Ich freue mich, dass ich die Anwesenden zu unserer heutigen Plenarsitzung begrüßen darf, die ich hiermit eröffne.
Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführerin neben mir Frau Abgeordnete Mühlbauer Platz genommen. Die Redeliste führt Herr Abgeordneter Gruhner.
Für die heutige Sitzung haben sich eine ganze Reihe von Kollegen entschuldigt: Abgeordneter Helmerich, Abgeordneter Hey, Frau Abgeordnete Holbe, Frau Abgeordnete Annette Lehmann, Frau Abgeordnete Muhsal, Frau Abgeordnete Pelke, Frau Ministerin Keller und Frau Ministerin Taubert zeitweise.
Gesetz zur Änderung des Thüringer Gerichtsstandortgesetzes und zur Bereinigung unterhaltsrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/6039 ZWEITE BERATUNG
Der Gesetzentwurf der Landesregierung wurde gestern schon ausgiebig beraten, wie ich feststellen darf, sodass ich auch feststellen möchte, dass sich hier niemand zur Aussprache gemeldet hat, sodass wir damit die Aussprache direkt schließen können und dann zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in zweiter Beratung kommen.
Zunächst zur Drucksache 6/6039: Wer dafür ist, den bitte ich um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aller Kollegen im Haus. Danke. Gegenstimmen? Keine. Enthaltungen? Auch keine. Damit einstimmig verabschiedet.
Ich bitte Sie jetzt, sich von den Plätzen zu erheben, wenn Sie diesem Gesetzentwurf zustimmen. Vielen Dank. Alle, die dagegen stimmen, erheben sich jetzt bitte von den Plätzen. Enthaltungen? Nicht der Fall. Damit einstimmig so verabschiedet.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Abgeordnete, werte Gäste! Die Aufdeckung der Missstände an der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge brachte zutage,
dass die Bearbeitung von Asylanträgen in Deutschland bereits seit Jahren nicht mehr rechtsstaatlichen Anforderungen genügt.
Wie viele Asylbescheide hierbei in den letzten Jahren jedoch tatsächlich ohne rechtliche Grundlage erlassen wurden, kann gegenwärtig nicht abschließend beurteilt werden.
Zwar sind nunmehr die Linken seit Kurzem sehr darum bemüht, diesen gesamten Skandal sowie die ursprünglich bekanntgegebene Anzahl von über 1.200 rechtswidrig erlassenen Asylbescheiden kleinzureden,
jedoch ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Überprüfungsverfahren der Bescheide, die in der Bremer Außenstelle des BAMF erlassen wurden, …
… aktuell noch nicht abgeschlossen sind, sondern erst eine finale Auswertung stattfindet. Somit kann man noch nicht sagen, wie viele von diesen Bescheiden tatsächlich rechtswidrig sind. Mithin kann also gegenwärtig noch lange nicht die Rede davon sein, dass der Skandal aufgeklärt wäre oder sogar in sich zusammenfallen würde.
Vielmehr ist es so, dass die komplette Aufklärung dieses Skandals sowie die Hintergründe uns alle noch lange Zeit beschäftigen werden.
Klar ist bereits jetzt, dass der gesamte Skandal erst durch ein noch nie dagewesenes Politikversagen ermöglicht wurde, denn aufgrund der rechtswidrigen Grenzöffnung im Herbst 2015 durch die Bundeskanzlerin sowie den hierdurch ermöglichten unkontrollierten Zustrom an illegalen Zuwanderern kam es zu einem schlagartigen Anstieg der gestellten Asylanträge, welchem die BAMF-Außenstelle weder personell noch organisatorisch gewachsen war. Welche Zustände dabei in den einzelnen Außenstellen herrschten, tritt erst jetzt nach und nach zutage, denn zur Bewältigung der Flut an gestellten Asylanträgen sah sich das BAMF dazu gezwungen, zeitweise sein Personal auf das Dreifache aufzustocken, um die Lage wieder unter Kontrolle zu bekommen. Hierbei lautete die Devise jedoch: Quantität vor Qualität, sodass aus der Not heraus auch Quereinsteiger ohne Erfahrung und fachliche Vorkenntnisse im Bereich des Asylrechts eingestellt wurden. Im Ergebnis kam es somit dazu, dass die Masterabsolventen solcher Studiengänge wie der Archäologie, der Soziologie oder Betriebswirtschaftslehre nach gerade einmal vier- bis sechswöchigen Ermittlungslehrgängen eigenständig über die gestellten Asylanträge entscheiden sollten. Sogleich wurde dabei vonseiten der Vorgesetzten auf die Entscheider ein massiver Druck ausgeübt, um die vorgegebenen Zahlen zu erfüllen. Obwohl die Bearbeitung eines komplexen Falls auch schon mal bis zu einem Tag in Anspruch nehmen kann, wurde bisweilen ein zu erfüllendes Pensum von sieben Fällen pro Tag angeordnet. In Anbetracht solcher unrealistischer Vorgaben resignierte eine Vielzahl von BAMF-Mitarbeitern und bewilligte in Zweifelsfällen die Anträge lieber, anstatt sie mit viel mehr Arbeit einer Ablehnung zuzuführen.
