Protocol of the Session on December 13, 2018

Der Gesetzentwurf beinhaltet insbesondere weitreichende Änderungen in dem Behördenaufbau und in den Zuständigkeiten in den Geschäftsbereichen des Finanzministeriums, des Ministeriums für Umwelt, des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft. Neben zahlreichen Gesetzen wird auch eine große Anzahl von Rechtsverordnungen geändert bzw. angepasst, Letztere vor allem durch Änderung von Behördenbezeichnungen.

Die seitens der Regierung am 13. Juni vorgelegte Fassung des Gesetzentwurfs wies aufgrund des langen Erstellungszeitraums innerhalb der Regierung einige Unrichtigkeiten auf, die, soweit es sich um rechtsförmliche Punkte handelte, in Rücksprache mit der Staatskanzlei bereits im Vorfeld der schriftlichen Anhörung hier im Landtag angepasst wurden.

(Vizepräsidentin Jung)

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in vier Sitzungen beraten. Zudem wurde zu dem Gesetzentwurf ein schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt, in dem neben den kommunalen Spitzenverbänden und den Gewerkschaften die Interessenverbände aus den Bereichen Bergbau, Umwelt und Industrie, aus dem Ingenieurwesen, dem Handel, dem Handwerk, dem Tourismus und dem Sport, aus der Forst-, Landund Immobilienwirtschaft, der Bau-, Energie- und Wasserwirtschaft sowie private Unternehmen um Stellungnahme gebeten wurden. Seitens des Rechnungshofs wurde ebenfalls eine Stellungnahme abgegeben. Außerdem war der Gesetzentwurf Gegenstand einer Online-Diskussion.

Im Rahmen der weiteren Ausschussberatung wurde von den Koalitionsfraktionen und von der Fraktion der AfD im Nachgang zur schriftlichen Anhörung jeweils ein Änderungsantrag eingereicht. Neben einigen Formulierungspräzisierungen und redaktionellen Anpassungen wurden im Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen rechtsförmliche und begriffliche Klarstellungen am Regierungsentwurf vorgenommen. Durch die drei Fraktionen wurde auch eine Verordnung zur Bestimmung der Zuständigkeiten des Landesamts für Finanzen aufgenommen. Das ist insoweit ungewöhnlich – für Thüringen einmalig bisher –, als der Erlass sogenannter Vollverordnungen im Zuständigkeitsgefüge den Verfassungsorganen, also eigentlich der Landesregierung bzw. der einzelnen Ministerien, vorbehalten ist. Auch sollen der Unfallkasse Thüringen weitere Aufgaben übertragen werden.

Eine seitens der Fraktion der CDU im Haushaltsund Finanzausschuss beantragte nochmalige Anhörung der kommunalen Spitzenverbände nach diesen Änderungen wurde mehrheitlich abgelehnt.

Der beschriebene Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wurde in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 30. November beraten und mit der Koalitionsmehrheit angenommen. Er findet sich in der Beschlussempfehlung in Drucksache 6/6547 wieder, die im Übrigen die Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt. Die vier mitberatenden Ausschüsse haben sich mehrheitlich der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses angeschlossen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie nunmehr bitten, der vorliegenden Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses zuzustimmen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich danke dem Berichterstatter. Wünscht jemand aus den Fraktionen das Wort zur Begründung?

Nein, das kann ich nicht erkennen. Dann eröffne ich die Beratung. Das Wort hat Abgeordneter Pidde, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, demografischer Wandel, Globalisierung und Digitalisierung zwingen dazu, Verwaltungsabläufe zu straffen und Verwaltungsstrukturen zu optimieren. Das tun wir mit dem Verwaltungsreformgesetz. Wir schaffen eine bürgernahe, moderne und effiziente Landesverwaltung.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, die Regierungskoalition setzt entgegen aller Unkenrufe ein weiteres wichtiges Reformprojekt für Thüringen um. Wir vollziehen einen weiteren Schritt in einer seit mehr als zwei Jahrzehnten fortlaufenden Kette von Reformprozessen. Heute ist auch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Zukünftige Landesregierungen – egal in welcher politischen Konstellation – werden sich der Frage stellen müssen, wie staatliche Verwaltung und die Organisation von Prozessen an die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen angepasst werden können und müssen.

