Protocol of the Session on December 14, 2018

Ich rufe die Mündlichen Anfragen auf und bitte die Abgeordneten, ihre Fragen vorzutragen. Erste Fragestellerin ist die Abgeordnete Müller von der Fraktion Die Linke und die Fragen finden Sie in der Drucksache 6/6506. Bitte schön, Frau Müller.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Umgang mit erfolgreichen Einwohneranträgen in kommunalen Gremien

Der Einwohnerantrag nach § 16 der Thüringer Kommunalordnung und den §§ 7 bis 10 des Thüringer Gesetzes über das Verfahren bei Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid hat zum Ziel, den Gemeinderat, Stadtrat oder Kreistag mit der Diskussion einer bestimmten Thematik zu befassen. Der Einwohnerantrag als Instrument der direkten Beteiligung steht allen Einwohnerinnen und Einwohnern einer Kommune ab dem 14. Lebensjahr und unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit offen. Es ist in Einzelfällen in jüngster Zeit in Kommunen zu Diskussionen gekommen, wie in der Praxis korrekt mit der Beratung von erfolgreichen Einwohneranträgen umgegangen werden soll.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche funktionalen, inhaltlichen bzw. logistischen und rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen dem Beratungsverfahren in Kommunalgremien zu Einwohneranträgen einerseits und Bürgerbegehren andererseits?

2. Inwiefern kann es unter Berücksichtigung der zu Frage 1 genannten Unterschiede zwischen Einwohneranträgen und Bürgerbegehren direkte Änderungsanträge zum jeweiligen Einwohnerantrag geben?

(Ministerin Siegesmund)

3. Welche Fakten und Argumente sprechen dafür, dass die Kommunalgremien zwar über die Diskussion des Einwohnerantrags hinaus Konsequenzen ziehen dürfen, dies aber mit neuen eigenständigen Anträgen und Beschlüssen tun müssen?

4. Wie viele Einwohneranträge wurden seit Inkrafttreten des Thüringer Gesetzes über das Verfahren bei Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid beantragt, für zulässig erklärt, beraten und/oder teilweise abgeschlossen?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Müller beantworte ich für die Landesregierung wie folgt – gestatten Sie mir, dass ich die Fragen 1 bis 3 zusammenhängend beantworte –:

Die Verfahren für Einwohneranträge, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sind im Gesetz über das Verfahren bei Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid – ThürEBBG – geregelt. Bei einem Bürgerbegehren beantragen Bürgerinnen und Bürger die Durchführung eines Bürgerentscheids über eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde. Geregelt ist das in § 11 Abs. 1 ThürEBBG. Das heißt, die Entscheidung über die bei dem Bürgerentscheid zur Abstimmung gestellten Fragen treffen grundsätzlich die Bürger. Dies gilt auch, wenn der Gemeinderat von der Möglichkeit Gebrauch macht, den Bürgern im Rahmen des Bürgerentscheids zusätzlich zum Vorschlag aus der Bürgerschaft zum gleichen thematischen Gegenstand einen Alternativvorschlag mit zur Abstimmung zu stellen. Der Bürgerentscheid entfällt in der Regel nur, wenn der Gemeinderat die mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahmen beschließt – siehe § 18 Abs. 4 Satz 1 ThürEBBG – oder wenn der Gemeinderat das Begehren in veränderter Form annimmt, die jedoch dem Grundanliegen des Bürgerbegehrens entspricht, und der Gemeinderat auf Antrag der Vertrauensperson die Erledigung des Bürgerbegehrens feststellt.

Anders verhält es sich bei einem Einwohnerantrag. Nach §§ 7 und 8 des Thüringer Gesetzes über das Verfahren bei Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid ist Ziel eines Einwohnerantrags, dass der Gemeinderat über eine gemeindliche Angelegenheit, für deren Entscheidung er zuständig ist, berät und möglichst im Sinne der Antragsteller entscheidet. Der Gemeinderat ist jedoch nicht an den Antrag der Einwohner gebunden. Der

Gemeinderat kann den Antrag vollständig ablehnen. Auch sind Änderungsanträge zu dem von den Einwohnern gestellten Antrag zulässig, sodass der Gemeinderat über den Einwohnerantrag auch in einer durch Änderungsanträge abgewandelten Form beschließen kann. Soweit die Vorbemerkung zur Mündlichen Anfrage auf Einzelfälle Bezug nimmt, wären abstrakte und pauschalisierende Aussagen noch hypothetischer Natur, da konkrete Informationen zu diesen Fällen nicht vorliegen. Deshalb sehe ich von einer Beantwortung an dieser Stelle ab.

