern haben auch Martinroda und Neusiß eine Fusion beschlossen. Die gehören beide zur Verwaltungsgemeinschaft Geratal/Plaue, sie wollen also innerhalb dieser VG auch noch fusionieren. Wir haben beim zweiten Gesetz als Koalition hohe Flexibilität bewiesen und haben noch Sachen ins Verfahren reingenommen, solange die Verfahrensschritte, was Auslegungen, Anhörungen, Beschlussempfehlungen im Innenausschuss betrifft, dadurch nicht blockiert werden, also das Gesetz – ich sage es mal umgangssprachlich – nicht angehalten wird. Von daher auch heute noch mal der Appell an die Gemeinden, die tatsächlich noch was wollen: Irgendwann ist verfahrenstechnisch einfach Schluss. Es besteht noch irgendwie Spielraum, das muss dann immer die Koalition entscheiden. Die Landesregierung ist sozusagen mit der Übergabe des Gesetzentwurfs an den Landtag außen vor und kann selbst nichts mehr verändern, aber wir als Koalition können das durchaus noch machen. Aber das entscheiden die Gemeinden selbst, die sich jetzt noch mit dem Gedanken tragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir halten eine Überweisung des Gesetzes an den Justizausschuss für nicht erforderlich. Deshalb beantrage ich, dass wir den Gesetzentwurf an den Kommunal

und Innenausschuss zur weiteren Beratung überweisen. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kuschel. Es spricht jetzt Frau Abgeordnete Scheerschmidt für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Gäste auf der Tribüne und auch zu Hause am Livestream, mit diesem Neugliederungsgesetz diskutieren wir das letzte in dieser Wahlperiode. Es wurde bereits gesagt: 70 Gemeinden, die die Möglichkeit zum einvernehmlichen Zusammenschluss mit ihren Nachbargemeinden nutzen wollen. Ich persönlich hätte nicht gedacht, dass es jetzt im dritten Gesetz doch noch mal 70 Gemeinden werden. Es freut mich umso mehr. Alle bereits beschlossenen und auch jetzt dieses zeigen, dass man hier wirklich nicht mehr von einem Reförmchen sprechen kann. Denn am Ende sind es – und auch das wurde bereits gesagt – 390 Gemeinden, die sich zu Einheits- und Landgemeinden zusammengeschlossen haben. Und das heißt, über 900.000, also fast die Hälfte aller Thüringer, profitieren von den vom Land bereitgestellten Fusionsprämien und Strukturbegleithilfen. Also nahezu fast jeder zweite Bürger in Thüringen hat definitiv etwas von diesen Fusionsmitteln gehabt.

(Beifall SPD)

Natürlich – das wurde bereits gesagt – sind auch in diesem Gesetz wieder Gemeinden, die im Moment noch nicht die Einwohnerzahl von 6.000 im Jahr 2035 erreichen. Aber sie haben die Möglichkeit, sich in Zukunft zu leitbildgerechten Strukturen entwickeln zu können. Wir haben deswegen auch nicht Gemeinden abgewiesen, die im Moment diese Parameter noch nicht erfüllen. Denn wichtig ist doch, dass diese Gemeinden perspektivisch die Möglichkeit haben, sich zu leitbildgerechten Formen zu entwickeln.

Ein Beispiel: Wir haben in diesem Gesetz Kölleda. Kölleda war bereits im vorhergehenden Gesetz und hat sich zum 01.01.2019 mit der Gemeinde Beichlingen zusammengeschlossen. Jetzt haben wir Kölleda wieder im Gesetz, und zwar werden Großneuhausen, Kleinneuhausen und Ostramondra in die Stadt Kölleda eingegliedert und damit erreicht Kölleda im Jahr 2035 prognostiziert 6.468 Einwohner. Das heißt, es muss die Perspektive gegeben sein,

(Abg. Kuschel)

dass sich in Zukunft aus den Gemeinden, die den Parametern jetzt noch nicht entsprechen, leitbildgerechte Kommunen gründen können. Das halte ich für wichtig. Das Beispiel zeigt auch, dass in vielen Gemeinden die Fusionen noch nicht abgeschlossen sind, sondern dass da immer noch Gesprächsbedarf besteht und auch Gespräche mit Nachbargemeinden geführt werden.