Die Landesregierung hat sich dieser Herausforderung gestellt und einen umfangreichen Gesetzentwurf zur Neustrukturierung ihrer Geschäftsbereiche vorgelegt. Nicht zufällig finden sich dabei Parallelen zu den Vorschlägen aus dem Bericht der Expertenkommission Funktional- und Gebietsreform der vergangenen Legislatur. In dem bereits 2013 vorgelegten Gutachten wurden zahlreiche gute Vorschläge gemacht, die jetzt unter Rot-Rot-Grün aufgegriffen und umgesetzt werden können, immer unter Berücksichtigung der von diesem Landtag in Form des Thüringer Gesetzes über die Grundsätze der Funktional- und Verwaltungsreform vorgegebenen Leitlinien.

Zusätzlich begleitet wurde die Erarbeitung durch eine umfassende und ganzheitliche Aufgabenkritik. Das Ziel der damaligen Kommission und der Landesregierung sind im Kern identisch. Die Landesverwaltung soll zukunftsfest gemacht werden. Es geht darum, Thüringen auf die bestehenden Herausforderungen vorzubereiten. Die bekannten Indikatoren sind für uns alle nichts Neues: Dass wir bis 2035 rund 13 Prozent an Einwohnern verlieren werden, dass die Altersgruppe der Menschen ab 65 ständig zunimmt, die der unter 20-Jährigen dagegen schrumpft.

Es stellt sich aber die eine wichtige Frage: Ist man gewillt, angesichts der bekannten Herausforderungen den Mut aufzubringen, Lösungen auch wirklich umzusetzen? Die Landesregierung hat mit dem vorgelegten Gesetzentwurf diese Frage klar mit Ja

(Abg. Emde)

beantwortet. Selbstverständlich gehen solche Reformprozesse nicht immer geräuschlos über die Bühne. Es ist ein Grundelement von Reformen, dass mit ihnen Veränderungen, manchmal auch Einschnitte einhergehen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir hier diese Diskussion parteiübergreifend intensiver geführt hätten. Aber die Debatte war sehr einseitig. Insbesondere beklage ich, dass sich die Christdemokraten in dem gesamten Prozess wenig eingebracht haben und keinen einzigen Änderungsantrag zu diesem Reformwerk vorgelegt haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in diesem Thüringer Verwaltungsreformgesetz sind zahlreiche Maßnahmen enthalten, mit denen die Voraussetzungen für eine moderne, bürgernahe und effiziente Verwaltung geschaffen werden. Worum geht es dabei konkret? Einerseits geht es um die Straffung der Verwaltung mit dem Ziel, Effizienz zu steigern und durch den Wegfall ganzer Hierarchieebenen perspektivisch Overheadkosten im Bereich der zentralen Dienste einer Behörde, also Haushaltsführung, Organisationsmanagement, Personalleitung und ITAdministration, einzusparen.

Im Geschäftsbereich des Finanzministeriums wird dafür konsequent die Zweistufigkeit der Verwaltung umgesetzt. Künftig wird es nur noch das Finanzministerium und das neu geschaffene Landesamt für Finanzen geben. Die Landesfinanzdirektion als Mittelbehörde wird aufgelöst und die Thüringer Finanzämter unmittelbar dem Finanzministerium zugeordnet. Wir sparen eine komplette Verwaltungs- und Hierarchieebene ein. Das spart nicht nur Geld, sondern es führt auch dazu, dass Verwaltungsvorgänge schneller bearbeitet werden können.

Weiterhin werden Kompetenzen stärker gebündelt. Aktuell teilen sich das Landesverwaltungsamt und die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie die Aufgaben. Die einen übernehmen Fachaufgaben, die anderen Vollzugsaufgaben. Die Dienstaufsicht über die einen hat das Umweltministerium, über die anderen das Innenministerium. Die bestehenden Aufgaben werden getrennt wahrgenommen mit jeweils eigenen Kapazitäten für Personalbewirtschaftung, Organisation und Technik.

