Protocol of the Session on February 1, 2019

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Ich habe Ihnen nichts verboten. Ich habe nur deutlich gemacht, wie Sie arbeiten!)

Liebe Frau Berninger, Sie haben gesagt, die Zahlen, die wir abfragen, sind alles irrelevante Zahlen, es ist zu viel und zu schlimm.

(Unruhe DIE LINKE)

Ich erinnere mich an die Debatte in diesem Haus während dieser Sitzung, wo wir sehr lange über Transparenz, über Informationen debattiert haben.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Jetzt tun Sie doch nicht so dumm!)

Ich kann mich erinnern, dass die Kollegen, gerade aus den rot-rot-grünen Fraktionen, hier das Hohelied auf Transparenz gesungen haben. Das ist alles richtig, das ist alles in Ordnung. Aber dann gestehen Sie doch bitte allen Fraktionen auch diese Transparenz zu und diese Freiheit, diese Informationen, die wir abfragen, auch zu bekommen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Jetzt tun Sie doch nicht so, als ob Sie mich intellektuell nicht verstanden haben!)

Machen Sie das nicht verächtlich, indem Sie sagen: Das ist alles Unsinn was...

Frau Berninger, Sie haben noch sehr viel Redezeit.

(Abg. Berninger)

Ich habe Frau Berninger darauf hingewiesen, dass ihr noch sehr viel Redezeit zur Verfügung steht, wenn sie sich noch weiter artikulieren möchte.

Frau Präsidentin, Frau Kollegin Berninger kann ja gern noch mal vorkommen. Da kann sie das auch noch einmal entsprechend ausführen. Den Vorwurf, wir würden hier Stimmung machen, weise ich explizit zurück. Wir machen hier keine Stimmung, sondern wir sprechen wichtige Themen an, aber nicht wie die Kollegen von der AfD, die einfach plakativ Bundes- und Landesrecht miteinander vermischen, Aufenthaltsrecht und Gastrecht und verschiedene Dinge hier miteinander in einem Topf verrühren, sondern wir machen das fundiert. Sie müssen sich schon entscheiden, Kollege Henke, ob Sie sagen, wir hätten einen Antrag schlecht von Ihnen abgeschrieben und hinterher diesen Antrag, den wir angeblich nur schlecht von Ihnen abgeschrieben hätten, dann als puren Populismus zu bezeichnen. Also, entweder sind Sie selbst Populisten, wenn wir den abgeschrieben hätten, oder Sie müssen sich dafür entscheiden, was Sie hier sagen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber, Herr Herrgott, wenn Sie es konsequent zu Ende denken!)

Wenn wir es konsequent zu Ende denken, weil wir den eben nicht abgeschrieben haben, müssen wir uns diesem Vorwurf nicht aussetzen. Aber, Kollege Henke, das offenbart viel von der Denkweise in Ihrer Fraktion. Seien Sie sicher, wir werden uns als CDU-Fraktion weiter um diese Themen hier in Thüringen kümmern. Wir werden weiter den Finger in die Wunde legen und wir werden uns unabhängig von irgendwelchen Legislaturen, Wahlterminen oder Sonstigem um die Probleme der Menschen in Thüringen kümmern und die immer wieder aufrufen und uns nicht das Wort verbieten lassen, weder von rechts noch von links in diesem Hohen Haus. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Es gibt eine weitere Wortmeldung des Abgeordneten Henke von der Fraktion der AfD.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich muss doch noch einmal hier vorn ans Rednerpult. Herr Herrgott, Sie haben ja mit vielem recht, was Sie gesagt haben. Ja, ich hätte mir auch gewünscht, die Landesregie

rung hätte dem Berichtsersuchen stattgegeben und wir hätten einmal ein paar Sachen erfahren. Einfach darauf hinzuweisen, dass Statistiken vorhanden sind, dass man einfach nur nachgucken muss, ist natürlich ein bisschen kurz gesprungen. Wenn man hier einen ordentlichen Antrag eingebracht hat, wäre es wirklich gut gewesen, wenn wir da was gehört hätten. Ich hoffe, der Herr Justizminister Lauinger wird uns hier noch erhellen und ein paar Sachen dazu sagen. Vielen Dank.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war jedenfalls nicht erhellend!)

Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten kann ich nicht erkennen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Doch!)

Doch, Entschuldigung. Dann erteile ich Frau Kollegin Berninger das Wort.

Mein lieber Herr Herrgott, es ist schon ein bisschen perfide, wenn Sie hier so tun, als hätten Sie meine Kritik intellektuell nicht verstanden. Ich redete nicht wider die Transparenz, die wir bei Verwaltung und Behörden und auch hier im Landtag einfordern. Ich redete nicht darüber, dass Sie keine Zahlen abfragen dürften. Gern können Sie Zahlen erfragen.

Dann tun Sie das aber bitte nicht ohne Sinn und Verstand, nicht ohne die gegebenen Antworten, wie ich es Ihnen gesagt habe, im Ausschuss, in der Pressekonferenz etc., immer wieder zu ignorieren und nicht ohne die Zahlen einzuordnen und zu werten. Dazu sind Sie ja in der Lage, Sie können ja Zahlen nach Ermittlungsverfahren abfragen, Zahlen nach Verurteilungen, Zahlen nach Tatbeständen, Schwere der Taten oder Strafzumessungen.

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Das haben wir auch, keine Sorge!)

Sie reagieren hier so, wie wir das aus sozialen Medien gewohnt sind, dass Sie nämlich, sobald Ihnen Kritik und Argumente entgegengehalten werden, sagen, man wolle Ihnen das Wort verbieten. Ich schränke nicht Ihre Meinungsfreiheit ein, wenn ich Ihren Argumenten meine dagegensetze und Ihre Argumente und Ihre Vorgehensweise kritisiere. Das ist doch gerade der Sinn und der Wert von Meinungsfreiheit, dass wir diskutieren und uns auseinandersetzen können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist nicht „das Wort verbieten“ oder Ihre Meinungsfreiheit einschränken.

Was ich aber jetzt wirklich ganz erschreckend und sehr bezeichnend finde, ist, dass Sie jetzt quasi hier vorn darum gebuhlt haben, dass die AfD Ihren Antrag als inhaltlich okay anerkennt, dass sich die AfD entweder entscheidet, ihren eigenen Antrag als populistisch einzuschätzen und den, den Sie angeblich abgeschrieben haben, auch, also dass Sie darum buhlen, Ihren Antrag von der AfD inhaltlich gut eingeordnet zu wissen. Das ist echt bezeichnend.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Was wir ma- chen, entscheiden wir immer noch allein!)

Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten gibt es nicht. Dann erhält jetzt der Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Herr Lauinger, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Zahlen und Statistiken: Ich glaube, ich habe in vielen Ausschusssitzungen teilweise über halbe Stunden hinweg Zahlen und Statistiken zu all den Dingen referiert, die abgefragt wurden. Wenn Sie das Plenum in Zukunft auch für solche Sachen nutzen wollen, können wir auch noch darüber diskutieren, dann reihe ich Ihnen Zahlenkolonnen von 20 Seiten aneinander und trage sie Ihnen vor. Das Problem bei diesen Zahlenkolonnen ist, wenn die CDU dann sagt, da gibt es aber Unterschiede, dass Sie halt auch teilweise ganz unterschiedliche Sachen abgefragt haben – unterschiedliche Personengruppen, das wissen wir ja –, sodass es natürlich auch unterschiedliche Antworten in den Ergebnissen gibt. Wir haben das im Ausschuss über Monate hinweg behandelt, letztendlich haben wir es im letzten Ausschuss auch abgeschlossen. Die CDU hat angekündigt, noch mal neue Zahlen abfragen zu wollen. Das machen wir natürlich auch.