Das Beispiel Katzhütte ist bereits von meinen Vorrednern erläutert worden. Wir wissen im Moment noch nicht, wie es ausgeht, wie dieser Bürgerentscheid bewertet wird. Ob er für gültig oder für ungültig erklärt wird. Deshalb halte ich es für richtig, dass Katzhütte nicht mit in dem Gesetz steht.

(Beifall CDU)

Sollte der Bürgerentscheid für rechtskräftig erklärt werden, dann werden wir den natürlich akzeptieren. Sollte er für nicht rechtmäßig erklärt werden und die Gemeinde führt bis zur Verabschiedung des Gesetzes einen neuen Bürgerentscheid durch und sollte dieser so ausgehen, dass sich die Gemeinde zu Großbreitenbach hinbewegen möchte, dann werden wir auch das akzeptieren. Aber im Moment ist die Lage so, dass wir es nicht wissen. Deswegen bin ich der Meinung, es ist richtig, Katzhütte aus diesem Gesetz herauszulassen. Es sind im Mai Kommunalwahlen, man weiß überhaupt noch nicht, wo dann der Weg vielleicht hingeht. Deswegen plädiere ich dafür, dass Katzhütte vorab in der VG verbleibt.

Es wurde auch schon auf die Probleme kleinerer Gemeinden eingegangen. Meine Vorredner haben das ausführlich erwähnt, ich will das gar nicht noch mal wiederholen. Mir ist eines wichtig: Wir hatten zwei Neugliederungsgesetze, die umgesetzt worden sind. Ich habe auch mit vielen Einheits- und Landgemeinden gesprochen. Für mich war – ich sage das ja hier immer gebetsmühlenartig – erschreckend, dass das größte Problem, das allergrößte Problem bei allen Fusionen die Software der einzelnen Kommunen war. Wir haben festgestellt, in den seltensten Fällen passt was zueinander. Das war auch das größte Problem. Man muss sich vorstellen, in manchen Kommunen sitzen die Mitarbeiter und übertragen händisch – händisch! – die Daten, sei es vom Steueramt, sei es aus den Melderegistern. Händisch! Das ist für mich erschreckend. Herr Kuschel hat es gesagt, wir stehen vor der Herausforderung: Einführung der E-Akte, Digitalisierung der Kommunen. Ich darf gar nicht daran denken, wenn die Einführung der Mehrwertsteuer kommt. Das ist ein Punkt, an dem sollten wir jetzt ganz verstärkt arbeiten und uns dafür einsetzen – wir haben ja auch das neue Förderprogramm zur Digitalisierung für die Kommunen –, damit wir das

auf den Weg bringen und unsere Kommunen wirklich hier fit machen und auch darauf hinwirken.

Noch ein Wort zum erwähnten „Schweinsgalopp“: Natürlich haben wir gesagt, wir machen morgen eine Sondersitzung für die Anhörung. Ich halte es für ganz wichtig, dass diese Anhörung nicht in die Sommerferien fällt. Denn auch in der Vergangenheit, im ersten und im zweiten Neugliederungsgesetz, haben wir sehr, sehr viele Gespräche vor Ort geführt und es hat sich gezeigt, dass das wichtig war. Viele Probleme sind dort angesprochen worden. Wir haben gesehen, dass auch große Kommunikationslücken da waren, dass teilweise auch Missverständnisse da waren, die ausgeräumt werden konnten. Ich halte es für ganz wichtig, dass wir diesen Kommunikationsprozess im Anhörungsverfahren haben. Denn es wird sich sicherlich das eine oder andere im Anhörungsverfahren noch entwickeln, Dinge werden noch rein, Dinge vielleicht verändert werden müssen. Deswegen denke ich, das sind wir auch unseren Kommunen schuldig, dass wir da die eine oder andere Sondersitzung machen.

(Beifall SPD)

Aber ich halte es für sehr wichtig, dass wir diesen Kommunikationsprozess führen, und das nicht in der Ferienzeit. Dafür ist es einfach zu wichtig.

Der AfD möchte ich empfehlen: Wenn Sie mal sehen wollen, ob das den Kommunen etwas bringt oder nicht, besuchen Sie das Föritztal – mehr kann ich dazu nicht sagen –, da werden Sie sehen, wie so etwas funktionieren kann.