Die Antwort zu Frage 4: Die zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden sind nicht in das Verfahren bei Einwohneranträgen eingebunden. Diese werden durch die Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltungshoheit eigenverantwortlich begleitet. Die zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden erfahren insofern nur in Einzelfällen, zum Beispiel bei Beschwerden oder Anfragen, von Einwohneranträgen in den ihrer Rechtsaufsicht unterstehenden Kommunen. Eine umfassende und belastbare statistische Erhebung zu den die Fragestellung umfassenden Auskünften liegt daher nicht vor.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Gibt es Nachfragen? Frau Müller, bitte.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass ein Gemeinderat zu einem Einwohnerantrag einen Änderungsantrag machen kann und diesen dann auch mit diesen Änderungen, wo darüber „Änderung zum Einwohnerantrag“ steht, beschließen kann? War das Ihre Aussage?

Na ja, wenn es sich im Rahmen des § 18 Abs. 3 ThürEBBG bewegt, kann der Gemeinderat von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Bürgern im Rahmen des Bürgerentscheids zusätzlich zum Vorschlag aus der Bürgerschaft zum gleichen thematischen Gegenstand einen Alternativvorschlag mit zur Abstimmung zu stellen.

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Wir sind aber beim Einwohnerantrag!)

Bitte?

Ich meinte jetzt diesen Einwohnerantrag. Einen speziellen Fall gab es – wenn ich die zweite Nachfrage stellen darf, sehr geehrte Frau Präsidentin – im Stadtrat Jena. Dort war eine Initiative, die hat einen Einwohnerantrag eingebracht. Erstens wurde

er nicht innerhalb einer Zeit von zwei Monaten, wie es im Gesetz geregelt ist – da würden Sie mir vielleicht auch zustimmen –, bearbeitet, sondern der Stadtrat der Stadt Jena hat einen Änderungsantrag zu einem Einwohnerantrag und nicht zu einem Bürgerbegehren gemacht. Daher die Frage: War das zulässig?

Den konkreten Fall möchte ich mir gern anschauen, dann bekommen Sie eine schriftliche Antwort.

(Zuruf Abg. Müller, DIE LINKE: Danke!)

Gibt es weitere Nachfragen aus den Reihen der Abgeordneten? Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur zweiten Frage. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Möller von der Fraktion der AfD mit der Drucksache 6/6514.

Vielen Dank!

Ausgliederung der Ortsteile Fischbach, Andenhausen und Klings aus der Stadt Kaltennordheim im Zuge der geplanten Fusion mit der Verwaltungsgemeinschaft „Hohe Rhön“ sowie den Wechsel in den Landkreis Schmalkalden-Meiningen

Im Zuge der Erörterungen des Wechsels der Stadt Kaltennordheim in den Landkreis SchmalkaldenMeiningen und in Reaktion auf den starken Widerstand aus der Mehrheit der Anwohner der Ortsteile Fischbach, Andenhausen und Klings kam es am 26. Oktober 2018 in Dermbach zu einem Gespräch mit dem zuständigen Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales, an dem neben dem Bürgermeister der Stadt Kaltennordheim unter anderem auch Vertreter des Ortsteilrats Fischbach teilnahmen. Im Rahmen dieses Gesprächs signalisierte der Staatssekretär die Möglichkeit der Ausgliederung der Ortsteile Fischbach, Andenhausen und Klings aus der Stadt Kaltennordheim für den Fall der Umsetzung der Fusionspläne. In einem vereinbarten Folgetermin, der eine Woche später in Erfurt stattfand, wurde den Betroffenen ebenfalls signalisiert, dass die Ausgliederung der genannten Ortsteile vom Land mitgetragen würde.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche rechtlichen und politischen Hindernisse stehen einer Ausgemeindung/Rückgemeindung/ Ausgliederung der Ortsteile Fischbach, Andenhausen und Klings aus der Stadt Kaltennordheim und einer Einbeziehung dieser Ortsteile in die Verwaltungsgemeinschaft Dermbach derzeit entgegen?

