Protocol of the Session on May 23, 2018

(Beifall AfD)

(Abg. Berninger)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, ich garantiere Ihnen, dass es Ihnen nicht gelingen wird, sich hier aus der Verantwortung zu stehlen, denn die Bürgerinnen und Bürger Thüringens sind nicht dumm, sodass sie Ihr Manöver durchschauen würden. Die Wähler haben nämlich noch nicht vergessen, wie die Thüringer CDU bei Ihrem Landesparteitag im Jahr 2016 einen Antrag stellte, in welchem sie an Frau Angela Merkel appellierte, noch ein viertes Mal zu kandidieren.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Ja- wohl, sie hat es auch gemacht!)

(Beifall CDU)

Die Thüringer CDU flehte damit gerade jene Frau an, noch einmal anzutreten, die nicht nur für den millionenfach illegalen Grenzübertritt verantwortlich ist, sondern ebenso dafür die Verantwortung trägt, dass es in Deutschland immer häufiger zu Messerattacken und Vergewaltigungen kommt, dass sich immer mehr No-Go-Areas bilden und dass der deutsche Steuerzahler laut neuester Berechnung für die Versorgung des angeblichen Flüchtlings bis zum Jahr 2022 insgesamt 78 Milliarden Euro zahlen muss. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, egal wie viele solche Schaufensteranträge Sie hier ins Plenum einbringen, egal wie viele AfD-Positionen Sie kopieren, niemand wird Ihnen abkaufen, dass Sie eine konservative Partei sind, die in der Lage ist, Deutschland vor dem islamischen Terror zu bewahren. Sie als Thüringer CDU standen hinter Ihrer Kanzlerin, die Tür und Tor für islamische Gefährder öffnete.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wer schreibt Ihnen denn so einen Schwachsinn auf?)

Damit stehen Sie ebenso in Verantwortung und es wird Ihnen nicht mehr gelingen, Ihren Kopf aus dieser Schlinge zu ziehen, indem Sie solche Placeboanträge in das hier vorliegende Plenum einbringen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Total verrannt!)

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Hartung von der Fraktion der SPD das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich hatte vorhin bei der anderen Aktuellen Stunde die Frage der Verantwortung angesprochen. Und, Herr Herrgott, Sie haben das hier sehr gut ausgeführt: Es ging um einen Gesetzentwurf, bei dem

nicht ein Familiennachzug für Gefährder in Rede stand, sondern ein Familiennachzug für geläuterte Gefährder. Wir haben gerade gehört: 760 Gefährder, das ist ungefähr ein bisschen weniger als ein Promille aller Geflüchteten, ein Dreiviertelpromille ungefähr. Für den Fall, dass diese Zahl stimmt: Selbst die Menschen, die geläutert wären, wären so wenige, dass die 27 Menschen im Monat, die nach Thüringen kämen – wären denn die geläuterten Gefährder diejenigen, die nachziehen lassen könnten –, bei uns eher sehr unwahrscheinlich ankämen. Das ist, glaube ich, hier kein Problem, das realistisch ist.

Warum rufen Sie dann diese Aktuelle Stunde überhaupt auf, die sich eigentlich schon überlebt hat – wie Sie selbst schon dargelegt haben –, weil der Gesetzentwurf entsprechend geändert worden ist? Da nehme ich mal das Bild, was Sie mir vorhin vorgeworfen haben: Sie packen alles in einen Kessel, nämlich Flüchtlinge ohne Bleiberechtsperspektive, Ankerzentren usw. usf. und verrühren das alles hier. Das hat alles nichts mit Familiennachzug für Gefährder zu tun. Aber das wird alles hier thematisiert.

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Ach, Un- sinn!)