Auf diese Weise stieg auch die Anzahl der entschiedenen Erst- und Folgeanträge von 283.000 im Jahr 2015 auf jeweils über 600.000 in den Jahren 2016 und 2017. Somit konnte zwar das von Frau Merkel vorgegebene „Wir schaffen das“-Mantra formal umgesetzt werden, jedoch bleiben dabei die rechtsstaatlichen Anforderungen, die auch im Rah
men eines Asylverfahrens einzuhalten sind, auf der Strecke. Von welcher inhaltlichen Qualität die Entscheidungen dabei waren, wurde uns allen auf beispielhafte Art und Weise mit dem Fall des Bundeswehrsoldaten Franco A. vor Augen geführt. Dieser konnte sich als syrischer Obsthändler ausgeben und erhielt auch problemlos Asyl im eigenen Land.
Vor dem Hintergrund der dargelegten Fehlentwicklungen und Missstände muss davon ausgegangen werden, dass an weitaus mehr BAMF-Außenstellen Asylbescheide erlassen wurden, die nicht im Einklang mit der Rechtsordnung stehen. Hierbei kommt zudem noch erschwerend hinzu, dass laut Medienbericht, die nach § 73 Abs. 2 Asylgesetz erforderliche Überprüfung der bewilligten Asylbescheide dahin gehend, ob die Voraussetzungen beim Widerruf oder Rücknahme vorliegen, seit dem Sommer 2015 nur noch in den seltensten Fällen vorgenommen wird.
Gerade aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass zum einen in Thüringen eine landesweit einheitliche Verwaltungspraxis eingeführt wird, nach welcher alle Ausländerbehörden im Freistaat Thüringen verpflichtet werden, bei der BAMF-Außenstelle nachzufragen, ob ein Rücknahme- bzw. Widerrufsverfahren eingeleitet wurde. Zum anderen muss aber auch sichergestellt werden, dass die BAMF-Außenbehörden bundesweit alle Asylverfahren spätestens vor der erstmaligen Verlängerung des Aufenthaltstitels wieder ausnahmslos einer sorgfältigen Einzelfallprüfung unterziehen. Denn nur so können rechtsstaatliche Verhältnisse hierzulande ebenso wie auch das bei den Bürgern bereits verloren gegangene Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen wiederhergestellt werden. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Damit eröffne ich die Beratung und als Erste hat Abgeordnete Berninger für die Fraktion Die Linke das Wort.
Einen schönen Guten Morgen, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren der demokratischen Fraktionen! Wenn es nach dem Willen der rechtspopulistischen Fraktion geht, sollen die Thüringer Ausländerbehörden das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zukünftig in jedem
Einzelfall drei Monate vor Ablauf der drei Jahre befristeten Aufenthaltserlaubnis anerkannter Geflüchteter anfragen, ob ein Widerrufsverfahren eingeleitet wurde. Und außerdem soll sich die Landesregierung im Bund für eine – Zitat – „sorgfältige Einzelfallprüfung“ inklusive der Identitätsprüfung jedes Asylverfahrens vor Ablauf der Frist einsetzen. Die Hoffnung: Möglichst viele Anerkennungen sollen zurückgenommen bzw. widerrufen werden.
Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich sage, dass diese Forderungen der rechtspopulistischen Fraktion ganz selbstverständlich abzulehnen sind. Begründet – das haben wir ja eben wieder amüsiert bemerkt – wird die Forderung mit dem BAMF-Skandal in Bremen. Dazu darf ich ganz genüsslich den ersten Absatz der Begründung zitieren und bitte, sehr geehrte Abgeordnete der demokratischen Fraktionen, verzeihen Sie mir, wenn das ein bisschen nach szenischer Lesung oder Büttenrede klingen wird. Die Rechtspopulisten begründen ihre Forderungen also folgendermaßen: „Die Aufdeckung des massenhaften Erlasses ungesetzlicher Asylentscheide durch die Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zeigt, dass bei der Bearbeitung von Asylanträgen in Deutschland rechtsstaatliche Grundsätze offenkundig massiv verletzt wurden.
In mindestens 1.200 Fällen wurden von der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Asylanträge systematisch fehlerhaft bearbeitet, indem Antragstellern Asyl gewährt wurde, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt waren.“