Zu Frage 4: Seitens der Landesregierung wird die Annahme einer großen anzunehmenden Dunkelziffer als nicht gestützt betrachtet. Die Jugendämter haben pädagogische Fähigkeiten sowie Erfahrungen, um durch gezielte Interviews der UMA während der qualifizierten Inaugenscheinnahme bereits Zweifel an einer Minderjährigkeit auszuschließen. Die Jugendämter arbeiten dabei nach den einschlägigen Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten Minderjährigen. Bestehen während oder nach dieser qualifizierten Inaugenscheinnahme trotzdem Zweifel an einer Minderjährigkeit, nutzen die Jugendämter die Möglichkeit einer ärztlichen Untersuchung nach § 42f Abs. 2 SGB VIII.
Dann kommen wir zur nächsten Frage. Das ist der Fragesteller Herr Abgeordneter Kuschel von der Fraktion Die Linke mit der Drucksache 6/5675. Bitte.
Voraussetzungen einer Kreditaufnahme zur Schaffung neuer Kinderbetreuungsplätze in der Stadt Arnstadt
Städte und Gemeinden in Thüringen müssen den Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz als kommunale Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis sichern. In Arnstadt fehlen hier perspektivisch circa 100 Plätze. Die Stadt will deshalb den Bau und die Betreibung einer neuen Kindertagesstätte an einen freien Träger übertragen. Der freie Träger setzt dabei keine Eigenmittel ein. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung hat ergeben, dass die Betreibung der Kindertagesstätte durch einen freien Träger – dies schließt auch die Refinanzierung der Investition von rund 2 Millionen Euro ein – für die Stadt nicht kostengünstiger wird als eine Eigeninvestition und -betreibung – unter anderem wegen eines Verwaltungskostenanteils des Trägers und der anfallenden Verwaltungskosten für die Vertragsüberwachung –. Trotzdem hält die Stadt an diesem Modell der freien Trägerschaft für die Investition und den Betrieb fest und dies mit der Begründung, dass die Stadt für eine solche Investition derzeit keine Eigenmittel hat und eine Kreditgewährung nicht erfolgt, weil sich die Stadt seit 2015 in der Haushaltssicherung befindet. Bedarfszuweisungen hat die Stadt bisher nicht erhalten. Die Stadt Arnstadt unterliegt der Rechtsaufsicht des Landes.
1. Unter welchen Voraussetzungen kann der Stadt Arnstadt für den Bau einer neuen Kindertagesstätte zum Zweck der Sicherung des Rechtsanspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz eine Kreditaufnahme auch in der Phase der Haushaltssicherung gewährt werden?
2. Liegen die unter Frage 1 erfragten Voraussetzungen nach dem Kenntnisstand der Landesregierung derzeit vor und wenn ja, welche?
4. Unter welchen Voraussetzungen kann in welcher Höhe der nachgefragte Neubau einer Kindertagesstätte durch das Land gefördert werden?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär Höhn.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Die Veranschlagung von Kreditaufnahmen im Haushalt und deren Genehmigung unterliegt während der Haushaltssicherung zunächst denselben gesetzlichen Anforderungen und Voraussetzungen, wie sie für Kommunen ohne Haushaltssicherungspflicht bestehen. Dies bedeutet für den Normalfall der Kreditaufnahme, dass gemäß § 63 Abs. 1 ThürKO Kredite nur im Vermögenshaushalt und nur für Investitionen aufgenommen werden dürfen. Weiterhin darf gemäß § 54 Abs. 3 ThürKO eine andere Finanzierung nicht möglich sein oder muss wirtschaftlich unzweckmäßig sein. Gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 ThürKO bedarf der Gesamtbetrag der vorgesehenen Investitionskreditaufnahmen der Gesamtgenehmigung im Rahmen der Haushaltssatzung der Kommune. Dieser Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen soll gemäß § 63 Abs. 2 Satz 2 der ThürKO unter dem Gesichtspunkt einer geordneten Haushaltswirtschaft genehmigt werden. Dabei muss die dauernde Leistungsfähigkeit in der Regel mit den künftigen Kreditverpflichtungen im Einklang stehen. Werden Kreditaufnahmen während der Haushaltssicherung vorgesehen, ist anhand der vorgenannten Kriterien eine Prüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörden insbesondere auch unter Beachtung der Ziele des Haushaltssicherungskonzeptes und des eingereichten Haushaltsplans vorzunehmen. Dabei sind bestehende Verpflichtungen zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben in die Überlegung einzubeziehen.