Aber vielleicht zu einem anderen Punkt, der diesem ursprünglichen Antrag aus dem Dezember – November? –, ich weiß es schon gar nicht mehr, zugrunde lag. Herr Herrgott hat es gesagt: Anlass waren damals die Vorfälle auf dem Weimarer Zwiebelmarkt. Sie haben in Ihrer Rede, Herr Herrgott, einen Satz gesagt, den ich mir aufgeschrieben habe: Es sollten auch Recht und Gesetz umgesetzt wer

den. Dass das Umsetzen von Recht und Gesetz auch Rechte von Beschuldigten beinhaltet, wissen wir ja auch. Deshalb haben wir entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, die es nun mal gibt, wann es für Menschen, die einer Straftat verdächtig sind oder verurteilt worden sind, Konsequenzen für ihren Aufenthaltsstatus hat, geprüft. Sie haben das ganze Verfahren durchlaufen müssen, sie haben entscheiden müssen, ob es Abschiebehindernisse gibt usw. Wir hatten bei den fünf Beschuldigten – das hatte ich Ihnen damals in epischer Breite ausgeführt – vier Menschen, die ein Aufenthaltsrecht haben, und einen, dessen Aufenthaltsbegehren abgelehnt worden war. Natürlich haben wir uns nach dem Vorfall auch die Situation desjenigen angeschaut, der ausreisepflichtig war, für den es auch – das haben wir auch ausführlich dargelegt – Vorstrafen gegeben hat, allerdings keine Vorstrafen, die zu einer Verurteilung zu einer Haftstrafe, sondern jeweils zu Bewährungsstrafen geführt haben, und was das für Konsequenzen für seinen Aufenthaltsstatus hat. Ich hatte ausführlich dargelegt, welche Probleme es bei Abschiebungen in dessen Heimatland Irak nun mal gibt, dass die Bundesregierung nur ganz wenige Flüge in dieses Heimatland anbietet, weil die Gefährlichkeit der Situation für die begleitenden Polizisten so hoch wäre, dass sie gesagt haben, wir schieben nur Menschen in dieses Land ab, die auch tatsächlich unter die Kategorie „verurteilte Straftäter“ fallen. All das wurde über die letzten Wochen und Monate sorgfältig rechtsstaatlich abgearbeitet, mit dem Ergebnis – Herr Hartung hat es schon angedeutet –, dass derjenige am 29. Januar dieses Jahres dann nach Durchlaufen des gesamten rechtsstaatlichen Verfahrens zu diesem Punkt als ausreisepflichtiger Asylbewerber, der auch straffällig war, abgeschoben worden ist. Das ist am 29. Januar erfolgt, aber bitte schön nicht so, wie Sie sagen – da war in Weimar ein Vorfall und der ist jetzt verdächtig und dann muss er raus –, sondern nachdem das alles nach rechtsstaatlichem Verfahren geprüft und abgearbeitet worden ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die anderen vier – auch das wussten Sie, habe ich Ihnen immer mitgeteilt – sind Menschen, die einen Aufenthaltstitel erhalten haben. Wenn diese Menschen tatsächlich straffällig werden, dann müssen sie bestraft werden genau wie jeder andere Deutsche auch. Aber auch da kann ich Ihnen mitteilen, dass die Polizei nach monatelanger Rechercheoder Ermittlungsarbeit bisher nicht zu dem Punkt gekommen ist, dass sie sagen, wir haben genügend Beweismittel, um die Sache der Staatsanwaltschaft zur Anklage geben zu können. Auch das ist Rechtsstaat, dass man ermittelt und zu dem Ergebnis kommt, Ermittlungsergebnisse reichen nicht

(Abg. Berninger)

aus, um anzuklagen. Von daher immer vorsichtig mit dieser These, da ist irgendwas gewesen, da stand irgendwas in der Zeitung, da hat irgendjemand eine Straftat begangen und deshalb muss er jetzt raus. Wenn man nämlich dann die Zeit hat – und das war ja der Vorteil, dass Ihr Antrag zweioder dreimal nicht zur Behandlung kam und deswegen erst im Februar dieses Jahres und nicht schon im November –, also das hat nämlich genau die Zeit gegeben, die es manchmal braucht, bis ein Rechtsstaat seine Verfahren zu einem gewissen Ergebnis bringen kann.

Zu den anderen Punkten, die Sie ansprechen: Da brauche ich eigentlich nicht mehr viel sagen. Diese Vermischung von Intensivtäter, Gefährder und Integrationsverweigerer – da haben schon einige meiner Vorredner darauf hingewiesen – halte ich für eine wirklich – na, wie soll ich mich ausdrücken? – nur schwer zu akzeptierende Vermischung von Dingen.