Der Grund, warum Sie hier darüber reden, ist ganz einfach: Sie wollen hier für Ihre 1.000 Flüchtlinge im Monat werben. Diese aus humanitären Gründen eindeutig abzulehnende Begrenzung ist für Sie jetzt das Sakrosankte, und um dafür in der Bevölkerung zu werben, erwecken Sie den Eindruck, hier würden auch Gefährder und alle möglichen Menschen nachziehen können. Dem ist doch überhaupt nicht so! Warum tun Sie das? Einfach um zum Beispiel Druck auf die SPD auszuüben, diese Quote von 1.000 Menschen, die nachziehen dürfen, zu akzeptieren.

Ich persönlich werde mich damit nie abfinden. Nicht deswegen, weil ich glaube, dass wir jeden unbedingt holen müssten, sondern weil ich glaube, dass wir aus ganz eigenem Interesse den Menschen, die hier sind, eine Perspektive geben müssen. Und wer sich hier integrieren soll, kann das leichter, wenn er weiß, dass seine Familie bei ihm ist, nämlich in Sicherheit. Wer sich hier nicht radikalisieren soll, kann das leichter, wenn er seine Familie dabei hat. Warum soll ich denn zu Straftaten neigen, wenn ich meine Familie bei mir habe? Es wäre Wahnsinn. Wenn ich hierherkomme, um Sicherheit zu finden, dann werde ich mich mit meiner Familie hier natürlich auch entsprechend verhalten. Ich hatte das vorhin erwähnt: Wenn wir diesen Menschen eine Perspektive geben wollen, dass sie hier arbeiten, damit wir die Menschen integrieren, die hierherkommen – das werden wir müssen, ich hatte es vorhin gesagt: von wegen „ehrlich machen“ –, dann müssen wir die Familien auch nachziehen lassen – und nicht

(Abg. Henke)

nur 1.000 im Monat, sondern die, die hierhergekommen sind und die hierbleiben werden, sollen ihre Familien dazuholen.

(Beifall DIE LINKE)

Dafür sollten wir sorgen. Wir sollten nicht mit Polemik die Stimmung hier vergiften – und das ist Polemik zu glauben, dass hier Gefährder ihre Familien nach Thüringen holen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie glauben es ja nicht, sie behaupten es nur!)

Wir sollten aufklären. Und das habe ich Ihnen vorhin schon gesagt: Das erwarte ich von Ihnen als Volkspartei, dass Sie auch in Ihrem Klientel dafür werben, dass wir akzeptieren, dass viele von diesen Menschen, die hier jetzt leben, auch hierbleiben werden und dass sie sich nur dann hier auch einigermaßen geborgen, sicher und wohlfühlen, wenn sie ihre Familien herholen. Und wenn sie sich geborgen, sicher und wohlfühlen, werden sie sich integrieren, dann werden sie nicht zu Gefährdern, dann werden sie sich nicht radikalisieren, dann werden sie ein wertvoller Teil unserer Gesellschaft werden. Da gibt es jede Menge guter Beispiele in der Geschichte unsere Landes. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin erhält Kollegin Rothe-Beinlich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir erleben zum einen gerade die Debatte hier im Thüringer Landtag, aber sie tobt auch in den sozialen Netzwerken. Und über die sozialen Netzwerke wurde ich gerade von der CDU-Fraktion gefragt, ob ich für den Familiennachzug von Gefährdern wäre? Bei solchen Fragen wissen wir doch alle, worum es Ihnen eigentlich geht. Sie bedienen einmal mehr die ideologische Mottenkiste, denn das ist überhaupt nicht das Thema.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Gestatten Sie mir jedoch eine Frage: Welches Gericht prüft oder stellt eigentlich fest, ob jemand ein Gefährder ist, und was ist denn ein Gefährder? Eine Legaldefinition für den Begriff gibt es bislang nicht und auch keine rechtliche Verbindlichkeit. Die CDU spielt mit ihrer Aktuellen Stunde ganz offenkundig auf das von der Bundesregierung geplante Familiennachzugsneuregelungsgesetz an, das faktisch eine Obergrenze vorsieht – meine Kollegen Hartung und Sabine Berninger haben schon etwas

dazu gesagt –, die die Einreise von engen Verwandten zu ihren subsidiär geschützten Familienmitgliedern, zum Beispiel aus Syrien, nach Deutschland auf 1.000 Personen pro Monat begrenzt. Und meine Kollegin Sabine Berninger hat vorhin schon mal in den Saal gerufen: Was ist denn mit der tausendersten oder tausendzweiten Person? Wir sagen ganz klar: Eine solche Begrenzung des Familiennachzugs ist zum einen völkerrechtswidrig und auch schäbig gegenüber den Menschen,