Zusätzlich berührt das Landesamt für Umwelt und Geologie immer wieder den Arbeitsbereich des ebenfalls eigenständigen Landesbergamts, unter anderem bei Fragen des geologischen Landesdienstes zu Bodengutachten und Altlasten. Hier können viele Synergien erschlossen werden. Durch die Bündelung des Thüringer Landesamts für Umwelt und Geologie, des Landesbergamts und der Abteilung 4 des Thüringer Landesverwaltungsamts entsteht das neue Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz. Die Vorteile dafür liegen auf der Hand: Einerseits werden Kompeten

zen gebündelt und andererseits werden Verwaltungsverfahren und andere Vorgänge beschleunigt.

Eine ähnlich weitreichende Optimierung findet sich im Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft. Aus 19 Behörden, Anstalten, Einrichtungen und Landesbetrieben werden drei Sonderbehörden. Das ermöglicht klare Strukturen, straffes Verwaltungshandeln und benötigt gleichzeitig weniger Führungspersonal.

(Beifall SPD)

Ich habe vorhin schon die CDU-Fraktion kritisiert. Es ist ärgerlich, dass die Opposition nichts zur Lösung beigetragen hat und den Menschen sogar noch bewusst Sand in die Augen streut.

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: die Eingliederung des Landesbergamts in das neue Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz. Genau diesen Vorschlag hat bereits die Enquetekommission aus anerkannten Verwaltungsexperten 2013 auf den Tisch gelegt und jetzt wird so getan, als ob Rot-Rot-Grün mit eigenen zentralistischen Reformideen hinter dem Busch auftaucht, nur um der Thüringer Bergbauindustrie Ärger zu bereiten und sie zu gängeln. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Wir schauen uns die Vorschläge der Fachexperten an, wägen dann gezielt ab, ob hier Verbesserungen für Thüringen rauszuholen sind, und wir denken Verwaltung nicht in alten Das-haben-wir-immer-schonso-gemacht-Mustern, sondern wollen unsere Verwaltung besser machen. Das Landesbergamt wird lediglich Teil einer größeren Struktur. Glaubt da tatsächlich jemand daran, dass die ganzen Bergbauund Bergrechtsexperten morgen entlassen und versetzt werden, obwohl die Aufgabenerfüllung auch weiterhin abgesichert werden muss? Das, was Sie betrieben haben, ist reine Panikmache.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Gegenargument, welches häufig ins Feld geführt wurde, ist der mangelnde Einspareffekt der Reform, ein aus unserer Sicht fehlerhaftes und zu kurz gedachtes Argument. Nicht jeder Effizienzgewinn ist unmittelbar monetär messbar. Im Kern geht es um Wirtschaftlichkeit. Bei gleichbleibenden Kosten die Geschwindigkeit und Qualität zu erhöhen, das ist ein Gewinn, der sich langfristig bezahlt machen wird. Das funktioniert einerseits mit Einsparungen bei den Overheadkosten, aber auch die kommen freilich nicht über Nacht, sondern dann, wenn Altersabgänge erfolgen, wird auch ein spürbarer Effekt eintreten.

Meine Damen und Herren, ganz ohne Änderungen des vorliegenden Gesetzentwurfs geht es dann doch nicht, auch wenn sie in diesem Fall fast ausschließlich ergänzenden und formellen Charakter haben. Mit dem vorgelegten Änderungsantrag, den wir auch in der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses wiederfinden, auf die

der Vorsitzende Herr Emde hingewiesen hat, haben die Koalitionsfraktionen einerseits Klarstellungen beispielsweise im Bereich der Zuständigkeiten des Emissionsschutzes eingeführt. Zusätzlich werden wir den in der Anhörung vorgetragenen Bedenken bezüglich drohender Beschränkungen des Mountainbikefahrens im Wald Rechnung tragen. Gerade mit Blick auf das touristische Entwicklungspotenzial durch diese Sport- und Freizeitbeschäftigung wäre es unsinnig, hier lästige Einschränkungen einzuführen. Zudem haben wir ganz im Sinne des Effizienzgedankens dieses Gesetzentwurfs jetzt die ergänzende elektronische Bekanntmachung der Beschlüsse der regionalen Planungsgemeinschaften im Gesetz festgeschrieben.