Zu Frage 2: Nach Auskunft der für die Stadt Arnstadt zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde beim Landratsamt Ilm-Kreis ist die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt Arnstadt derzeit gegeben. Die Stadt Arnstadt verfügt über ein im Jahr 2016 beschlossenes Haushaltssicherungskonzept, die Fortschreibung soll noch in diesem Jahr unter Verkürzung des Konsolidierungszeitraums bis 2021 erfolgen. Im laufenden Haushaltsjahr genehmigte die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde bereits eine Kreditaufnahme in Höhe von 260.000 Euro zur Finanzierung des Neubaus einer Feuerwache. Ob und in welchem Umfang darüber hinaus noch weitere Kreditaufnahmen genehmigungsfähig sind, kann nach Auskunft der zuständigen Rechtsaufsicht erst bei Vorlage konkretisierender Unterlagen durch die Stadt abschließend beurteilt werden.
Zu Frage 3: Das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach § 53 Abs. 2 ThürKO ist für alle Kommunen bindend. Daran anknüpfend schreibt § 10 Abs. 2 der Thüringer Gemeindehaushaltsverordnung vor, dass bereits vor dem Beschluss über Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unter Berücksichtigung der Folgekosten zu erfolgen hat. Folglich muss bereits vor einer Festsetzung des Gesamtbetrags der Kreditaufnahmen in der Haushaltssatzung die wirtschaftlichste Lösung für eine Investitionsmaßnahme gefunden worden sein. Die nach § 63 Abs. 2 Satz 1 ThürKO zu erteilende Gesamtkreditgenehmigung betrachtet die Wirtschaftlichkeit einzelner Maßnahmen als Genehmigungsvoraussetzung des Gesamtbetrags der Kreditaufnahmen deshalb nicht vordergründig. Nach Auskunft der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde liegen ihr bislang keine Informationen vor, ob und wenn ja mit welchem Ergebnis die Stadt Arnstadt im Zusammenhang mit dem geplanten Bau einer Kindertagesstätte Überlegungen zu einer wirtschaftlichen Vergleichsberechnung der infrage stehenden Varianten geführt hat.
Zu Frage 4: Grundsätzlich werden Fördermittel für den Neubau einer Kindertagesstätte auf der Grundlage der Richtlinie Landesinvestitionsprogramm „Kindertageseinrichtungen“ 2017 bis 2018 vergeben. Allerdings ist für den Bewilligungszeitraum 2017 bis 2020 die Antragsfrist bereits abgelaufen. Für weitere Förderrunden liegen die gesetzlichen und haushalterischen Voraussetzungen derzeit nicht vor.
Gibt es eine Zusatzfrage? Nein. Dann kommen wir zur nächsten Fragestellerin, das ist Frau Abgeordnete Müller, Fraktion Die Linke, mit der Drucksache 6/5681. Frau Müller, bitte.
Einem Beitrag in der „Südthüringer Zeitung“ vom 2. Mai 2018 zufolge ist der Erdfall in der Frankensteinstraße in Tiefenort erneut aktiv. Der Vorsitzende des Erdfallhilfevereins Tiefenort e. V. hätte in diesem Zusammenhang dargelegt, dass ein Teil des Kieses, der zu Sicherungszwecken eingebracht wurde, nicht mehr sichtbar sein würde. Ein Mitarbeiter der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie sei am darauffolgenden Tag vor Ort gewesen und hätte empfohlen, den Erdfall weiter zu beobachten.