2. Welche rechtlichen und politischen Hindernisse stehen den Ausgemeindungsplänen nach Frage 1 im Fall eines vorherigen Vollzugs des Kreiswechsels der Stadt Kaltennordheim in den Landkreis Schmalkalden-Meiningen entgegen?

3. Welche Position vertritt die Landesregierung zu den Ausgemeindungsplänen nach Frage 1?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Möller beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Eine Ausgliederung der Gebiete der Ortsteile Fischbach, Andenhausen und Klings würde eine Gebietsänderung der Stadt Kaltennordheim darstellen, die nur dann zulässig ist, wenn Gründe des öffentlichen Wohls für eine solche Strukturänderung sprechen – siehe Artikel 92 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen und § 9 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung. Darüber hinaus wird die Landesregierung nur solche Gebiets- und Bestandsänderungen von Gemeinden unterstützen, die auf der Basis freiwilliger Neugliederungsbeschlüsse erfolgen. Eine Ausgliederung der genannten Ortsteile würde daher voraussetzen, dass der Stadtrat der Stadt Kaltennordheim dieser Maßnahme zustimmt. Auch bei Vorliegen dieser Voraussetzung für eine Gebietsänderung der Stadt Kaltennordheim käme jedoch eine Einbeziehung der Ortsteile in die Verwaltungsgemeinschaft Dermbach nicht in Betracht, da Ortsteile keine Gemeinden oder sonstigen rechtsfähigen Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Es handelt sich vielmehr um rechtlich unselbstständige Teile einer Gemeinde, die nicht Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft sein können. Insoweit wäre allenfalls eine Eingliederung der Gebiete der Ortsteile in eine andere Gemeinde möglich. Auch dies würde wiederum die Zustimmung der betroffenen Gemeinde und das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Wohls erfordern. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass im Thüringer Gemeindeneugliederungsgesetz 2019 vorgesehen ist, die Verwaltungsgemeinschaft Dermbach aufzulösen.

Zu Frage 2: Hier möchte ich zunächst auf die Antwort zu Frage 1 verweisen. Darüber hinaus zielt die in Frage 2 angesprochene Strukturänderung auf eine Änderung der Grenzen bzw. des Gebiets von Landkreisen. Es wären daher zusätzlich die Belange der betroffenen Landkreise zu berücksichtigen.

(Abg. Müller)

Zu Frage 3: Hier möchte ich wiederum auf die Antwort zu Frage 1 verweisen. Eine Einbeziehung der genannten Ortsteile der Stadt Kaltennordheim in die Verwaltungsgemeinschaft Dermbach, deren Auflösung im Gemeindeneugliederungsgesetz 2019 vorgesehen ist, kommt aus Sicht der Landesregierung nicht in Betracht. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Gibt es Nachfragen?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ja, hier von links!)

Herr Kuschel, bitte.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie müssen mal nach links gucken, das ist wich- tiger!)

Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, gab es denn nach Kenntnis der Landesregierung im Stadtrat von Kaltennordheim einen diesbezüglichen Antrag auf Ausgliederung, möglicherweise auf Initiative des Ortsteilrates und dergleichen? Wenn es diesen Antrag gab, wie hat der Stadtrat möglicherweise dann entschieden?

Das kann ich Ihnen hier aus dem Kopf nicht beantworten, ich sichere Ihnen aber eine schriftliche Beantwortung zu.

Eine zweite Nachfrage.

Aufgrund bisheriger Erfahrungen, können Sie mir ein Datum der Informationsübermittlung mitteilen?

Sie haben doch nur gute Erfahrungen gesammelt: innerhalb der vorgegebenen Frist.

(Heiterkeit im Hause)

Das Jahr würde mir reichen. Noch dieses Jahr oder noch in dieser Wahlperiode?