Protocol of the Session on February 21, 2018

(Abg. Rothe-Beinlich)

schwierig und auch kein neues Phänomen, es bedarf nur des Willens, sie auch tatsächlich zu verwenden.

(Beifall DIE LINKE)

Aber eine Gleichstellungsklausel, also die vorausgeschickte oder nachgestellte Formulierung, dass alle männlichen Formen auch für Frauen gelten, erfüllt den Grundsatz der geschlechtergerechten Sprache jedenfalls nicht.

Ich will die Gelegenheit nutzen, die Position der Thüringer Landesregierung deswegen noch einmal ganz klar zu benennen. Sprache macht zweierlei. Sie beschreibt die Wirklichkeit, aber sie lenkt auch unsere Vorstellung davon, wie Wirklichkeit ist oder sein sollte. Insofern besteht hier ein reziprokes, sich gegenseitig beeinflussendes Verhältnis. Sprache ist also ein Ausdruck des Bewusstseins, sie beeinflusst maßgeblich unser Denken und das Bild, das wir uns von der Wirklichkeit machen. Sie prägt unsere Wahrnehmung. Sprache ist Produkt der Kulturen, sie spiegelt Normen und Wertvorstellung einer Gesellschaft wider, bildet gesellschaftliche Strukturen ab, kann diese dadurch auch verfestigen. Auch heute noch trägt Sprache dazu bei, die Geschlechterstereotype aufrechtzuerhalten und damit zu manifestieren. Nur beispielhaft möchte ich hier die „Milchmädchenrechnung“ als vermeintlichen Beleg für die unterentwickelten Fähigkeiten von Frauen in der Mathematik sowie das häufig bemühte Bild von der „Hausfrau und Mutter“ bemühen, wenn es um Personen geht, die zwecks Kindererziehung auf eine Teilhabe am Erwerbsleben verzichten.

(Beifall DIE LINKE)

Haben Sie in der öffentlichen Debatte schon einmal etwa den Vorwurf der „Milchjungenrechnung“ gehört, wenn es darum ging, unsolide Berechnungsgrundlagen zu verdeutlichen? Oder hören Sie regelmäßig von Herren, dass ihre Berufstätigkeit „Hausmann und Vater“ ist? Ich jedenfalls nicht und Ihnen wird das wohl kaum anders gehen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das sind ja große gesellschaftliche Fragen!)

Das sind große gesellschaftliche Fragen.

Was ich hiermit verdeutlichen will: Mit Sprache reproduzieren wir in aller Regel sogar unterbewusst ein bestimmtes Bild von Dingen, Personen oder Vorgängen. In dieser Logik entwickelt es sich dann eben zur Normalität, dass Frauen angeblich Rechenprobleme haben und Männer in einer Beziehung nicht diejenigen sind, die zugunsten der Kindererziehung im Beruf zurückstecken müssen. Sprache vermittelt so Normen und Werte. Leider ist aber die Verwendung von männlichen Formen, bei denen Frauen und Personen, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordenbar

sind, mit gemeint sind, noch weit verbreitet. Das sogenannte generische Maskulinum besteht in der verallgemeinernden Nutzung männlicher Personenbezeichnungen. Dass insbesondere Frauen dabei zwar häufig mit gemeint, jedoch selten mit gedacht werden, zeigen vielfältige sprachwissenschaftliche und psychologische Studien. Frau Stange hat das schon erwähnt. Aber fragen Sie sich selbst einmal, wenn ich Sie bitten würde, mir einen Politiker, einen Künstler, einen Sportler zu nennen, an wen Sie zuerst denken würden. Wenn ich Sie aber bitten würde, mir eine Politikerin oder einen Politiker, eine Künstlerin oder einen Künstler, eine Sportlerin oder einen Sportler zu nennen, dann würden Sie auf ganz andere Antworten kommen. Sie merken also selbst: Das generische Maskulinum scheint neutral zu sein, ist aber doch immer zugleich auch männlich assoziiert. Im Ergebnis ist dann häufig unklar, ob es sich um eine generische oder eine spezifische Personenbezeichnung handelt. Das ist aber nicht sachgerecht. Durch einen sensiblen Sprachgebrauch tragen wir also aktiv zur Gleichberechtigung der Geschlechter und zu einer wertschätzenden Ansprache aller bei. Gendersensible Sprache trägt zudem zur Eindeutigkeit und zur Vermeidung von Missverständnissen bei. Deshalb hat die eingangs von mir zitierte Norm der genderneutralen Sprache im Gleichstellungsgesetz nicht an Relevanz verloren.

Ich möchte abschließend ausdrücklich noch mal alle Menschen motivieren und ermutigen, gendersensible Formulierungen zu finden und anzuwenden, und auf einen ganz alten Lehrmeister – Konfuzius – verweisen, der sagte: Wer die öffentlichen Zustände ändern will, muss zuerst bei der Sprache anfangen. – Es geht also darum, Frauen sichtbar zu machen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich empfehle deswegen dem Hohen Haus, den Gesetzentwurf der AfDFraktion abzulehnen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es ist Ausschussüberweisung beantragt – ich gehe davon aus, an den Gleichstellungsausschuss. Dann stimmen wir darüber ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich gehe davon aus, dass ich die heutige Plenarsitzung im Sinne des Eingangsstatements des Präsi

(Ministerin Werner)

denten schließen kann, um den parlamentarischen Abend heute nicht zu gefährden.

Ende: 17.49 Uhr