Weiter ist aus dem besagten Zeitungsartikel zu entnehmen, dass der Erdfallhilfeverein Tiefenort e. V. aktuell mit der Landesregierung um Fragen der Ei
gentumsübertragung und der Entschädigung betroffener Familien verhandelt. Deren Interesse liegt offenbar darin, dass die gefährdeten Häuser abgerissen werden und sich das Gebiet entwickeln kann. Kritisch hätte sich der Vorsitzende des Vereins dahin gehend geäußert, dass die installierten Messgeräte nicht auf die neuen Bewegungen im Erdfall reagierten. Daher würde der Verein eine neue Untersuchung des Erdfalltrichters fordern, einschließlich der Klärung der Frage, ob sich unter der eingebrachten Betonplombe ein neuer Hohlraum gebildet haben könnte.
2. Welche Sicherungsmaßnahmen werden mit welchem Zeitplan seitens der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie vorbereitet?
3. Ist es zutreffend, dass die Kamera, die das Abrutschen hätte aufnehmen sollen, seit Wochen defekt war?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz, Staatssekretär Möller, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Müller beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1 – Inwieweit kann die Landesregierung die eingangs geschilderten Sachverhalte bestätigen? –: Die Feststellung, dass der Erdfall in der Frankensteinstraße in Tiefenort offensichtlich wieder aktiv und der zu Sicherungszwecken über dem Erdfall gerade aufgebrachte Kies wohl in der Nacht zum 2. Mai 2018 nachgerutscht ist, kann von der Landesregierung bestätigt werden. Ebenso kann bestätigt werden, dass noch am selben Tag ein Mitarbeiter der TLUG vor Ort war und nach Inaugenscheinnahme eine weitere Beobachtung des Erdfalls empfohlen hat. Über mögliche Verhandlungen des örtlichen Erdfallhilfevereins mit der Landesregierung zu Fragen der Eigentumsübertragung und Entschädigung Betroffener ist nichts bekannt. Die vom Vorsitzenden des Erdfallhilfevereins geäußerte Kritik an der Funktionsfähigkeit der am Erdfall installierten Messgeräte wird von der Landesregierung zurückgewiesen. Das Frühwarn- und Beobachtungssystem hat seine Aufgabe wahrgenommen, da sich der Erdfall aber nicht vergrößert hat, wurden auch keinerlei Absenkungen im Umfeld des
Erdfalls angezeigt. Die technischen Komponenten des Frühwarn- und Beobachtungssystem wie Erdfallpegel und Extensometer sind nicht dazu ausgelegt, nachrutschenden Kies im Erdfall anzuzeigen. Dies kann allein anhand von Veränderungen der Form und Größe des Kieshaufens beobachtet werden. Die Anwohner hatten diese Veränderung bereits am Morgen des 2. Mai bemerkt und richtigerweise sofort die Gemeindeverwaltung informiert. Die erwähnte Betonplombe ist als solche nicht mehr vorhanden. Sie wurde bereits im Zuge der Sicherungsarbeiten im August 2010 vollständig zerlegt und ein größerer Teil der Bruchstücke konnte aus dem Erdfallkrater geborgen werden. Die dort verbliebenen Bruchstücke werden gemeinsam mit dem Verfüllkies sukzessive im Erdfallschlot nach unten absinken. Zu diesem Schluss kamen auch die seinerzeitig tätigen Gutachter. Dass der Kies jetzt nachrutscht, ist ein gutes Zeichen dafür, dass das auch tatsächlich so ist, dass es also nicht nur graue Theorie der Gutachter ist, sondern dass tatsächlich diese noch im Schacht oder im Krater verbliebenen Betonteile, Bruchstücke der ehemaligen Plombe, tatsächlich auch mit nach unten rutschen. Wenn das nicht so wäre, würde auch der Kies nicht nachrutschen.
Zu Frage 2 – Welche Sicherungsmaßnahmen werden mit welchem Zeitplan seitens der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie vorbereitet? –: Seitens der TLUG sind keine Sicherungsmaßnahmen vorgesehen. Die für etwaige Sicherungsmaßnahmen zuständige Gemeinde Tiefenort hat, da sich keine Nachbewegungen gezeigt haben, am 15. Mai 2018 den Kieshaufen wieder auffüllen lassen. Das von der TLUG installierte Frühwarnund Beobachtungssystem entspricht dem Stand der Technik.