Mit dem Verwaltungsreformgesetz wird der Reformwille von Rot-Rot-Grün erneut deutlich. Wir wollen die vielen erfolgreich arbeitenden Landesbediensteten nicht mit veralteten Strukturen und einer steigenden Arbeitsbelastung ungewiss in die Zukunft gehen lassen. Auch wenn der anfängliche Entrümpelungsprozess sicher nicht jeden zu Freudensprüngen verleitet – er wird sich auf Dauer bezahlt machen. Mit einer eigens für dieses Reformgesetz vereinbarten Tarifvereinbarung mit den Gewerkschaften ist sichergestellt, dass Landesbedienstete, die durch Veränderungen von einem Arbeits- oder Wohnortwechsel betroffen sind, keinen übermäßigen Belastungen ausgesetzt werden, genauso wie die Personalvertretungsrechte im Rahmen der geltenden Gesetze immer Anwendung gefunden haben.

Meine Damen und Herren, wir machen unsere Landesverwaltung fit für die anstehenden Herausforderungen. Vielleicht wird man irgendwann rückblickend feststellen, dass mit dem Verwaltungsreformgesetz die Thüringer Landesverwaltung zukunftsfest aufgestellt worden ist. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion erhält Abgeordneter Kowalleck das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! An dieser Stelle begrüße ich ganz herzlich den Präsidenten des Thüringer Rechnungshofs, der uns in den Ausschussberatungen sehr unterstützt und entsprechende Stellungnahmen eingebracht hat, auf die ich dann noch eingehen werde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Jahre von Rot-Rot-Grün in Thüringen sind verlorene Jah

re – das zeigt der vorgelegte Gesetzentwurf wiederum aufs Neue.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Machen Sie mal einen Änderungsan- trag!)

Die angebliche Verwaltungsreform ist und bleibt am Ende lediglich eine Behördenumstrukturierung.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Sie hätten mal die Reden austauschen sollen!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Nicht mal das haben Sie hinbekommen!)

Es fehlt ganz einfach an dieser Stelle... Wenn Sie mir zuhören, erläutere ich Ihnen das auch gern.

Herr Abgeordneter Kuschel, der Redner ist jetzt Abgeordneter Kowalleck.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich denke, da können auch die Gäste besser folgen, wenn wir nicht so viele Zwischenrufe haben, Herr Kollege.

Meine Damen und Herren, es fehlen ganz einfach die Aufgabenerhebung, die Aufgabenkritik, die umfassende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung anhand messbarer Vorgaben, Zieldefinitionen und quantifizierbarer Effizienzgewinne. Zukünftig sehen wir durchaus Probleme, die von den zahlreichen Anzuhörenden auch aufgezeigt wurden. So nenne ich als Beispiel die Zweistufigkeit der Steuerverwaltung, gerade wenn die Aufsicht der Finanzämter durch das Ministerium ausgeübt wird.

Als Nächstes – das wurde schon angesprochen: Die Zerschlagung des Landesbergamts bedroht den fachlichen Austausch und einfache Genehmigungsprozesse mit der Rohstoffindustrie.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Erst sagen Sie „umstrukturieren“ und jetzt „zer- schlagen“! Was denn jetzt?)

Wenn Herr Dr. Pidde dann das Jahr 2013 anführt, muss man sagen: Wir haben hier eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf gehabt. Wenn es dann Hinweise gibt, müssen die ernst genommen werden und dürfen nicht einfach von den Koalitionsfraktionen weggewischt werden. So wendet sich die Rohstoffund Bergbauindustrie vehement gegen die Auflösung des Thüringer Landesbergamts. Gerade auch diese Begründung haben Sie gelesen, aber wenn Sie diese einfach so wegwischen und nicht ernst nehmen, muss ich an dieser Stelle schon sagen: Das ist bedenklich und das ist für uns eben kein Vorgehen.