(Beifall DIE LINKE)

die mehr als zwei Jahre lang dem Versprechen vertraut haben, sie könnten ihre Familien bald nachholen.

(Beifall DIE LINKE)

Aus dem Grundrecht auf Familie wird durch den Gesetzentwurf der Großen Koalition ein Gnadenrecht des Staates. Auch deshalb lehnen wir Grüne dieses Familiennachzugsausschlussgesetz entschieden ab. Dieser Gesetzentwurf widerspricht übrigens auch dem besonderen Schutz von Ehe und Familie nach dem Artikel 6 des Grundgesetzes. Übrigens hat heute das Grundgesetz Geburtstag und ich bin froh, dass wir dieses haben.

(Beifall CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser umfasst nämlich, der Grundgesetzschutz, nicht nur den Bestand von Ehe und Familie, sondern auch das tatsächliche Zusammenleben der Familienmitglieder. Auch Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention schützt das Zusammenleben als grundlegenden Bestandteil des Familienlebens. Der unbefristete Ausschluss des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte soll nun durch ein Kontingent von 1.000 Personen pro Monat abgefedert werden. Aber das wird den rechtlichen Grundlagen nicht gerecht. Da hilft es übrigens auch nicht, zusätzlich auf irgendwelche Härtefallregelungen zu verweisen. Tatsächlich sieht das Aufenthaltsgesetz in humanitären Ausnahmefällen die Möglichkeit einer Einreise vor. Das hat aber dann nichts mit Familiennachzug zu tun. So viel mal zur rechtlichen Situation.

Jetzt mal zu den Zahlen: Seit Januar 2017 sind lediglich 97 Personen im Rahmen der Härtefallregelung nach § 22 Aufenthaltsgesetz in die Bundesrepublik eingereist. Entgegen den vollmundigen Ankündigungen auch der SPD im Bund in den Koalitionsverhandlungen bleibt die Härtefallregelung aber auch weiterhin so eng gefasst. Mit dem Bundesgesetz wird zudem noch mehr Bürokratie und werden damit noch mehr Probleme geschaffen. In der Gesetzesbegründung sind allein drei Behörden genannt, die zur Entscheidung über die Auswahl des Tausenderkontingents zuständig sein sollen – die Ausländerbehörde, die Auslandsvertretung und das Bundesverwaltungsamt. Auch für die Betroffe

(Abg. Dr. Hartung)

nen ist das Verfahren mehr als intransparent. So ist für die Familien überhaupt nicht ersichtlich, wie mit Anträgen verfahren wird, wenn das monatliche Kontingent beispielsweise erschöpft ist, und insbesondere, wie lange sich die zusätzliche Wartezeit für die Betroffenen hinziehen wird. Lassen Sie mich also deutlich machen, dass die bestehende völkerrechtliche Verpflichtung, den Familiennachzug auch für subsidiär Geschützte zu ermöglichen, sich nicht kontingentieren lässt. Die diesbezüglichen Pläne der Großen Koalition sind rechtlich unzulässig und es ist zu erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht diese Pläne auch wieder einkassiert.

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Das wer- den wir sehen!)

Wir sagen ganz klar – das werden wir sehen, Herr Herrgott, ganz genau –: Der Schutz der Familie ist ein Grundrecht. Und wenn ein Zusammenleben außerhalb Deutschlands nicht möglich ist, dann muss die Zusammenführung der Kernfamilie hier auch möglich gemacht werden. Der Familiennachzug ist übrigens ein rechtliches Gebot, aber auch ein ethisches.