Zu Frage 3 – Ist es zutreffend, dass die Kamera, die das Abrutschen hätte aufnehmen sollen, seit Wochen defekt war? –: Ja, in der Tat, die Kamera war defekt. Die technischen Komponenten des Beobachtungssystems, zu welchen die Kamera gehört, werden im Auftrag der TLUG durch eine Fremdfirma betreut und gewartet. Die TLUG hatte bereits am 14. März 2018 dieser Fremdfirma die Fehlfunktion mitgeteilt und trotz Mahnungen ist die Kamera erst seit 15. Mai 2018 wieder in Betrieb. Die Kamera selbst dient aber nur der Dokumentation. Sie macht täglich um 12.00 Uhr ein Bild, um gegebenenfalls auftretende Veränderungen in der Form des Kieshaufens dokumentieren zu können. Sie wird nur dann in Dauerbetrieb gesetzt, wenn Elemente des Frühwarn- und Beobachtungssystems Veränderungen detektieren und die Kamera bei der Überschreitung festgelegter Grenzwerte automatisch startet.
Zu Frage 4 – Wer ist für die Kontrolle und Pflege der installierten Geräte verantwortlich? –: Die Gemeinde Tiefenort ist für die Bestandteile des Früh
warnsystems zuständig, zum Beispiel für den Erdfallpegel zur Alarmauslösung bei Nachbruch oder Erweiterung des Erdfalls in der Fläche. Die TLUG übernimmt die Kontrolle und Pflege für die Bestandteile des Beobachtungssystems. Dabei handelt es sich um eine freiwillige Leistung des Freistaats Thüringen. Die Arbeiten werden durch eine Fremdfirma im Auftrag der TLUG durchgeführt.
Vielen Dank erst mal für Ihre Antworten. Sie haben jetzt aber gesagt, das Frühwarnsystem hätte funktioniert. Das bedeutet für mich im Umkehrschluss – und ich hoffe, Sie können das bestätigen –, dass sozusagen bei der Gemeinde, die jetzt laut Ihren Aussagen für das Frühwarnsystem auch zuständig ist, ein Signal einging und der Erdfallhilfeverein, noch bevor das jemand kontrollieren konnte, schon das Abrutschen des Kieses bemerkt hatte. Oder woran macht man das fest, dass das Frühwarnsystem funktioniert hat?
Das Frühwarnsystem hat nicht die Aufgabe, nachrutschenden Kies zu detektieren. Insofern war das da nicht beteiligt. Das funktioniert, das wird regelmäßig auch geprüft, aber das hatte an der Stelle gar keine Funktion. Insofern konnte der nachrutschende Kies nur in Form der Veränderung des Haufens, der da obendrauf liegt, gesehen werden.
Vielen Dank. Herr Staatssekretär, Sie hatten gesagt, dass das Nachrutschen des Kieses ein Indiz dafür ist, dass die Plombe sich wirklich in ihre Einzelteile aufgelöst hat. Die ist ja gesprengt worden, Teile sind rausgenommen worden, was Sie richtig beschrieben haben, aber dort, wo sie gesprengt wurde und man die Teile nicht rausnehmen konnte, hingen die Teile hinterher zumindest noch zusammen. Das war ein Grund, weshalb der Erdfallhilfeverein dort relativ skeptisch ist. Gibt es denn Erkenntnisse der TLUG, wie der Kies jetzt nachgerutscht ist? Ist er eher am Rand des Erdfalltrichters nachgerutscht oder ist er mittig abgerutscht? Kann man daraus vielleicht im Hinblick auf die verbliebenen Plombenteile noch Schlussfolgerungen ziehen, weil das ja immer eine große Sorge des Erdfallver
Ich gehe davon aus, dass wir keine Erkenntnisse haben. Sollten wir welche haben, würde ich die gern zur Verfügung stellen.