(Beifall DIE LINKE)

Natürlich ist es so, dass Intensivtäter und Gefährder Menschen sind, denen man sich widmen muss und wo man ganz klar auch überlegen muss, ob sie in diesem Land bleiben können. Frau Rothe-Beinlich hat darauf hingewiesen: All das, was Sie fordern, diese Arbeitsgruppen, gibt es schon längst. Die gibt es auch nicht erst seit zwei Jahren, auch das hat Frau Rothe-Beinlich gesagt. Die gibt es exakt seit zehn Jahren. Seit zehn Jahren gibt es diese Arbeitsgruppe für den Bereich „Aufenthaltsrechtliche und staatsangehörigkeitsrechtliche Behandlung von Personen aus dem Bereich des Ausländerextremismus“. Frau Rothe-Beinlich hat auch gesagt, dass diese AG schön abgekürzt mit dem Namen „AUX“ bezeichnet wird. Diese Arbeitsgruppe war, solange das Ausländerrecht noch im Innenministerium war, auch beim Innenministerium angesiedelt, ist mit dem Wechsel der ausländerrechtlichen Zuständigkeit in das Justizministerium auch in das Justizministerium gewechselt. Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich exakt mit dem, was Sie wollen, beschäftigt sich auch genau mit dem, was die in Baden-Württemberg machen, nämlich zu schauen, wo es Menschen gibt, die unter den Begriff „Gefährder“ fallen könnten. Es gibt eine Definition dafür, die würde ich Ihnen jetzt ersparen. Dazu arbeitet eben diese Abteilung aus dem Justizministerium mit dem Landeskriminalamt, mit dem Verfassungsschutz zusammen und dann werden genau diese Fälle beraten, bei denen Sie ansprechen, dass sie beraten werden sollten, um zu entscheiden, wie man damit umgeht und welche Maßnahmen da getroffen werden können.

Aber um das auch noch mal zahlenmäßig einzuordnen, damit man nicht den Eindruck hat, ganz Thüringen würde von Gefährdern bedroht: So waren es in den Jahren 2017 und 2018 jeweils zwei Personen, die nach Beratungen und Abstimmungen in dieser Arbeitsgruppe als Gefährder abgeschoben wurden – zwei Personen! Auch das muss man sich mal vergegenwärtigen bei der Debatte, die Sie vom Zaun brechen.

Dass es auch noch eine Bundesarbeitsgruppe gibt, genannt „ZUR“, auch darauf hat Frau Rothe-Beinlich hingewiesen; das spare ich mir jetzt an dieser Stelle.

Zum Schluss von mir vielleicht noch mal der Hinweis darauf, wenn Sie von Integrationsverweigerern reden: Ich glaube, bei diesem Vorwurf muss man sehr, sehr vorsichtig sein. Auch das knüpft an das an, was wir gestern zum Integrationsgesetz diskutiert haben. Bei vielen Dingen, die schwierig sind, ist es nach unserer Auffassung besser, Möglichkeiten zu schaffen, die den Erwerb von Sprache und Bildung ermöglichen, den Zugang zum Arbeitsmarkt, und nicht so schnell, wenn es Probleme gibt, immer von Integrationsverweigerern zu reden. Die Thüringer Landesregierung sieht es vielmehr als ihre Aufgabe an, mit dem Integrationskonzept – darüber haben wir gestern viel geredet – und den darin dargelegten Maßnahmen und Prozessen gesellschaftliche Integration zu begleiten und alle an diesem Prozess Beteiligten zu unterstützen.

Das Wichtigste – zusammenfassend noch mal – war mir, Ihnen heute zu sagen, wenn Sie sagen, Recht und Gesetz müssen umgesetzt werden, dann haben wir in den letzten Monaten, seit diesem Vorfall, genau das getan, nämlich Recht und Gesetz umgesetzt, was auch bedeutet, Rechte der Betroffenen zu wahren und die gesetzlichen Vorschriften, die es gibt, einzuhalten mit dem Ergebnis, das ich Ihnen heute geschildert habe. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ein Antrag auf Ausschussüberweisung wurde bisher nicht gestellt. Doch? Herr Abgeordneter Geibert.

Wir beantragen namentliche Abstimmung.

(Minister Lauinger)