(Beifall DIE LINKE)

Die Aussetzung des Familiennachzugs bzw. seine Beschränkung auf das Gnadenrecht einer Härtefallprüfung erschwert die Integration – mein Kollege Hartung sagte es – immens. Fachleute, NGOs, ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind sich in ihrer Forderung einig: Die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär geschützten Personen, beispielsweise Bürgerkriegsflüchtlingen, hat massive und negative Auswirkungen auf die Familien. Oftmals sind es übrigens die Kinder, die mit ihren Müttern alleine in überfüllten Flüchtlingslagern jahrelang auf eine Familienzusammenführung warten müssen. Und auch für die bereits in Deutschland lebenden Geflüchteten ist die Trennung von der Familie ein riesengroßes Integrationshemmnis. Wer ständig Angst um seine engsten Angehörigen im Krieg in Syrien oder im Irak haben muss, hat weniger Kraft, hier aktiv in Deutschland anzukommen. Wer sich um seine Familie sorgt, der kann sich nicht auf Integrationskurs, Schule, Ausbildung oder den neuen Job konzentrieren, wenn er nicht einmal weiß, ob sie gerade noch lebt. Die Perspektive, möglicherweise erst nach langem Warten wieder vereint zu sein, treibt betroffene Familienmitglieder zudem auf gefährlichen Wegen nach Europa und Deutschland. Aber das ist noch ein ganz anderes Thema. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Lauinger vom Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich bin froh, dass die CDU-Fraktion mir die Möglichkeit gegeben hat, im Rahmen dieser Aktuellen Stunde über das tatsächlich sehr wichtige Thema des Familiennachzugs zu diskutieren. Da anscheinend die von mir geäußerte generelle Kritik an diesem Familiennachzugsneuregelungsgesetz – ich würde ähnlich wie Frau Rothe-Beinlich eher von einem Familiennachzugsverhinderungsgesetz sprechen –

(Beifall DIE LINKE)

dazu geführt hat, dass Sie mir unterstellen, ich wäre auch für den Nachzug von Gefährdern, will ich zu Beginn gleich mal mit diesem Punkt aufräumen, damit das auch klargestellt ist. Menschen – und jetzt beziehe ich mich nicht auf den Begriff „Gefährder“, der ist tatsächlich sehr schwammig in der Rechtsprechung definiert –, die hierher zu uns gekommen sind oder planen, hierher zu uns zu kommen, mit dem Ziel, Terror und Angst zu verbreiten, mit dem Ziel, Anschläge zu begehen, und mit dem Ziel, unsere Demokratie und die Menschen zu gefährden, haben hier nichts zu suchen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sage ich ganz klar und mit aller Deutlichkeit und da gibt es auch kein Vertun. Ich glaube, dazu gibt es auch in der Landesregierung keine unterschiedliche Auffassung. Aber – jetzt kommt das Aber – was hat das alles mit dem großen Thema „Familiennachzug“ zu tun? Das ist ein minimal kaum messbarer Punkt bei diesem Bereich. Zu der Art und Weise, wie diese Bundesregierung, insbesondere das Bundesministerium des Innern – oder jetzt BMIBH, weil ja auch noch Heimat und Bau dazugehören – mit dem Thema umgeht, habe ich tatsächlich einige ganz grundsätzlich andere Vorstellungen.

Ich habe es gesagt: Ich glaube, das Gesetz ist handwerklich schlecht gemacht. Diese Auffassung teilt im Übrigen auch der Nationale Normenkontrollrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf. Die praktische Umsetzung der Regelung ist völlig ungeklärt. Bei dem Vollzug des Gesetzes stehen erhebliche Unsicherheiten im Raum. Ganz konkret weisen Kritiker darauf hin, dass eine Ausschöpfung der Quote in einem angemessenen Zeitraum praktisch nicht realisierbar erscheint. Wir haben ein Gesetz, das unglaublich viele Gründe aufzählt, warum Familiennachzug nicht gehen soll. Es ist ein Behör